Die Literatur zum Thema Talkshow entstammt einem heterogenen Forschungsfeld. Egal ob Psychologie, Soziologie, Medienpädagogik oder Linguistik – die Untersuchungen beschäftigen sich zwar mit formalen Charakteristika der Gattung, Auftrittsmotiven der Gäste oder rhetorischen Strategien der Moderatoren, die selbstdarstellerischen Aktivitäten der eingeladenen Personen wurden bislang nur selten untersucht. Dabei erscheint gerade dieses Verhalten interessant, denn in der biographischen Sendeform der Talkshow steht eindeutig die Person des Gastes im Mittelpunkt (vgl. MÜHLEN 1985, 184).
Da unprominente Personen das Medium Fernsehen an erster Stelle aus der Rezipientenperspektive kennen, beschränkt sich ihre Routine mit derart öffentlichen Situationen wie einem Fernsehauftritt konsequenterweise auf ein Minimum. Nicht – prominente Menschen sind für die Medien nur dann von öffentlichem Interesse, wenn eine besondere „Geschichte“ mit ihnen verbunden ist.
Nicht so in Talkshows: Hier stehen hauptsächlich die persönlichen Ansichten einer Person im Zentrum. Aufgrund des breit gefächerten Themenspektrums findet sich für jede Meinung das passende Thema, so dass prinzipiell jeder in einer Talkshow auftreten kann – so er denn will. Durch die ungewohnte Situation des Auftritts, der neben der Mehrfachadressierung der Kommunikation sicherlich auch auf einer psychischen Ebene durch individuelle Anzeichen von Nervosität geprägt ist, wird das Verhalten der Gäste beeinflusst. Die generelle Tendenz, sich vor anderen Personen möglichst positiv darzustellen, wird durch die extreme Öffentlichkeit der Auftrittssituation noch verstärkt.
Im Gegensatz zu Prominenten, die über Routine im Umgang mit Medien verfügen und deswegen in öffentlichen Auftritten auch nur eine für die Öffentlichkeit gedachte Facette ihrer Person zeigen, kann man bei Nicht – Prominenten davon ausgehen, dass sie sich in öffentlichen und nicht – öffentlichen Situationen tendenziell gleich verhalten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Selbstdarstellung
2.1. Symbolischer Interaktionismus und Identitätsentwicklung
2.1 .1. Geste, Symbol, Sprache, Kommunikation
2.1.2. Identität und Gesellschaft
2.1.3. Gesellschaftswandel und Identitätsentwicklung
2.2. Rollenentwicklung und Rollenverhalten
2.3. Strategien der Selbstdarstellung
2.3.1. Definitionen
2.3.2. Der face - Begriff nach Goffman
2.3.3. Das Dramaturgische Modell der Eindruckssteuerung
2.3.4. Verbale Strategien
2.3.5. Nonverbale Strategien
3. Die Talkshow
3.1. Zur Sendeform
3.1.1. Historie
3.1.2. Formen
3.1.3. Charakteristika
3.2. Der unprominente TV-Gast
3.2.1. Die Rezipientenperspektive
3.2.2. Motive für einen TV-Auftritt
3.3. Gesprächssorten in Talkshows
3.3.1. Das Streitgespräch
3.3.1.1. Charakteristika von Streitgesprächen
3.3.1.2. Selbstdarstellung im Streit
3.3.2. Scherzkommunikation
3.3.2.1. Charakteristika von Scherzkommunikation
3.3.2.2. Selbstdarstellung durch Humor
3.3.2.3. Negativer Humor
3.4. Selbstdarstellung in Talkshows
3.4.1. Das Korpus
3.4.1.1. Das Format „Oliver Geissen Show“
3.4.1.2. Transkriptionskonventionen
3.4.2. Analysen
3.4.2.1. Martina
3.4.2.2. Vera
3.4.2.3. Cathy
3.4.2.4. Tamara
3.4.2.5. Inga
3.4.2.6. Sarah
3.4.2.7. Elke
3.4.2.8. Margarete und Monique
3.4.2.9. Dani
4. Schlussbetrachtung
4.1. Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen
4.2. Zusammenfassung der Analyseergebnisse
4.3. Fazit
5. Literatur
6. Anhang
6.1. „Hochexplosiv – Rotzgöre trifft Hausfrau“
6.2. „Schönheitstick – Deine Eitelkeit ist doch krank!“
6.3. „Berufstätig – Du bist Mutter, dann bleib auch zu Hause!“
6.4. „Doppel D – Mein Busen sprengt jede Bluse!“
6.5. „Kinderkram – Mit 16 kannst Du keine gute Mutter sein!“
6.6. „Geldgeil – Ich will einen reichen Mann!“
6.7. „Schönheitssucht – Ich lebe für mein Aussehen!“
1. Einleitung
Auch wenn seit einigen Jahren auf dem Sektor der Daily – Talkshows ein deutlicher Produktionsrückgang zu verzeichnen ist, so sieht man noch immer Tag für Tag die unterschiedlichsten Menschen, die in Talkshows auftreten und dort miteinander (und oft auch gegeneinander) ihre Meinungen diskutieren:
Der Nachbar, den wir nie kennengelernt haben, die verschlossene Kollegin, die nie Zeit hatte, mit uns Kaffee trinken zu gehen – diese Menschen artikulieren plötzlich im Licht der Scheinwerfer Probleme, Sehnsüchte, Ärger und Ängste. Selbst Tante Ingrid, über deren Jägerzaun kein Mensch je seinen Fuß setzte, lädt die Fernsehkameras ein, ihre Geheimnisse und verborgenen Wünsche zu entdecken. An Freiwilligen, die bereit sind, im Fernsehen über sich und ihre Sicht der Welt zu plaudern, besteht kein Mangel. (Hoffmann 1998, 9)
Die Literatur zum Thema Talkshow entstammt einem heterogenen Forschungsfeld. Egal ob Psychologie, Soziologie, Medienpädagogik oder Linguistik – die Untersuchungen beschäftigen sich zwar mit formalen Charakteristika der Gattung, Auftrittsmotiven der Gäste oder rhetorischen Strategien der Moderatoren, die selbstdarstellerischen Aktivitäten der eingeladenen Personen wurden bislang nur selten untersucht. Dabei erscheint gerade dieses Verhalten interessant, denn in der biographischen Sendeform der Talkshow steht eindeutig die Person des Gastes im Mittelpunkt (vgl. Mühlen 1985, 184). Da unprominente Personen das Medium Fernsehen an erster Stelle aus der Rezipientenperspektive kennen, beschränkt sich ihre Routine mit derart öffentlichen Situationen wie einem Fernsehauftritt konsequenterweise auf ein Minimum. Nicht – prominente Menschen sind für die Medien nur dann von öffentlichem Interesse, wenn eine besondere „Geschichte“ mit ihnen verbunden ist.
Nicht so in Talkshows: Hier stehen hauptsächlich die persönlichen Ansichten einer Person im Zentrum. Aufgrund des breit gefächerten Themenspektrums findet sich für jede Meinung das passende Thema, so dass prinzipiell jeder in einer Talkshow auftreten kann – so er denn will. Durch die ungewohnte Situation des Auftritts, der neben der Mehrfachadressierung der Kommunikation sicherlich auch auf einer psychischen Ebene durch individuelle Anzeichen von Nervosität geprägt ist, wird das Verhalten der Gäste beeinflusst. Die generelle Tendenz, sich vor anderen Personen möglichst positiv darzustellen, wird durch die extreme Öffentlichkeit der Auftrittssituation noch verstärkt. Im Gegensatz zu Prominenten, die über Routine im Umgang mit Medien verfügen und deswegen in öffentlichen Auftritten auch nur eine für die Öffentlichkeit gedachte Facette ihrer Person zeigen, kann man bei Nicht – Prominenten davon ausgehen, dass sie sich in öffentlichen und nicht – öffentlichen Situationen tendenziell gleich verhalten.
Die Aktivitäten der Selbstdarstellung, mit denen Personen verbal und nonverbal ihre Selbstdefinition und ihr Identitätskonzept kommunizieren, stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit. Auf Grundlage der Analyse von Talkshowtranskripten aus der „Oliver Geissen Show“ werden dabei unter Zuhilfenahme verschiedener theoretischer Konzepte Mechanismen und Taktiken der Selbstpräsentation herausgearbeitet.
Die Herangehensweise ist deutlich interdisziplinär – soziologische Ansätze werden genauso berücksichtigt wie psychologische. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt aber auf einer linguistischen Analyse der Transkripte.
Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich dabei wie folgt:
Im zweiten Kapitel werden verschiedene Aspekte des Themas Selbstdarstellung behandelt. Auf Grundlage des Symbolischen Interaktionismus nach George Herbert Mead wird in Kapitel 2.1 der Zusammenhang zwischen Sprache und Identitätsentwicklung erläutert. Um die Theorie Meads auf die Gegenwart übertragen zu können, wird zusätzlich auf die Arbeit von Berger & Luckmann verwiesen, die den Gesellschaftswandel und damit einhergehende Phänomene wie Massenmedialität berücksichtigt.
In Kapitel 2.2 steht die Entwicklung und Manifestation verschiedener Rollen als Bestandteile von Identität im Zentrum. Es wird erklärt, in welcher Relation die einzelnen Facetten einer Person stehen, wie sie interagieren und geltend gemacht werden, um einen bestimmten Eindruck zu erzielen.
Kapitel 2.3 beschäftigt sich mit verschiedenen Strategien der Selbstdarstellung. Dazu wird mit dem face – Konzept nach Goffman ein wichtiger Bestandteil der Arbeit vorgestellt, da es für die Beschreibung und Erklärung von Interaktion von großem Nutzen ist. Von ebensolcher Wichtigkeit ist das Dramaturgische Modell der Eindruckssteuerung, da es Rückschlüsse auf diejenigen Mittel erlaubt, mit denen Personen ihren „Auftritt“ vor anderen inszenieren. Ausschlaggebend ist dabei der Vergleich von öffentlichen Situationen mit inszenierten Theaterauftritten; diese Analogie lässt sich gut auf die Situation eines Talkshowauftritts übertragen.
Kapitel 3 behandelt das Thema Talkshow. Nach einer skizzenhaften Darstellung der Entwicklung dieses Genres (Kapitel 3.1) steht in Kapitel 3.2 der unprominente Gast im Zentrum. Dabei sind nicht nur sein Verhältnis und sein Umgang mit dem Medium Fernsehen interessant, sondern auch die verschiedenen Motive, die ausschlaggebend für seinen Auftritt sind.
Talkshowkommunikation wird anschließend durch den Verweis auf enthaltene Gesprächssorten (namentlich Streitgespräch und Scherzkommunikation) charakterisiert. Dabei wird auch das in diesen Gesprächssorten enthaltene Potenzial zur Selbstdarstellung erörtert (Kapitel 3.3).
Mit Kapitel 3.4 beginnt der praktische Teil der Arbeit; die bisher gewonnenen Erkenntnisse werden hier unter Einbeziehung konversationsanalytischer Methoden auf die Auftritte ausgewählter Talkshowgäste angewendet. Die Ergebnisse werden anschließend in einer Schlussbetrachtung zusammengefasst und ausgewertet (Kapitel 4).
2. Selbstdarstellung
2.1. Symbolischer Interaktionismus und Identitätsentwicklung
Ich rede, also bin ich.
Unbekannt, in Anlehnung an Descartes
Im folgenden Kapitel wird das Konzept „Identität“ im Rahmen des Symbolischen Interaktionismus nach George Herbert Mead erklärt. Da innerhalb dieser Theorie die Entwicklung von Identität als abhängig vom Sprachprozess postuliert wird, ist es notwendig, Meads Ausführungen zur Sprache mit einzubeziehen. Es soll geklärt werden, wie Mead Sprache definiert; wie, unter welchen Bedingungen und woraus sie entsteht und wie sprachliche Verständigung überhaupt funktioniert, bevor die strukturelle Entwicklung von Identität dargestellt werden kann.
Weiterhin soll verdeutlicht werden, worin der Zusammenhang zwischen Identität und Gesellschaft besteht und wie die Gesellschaftsform die Identitätsentwicklung beeinflusst. Im Hinblick auf das Thema der vorliegenden Arbeit wird dabei der Identitätsentwicklung in der modernen Gesellschaft (zu deren Kennzeichen u. a. Massenmedialität gehört) besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
2.1 .1. Geste, Symbol, Sprache, Kommunikation
Es gibt unendlich viele Zeichen oder Symbole, die den Zwecken des Phänomens ‚Sprache’ dienen können.
Mead 1973, 55
Das gesellschaftliche Handeln des Menschen geschieht primär auf Grundlage von Gesten, d. h. auf Basis von Handlungen, die auf andere Teilnehmer einer gesellschaftlichen Handlung als Reiz wirken und bei ihnen angemessene gesellschaftliche Reaktionen auslösen.
Die Geste als Reiz bewirkt eine Veränderung in der Einstellung des Gegenübers; die Folgereaktion / Folgegeste des Gegenübers wirkt auf den Gesteninitiator wiederum als Reiz, der seine Einstellung verändert usw. Dieser Austausch von Gesten und die dadurch hergestellte wechselseitige Handlungsanpassung stellt also eine Verbindung zwischen zwei Individuen her. Dabei haben die Gesten selbst keinen konkreten „Inhalt“; die am Austausch beteiligten Individuen / Wesen reagieren vielmehr spontan auf die Handlungen des jeweils anderen.[1]
Gesten drücken also nicht die Emotionen des Gestenproduzenten aus, sondern bedeuten vielmehr das, was sie im Rezipienten auslösen. Jede Geste steht folglich für eine bestimmte Reaktion, die sie hervorruft (vgl. Mead 1973, 81ff).
Wenn die Reaktion auf eine Geste nicht mehr willkürlich geschieht, sondern schon im Vorfeld feststeht, welche Handlung auf einen bestimmten Reiz erfolgen wird, und dieser Reiz dann bewusst eingesetzt wird, um genau diese Reaktion zu erzeugen, spricht Mead von einem signifikanten Symbol (vgl. ebd., 224).
Symbole verweisen auf spezifische Situationsmerkmale und lösen sowohl im Produzenten als auch im Rezipienten die gleiche Haltung aus, die schon in der individuellen Erfahrung vorhanden ist. Wenn ich also jemandem mit dem Finger „drohe“, so muss ich sowohl aus meiner Erfahrung wissen, dass diese spezielle Geste „Drohung / Ermahnung“ bedeutet, als auch, welche Reaktion diese Geste in meinem Gegenüber auslöst. Die Geste wird also nur dann zu einem signifikanten Symbol, „wenn sie im Gesten setzenden Wesen die gleichen Reaktionen implizit auslösen, die sie explizit bei anderen Individuen auslösen oder auslösen sollen – bei jenen Wesen, an die sie gerichtet sind.“ (ebd., 86). Dabei setzen „d]ie signifikanten Gesten oder Symbole […] für ihre Signifikanz immer den gesellschaftlichen Erfahrungs- und Verhaltensprozess voraus, innerhalb dessen sie sich entwickeln.“ (ebd., 129).
Sprache als genuiner Teil menschlichen Verhaltens besteht aus vokalen Gesten, die zu signifikanten Symbolen geworden sind. Diese signifikanten sprachlichen Symbole lösen im Rezipienten ganze Reaktionsreihen aus, die durch die individuelle Erfahrung geprägt sind.[2] Diese Reaktionsreihen beeinflussen die Reaktionen des Individuums gegenüber einem Vertreter einer bestimmten Kategorie. Wenn man jemand anderem etwas über Hunde erzählt, löst man nicht nur dessen spezifische Reaktionsreihen in Bezug auf Hunde aus, sondern auch seine eigenen. Diese Beziehung von vokaler Geste zu den unterschiedlichen Reaktionsreihen macht die vokale Geste zu einem signifikanten Symbol (vgl. ebd., 115). Die Besonderheit besteht nach Mead darin, dass man sich selbst sprechen hören kann und somit auf den Inhalt des Gesagten tendenziell auf die gleiche Weise reagiert wie das Gegenüber (vgl. ebd. 101/2). Dadurch übernimmt man unbewusst gleichzeitig die Perspektive des anderen.
Darüber hinaus hat Sprache eine gewisse weltschöpferische Qualität, denn durch die Verwendung von Sprache wird gleichzeitig der subjektiv relevante Objektbereich des einzelnen Individuums dadurch eingegrenzt, dass die entsprechenden Objekte durch ihre sprachliche Symbolisation überhaupt erst in den Erfahrungsbereich der am gesellschaftlichen Prozess beteiligten Individuen integriert werden[3]: „Wörter entwickeln sich aus gesellschaftlichen Beziehungen.“ (ebd., 233)[4].
Den generellen Austausch von Gesten bezeichnet Mead als Kommunikation; analog dazu besteht sprachliche Kommunikation aus dem Austausch sprachlicher / vokaler Gesten (vgl. ebd., 89). Der Kommunikationsprozess als solcher ist Charakteristikum und wesentlicher Bestandteil der „gesellschaftlichen Tätigkeit des Menschen“ (ebd., 187). Nur Kommunikation mittels signifikanter Symbole ist gelungene Kommunikation, da nur so das verwendete Symbol für alle Beteiligten die gleiche Bedeutung hat. Dies impliziert allerdings nicht, dass auch alle Beteiligten auf die gleiche Weise reagieren, denn wie oben ausgeführt entstehen durch individuelle Erfahrungen individuelle Reaktionen.
Ein zentraler Faktor bei wechselseitiger kommunikativer Handlungsanpassung von Individuen ist der Sinn von Handlungen, denn er verleiht den einzelnen Phasen einer gesellschaftlichen Handlung Kohärenz: Wenn B auf A’s vokale Geste richtig reagiert, erkennt B dies an A’s Verhalten (B erkennt, ob die Geste richtig interpretiert wurde bzw. ihr der richtige Sinn verliehen wurde). Sinn hat eine dreiteilige Struktur, die in der Beziehung zwischen 1) Geste, 2) Reaktion auf die Geste und 3) Vollendung der durch 1) eingeleiteten gesellschaftlichen Handlung besteht. Die Struktur gesellschaftlicher Handlungen stellt sich also als implizit sinnhaft dar (vgl. ebd., 121).
Dort, wo das Individuum sich und anderen kommunikativ Sinn aufzeigt, manifestiert sich Geist, welcher zusammen mit einem Bewusstsein[5] die reflexive Intelligenz des Menschen ermöglicht.
Mead definiert Intelligenz als
die Fähigkeit, die Probleme des gegenwärtigen Verhaltens im Hinblick auf mögliche zukünftige Folgen zu lösen, soweit sie sich auf der Grundlage vergangener Erfahrungen abzeichnen – d. h. die Fähigkeit, die Probleme des gegenwärtigen Verhaltens im Lichte sowohl der Vergangenheit als auch der Zukunft zu lösen; sie umschließt sowohl Erinnerung als auch Vorschau. (Mead 1973, 140)
Die mögliche Zukunft hat also immer Einfluss auf die Ausführung gegenwärtiger Handlungen.
2.1.2. Identität und Gesellschaft
Wenn eine Identität auftritt, ist immer die Erfahrung von etwas anderem im Spiel; die Erfahrung einer Identität ausschließlich aus sich selbst heraus wäre nicht möglich. […] Wenn sich in der Erfahrung eine Identität entwickelt, dann stets im Kontrast zum anderen.
Mead 1973, 239
Wie einleitend erwähnt, sieht Mead den Prozess der Identitätsentwicklung als deutlich an den Sprachprozess gekoppelt. Dabei ist es wichtig hervorzuheben, dass Identität nicht angeboren ist, sondern parallel zur generellen Entwicklung des Menschen dynamisch erworben wird.
Sie entsteht „innerhalb des gesellschaftlichen Erfahrungs- und Tätigkeitsprozesses“, also durch Interaktion mit anderen Individuen. Erfahrungen und Handlungen im Laufe eines Lebens werden in die Identität integriert; dabei beeinflussen vergangene Erfahrungen (bzw. schon in die Gesamtidentität integrierte Bestandteile) Interpretation und Umgang mit neu zu machenden Erfahrungen bzw. neu zu erlebenden Situationen (vgl. Mead 1973, 177).
Ein wichtiger Faktor bei der Identitätsentstehung ist der / das verallgemeinerte Andere. Dahinter verbirgt sich in generalisierter Form „die organisierte Gemeinschaft oder gesellschaftliche Gruppe, die dem Einzelnen seine einheitliche Identität gibt“ (ebd., 196).
Wie oben dargestellt, beeinflussen die Haltungen anderer Personen das eigene Verhalten dadurch, dass man sich einerseits durch den Prozess der Kommunikation immer in seine Gesprächspartner hineinversetzt und andererseits in sich selbst immer die gleichen Reaktionen hervorruft wie im Gegenüber. Das Individuum muss in seiner Entwicklung die Haltungen der anderen Individuen untereinander und zu sich selbst übernehmen / einnehmen UND die Haltungen der anderen gegenüber bestimmten gesellschaftlichen Tätigkeiten, Aufgaben usw. verallgemeinern (vgl. ebd., 197).
Der Alltag eines Kindes ist also geprägt durch die Übernahme der Haltungen der Personen, die es umgeben (v .a. der Bezugspersonen[6] ).
Dieser verallgemeinerte Anteil der Gesellschaft spiegelt sich im Identitätsbestandteil des ME [7] wieder: es bildet sich aus den übernommenen Haltungen der Anderen, die der Einzelne in sich trägt. Es wird gelenkt von Gewohnheiten und Konventionen (die allen Mitgliedern einer Gemeinschaft zur Verfügung stehen!) und ist stets präsent. Diese gemeinsamen Ressourcen sind zwar in der Identität jedes Menschen vorhanden, sie werden aber individuell „genutzt“; dies beinhaltet die Möglichkeit zur Weiterentwicklung bzw. zur Entwicklung von Neuem (vgl. ebd., 241/2). Das ME ist gleichermaßen die bewusste Identität des Einzelnen, d. h. sie beinhaltet Bewusstsein über die eigenen Wünsche, über die Folgen von Handlungen und Existenz von Haltungen sowie dem Innehaben von Verantwortung für Situationen (vgl. ebd., 218).
Den individuellen Anteil der Identität bezeichnet Mead als I. Es manifestiert sich in solchen Reaktionen, die über die generalisierten Anteile des ME hinausgehen (z. B. das Vorbringen eigener Ansichten oder die Behauptung gegenüber anderen) und stellt somit die individuelle Position gegenüber der Haltungen der anderen dar (vgl. ebd., 221). Die konkrete Ausgestaltung des I wird also durch das ME beeinflusst, das als Reiz nach der Reaktion durch das I verlangt. Auch wenn das I immer nur rückblickend erkennbar ist, ist es der Teil der Identität, mit dem eine Person sich identifiziert (vgl. ebd., 218).
Identität ist deswegen individuell, weil jeder Einzelne während der Reflektion über gesellschaftlichen Strukturen / über den gesellschaftlichen Prozess seinen eigenen Standpunkt innerhalb dieses Prozesses bezieht; dadurch spiegelt jedes Individuum einen anderen Aspekt wider[8]. Gemeinschaft und Individuum beeinflussen sich also gegenseitig: Die Mitglieder der Gesellschaft liefern dem Einzelnen in verallgemeinerter Form die Basis für dessen Identität, während der Einzelne seine individuellen Haltungen wiederum zur Menge der gesellschaftlichen Haltungen beiträgt. Gleichzeitig wird deutlich, dass Identität eine schon bestehende Gesellschaft benötigt, um sich komplett entwickeln zu können; Identität ist also immer ein Produkt der Gesellschaft[9].
Unterschiede zwischen den einzelnen Individuen machen die jeweilige persönliche Einzigartigkeit aus: „Wir können uns selbst nur insoweit verwirklichen, als wir den anderen in seiner Beziehung zu uns erkennen.“ (ebd., 238). Das Individuum hat das Bedürfnis, sich von anderen Personen abzuheben (z. B. durch Unterschiede in wirtschaftlichem oder gesellschaftlichem Status, unterschiedlichen Positionen in verschiedenen Gruppen), „[…] doch steht hinter allen diesen Fragen ein Gefühl, dass wir im Grunde besser als andere Menschen seien.“ (ebd., 249). Solche Überlegenheitsgefühle werden legitimiert durch die Gruppenbildung Gleichgesinnter.
Die Verwirklichung von Identität geschieht also immer durch Abgrenzung von anderen, aber auch in Abhängigkeit von anderen: Identität muss von anderen anerkannt werden, dann erst werden ihr die Werte zugeschrieben, die für den Einzelnen positiv konnotiert sind (vgl. ebd., 248). Durch Kommunikation im Meadschen Sinn (also sowohl durch vokale also auch durch nicht - vokale Gesten) teilt der Einzelne seine Identität der Gemeinschaft mit[10]. Das Erkennen der Unterschiede zwischen Anderen und Selbst bildet den Kern der Identität, nämlich Selbst-Bewusstsein, d.h. Identitäts-Bewusstsein (vgl. ebd., 216, 239).
2.1.3. Gesellschaftswandel und Identitätsentwicklung
Da die Gesellschaftsform einen entscheidenden Einfluss auf die Identitätsentwicklung hat (denn auf ihrer Grundlage bildet sich die Basis der Identität), soll nun dargestellt werden, wie sich gesellschaftlicher Wandel auf die Entwicklung von Identität auswirkt.
In der Vergangenheit fungierten Institutionen wie Kirche, Staat und Familie als Verwalter des menschlichen Zusammenlebens, da sie spezifische Verhaltensregeln aufstellten und somit das erlaubte Verhaltensspektrum bestimmten; die institutionelle Macht garantierte die Kontrolle des Verhaltens, da bei Verstößen Sanktionen drohten.
Aus individueller Perspektive wurden Sinnangebote und Verhaltensvorgaben von der Gesellschaft vermittelt und stellten somit eine Orientierungshilfe für das Individuum und dessen subjektive Ordnung dar; gleichzeitig erfuhr die individuelle Identität eine Stabilisierung. Die Umwelt gestaltete sich als überschaubar strukturiert und wenig differenziert (was vor allem mit der nicht vorhandenen Medienkonkurrenz zu erklären ist). Das Individuum machte alle seine Erfahrungen selbst und konnte lediglich aus einem begrenzten Rollenangebot schöpfen.
Grundlegende Veränderungen in der Gesellschaft sorgten allerdings dafür, dass klare Handlungsorientierungen ihre Verbindlichkeit verloren (dies gilt v. a. für westliche Gesellschaften): Mit Beginn des 19. Jahrhunderts bewirkte die Modernisierung eine Veränderung im Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft.
Die Folgen waren Industrialisierungsprozesse, eine damit einhergehende Verstädterung, Migration und Bevölkerungswachstum sowie das Aufkommen der Massenkommunikation.
Dadurch wurden die gesellschaftlichen Wissensvorräte erweitert und neue Ordnungen aufgebaut (z. B. komplexere Arbeitsabläufe und deren Aufteilung in spezialisierte Arbeitsbereiche) (vgl. Fromm 1999, 44ff). Biographien und Lebensläufe sind nun nicht mehr einheitlich gegliedert und stehen nicht mehr unbedingt im Zusammenhang mit dem biologischen Alter, sie sind „in jeder Hinsicht beliebig.“ (ebd., 49)
Die Konsequenz besteht in einer „grundlegende[n] Veränderung der Beziehung des Handelnden zur auszuführenden Handlung sowie zur hiermit in Verbindung stehenden Lebensauffassung“ (ebd.); das Individuum hat die Wahl und somit die alleinige Verantwortung für seinen Lebensstil.
Diese Möglichkeit zur Wahl kann allerdings schnell in einen Wahlzwang umschlagen, da dauernde Bewertungen der Wirklichkeit in Bezug auf die eigene Person notwendig werden. Sinnkrisen[11] sind damit vorprogrammiert, denn jede getroffene Entscheidung kann ebenso gut eine Fehlentscheidung sein.
Diese Enttraditionalisierung der Gesellschaft fordert eine individuell gestaltete Sinnstiftung (abermals trägt das Individuum also die Verantwortung dafür, dem eigenen Leben einen Sinn zu verleihen), dabei ist der Maßstab die eigene Zufriedenheit. Die Suche nach einem Sinn äußert sich in einer zunehmenden Erlebnis- und Konsumorientierung, bei der kommunikative Handlungen einen Bedeutungswandel erleben: Die äußeren Umstände werden funktionalisiert, d. h. die jeweiligen Handlungen werden nicht mehr gemäß äußerer Vorgaben ausgeführt, sondern dienen jetzt der Befriedigung subjektiver Bedürfnisse. Dies wiederum bedeutet, dass das Ziel der Handlung in den Hintergrund tritt zugunsten des Erlebens der Handlung selbst (es wird gehandelt um des Handelns willen; vgl. ebd., 52ff).
Die Massenmedien haben eine Schlüsselrolle in der modernen Sinnverteilung inne:
Sie vermitteln zwischen kollektiver und individueller Erfahrung, indem sie typische Deutungen für als typisch definierte Probleme anbieten. Was immer andere Institutionen an Wirklichkeitsdeutungen und Werten produzieren, die Medien wählen aus, organisieren (‚verpacken’) diese Produkte, verändern sie meistens im Lauf dieser Prozesse und entscheiden über die Formen der Verbreitung. (B&L 1995, 57)
Bezogen auf Meads Identitätsmodell bedeutet das:
Der moderne Mensch findet sich in einer durch und durch heterogenen Gesellschaft wieder. Dementsprechend zahlreich und verschieden stellt sich der / das verallgemeinerte Andere dar, das im Prozess der Identitätsentwicklung für die Bildung der Anteile des ME verantwortlich ist. Das ME liefert eine große Menge an Haltungen, zu denen das I gewissermaßen Stellung nehmen muss. Jede gesellschaftliche Strömung, die das ME beeinflusst, bildet quasi eine Dimension eines Koordinatensystems, innerhalb dessen sich das Individuum verorten muss. Die eigene Individualität ergibt sich aus der Kombination an Einstellungen gegenüber jeder einzelnen beteiligten Dimension; im Idealfall hat jedes Individuum eine andere Kombination an Einstellungen, die es von seinen Mitmenschen abgrenzt.
Das Ergebnis ist eine facettenreiche Identität, die die vielfältigen gesellschaftlichen Einflüsse auf individuelle Art zu einem kohärenten Ganzen verbindet.[12]
2.2. Rollenentwicklung und Rollenverhalten
Die generalisierten Haltungen, aus denen Meads verallgemeinerter / verallgemeinertes Andere(s) besteht, sind im Grunde genommen nichts anderes als generalisierte Rollenbilder, die das Kind spielerisch übernimmt und so ein Verständnis von sozialen Situationen entwickelt. B&L (1969) merken hierzu an, dass unterschiedliche Rollen zwischen den verschiedenen Wissensgebieten der Alltagswelt vermitteln, da jede Rolle ein spezifisches Rollenwissen zur korrekten Ausführung verlangt (vgl. ebd., 83). Dabei stellen die Rollen eine psychologische Entlastung dar, denn durch ihre relativ klar umrissene Form bieten sie Verhaltenssicherheit und befreien das Individuum somit von der Wahl einer möglichen Verhaltensalternative (vgl. ebd., 45; Fromm 1999, 44).
In diesem Kapitel wird dargestellt, wie sich verschiedene Rollen entwickeln und wie das Individuum durch Übernahme verschiedener Rollen seine Identität in unterschiedlichen Situationen veröffentlichen kann. Dabei wird v. a. auf den Ansatz des amerikanischen Soziologen Erving Goffman eingegangen, der differenziert beschreibt, wie sich das soziale Selbst eines Individuums bildet und wie diese einzelnen Komponenten zueinander in Beziehung stehen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Rollen herausbilden, ist umso höher, je differenzierter die Gesellschaft ist: In einer differenzierten Gesellschaft gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeiten, deren Ausführung spezifisches Wissen verlangt[13]. Je häufiger diese Tätigkeiten und die mit ihnen verbundenen Handlungen ausgeführt werden, desto eher lassen sie sich typisieren und damit auch die Personen, die diese Handlungen ausführen. Diese Handlungstypisierung geschieht völlig unabhängig vom Akteur, da dieser sich im Vollzug der Handlung mit deren objektiven Sinn identifiziert. Dieser Sinn wird der Handlung von der Gesellschaft zugeschrieben (vgl. B&L 1969, 56).
Rollen bilden sich aus den Erwartungen, die einzelne Individuen an den Inhaber einer bestimmten Position und dessen Verhalten haben:
Rollenhandeln lässt sich dabei unter dem Aspekt der Rollenerwartungen, die die Interaktanten sich gegenseitig entgegenbringen, ebenso charakterisieren, wie unter dem der Selbstdarstellung. D. h. dass Interaktanten (aber auch Analysierende) das Verhalten des Anderen auf dem Hintergrund unterschiedlicher Rollenerwartungen, die sie an diese richten, interpretieren, wie auch, dass ihr eigenes Handeln jene Rollenkonzeption wiederspiegelt, die sie von sich selbst haben. (Gruber 1996, 47)
Jedes Individuum hat innerhalb seiner Gemeinschaft einen bestimmten Status inne, d. h. eine Position in einem System, mit der spezifische Rechte und Pflichten verbunden sind. Diese normativen Vorschriften bestimmen den Inhalt der Rolle und somit das Verhalten des Rolleninhabers gegenüber anderen Rolleninhabern in verschiedenen Situationen. Goffman (1961) beschreibt das Konzept der Rolle als „the typical response of individuals in a particular position“ (ebd., 82). Die Inhaberschaft von Rollen wird symbolisiert durch Statusanzeichen in Kleidung oder Verhalten; dies erlaubt den Interaktionspartnern die Zuschreibung eines Rollenstatus (vgl. ebd., 77).
Während B&L die Entstehung von Rollen also aus Objekt - Perspektive beschreiben („Welchen Anteil hat die Gesellschaft an der Entstehung von Rollen?“), beschreibt Goffman die Entstehung von Rollen aus Subjekt - Perspektive („Wie reagiert das Individuum auf gesellschaftliche Rollenerwartungen?“).
In der Interaktion mit anderen offenbaren sich einzelne Role Sectors oder Subroles, d. h. unterschiedliche Funktionen und Verhaltensweisen, die zusammen die komplette Rolle bilden. Holly unterscheidet dabei zwischen folgenden Rollentypen:
Organisationsbezogene Rollen, die institutionalisiert und sanktioniert durch eher formelle Normen sind (z. B. die Rolle des Lehrer); auf bestimmte Personenkreise bezogene Rollen, die durch internalisierte kulturelle Normen kontrolliert werden (z. B. Verwandtschaftsrollen) und situationsbezogene Rollen, die durch relativ informelle Interaktionsnormen geregelt werden (z. B. die Rolle des Gastgebers) (vgl. Holly 1979, 37).
Linke trifft eine eher gesprächsorientierte Unterscheidung zwischen institutioneller Rolle, die den bevorrechtigten vom nicht - bevorrechtigten Sprecher unterscheidet (diese Rollenverteilung steht zu Beginn eines Gesprächs fest und gilt dann für die gesamte Interaktion; sie wird von den Interaktanten flexibel gehandhabt und zeigt sich am deutlichsten in der Organisation des Turn-Taking); sozialer Rolle, die sich v. a. aus beruflicher und gesellschaftlicher Stellung der Interaktanten ergibt (auch sie gilt für das gesamte Gespräch, wird aber nur an bestimmten Sequenzen aktiviert und kann zur Verstärkung oder Abschwächung der institutionellen Rolle benutzt werden) und Rede rolle, die das Anrecht der Sprecher auf Redezeit bestimmt (manifestiert sich also in der Rolle desjenigen, der eine Anekdote o. Ä. erzählt und erlaubt das Einbehalten eines längeren Rederechts als normalerweise üblich) (vgl. Linke 1985, 274ff).
Wichtig hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die Identität eines Individuums immer aus mehreren interdependenten, interagierenden Rollen besteht, die zusammen ein Rollensystem bilden (vgl. B&L 1969, 76 sowie Goffman 1961, 76). Die einzelnen Rollen können dabei in grundsätzlich verschiedenen Situationen gelten (Goffman bezeichnet dies als Role Segregation); das Individuum muss entscheiden, welche Rolle sich wann manifestieren darf und welche Rolle unterdrückt oder versteckt werden muss. Außerdem können unterschiedliche Rollen in einen Konflikt geraten (Role Conflict), was Goffman humorvoll an einem Beispiel erläutert:
[…] A person such as a surgeon, who keeps his surgical tools off his kitchen table and his wife off his other table, may someday find himself with the role dilemma of treating another both as a kinsman and as a body. (ebd., 80)
Da sich Rollen aus den Erwartungen der anderen an den Inhaber einer bestimmten Position bilden, steht das Individuum unter dem Zwang, sich so zu verhalten, dass es diese rollenspezifischen Erwartungen erfüllt. Goffman nennt dies Role performance (vgl. ebd., 77); sie ist verantwortlich für ein stimmiges Selbst- und Fremdbild. Die Role Performance ist verbunden mit einer Verantwortung für die Rolle, da das Innehaben einer Rolle an bestimmte Verhaltensweisen im institutionellen Kontext verknüpft ist.
Wenn das Selbstbild des Individuums vollständig durch die ausgefüllte Rolle bestimmt wird, spricht Goffman von Attachment (vgl. ebd., 79). Dies muss unterschieden werden von Embracement:
To embrace a role is to disappear completely into the virtual self available in the situation, to be fully seen in terms of the image and to confirm expressively one’s acceptance of it. (ebd., 94)[14]
In jeder Interaktion muss das Individuum die Kontrolle über sich selbst bewahren; diese Kontrolle betrifft sowohl die körperliche Motorik als auch die an der Kommunikation mit anderen. Wenn nun ein anderer Interaktant das Individuum durch sein Verhalten ihm gegenüber in eine Rolle drängt, die das Individuum für sich nicht geltend machen möchte, so muss es Role Distance schaffen: Durch eine aktive Manipulation der Situation wird eine Lücke zwischen dem Individuum und der Rolle, die das Verhalten des Gegenübers nahe legen würde, gebildet[15]. Goffman nennt zwei Varianten, mit denen das Individuum Role Distance demonstrieren kann: Entweder durch Isolation von der Situation oder durch eine scherzhafte Annahme der Rolle, in die es vom Gegenüber gedrängt wird. Beide Verhaltensweisen drücken eine Zugehörigkeit zur genau entgegengesetzten Rolle aus. Role Distance zeigt also, in welcher Relation sich das Individuum zur Situation sieht (vgl. ebd., 95f).
2.3. Strategien der Selbstdarstellung
Manchmal betätigen wir uns als Schauspieler und denken darüber nach, was die Wirkung einer unserer Haltung sein wird; wir können absichtlich einen bestimmten Tonfall verwenden, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Mead 1973, 189
Die Identität eines Menschen bildet sich im Laufe seiner Sozialisation durch subjektiv gewichtete gesellschaftliche Einflüsse, auf die der Einzelne individuell reagiert und sich so in der Gesellschaft verortet. In der Interaktion mit anderen demonstriert das Individuum seine Position, indem es sich von den anderen abgrenzt. Dazu ist je nach Situation die Übernahme verschiedener Rollen erforderlich, die sich aus den Erwartungen der Gesellschaft an das Individuum aufgrund seiner Position im System ergeben.
In diesem Kapitel wird erläutert, auf welche Weise bzw. unter Benutzung welcher Strategien Individuen ihr Selbst nach außen tragen. Dabei werden die Begriffe ‚Selbstdarstellung’, ‚Eindruckssteuerung’ und ‚Selbstpräsentation’ synonym verwendet, da sich hinter allen Termini Mechanismen verbergen, mit denen der Einzelne in der Öffentlichkeit ein bestimmtes (subjektiv positives) Bild von sich erzeugen will.
In einer ersten Annäherung an das Thema werden verschiedene Definitionen zitiert, bevor dann das Konzept des face nach Goffman vorgestellt wird. Dieses Konzept hat eine hohe thematische Relevanz, da es direkt mit der Selbstdarstellung des Einzelnen verbunden ist. Weiterhin wird das Dramaturgische Modell der Eindruckssteuerung nach Goffman dargestellt, in dem verdeutlicht wird, mittels welcher Mechanismen Personen auf ihre Mitinteraktanten einzuwirken versuchen. Anschließend werden verschiedene Strategien der Selbstdarstellungen nach ihrem Modus (verbal vs. nonverbal) differenziert. Vorgreifend sei hier angemerkt , dass diese Unterscheidung nur annähernd geschehen kann, da eine erfolgreiche Selbstdarstellung natürlich sowohl auf verbalen als auch auf nonverbalen Mechanismen beruht.
2.3.1. Definitionen
Laux & Weber (1993, 9) definieren Selbstdarstellung wie folgt:
Durch unser Verhalten streben wir häufig die Vermittlung bestimmter Selbstbilder wie z. B. Freundlichkeit, Kompetenz oder Durchsetzungsvermögen an. Dadurch sollen entsprechende Eindrücke, die andere von uns formen, kontrolliert werden. Dies liegt in unserem eigenen Interesse, da wir zum Erreichen nahezu aller Ziele im Leben die Mithilfe anderer Menschen benötigen.
Zugrunde liegt hier die Idee, dass man immer auf die Hilfe anderer angewiesen sein kann und es deswegen von Vorteil ist, auf potentielle Helfer positiv zu wirken. Auch wenn Laux & Weber nicht die Akzentuierung der eigenen Identität fokussieren, ist die Beeinflussung anderer durch Demonstration eigener positiver Eigenschaften zu betonen.
Hoffmanns (1998, 61) Definition stellt deutlich heraus, dass Selbstdarstellung immer das Bekenntnis zu einer selbst gewählten Position innerhalb der Gesellschaft ist:
Selbstpräsentation ist keine Maske, hinter der sich die eigentliche Person versteckt, sondern vielmehr ein Ausdruck ihrer Selbstdefinition, welche sie – quasi als Vorschlag zur Beschreibung ihrer Identität - in die soziale Interaktion einbringt.
Dabei betont sie, dass der Vergleich mit anderen auch für das Individuum selbst eine wichtige Rolle spielt, denn so kann es überprüfen, inwieweit das eigene Selbstkonzept von anderen akzeptiert oder abgelehnt wird. Da diese Reaktionen einen direkten Einfluss auf das Selbstbild und das Selbstwertgefühl des Individuums haben, ist Selbstpräsentation in erster Linie eine Präsentation vor der eigenen Person (vgl. ebd., 72).
Das, was hier nur implizit angedeutet wird, wird bei Spiegel (2002, 513, Fußnote 1) explizit hervorgehoben:
Individualitätskonturierung wird interaktiv hergestellt, d. h., das Interaktionsverhalten des anderen trägt wesentlich zur Individualisierung bei: Durch Zuteilung des Expertenstatus, Bestätigung und Würdigung, Gefolgschaftsverhalten, aber auch durch besondere Aggressivität, Ausgrenzung, etc.
Die Anwesenheit anderer ist also immer von Vorteil, wenn man sich erfolgreich selbst darstellen will. Andere Personen dienen nicht nur als Hintergrund, vor dem sich die eigene Identität abheben kann, sondern auch als Bestätigung, um das präsentierte Selbst zu legitimieren.
2.3.2. Der face - Begriff nach Goffman
The term face may be defined as the positive social value a person effectively claims for himself by the line others assume he has taken during a particular contact.
Goffman 1972, 5
Hinter dem Begriff face[16] verbirgt sich das Konzept des Selbstbildes eines Individuums, das durch (von anderen) zugeschriebene Attribute entsteht. Der Begriff beinhaltet also außerdem das Fremdbild einer Person, welches in deutlichem Gegensatz zu ihrem Selbstbild stehen kann. In Interaktion mit anderen bekommt das Individuum einen Eindruck von dem face, das ihm zugeschrieben wird. Dabei ist hervorzuheben, dass eine Person zwar den Inhalt des face durch ihr Verhalten zu beeinflussen versuchen kann, letztendlich aber nie die Kontrolle darüber hat, ob das gewünschte Bild auch tatsächlich nach außen transportiert wird:
In any case, while his social face can be his most personal possession and the center of his security and pleasure, it is only on loan to him from society; it will be withdrawn unless he conducts himself in a way that is worthy of it. (Goffman 1972, 10)
Die Zuteilung von face ist also eine Art Kontrollmechanismus der Gesellschaft, mit dem sichergestellt wird, dass sich die einzelnen Mitglieder immer situationsgerecht verhalten. In der sprachlichen Interaktion wird dies realisiert durch Aufmerksamkeit, die Vermeidung von Gesprächslücken und Unterbrechungen, eine angemessene emotionale Beteiligung und das Signalisieren von Verständnis (ebd., 36ff).
Bei konsistentem Verhalten, das von außen bestätigt wird, hat die Person face (bzw. bewahrt es). Ein stimmiges face verleiht dem Individuum Selbstvertrauen, denn es erhält die Bestätigung, dass es sich richtig und angemessen verhält. Das Individuum wird verpflichtet, Selbstrespekt zu zeigen und bestimmte Handlungen, die das eigene face gefährden könnten, zu vermeiden.
Wenn das aktuelle Verhalten allerdings nicht ins bisher bestehende face integriert werden kann, spricht Goffman von „to be in wrong face“; bzw. von „to be out of face“, wenn das Individuum kein eindeutiges oder kein vorhersagbares Verhalten zeigt (vgl. ebd., 6ff). Ein nicht stimmiges bzw. nicht vorhandenes face kann Minderwertigkeitsgefühle auslösen, da das Individuum keine sichere Basis zur Ausrichtung seines Verhaltens hat.
Ein weiterer Aspekt des face - Konzeptes besteht darin, dass in Interaktionen nicht nur das eigene face bewahrt werden muss, sondern auch das der beteiligten Interaktanten. Diese gegenseitige face - Sicherung garantiert, dass jeder Beteiligte in seinem jeweiligen Verhalten fortfahren bzw. die Rolle weiterspielen kann, die er für sich ausgesucht hat. Solch eine „mutual acceptance“ (ebd., 11) ist eine Basiseigenschaft von direkter (d. h. face to face-) Kommunikation[17]. Dabei ist die Bewahrung von face nicht die Bedingung einer Interaktion, sondern ihr Ziel.
Diejenigen Handlungen, mit denen Personen sowohl das eigene wie auch das face ihres Gegenübers wahren und somit potentiellen face - Bedrohungen entgegensteuern, bezeichnet Goffman als face - work (ebd., 12). Eine habitualisierte und routinierte Form von face - work besteht in diplomatischem oder taktvollem Verhalten, z. B. der Kontrolle von Beschämung und damit auch der Kontrolle über eine Beschämung, die andere Personen angesichts der eigenen Scham empfinden könnten.
Darüber hinaus unterscheidet Goffman zwischen defensiven Praktiken, die das eigene face bewahren, und protektiven Praktiken, die das face der anderen erhalten. Beide Arten werden simultan ausgeführt, da der Versuch, ein „fremdes“face zu bewahren, immer auch die Gefahr in sich trägt, das eigene face zu verlieren oder zumindest zu gefährden (vgl. ebd., 13). Grundlegende Arten des face-work werden nun skizziert:
Als Vermeidungsprozess bezeichnet es Goffman, wenn potentiell face - bedrohende Situationen zu meiden versucht werden. Sollte eine komplette Vermeidung der jeweiligen Situation nicht möglich sein, werden in der Interaktion verschiedene Taktiken angewandt wie die Vermeidung von nicht face - adäquaten Themen oder ein generell eher zurückhaltendes Auftreten (defensive Formen). Protektive Taktiken des Vermeidungsprozesses bestehen in einer höflichen und respektvollen Behandlung anderer und Diskretion (d. h. auch, dass man keine Themen anspricht, die das face der anderen in Gefahr bringen könnten).
Sollte eine face - bedrohende Handlung schon geschehen sein, werden die Taktiken des korrektiven Prozesses angewandt. Sie bestehen in einem Versuch, die Konsequenzen dieser Handlung abzumildern oder ganz zu neutralisieren. Dies geschieht durch symbolische Handlungen wie Entschuldigungen, die das rituelle Gleichgewicht einer Situation wieder herstellen (vgl. ebd., 16ff)[18]. Die Wahl der jeweiligen Taktik ist dabei individuell.
Ein wesentlicher Aspekt sein face zu bewahren besteht in der positiven Bewertung durch andere. Diese positiven Bewertungen können durch den gezielten Einsatz von face - work provoziert werden (das umgangssprachliche „fishing for compliments“). Goffman bezeichnet diese aggressive Verwendung von face - work als making points:
Every face - saving practice which is allowed to neutralize a particular threat opens up the possibility that the threat will be willfully introduced for what can be safely gained by it. (ebd., 24)
Eine Person kann eine Situation z. B. so arrangieren, dass andere sich ihr gegenüber inkorrekt verhalten, um sich dann bei ihr entschuldigen zu müssen. Die Begegnung verläuft dann allerdings nicht mehr auf Basis gegenseitigen Respekts, sondern hat eher den Charakter eines Wettbewerbs, der in einer Arena ausgetragen wird. Dabei ist die Anwesenheit von Publikum eine zwingende Voraussetzung, um die eigene Überlegenheit zu beweisen. Eine generelle Methode besteht darin, positive Fakten über sich selbst zu verbreiten und negative Fakten über den anderen; allerdings in einer solchen Form, dass der andere nicht ebenso reagieren kann, sondern als eindeutiger „Verlierer“ aus der Situation hervorgeht. Sollte der Herausforderer allerdings einem schlagfertigen Gegenüber begegnen, verliert er selbst an face.
Auch wenn Goffmans face - Konzept für viele Situationen plausibel erscheint, so erfährt es doch einige Kritik. Laux & Weber (1993) werfen Goffman vor, sowohl das private Selbst zu vernachlässigen, als auch die strategiefixierte Eindruckssteuerung überzubetonen (Laux & Weber 1993, 49).
Holly (1979) kritisiert generell „ziemlich vage ad-hoc-Definitionen“ und die mangelnde Systematisierung der Beobachtungen und Interpretationen (Holly 1979, 33). Weiterhin beanstandet er die unscharfe Trennung zwischen face und Rolle; seiner Ansicht nach lege Goffman zuviel Gewichtung auf das Konzept des face und klammere Ursachen und Motive von sprachlichem Verhalten aus. Dies erzeuge ein einseitiges Bild von Kommunikation und vernachlässige die Situationsgebundenheit von Interaktion (vgl. ebd., 41)[19].
Auch wenn diese Kritik berechtigt erscheint, so soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit am face -Konzept Goffmans festgehalten werden, da es gerade in Hinblick auf die Kommunikation von Talkshowgästen anwendbar ist.
Auf Grundlage des face - Konzeptes konstruieren Brown & Levinson (1987) ein universelles Modell für Höflichkeit (politeness), welches sie an Beispielen aus drei nicht miteinander verwandten Sprachen belegen. Zentral für das Modell ist die Annahme, das face einer jeden Person bestehe aus zwei Arten von Wünschen (face - wants), deren Erfüllung die Voraussetzung für höfliche Kommunikation sei. Diese face - wants beinhalten negative face (den Wunsch, in seinen eigenen Handlungen nicht behindert zu werden) und positive face (den Wunsch, akzeptiert zu werden). Weiterhin postulieren Brown & Levinson drei soziologische Faktoren, anhand derer das Höflichkeits – Level einer Handlung bestimmt werden kann: Das Machtverhältnis zwischen Produzent und Rezipient, die soziale Distanz zwischen ihnen und die kulturabhängige Tragweite bzw. Gewichtung der potentiell face - bedrohenden Handlung (vgl. Brown & Lewinson 1987, 13ff). Face – Bedrohungen können auf verschiedene Weise durchgeführt werden. Dabei gilt: Je direkter und expliziter die Bedrohung oder Verletzung von face geschieht, desto stärker ist die Schädigung des eigenen face und desto aufwändiger sind die Maßnahmen, um den entstandenen Schaden wiedergutzumachen (vgl. ebd., 60ff).
Dieses hier in seinen Grundzügen vorgestellte Modell wird für den analytischen Teil der Arbeit von Bedeutung sein.
2.3.3. Das Dramaturgische Modell der Eindruckssteuerung
In these interactions, where the individual presents a product to others, he will tend to show them only the end product, and they will be led into judging him on the basis of something that has been finished, polished, and packaged.
Goffman 1974, 52
In “The Presentation of Self in Everyday Life” setzt sich Goffman (1974) mit den Methoden auseinander, mit denen Individuen sich in der Öffentlichkeit selbst darstellen. Die Hauptidee ist dabei der Vergleich zwischen dem sorgsam inszenierten Auftritt eines Schauspielers auf einer Theaterbühne und der Art und Weise, in der sich „normale“ Personen in Anwesenheit anderer präsentieren. Dabei vermittelt schon die äußere Erscheinung einer Person diverse Informationen, die soziale Vergleichsprozesse initiieren. Innerhalb dieser Prozesse werden Annahmen, Erwartungen und Vermutungen über die jeweilige Person und ihr Verhalten gebildet, die die Grundlage für das eigene Verhalten gegenüber dieser Person sind. „Wahre“ Charaktereigenschaften, Einstellungen oder Glaubenssätze lassen sich nur indirekt durch die Interpretation expressiver Verhaltensweisen erschließen (vgl. Goffman 1974, 13/14).
Wesentlich ist die Unterscheidung zwischen Given Information und Given off Information: Unter Given Information versteht Goffman das, was das Individuum kontrolliert und willentlich, v. a. durch sprachliche Symbole und ihre Substitute (wie Gesten), vermittelt. Given off Information beinhaltet eine große Bandbreite an Handlungen, die charakteristisch für eine bestimmte Person sind. Diese Handlungen übermitteln nicht nur die eindeutig erkennbare Information, sondern auch darüber hinausgehende Informationen, die vom Individuum nicht bzw. nur schwer kontrolliert werden können. Der Kommunikationsprozess stellt sich als deutlich asymmetrisch dar, denn das Individuum selbst kann nur eine Ebene seiner Kommunikation wahrnehmen und mühelos steuern, die anderen Interaktanten aber nehmen beide Ebenen wahr (vgl. ebd., 18).
Individuen haben Wissen darüber, dass sich jeder auf eine möglichst vorteilhafte Weise präsentieren möchte. Deswegen wird der nicht so leicht kontrollierbaren Given off Information auf Rezipientenseite mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Given off Information kann also Auskunft über die Authentizität der Given Information geben - je nachdem, ob die beiden Informationsarten zueinander in Widerspruch stehen oder nicht (vgl. ebd., 14).
Das Individuum hat nun die Möglichkeit, durch sein kontrollierbares Verhalten bestimmte Botschaften zu vermitteln und so ein bestimmtes Bild von sich zu etablieren. Goffman nennt diejenigen Aktivitäten, mit denen eine Person die anderen Interaktanten beeinflussen will, Performance (ebd., 26). Darunter fallen Routinen, d. h. Aktionen einer Performance, die auch in anderen Situationen ausgeführt werden, und soziale Rollen, die als eine oder mehrere Routinen, die bei verschiedenen Gelegenheiten dem gleichen Publikum gezeigt werden, beschrieben werden (vgl. ebd., 27). Performances sind geprägt von der Forderung des Individuums an seine Interaktionspartner bzw. Zuschauer das zu glauben, was sie sehen und hören, und von der Forderung der Zuschauer an den Performer, etwas Authentisches, d. h. den Tatsachen entsprechendes, zu sehen.
Ein wichtiger Bestandteil von Performances ist die sog. Front (Fassade), aufgeteilt in Setting und Personal Front: Unter Setting fällt die Möblierung und Dekoration eines Schauplatzes. Das Setting ist statisch; dies bedeutet für die Individuen, dass Anfang und Ende ihrer Performance an ihre Anwesenheit am Setting gebunden ist. Unter Personal Front werden die Items zusammengefasst, die eng zum Individuum gehören und nicht von ihm zu trennen sind wie Geschlecht, Größe und Aussehen, Körperhaltung, Mimik, Gestik, sprachliche Besonderheiten, Kleidung, Zeichen von Rang und Status usw. Personal Front ist aufteilbar in Appearance (also Informationen über den sozialen und temporären rituellen Status der Person) und Manner (Informationen über den zukünftigen Interaktionsstatus). Appearance und Manner können zusammenhängen, können aber auch inkohärent sein (vgl. ebd., 34ff.). Die Informationen, die durch die Personal Front verbreitet werden, sind generell und abstrakt; sie ermöglichen Kategorisierungen und Stereotypisierungen:
Observers then need only be familiar with a small and hence manageable vocabulary of fronts, and know how to respond to them, in order to orient themselves in a wide variety of situations. (ebd., 36)
Um den eigenen Beitrag in Szene zu setzen, bedienen sich Individuen der Dramatic Realization: Durch dramatische Hervorhebungen werden bestimmte Fakten betont, die für den Gesamtzweck der Performance von Bedeutung sind (vgl. ebd., 40). Ein weiteres sprachliches Mittel zur Betonung relevanter Aspekte ist Idealization; dabei präsentiert der Performer eine idealisierte Version der zu schildernden Situation (vgl. ebd., S. 44).
Die Performance muss einen insgesamt stimmigen Eindruck bei den Zuschauern hinterlassen. Dazu gehört nicht nur die sprachliche Darstellung von Ereignissen, sondern auch der Einsatz sprachbegleitender Gesten:
To be a given kind of person, then, is not merely to possess the required attributes, but also to sustain the standards of conduct and appearance that one’s social grouping attaches thereto. (ebd., 81)
2.3.4. Verbale Strategien
Sprachliche Selbstdarstellung kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Personen können explizit sagen, wer sie sind und wie sie sich wahrnehmen; sie können ihr Selbstbild aber auch implizit kommunizieren.
Eine indirekte und eher unbewusste Art der sprachlichen Selbstdarstellung geschieht durch den Sprechstil (Kotthoff 1989:187 bezeichnet konversationelle Stile als in Gesprächen verfolgte Imagearbeit), welcher über das eigentlich Gesagte hinausgehend Rückschlüsse auf den Sprecher zulässt. Der Sprechstil einer Person sagt etwas aus über deren Auffassung von der Kommunikationssituation und ihrer Haltung gegenüber der zu lösenden kommunikativen Aufgabe (vgl. Franck 1984, 123; Kotthoff 1989, 187). Sprechstil fällt also in die Goffmansche Kategorie der Given off Information. Kommunikative Stile sind immer gebunden an eine spezifische soziale Welt, zu der ein Sprecher gehört; sie drücken also die soziale und kulturelle Identität einer Person aus (vgl. Keim & Schütte 2002, 10). Stil ist zu betrachten als das Ergebnis von spezifischen ökologischen, sozialstrukturellen, sprachlichen und ästhetischen Voraussetzungen und Bedingungen der jeweiligen Lebenswelt; er aktiviert immer auch kulturelle Wissensbestände. (vgl. ebd., 12/13)[20]. Durch die Verwendung eines bestimmten gruppenspezifischen Sprechstils und der Präsentation bestimmter (ebenfalls gruppenspezifischer) Argumente und Topoi zeigen Personen, welcher Gruppe sie sich zugehörig fühlen und können dadurch von den übrigen Interaktanten zugeordnet werden (vgl. Spiegel 2002, 516). Im Gegensatz zu diesen einfachen Identitätskonturierungen kommen komplexe Individualitätskonturierungen durch Aktivitäten auf verschiedenen Ebenen zustande. Sie werden im Gesprächsverlauf interaktiv bearbeitet und verändert und erscheinen somit komplex; die Interaktanten bekommen ein Interaktionsprofil und lassen Rückschlüsse auf individuelle Meinungen, Vorlieben, Vorstellungen usw. zu (vgl. ebd., 522).
Durch Herstellung und Veränderung sprachlicher Varietäten, prosodischer Signale und sprachlicher Formulierungsverfahren werden Interaktionsmodalitäten und – rahmen signalisiert. Dabei wird zu Beginn einer Interaktion ein unmarkierter Stil als „normal“ und „unauffällig“ etabliert; dies lässt Freiraum für Stilvariationen innerhalb der Interaktion. Im Gespräch selbst orientieren sich die Interaktanten retrospektiv am eingangs festgelegten Referenzstil (vgl. Selting 1989, 203). Da Sprechstile interaktionsübergreifend stabil sind, stellen Stilwechsel unterschiedliche Kontexte und Interpretationsrahmen her (vgl. Keim & Schütte 2002, 11) und lassen sich somit der Kategorie Given Information zuordnen.
Eine eher explizite und vom Sprechstil unabhängige Form der Selbstdarstellung, die oft auch in Form von Abwertung des Gegenübers geschieht, beschreibt Mühlen (1985). Allerdings bezieht sie sich dabei ausschließlich auf Kommunikation in Fernsehtalkshows, so dass die von ihr gefundenen Mechanismen nicht auf alle Arten von Alltagsgesprächen übertragbar sind.
Mühlen unterscheidet zwischen impliziten und expliziten Mechanismen der Auf - und Abwertung sowohl des Partners als auch des Selbst. Alle Mechanismen sollen letztendlich eine positive Hervorhebung der eigenen Person bewirken. Im Folgenden werden die von Mühlen gefundenen Mechanismen kurz beschrieben.
Während die expliziten Mechanismen direkt geschehen und ihre Intention sofort offensichtlich wird (z. B. durch direkte Beleidigungen des Gegenübers oder direktes Eigenlob), funktionieren die impliziten Mechanismen eher indirekt und lassen nicht unmittelbar Rückschlüsse auf ihre Funktion zu.
Implizite Selbstaufwertung geschieht durch Demonstration von Kompetenz, Witz oder Schlagfertigkeit - also durch sprachliche Tätigkeiten, die das eigene Können bzw. den eigenen Humor betonen. Sie findet meistens in Schlagabtäuschen statt und dient gerade in Fernseh-Talkshows zur Belustigung des Publikums, da Humor oft eingesetzt wird, um das Gegenüber lächerlich zu machen.[21] Es zeigt sich also eine große Ähnlichkeit zum oben beschriebenen Making Points. Auch die Auf - oder Abwertung aktuell nicht - anwesender Dritter kann zur impliziten Selbstaufwertung benutzt werden, da das Loben anderer Personen die eigene Toleranz und Souveränität beweist (vgl. Mühlen 1985, 148/193): „Positive Beziehungshandlungen zum Partner wirken sich auch positiv auf das eigene Image aus.“ (ebd., 195). Im Gegensatz dazu geschieht explizite Selbstaufwertung durch Eigenlob o. Ä.; allerdings sind diese Vorgehensweisen gesellschaftlich eher unerwünscht.
Eine implizite Partnerabwertung liegt dann vor, wenn dem Betreffenden Eigenschaften zugeschrieben werden, die allgemein als negativ betrachtet werden oder wenn sich das Gegenüber in anderer Weise abwertend verhält (z. B. durch Infragestellen von Kompetenz o. Ä.). Diese Strategie kann in Kombination mit einer impliziten Selbstaufwertung auch zur besonderen Herausstellung der eigenen Kompetenz genutzt werden.
2.3.5. Nonverbale Strategien
Wenn es um Botschaften der Selbstdarstellung geht, hilft verbale Kommunikation nur wenig. Wir werden kaum je auf Fremde zugehen und ihnen versichern: ‚Ich bin ein netter, intelligenter, gutaussehender Mensch von unendlich gewinnendem Wesen, die meisten Leute mögen mich und Sie sind gut beraten, das ebenfalls zu tun.’
Forgas 1999, 135
Nonverbale Methoden der Selbstdarstellung werden durch Verwendung körperlicher Zeichen durchgesetzt. Darunter fällt nicht nur die Benutzung von Gesten, sondern auch das eigene Auftreten (also das, was Goffman unter personal front zusammenfasst). Während das optische Erscheinungsbild willkürlich beeinflusst werden kann, um bestimmte Informationen zu vermitteln, kann der Gestenausdruck nicht so leicht kontrolliert werden (vgl. die Erläuterungen zu Given und Given off Information).
Personen stufen deswegen nonverbales Verhalten wichtiger ein als verbales Verhalten, da es Aufschlüsse über vermeintlich “wahre” Einstellungen und Haltungen erkennen lässt und somit Rückschlüsse auf die Authentizität des Verhaltens zulässt. Gleichzeitig ermöglicht es Rückschlüsse darauf, inwieweit das Gegenüber die eigene Person wertschätzt (vgl. Ruscher 2002, 105).
Generelle Gestenfunktionen bestehen im Ausdruck von Gefühlen, Stimmungen und Einstellungen. Gesten sind nicht nur wesentliche Bestandteile des menschlichen Sozialverhaltens und beteiligt an der Konstitution sozialer Rollen sondern auch relevant für ritualisierte Handlungen. In Anlehnung an Bühlers Organonmodell der Sprache unterscheidet Müller (1998) zwischen Ausdrucks-, Appell- und Darstellungsfunktion von Gesten. Die Ausdrucksfunktion ist nicht zwingend an die verbale Kommunikation gebunden und geschieht oft willkürlich; sie dient dem Ausdruck und der Regulation sozialer Rollen und äußert sich z. B. in Drohgebärden oder Beleidigungsgesten als Ausdruck von Macht und Dominanz. Appellative Gestenfunktionen sind auf den Kommunikationspartner ausgerichtet; sie manifestieren sich in ritualisierten Handlungen wie Begrüßungen und können sprachliche Äußerungen ersetzen. Ihre kommunikative Funktion ist also unabhängig von der verbalen Kommunikation. Weiterhin haben sie einen Anteil an der interaktiv hergestellten Ordnung des kommunikativen Geschehens (z. B. bei der Wortsuche) und an der Konstitution der Sprecherrolle (vgl. Müller 1998, 13ff). Durch die dritte Funktion lassen sich gestisch z. B. abstrakte Sachverhalte, Angaben von Größe, Menge, Zahl, Zeit oder die Verneinung von Sachverhalten darstellen (vgl. ebd., 35).
Wie in diesem Kapitel verdeutlicht wurde, bemühen sich Personen v. a. in Gegenwart anderer deutlich zu zeigen, wie sie sich selbst definieren und dabei einen möglichst positiven Eindruck zu hinterlassen. Das Goffmansche face ist dabei letztendlich der Beleg dafür, ob die eigene Selbstdarstellung funktioniert bzw. ob sie konsistent und glaubwürdig ist. Face ist ein dynamisches Konzept, da es sich in der Interaktion manifestiert, in der Interaktion zugeschrieben wird und in der Interaktion mit anderen gewahrt werden muss. Personen können durch die dramaturgische Gestaltung ihres „Auftritts“ vor anderen Individuen zu beeinflussen versuchen, welche Art von face ihnen zugeschrieben wird. Ihnen stehen dabei verbale und nonverbale Mittel zur Verfügung; dabei bemessen die Mitinteraktanten den nonverbalen Mitteln mehr Gewicht, denn diese sind tendenziell weniger gut kontrollierbar. Bezogen auf die Zuordnung zu bestimmten Gruppen bietet gerade die Gestaltung des optischen Erscheinungsbildes die Möglichkeit einer eindeutigen Zuordnung, so dass schon zu Beginn einer Interaktion dem Gegenüber eine spezifische Selbstdefinition präsentiert werden kann.
3. Die Talkshow
3.1. Zur Sendeform
3.1.1. Historie
Wie viele Formate wurde auch die Fernsehtalkshow aus den USA importiert, wo sie sich Anfang der 50er Jahre nach dem Vorbild von Radio - Talkshows entwickelten. Die ersten Shows hatten ausschließlich prominente Menschen zu Gast, erst Mitte der 70er Jahre waren rein informative Shows nicht mehr gefragt und unterhaltsame Inhalte gewannen mehr und mehr an Popularität. In den 80er Jahren entwickelten sich zwei neue Talkshow-Gattungen, die seitdem überwiegen: Die „Confessional - Shows“, in denen nicht - prominente Menschen über Tabu-Themen reden, und der sog. „Confrotalk“ (Kurzform von „Confrontational Talk“). Dabei stehen kontroverse Themen im Vordergrund, über die die Gäste diskutieren bzw. sich streiten (vgl. Steinbrecher & Weiske 1992, 109f).
Im Gegensatz zu den ersten amerikanischen Talkshows, die aus einer relativ ausgewogenen Mischung aus Talk- und Showteilen bestanden, entsteht in den heutigen Formaten die Show eher durch den Talk. Den Grund dafür sehen Steinbrecher & Weiske im veränderten Fernsehverhalten der Zuschauer, für die die Musikeinlagen nichts Besonderes mehr sind, da sie in fast jeder Unterhaltungssendung vorkommen (vgl. ebd., 53).
Die erste deutsche Talkshow „Je früher der Abend“ wurde am 04. März 1973 vom WDR ausgestrahlt. Zu Gast waren v. a. prominente Menschen, die den Zuschauern außerhalb ihrer gewohnten Rollen präsentiert wurden. „Je früher der Abend“ gilt als Inspirationsquelle für alle anderen Talkshowformen (vgl. ebd., 139). Im 1976 erstausgestrahlten „Kölner Treff“ waren erstmals auch nicht - prominente Menschen zu Gast. Die Eingeladenen waren „gesellschaftliche Exoten, die entweder durch ‚abnorme’ Eigenschaften oder einen aktuellen Anlass auch wieder im erweiterten Sinn prominent waren.“ (ebd., 71). Bis Ende der 80er Jahre etablierten sich die klassischen „Promi - Talkshows“ auf den öffentlich - rechtlichen Programmen, während die Privatsender neue Talk - Konzepte entwickelten (vgl. ebd., 140).
1992 strahlt RTL erstmals die Sendung „Hans Meiser“ aus, in der unprominente Personen sich zu diversen Themen äußern und diskutieren (vgl. Hoffmann 1998, 26). Schon vier Jahre später wurden täglich bis zu acht unterschiedliche Talkshows auf verschiedenen Kanälen angeboten (vgl. Gangloff 1996, 32). Das Themenspektrum reicht dabei von Partnerschaft / Familie über Sexualität und Gesundheit / Lebenshilfe bis hin zu schweren Schicksalsschlägen. Dabei sind die einzelnen Sendungen im Grunde austauschbar (vgl. ebd., 34).
Auch wenn gerade den Sendungen des Privatfernsehens vorgeworfen wird, für den Kulturverfall der Gesellschaft mitverantwortlich zu sein (die Rezipienten werden als Voyeure bezeichnet, die Gäste als Exhibitionisten und die Themen als abnorm und wenig geschmackvoll; vgl. Fromm 2000, 132), erfreut sich das Genre Talkshow über viele Jahre großer Beliebtheit. Seit einigen Jahren wird die Talkshow allerdings mehr und mehr durch pseudo - authentische Formate wie Gerichtssendungen verdrängt.
3.1.2. Formen
Steinbrecher & Weiske (1992) unterscheiden vier Talk - Formen, die hier kurz umrissen werden.
Die älteste Form ist der „Promi - Talk“, der einen unterhaltend - informativen Anspruch hat und im personenzentrierten Gespräch mit mehreren prominenten Gästen besteht. Im „Themen - Talk“ zentrieren sich die Gespräche um ein vorgegebenes Thema mit oft aktuellem Bezug; die Gäste sind auch hier meistens prominent und werden aufgrund ihrer themenspezifischen Kompetenz eingeladen. Der personenzentrierte „Portrait - Talk“ besteht in Einzelgesprächen zwischen Moderator und Gast; in der unterhaltenden Variante sind die Inhalte eng mit der Person des Gastes verbunden und dienen ausschließlich der Unterhaltung; in der journalistischen Variante werden auch sachliche und zeitgeschichtliche Informationen berücksichtigt. Die letzte Form ist der „Confro - Talk“, bei dem ein kontroverses Thema im Mittelpunkt steht: „Dabei kommt es weniger auf die argumentative Auseinandersetzung mit Inhalten, sondern vielmehr auf emotionale Streitgespräche vor einer angeheizten Kulisse an.“ (Steinbrecher & Weiske 1992, 21). Da die für diese Arbeit ausgewählten Folgen der „Die Oliver Geissen Show“ eher dem Confro - Talk zuzuordnen sind, werden im Folgenden die Grundprinzipien des Confro - Talks näher erläutert.
RTL und SAT1 waren die ersten deutschen Sender, die dieses Format in ihr Programm aufnahmen. Grundlegend ist eine angeheizte Stimmung und der verbale Schlagabtausch, der sich aus den kontroversen Positionen der eingeladenen Gäste ergibt. Da das Format keine Zeit für ausformulierte Beiträge lässt, kommt größtenteils das inhaltliche Niveau zu kurz; dies wird unterstützt durch die extremen Positionen der Gäste, die die implizite Forderung nach eindeutigen „Siegern“ und „Verlieren“ unterstützen (vgl. ebd., 94).
3.1.3. Charakteristika
Talkshows erzielen ihre Wirkung durch eine Personalisierung der Gäste, eine vermeintliche Authentizität des Dargestellten sowie Intimisierung und Emotionalisierung der Themen (vgl. Hasebrink et al. 2000, 153). Das zentrale Ereignis ist dabei das Gespräch, das sich in den „Promi - Talkshows“ natürlich zentral um die gesamte Person des Gastes dreht; in den aktuellen Daily - Talkshows ist dabei allerdings nur die jeweilige Meinung und ihre Behauptung von Interesse. Burger (1991) betrachtet das Fernsehen als prädestiniertes Medium für den Talk, da hier der für die Selbstdarstellung wichtige nonverbale Kanal berücksichtigt werden kann (vgl. Burger 1991, 169).
Da die Konkurrenz unter den einzelnen Talkshows relativ hoch ist, muss im Kampf um Einschaltquoten jedes Format einen möglichst hohen Wiedererkennungswert haben. Dies wird gewährleistet durch Kulisse samt Möblierung (meistens der Einrichtung eines Wohnzimmers nachempfunden), Logo und Titelmelodie (vgl. Steinbrecher & Weiske 1992, 50f). Ein besonders wichtiger Faktor für die Wiedererkennung ist natürlich die Person des Moderators. Er ist nicht nur für die Sendung selbst, sondern auch für die Zuschauer eine Identifikationsfigur und bestimmt das Profil der Show maßgeblich mit (vgl. ebd., 75). Bei allen aktuellen Daily - Talkshows ist ein Studiopublikum anwesend, das sich durch Zwischenfragen und Kommentare aktiv in die Show einbringen kann. Es dient den Bühnengästen als Stimmungsbarometer für die eigene Beliebtheit und ist stellvertretend für das Fernsehpublikum anwesend (vgl. ebd., 58f). Der besondere Reiz für das Studiopublikum besteht darin, hautnah dabei zu sein und mögliche peinliche Szenen oder Entgleisungen der Gäste mitzuerleben, die für die Fernsehausstrahlung herausgeschnitten werden würden (vgl. ebd., 55).
3.2. Der unprominente TV-Gast
Werktag für Werktag gönnt sich eine Vielzahl unterschiedlichster Menschen (also keineswegs nur Angehörige von Unter- und Mittelschicht) ihre Viertelstunde Prominenz […].
Gangloff 1996, 32
3.2.1. Die Rezipientenperspektive
Bis in die 80er Jahre hinein waren v. a. prominente Menschen die bevorzugten Gäste in Talkshows; erst mit Aufkommen der Daily - Talkshows entstand ein großes Interesse an der Präsentation von Privatpersonen. Dies führte dazu, dass sich die Zielgruppe der Gäste veränderte; mehr und mehr nicht - prominente Menschen waren dazu bereit, vor der Kamera über teilweise intime und private Fragen zu sprechen. Der größte Unterschied zwischen prominenten und nicht - prominenten Gästen besteht sicherlich in der unterschiedlich ausgeprägten Routine im Umgang mit Fernsehauftritten; Prominente werden schließlich erst durch ihre Medienpräsenz prominent (vgl. Burger 1991, 72) und verfügen über eine Medienroutine, die ein nicht -prominenter Mensch natürlich nicht haben kann.
Unprominente Menschen sind in erster Linie Rezipienten, die in den Talkshows von den einzelnen Gästen bis hin zum Moderator diverse Identifikationsangebote vorfinden (vgl. Gangloff 1996, 34). Langfristig erfolgt die Entstehung einer parasozialen Beziehung zu den Medienakteuren, d. h. es besteht die Illusion einer Beziehung auf Grund der Unmittelbarkeit des Fernsehens. Diese Unmittelbarkeit wird verstärkt durch medienspezifische Präsentationsformen wie Zoom und (gerade in den Talkshows) die Praktizierung alltagsnaher und somit vertrauter Umgangsformen. Analog zur Alltagskommunikation gestaltet sich mediale Kommunikation als Aneignungsprozess; dabei besteht der größte Unterschied zur alltäglichen Face to Face - Kommunikation allerdings in der mangelnden Wechselseitigkeit: Der Rezipient kann zwar aus der ihm gebotenen Beziehungsvielfalt wählen, muss aber selbst keine Beziehungsangebote stellen. Er hat die Möglichkeit zur Entwicklung und Einübung neuer Rollen, die sich aus der Identifikation mit den Medienpersonen ergeben. Voraussetzung dafür ist, dass das Verhalten der Medienfiguren Identifikationspotential für den Zuschauer bietet. Gerade unprominente Gäste in ihrer Funktion als Vorbild und / oder Verhaltensalternative bieten sich als soziale Vergleichsobjekte an, da der Rezipient im Vergleich im Regelfall besser abschneidet. Parasoziale Vergleiche mit nicht - prominenten Fernsehgästen sind also immer mit positiven Gefühlen für den Rezipienten verbunden (vgl. Fromm 1999, 72ff). Mögliche Resultate parasozialer Vergleichsprozesse können darin bestehen, dass es dem Studiogast schlechter als dem Zuschauer geht; in diesem Fall erfahren die Sorgen des Rezipienten eine Relativierung. Wenn Fernsehgast und Zuschauer ähnliche Probleme haben, wird dem Zuschauer damit das Gefühl vermittelt, mit seinen Sorgen nicht allein dazustehen; für den Fall, dass der Studiogast die ähnlichen Probleme erfolgreich bewältigt und gelöst hat, fungiert er als Vorbild für den Rezipienten und bietet ihm Aussicht auf Verbesserung der eigenen Situation. Die Talkshow bietet dem Zuschauer demzufolge auch eine Orientierungsmöglichkeit. Unprominente Gäste dienen dem Zuschauer also als Informationsquelle zur Bewältigung der eigenen sozialen Realität (vgl. Fromm 2000, 135f).
3.2.2. Motive für einen TV-Auftritt
Den Studiogästen kommt […] vornehmlich die Rolle exhibitorisch veranlagter, pathologisch angehauchter Gestalten zu, die sich von skrupellosen Fernsehproduzenten auf der Jagd nach hohen Einschaltquoten zur Schau stellen lassen.
Fromm 1999, 118
Was bewegt Tausende von Menschen dazu, vor einer laufenden Fernsehkamera über ihr Privatleben zu reden? Häufig werden an erster Stelle monetäre oder Geltungsbedürfnisse vermutet, doch es gibt weitere Gründe, die einen Fernsehauftritt motivieren. Im Folgenden werden zwei Arbeiten vorgestellt, die sich mit den Beweggründen unprominenter Talkshowgäste befassen. Hoffmann (1998) wertet verschiedene Motivationstypologien aus und erlangt so sechs Hauptmotivklassen, die sie dann durch die Analyse verschiedener Talkshows belegt; Fromm (1999) stellt als Ergebnis ihrer Arbeit eine Typisierung von Talkshowgästen vor, die ebenfalls in Zusammenhang mit der individuellen Motivation steht. Zu Grunde liegt bei ihr die Frage nach den individuellen Problemen und Bedürfnissen, die durch die Veröffentlichung privater Probleme gelöst bzw. bewältigt werden. Auch die individuellen Beweggründen zur Teilnahme werden hinterfragt.
Fromm (1999) sieht die Besonderheit eines Fernsehauftritts v. a. in den verschiedenen Kommunikationsebenen, die gleichzeitig wirksam sind. Sie identifiziert die Ebene des anonymen Massenpublikums (eine riesige Anzahl an Adressaten, welche im Moment der Aufzeichnung der Talkshow nicht sichtbar sind); die Ebene der Studiokommunikation (betrifft das Gespräch Gast – Moderator bzw. Gast – Gast) und die Ebene der Bezugspersonen vor dem Bildschirm (also eine Teilmenge der Ebene des Millionenpublikums; vgl. Fromm 1999, 83ff). Durch den Fernsehauftritt hat das Individuum speziell auf der Ebene der Studiokommunikation die Möglichkeit des sozialen Vergleichs mit anderen Gästen; weiterhin kann es Einblicke in die Fernsehwelt erlangen, den Moderator der jeweiligen Sendung persönlich kennen lernen und nicht zuletzt natürlich auch finanzielle Bedürfnisse befriedigen (vgl. ebd., 85).
Der Typus Fernsehstar nutzt öffentliche Auftritte für eine Inszenierung der eigenen Person; auch im Privatleben steht er gerne im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Für ihn hat der Auftritt ausgeprägten Erlebnischarakter und ermöglicht eine extreme Form der Selbstinszenierung (vgl. ebd., 311ff).
Der Patient betrachtet die Massenmedien als eine Art Lobby für psychisch und physisch kranke Menschen. Er nutzt den Auftritt, um Lösungsmöglichkeiten für ein spezifisches Problem zu finden; damit fungiert der Auftritt als Äquivalent zum Arztbesuch. Er hofft auf ein größeres Verständnis seines persönlichen Umfeldes als Folge des Auftritts (vgl. ebd., 316ff).
Da Fromm nicht nur „typische“ Talkshows, sondern auch die Sendung „Nur die Liebe zählt“ in ihre Analyse einbezog, findet sich als ein weiterer Typ der Kontaktanbahner / Verehrer, der das Fernsehen als „Sinnproduzent in Beziehungsangelegenheiten“ versteht (ebd., 326).[22] Der „Kontaktanbahner“ nutzt das Fernsehen als Forum für eine mediale Kontaktanzeige, mit der er sich von der Masse abheben und so einen Vorteil auf dem Beziehungsmarkt verschaffen möchte. Im Fokus des Auftritts steht für den „Verehrer“ der öffentliche Antrag, der als Prüfstein für eine bestimmte Beziehungssituation betrachtet wird; der Ausgang des Auftritts (und die Reaktion des Partners) wird als endgültig betrachtet und akzeptiert (vgl. ebd., 325ff).
Allerdings sind nicht nur positive Motive ausschlaggebend für die Teilnahme an einer Talkshow. Der Rächer sieht sich durch das Verhalten einer anderen Person in seinem Selbstbild verletzt und lebt sein (im Alltag nicht realisierbares) Bedürfnis nach Vergeltung nun innerhalb des Mediums Fernsehen aus. Fromm zieht klare Parallelen zur Lynchjustiz; das Fernsehen offeriert eine vermeintliche Kontrolle über die Situation, die die öffentliche Degradierung von Anderen beinhaltet (vgl. ebd., 331ff).
Mit vergleichbarer Intention geht der Anwalt in eigener Sache vor: Er versucht ebenfalls, seine Angelegenheiten auf seine eigene Art über das Medium Fernsehen zu regeln; allerdings hat er juristische Motive. Durch den Auftritt will er die aktuelle Rechtssituation beeinflussen und sich Gehör verschaffen. Er betrachtet das Medium als Forum für die öffentliche Stellungnahme (vgl. ebd., 337ff).
Der Ideologe fasst das Fernsehen ebenfalls als Forum auf; er will seinen individuellen Lebensstil / seine individuelle Lebensauffassung propagieren und damit seine Identität veröffentlichen. Sein Selbstbekenntnis dient ihm als Vergewisserung und Bestätigung der getroffenen Wahl; außerdem will er beim Zuschauer Verständnis wecken, um eine höhere gesellschaftliche Anerkennung zu erreichen (vgl. ebd., 345ff).
Rein materielle Gründe für den Auftritt hat der Typ Propagandist (vgl. ebd., 351).
Als letzter Gasttypus sieht der Zaungast die Teilnahme als Möglichkeit, die als Zuschauer aufgebauten parasozialen Beziehungen in die Realität zu übertragen und sie zu überprüfen. Durch eigene Rezeptionserfahrungen mit dem Medium Fernsehen hat der „Zaungast“ weiterhin ein großes Interesse an einem Blick hinter die Kulissen, um so einen Informationsvorsprung gegenüber anderen Rezipienten zu haben (vgl. ebd., 355ff).
Die beschriebenen Gasttypen sind natürlich nicht in Reinform in den einzelnen Talkshows anzutreffen, im Großteil der Fälle kommen Kombinationen von Typen vor, bei denen ein Motivationstyp dominiert.
Hoffmann betrachtet menschliches Handeln als motiviert durch individuelle Bedeutungszuschreibungen (vgl. Hoffmann 1998, 14). Wie in den Kapiteln 2.1.1 und 2.1.2 erläutert wurde, müssen Individuen zur Sicherung und Bestätigung ihrer Identität mit anderen kommunizieren. Laut Hoffman stellen dabei sowohl personale als auch mediale Kommunikationskanäle gleichwertige funktionale Alternativen dar; umso mehr, als die Medien als „zentrale Orientierungs- und Vermittlerinstitution für das um Identitätswahrung bemühte Individuum“ gelten (vgl. ebd., 63). Damit übernehmen sie also die Funktion von Meads verallgemeinertem Anderen.
Wie in Kapitel 2.1.3 dargestellt wurde, ist die Etablierung einer eindeutigen Identität erstrebenswert für das Individuum, da ihm damit die Möglichkeit gegeben ist, sich klar in der Gesellschaft zu verorten. Der positive Eindruck, der dabei hinterlassen werden soll, fungiert als Auslöser sozialer Zustimmung, welche wiederum Auswirkungen auf Geld, Freundschaft, sexuelle Kontakte o. Ä. hat. In der Talkshow hat das Individuum die Möglichkeit, dem Studiopublikum und der weitestgehend anonymen Masse der Fernsehzuschauer durch die eigene Selbstdarstellung seine Wunschidentität zu präsentieren, die der Etablierung oder Festigung eines bestimmten Status’ in einer Gruppe dienen soll (vgl. ebd., 74f). Da die Gruppe der Rezipienten (mit Ausnahme der Bezugspersonen) die Authentizität der Präsentation nicht nachprüfen kann, muss die Präsentation (sofern sie stimmig ist, vgl. dazu die Darstellung des Performance - Ansatzes nach Goffman in Kapitel 2.3.3) bestätigt werden. Darüber hinaus kann sich das Individuum innerhalb der Gemeinschaft hervorheben und sich selbst als Repräsentations - und Identifikationsfigur für andere anbieten. Die Gäste machen sich so zu „publizierten Aussagen“ (Fromm 1999, 87); damit verbunden ist die Hoffnung auf eine verstärkte Akzeptanz der eigenen Person.[23] In der verhältnismäßig kurzen Zeitspanne des Auftritts muss die Überzeugungskraft der verbalen Selbstdarstellung durch alle verfügbaren Mittel unterstützt werden, weswegen Fromm die Hypothese formuliert, dass „in der Selbstdefinition von Talkshowgästen äußerlich wahrnehmbare Merkmale ein besonders starkes Gewicht haben.“ (ebd., 87).
Als Ergebnis ihrer Arbeit postuliert Fromm sechs Hauptmotivklassen für öffentliche Fernsehauftritte:
Gäste, die zur Problembewältigung in einer Talkshow auftreten, wollen durch den Auftritt subjektiv problematische Themen ansprechen. Dies ist natürlich nicht vergleichbar mit der therapeutischen Aufarbeitung von Problemen, zumal das anwesende Publikum eine ehrliche Selbstdarstellung der Gäste verfälscht: Die Gäste werden dazu verleitet, sich positiver darzustellen, als es der Realität entspricht bzw. sozial erwünschte Eigenschaften zu präsentieren. Da selbstdarstellerische Ambitionen dominieren, kann sich unter den Gästen keine vertrauensvolle Atmosphäre aufbauen - die Gäste wollen sich voneinander abgrenzen, um ihre individuellen Selbstdefinitionen zu verteidigen:
Die Notwendigkeit, vor der Kamera eine gute Figur zu machen, verhindert, dass die Gäste untereinander Vertrauen fassen. Selbst wenn […] das Potenzial für konstruktive Anregungen gegeben ist, müssen die Teilnehmer gegeneinander anreden. (ebd., 102)
Fromm sieht die eigentlichen Ziele der Gäste nicht in der realen Bewältigung ihrer Probleme, sondern in der Suche nach Bestätigung durch das Publikum oder den Moderator (vgl. ebd., 99 /100).
Ein weiteres Motiv für den Auftritt in einer Talkshow sieht Fromm in der Aktivierung sozialer Ressourcen, welche sowohl konkrete als auch diffuse soziale Ressourcen betrifft. Im Vordergrund steht hierbei der Wunsch nach erhöhter Interaktion und Geselligkeit, der durch eine an externe Zuschauer adressierte Selbstdarstellung erfüllt werden soll. Ähnlich wie bei Hoffmans „Kontaktanbahner“ wird der Auftritt im Studio als eine Art Kontaktbörse genutzt, wobei im Regelfall nicht die anwesenden Mitgäste erreicht werden sollen, sondern tatsächliche oder imaginäre Zuschauer. Wünschenswerte Konsequenzen des Auftritts bestehen in einem Ausbruch aus der Isolation (entweder in Form von Partnersuche, der Wiederaufnahme von Kontakt zu alten Bekannten oder der Abwechslung von der Einsamkeit) und der Erhöhung des sozialen Einflusses (vgl. ebd., 107ff).
Personen mit geringem Selbstwertgefühl nutzen öffentliche Auftritte zu einer Erhöhung des Selbstwertgefühls. Der Selbstwert einer Person ist abhängig von externen und internen Faktoren und deren Zusammenspiel, d. h. auch die betreffende Person selbst kann der primäre Zuschauer der eigenen Selbstdarstellung sein. Dies hat intraindividuelle Konsequenzen wie die angesprochene Erhöhung des Selbstwertes zur Folge. Wenn anwesende Personen adressiert werden, bestehen die interindividuelle Konsequenzen z. B. in einer Aktivierung sozialer Ressourcen (vgl. ebd., 113ff). Dabei steht an erster Stelle die unmittelbare Bestätigung durch das Studiopublikum, das in Form von Applaus oder Gelächter Lob spendet:
Besonders wichtig ist diese Bestätigung für Personen, die sich primär über äußerliche Merkmale definieren. Genau das machen die meisten Daytime – Talk - Gäste. (ebd., 116)
Da die Authentizität der präsentierten Identität nicht verifizierbar ist, nutzen viele Gäste den Auftritt zur Identitätsmanipulation, wobei dem Publikum die Rolle eines unvoreingenommenen und anonymen Abnehmers der mitgeteilten Identitätsdimensionen zukommt. Der Auftritt ermöglicht deswegen sowohl eine komplette Neuerfindung der eigenen Person als auch eine Vervollkommnung der Identität; er dient als Beweis für die Beanspruchung der gewünschten Identität (vgl. ebd., 125ff).
Wie oben angedeutet, hat die TV - Person die Funktion eines signifikanten Anderen. Eine Interaktion mit den TV - Personen wird als identitätsbestätigende Rückmeldung empfunden. Die im Alltag gebildete parasoziale Beziehung ist dabei der Auslöser des Auftrittswunsches. Da das Medium Fernsehen eine Art Begleiter im Alltag ist und bewusst ein Gefühl des Angesprochenseins inszeniert wird, wird somit der Wunsch nach einer Teilnahme provoziert (vgl. ebd., 130ff).
Durch diese Teilnahme erfolgt automatisch eine Teilhabe an der Öffentlichkeit; gleichzeitig besteht die Möglichkeit, in die als unerreichbar erlebte Fernsehwelt einzudringen (Medienakteure haben oft einen privilegierten Status; vgl. ebd., 139ff).
Vergleicht man nun die Ergebnisse der beiden Arbeiten, so lässt sich für jeden von Hoffmans Gasttypen eine spezifische Motivkombination der Frommschen Kategorien zusammenstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Gegenüberstellung legt nahe, dass bei der Mehrheit der postulierten Gasttypen Aussichten auf Problembewältigung und eine Teilhabe an der Öffentlichkeit die ausschlaggebenden Motive für einen Talkshow-Auftritt sind. Am wenigsten motivierend scheinen Gründe der Identitätsmanipulation und der Kontaktaufnahme mit TV - Personen zu sein.
Da sich für die Typen nach Fromm ein differenzierteres Bild der Motivstrukturen ergibt, scheint eine Einordnung einzelner Talkgäste in diese Kategorie sinnvoller.
3.3. Gesprächssorten in Talkshows
Je nach Thema einer Talkshow verlaufen die stattfindenden Gespräche unterschiedlich, so dass sich die Gesprächssorte „Talkshow – Kommunikation“ nur schwer beschreiben lässt. Verschiedene Autoren nennen Streitgespräche, Beichtgespräche und Therapiegespräche als Versatzstücke der Talkshow – Kommunikation (z. B. Fromm 1999, 93ff; Hoffmann 1998, 75ff; Hiddemann 1996,29ff). In Hinblick auf den praktischen Teil der Arbeit werden im Folgenden nur die Gesprächssorten „Streitgespräch“ und „Scherzkommunikation“ behandelt, da sie als einzige mehr oder weniger stark ausgeprägt in den einzelnen Ausschnitten nachzuweisen sind.
3.3.1. Das Streitgespräch
3.3.1.1. Charakteristika von Streitgesprächen
Für das Mediengespräch ist Kampf die Erscheinungsform, in der Argumentation am ehesten präsentierbar ist.
Burger 1991, 112
Gerade in Talkshows wird sehr viel gestritten, da die Produzenten der Formate natürlich darauf achten, Gäste mit konträren Meinungen einzuladen. Dies garantiert eine höchstmögliche Unterhaltung für Studiopublikum und Fernsehzuschauer und wirkt sich positiv auf die Einschaltquoten aus.
Apeltauer (1977) bezeichnet Streitgespräche als „1.) Wechselreden, die 2.) um Objekte geführt werden und sich aufgrund ihrer Modalität als 3.) heftig, hitzig oder erbost charakterisieren lassen.“ (Apeltauer 1977, 23). Streit als verbale Form von Konflikten findet mit hoher emotionaler Beteiligung primär auf der Beziehungsebene der Kommunikation statt (vgl. ebd., 36).[24]
Da in Streitgesprächen bestimmte Weltausschnitte, die für die Interaktion relevant sind, sprachlich dargestellt werden, definiert Nothdurft (1997) Konflikte als symbolische Gegenstände, deren Interaktionsaufgabe darin besteht, Differenzen zwischen den Interaktanten herauszuarbeiten (vgl. Nothdurft 1997, 6 / 13).
Ein Streit ist nur unter Beteiligung von mindestens zwei Interaktanten möglich und bringt Differenzen in den Ansichten der Beteiligten zum Ausdruck. Daher bezeichnet Gruber (1996) Streiten als Aktivitätstyp, d. h. als eine konversationsanalytische Einheit, die aus mehreren Turns besteht (vgl. Gruber 1996, 42). Typisch für den Aktivitätstyp „Streit“ sind sog. dissente Sequenzen, in denen bestehende Konflikte mit klar umgrenzten und explizit gemachten Positionen der Interaktanten kommunikativ ausgetragen werden (vgl. ebd., 56). Dissente Sequenzen werden immer interaktiv hergestellt und eingeleitet: „[…] einen ‚Streit vom Zaun brechen’ kann […] nur jemand, der einen Partner findet, dem die Latten etwas wert sind.“ (ebd., 76). Sie sind sowohl auf der Inhalts – als auch auf der Strukturebene eines Gespräches bestimmbar und hauptsächlich zu beschreiben durch einen Wechsel in der Präferenzorganisation von kooperativ zu nicht – kooperativ (vgl. ebd., 60). Sie sind geprägt durch gegenseitige Unterbrechungen der Teilnehmer, da diese ihre Meinungen durchsetzen wollen und dazu dem als Kontrahenten betrachteten Gegenüber das Rederecht streitig machen. Dieses ist sowohl ein Versuch, die Dominanzverhältnisse zu verschieben, als auch eine Markierung der relevanten Inhalte in der Argumentation des Gegners, da immer in solchen Turns unterbrochen wird, die wichtige Punkte für die eigene Argumentation beinhalten. Dadurch soll das eigene face gewahrt und das des Gegenübers bedroht werden (vgl. ebd., 61). Zieht man nun in Betracht, dass das, was in einer Äußerung über die Beziehungsebene kommuniziert wird, nicht zuletzt von der Interpretation des Hörers abhängig ist, erscheint es nicht verwunderlich, dass oftmals vergleichsweise unspektakulär erscheinende Aspekte einer Äußerung Auslöser für einen Streit sind. Brown & Lewinson (1987) stellen in ihrem auf dem Goffmanschen face – Konzept aufbauenden Höflichkeitsmodell fest, dass potentiell face – bedrohende Handlungen in kaum einer Interaktion vermeidbar sind. Der Grund dafür besteht darin, dass schon Blickkontakte als face – Bedrohung aufgefasst werden können, wenn das Gegenüber „sich der Aufforderung zur Herstellung des sozialen Kontaktes nicht mehr, oder nur mit einigem Aufwand, entziehen kann.“ (Dausendschön-Gay 2001, 30).
Auf inhaltlicher Ebene können Normverstöße von Gesprächsteilnehmern als Auslöser für einen Konflikt wirken. Gruber (1996) nennt drei Bereiche, aus denen die subjektiv erlebten Katalysatoren für Konflikte stammen können: Weltwissen, Rollenbeziehungen und Regeln der Gesprächsorganisation (vgl. Gruber 1996, 81). Dabei entstehen Streitereien oft schrittweise und nicht – intendiert: „Die Faktizität des Konflikts ergibt sich […] erst als Resultat des interaktiven, sprachlichen Handelns der Beteiligten.“ (Nothdurft 1997, 13).
Da in Talkshows die Gäste zum einen nicht als Individuen, sondern als Inhaber von Rollenpositionen agieren und zum anderen der Druck, positiv aufzufallen, besonders groß ist, fallen Streitgespräche im Fernsehen oft sehr emotional und heftig aus. Die für alltägliche Streitgespräche normalen Phänomene wie simultanes Sprechen, Überlappungen und Unterbrechungen der einzelnen Redebeiträge finden sich hier besonders häufig. Ein weiteres Charakteristikum von Streitgesprächen ist die durch Unterbrechungen organisierte Sprecherfolge. Dabei schließen die beiden Kontrahenten unmittelbar an die Äußerung des anderen an und versuchen, sie zu widerlegen oder zu entkräften (vgl. Gruber 1996, 64).
Der (mitunter sehr explizite) Emotionsausdruck erfolgt im Streit v. a. auf para - und nonverbaler Ebene; Emotionen werden eher selten direkt thematisiert. Da es allerdings keine konventionalisierten Marker für den mimischen / gestischen / intonatorischen Ausdruck von Emotionen gibt, ist nur im Kontext interpretierbar, um welche Emotion es sich handelt (vgl. ebd., 81).
Die wahrscheinlich häufigste Emotion im Kontext von Streitgesprächen ist Ärger, denn ein Großteil der Streitauslöser ist auch Auslöser von Ärger, wie Vorhaltungen, Kritik an der Persönlichkeit oder an Verhaltensweisen, Beleidigungen, Spott, Ironie, Anzüglichkeiten oder Bloßstellungen – also alles verbale Tätigkeiten, die ein hohes face - bedrohendes Potential haben und den Selbstwert einer Person verletzen (vgl. Laux & Weber 1993, 96). Der ärgerliche Effekt kann durch sog. Angriffsverstärker noch potenziert werden; dazu zählt das Treffen der sprichwörtlichen wunden Punkte einer Person oder ein generelles niedriges Selbstwertgefühl bzw. ein negatives Selbstkonzept (vgl. ebd., 100ff). Angriffe gegen die persönliche Würde und den eigenen Stolz wirken als besonders starke Provokation und erzeugen nicht selten Aggression, welche den Selbstwert schützen und die situative Identität retten soll (vgl. ebd., 108). Nach Laux & Weber gibt es fünf verschiedene Arten des Ärgerausdrucks: den Ausbruch, der sich durch Schreien, lautes Sprechen, heftige motorische Bewegungen und Schimpfen auszeichnet und eine starke selbstpromotive Wirkung besitzt, da er Stärke und Entschlossenheit demonstriert; allerdings offenbart er Verletzlichkeit und hat das Risiko eines möglichen Ansehensverlustes. Eine Kontrolle von Ärger kann in Überspielen bestehen; dies hat den Vorteil, dass man seine Verletzlichkeit verbergen kann. Durch emotionsfreies, sachliches Handeln wird das Bild einer vernünftigen Persönlichkeit aufgebaut; allerdings kann ein solches Verhalten leicht als gefühlskalt und wenig authentisch interpretiert werden. Während ein humorvolles Umgestalten der Situation als besonders hilfreich für die Ärgerbewältigung bewertet wird, postulieren die Autoren ein emotionsoffenes und beherrschtes Handeln als ideale Methode der Ärgerbewältigung, da somit sowohl die eigenen Gefühle wahrgenommen und dargestellt, als auch die Differenzen sachbezogen und dialogisch gelöst werden können (vgl. ebd., 112ff).
Strukturelle Bestandteile von Streitgesprächen sind nach Apeltauer eröffnende Initialhandlungen wie Fragen oder Aufforderungen, darauf folgende Reaktionshandlungen wie Widersprüche, Zurückweisungen o. Ä. und letztlich Fortsetzungshandlungen, die die jeweilige Sequenz erweitern (vgl. Apeltauer 1977, 50f). Weiterhin bedienen sich die Interaktanten in einem Streit bestimmter Strategien, d. h. bestimmter Handlungspläne, die auf Annahmen über den Gegner basieren und mehrere Etappenziele mit einem Endziel verbinden. Bestandteile solcher Strategien können einzelne Taktiken sein, also Reaktionen auf die unmittelbar vorausgehende Handlung des Gegners, mit denen das Individuum versucht, die Situation zu verändern und sein Ziel zu erreichen (vgl. ebd., 57 / 58). Taktiken haben in Streitgesprächen oft verdeckte Intentionen, denn eine zu schnell offensichtlich werdende Taktik bietet dem Gegner die Möglichkeit, eine Kontertaktik anzuwenden. Taktiken umfassen z. T. standardisierte Sprechhandlungsfolgen wie Redewendungen; diese ermöglichen schnelle und komplexe Reaktionen. Die verschiedenen Teilhandlungen einer Taktik sind hierarchisch aufeinander aufgebaut (vgl. ebd., 63ff).
Gruber identifiziert Widerspruchs- und Vorwurfssequenzen als häufig auftretende Bestandteile dissenter Sequenzen. Während in Widerspruchssequenzen die mangelnde Übereinstimmung mit einer Äußerung des Gegenübers verdeutlicht wird, ohne den eigenen Standpunkt zu formulieren, werden in Vorwurfssequenzen kritische Äußerungen getätigt, die das Gegenüber betreffen und zu denen eine Stellungnahme erwartet wird. Sowohl Widerspruchs - als auch Vorwurfssequenzen können eine dissente Sequenz einleiten; beide Formen kommen allerdings auch innerhalb dissenter Sequenzen vor (vgl. Gruber 1996, 65 / 66).
Eine ähnliche Systematisierung des Ablaufs von Streitgesprächen postuliert Nothdurft: In der Anschuldigungsphase wird die Position eines Interaktanten etabliert bzw. symbolisch, also mit sprachlichen Mitteln, präsent gemacht. Mittels Selektion erwähnenswerter Aspekte, Typisierung von Zusammenhängen und Linearisierung aller Aspekte wird der Schädigungscharakter des betreffenden Sachverhaltes herausgearbeitet; gleichzeitig erfolgt eine Verdeutlichung der Normverletzung und eine Authentifizierung der Darstellung (vgl. Nothdurft 1997, 20ff).
3.3.1.2. Selbstdarstellung im Streit
Den Protagonisten bietet sich für ihre Darstellung die gesamte Palette an Ausdrucksmöglichkeiten, denn wie für keine andere Emotion sind sämtliche Spielarten des Ausdrucks für den Ärger ‚brauchbar’ – angefangen vom explosiven, ungestümen Ausdruck über Kontrolle, subtile Andeutungen bis hin zu perfektem Verbergen und Unterdrückung. Ärger ist daher ein ideales Medium für Selbstdarstellung.
Laux & Weber 1993, 111
Beim Streiten ist man im Wesentlichen mit sich selbst beschäftigt. Nothdurft 2002, 494
Da es in Streitgesprächen an erster Stelle darum geht, seine eigene Meinung und seine Ansichten zu verteidigen, ist das selbstdarstellerische Potential dieser Gesprächssorte sehr hoch. In Streitgesprächen, die im Fernsehen (also in einer öffentlichen Situation) stattfinden, besteht ein zusätzlicher Druck, einigermaßen unbeschadet und möglichst als Sieger aus der Begegnung herauszugehen. Die Gefahr der Verletzung des eigenen face ist also sehr hoch.
Gründe für Konflikte zwischen den Gästen bzw. zwischen Gästen und Moderator können in Beleidigungen, einer schon vorhandenen Gegnerschaft der Gäste oder der Demonstration von Streitfähigkeiten bestehen (vgl. Thielemann 1999, 62ff). Burger (1991) bezeichnet diese Art von öffentlichem Streit im Fernsehen als „Kampfgespräche“, die alle nach demselben Grundmuster funktionieren: Zu einem beliebigen Thema werden Teilnehmer mit möglichst konträren Positionen eingeladen, die die eigene Meinung optimal darstellen wollen. Hierzu eignen sich polarisierende Themen am besten (vgl. Burger 1991, 113). Das Handlungsziel der Beteiligten besteht allerdings nicht im Ermöglichen von Verständnis oder der Förderung von Verstehen, sondern darin, den Gegner zu diskreditieren und lächerlich zu machen. Damit erreicht der „Gewinner“ eines Streites eine mögliche Erhöhung seiner Reputation als kommunikativ versiert und schlagfertig; Werte also, deren soziale Erwünschtheit hoch ist (vgl. Nothdurft 2002, 189 / 484). Nothdurft nimmt „subkulturelle Wert – und Beurteilungsstandards“ an,
nach denen Streitbeteiligte durch öffentlich kunstvollen, witzigen, karikierenden, expressiv orientierten Umgang mit einer Anschuldigung ein hohes Maß an Reputation in ihrer Gemeinschaft erlangen können […]. (ebd., 489)
Zu den von ihm postulierten „poetischen Qualitäten“ von Streit gehört die ausgeprägte Körperlichkeit des nichtsprachlichen Handelns, die v. a. auf gestischer Ebene die Imitation des Gegners, Drohgebärden und abwehrende oder abschätzige Bewegungen beinhaltet (vgl. ebd., 490). Auf inhaltlicher Ebene beweisen Spitznamen für das Gegenüber (also eine möglichst witzige und treffende Typisierung), Zitate / intertextuelle Referenzen und Mimikry zur Dramatisierung des Geschehens und zur Diskreditierung des Gegners die eigene Streitkompetenz. Auch Sprachwitz wie verquere Logik, die Herstellung von Nonsens und Übertreibungen zur Abwertung von gegnerischen Darstellungen machen die poetischen Qualitäten eines Streites aus (vgl. ebd., 491f).
Beim Streiten steht also nicht das „Was“ der Darstellung im Vordergrund, sondern auch das „Wie“. Streiten fällt deshalb in die Kategorie des besonders aggressiven face – works.
3.3.2. Scherzkommunikation
3.3.2.1. Charakteristika von Scherzkommunikation
In diesem Kapitel werden Formen von konversationellem Humor wie Witze, Scherze, Wortspiele, Neckereien, Ironie oder Sarkasmus zusammengefasst. Humor als Form kommunikativen Verhaltens erfordert mehr aktive Teilnahme der Rezipienten als andere Formen des Gruppenverhaltens, da das Verstehen von Pointen verschiedene kognitive Eigenleistungen nötig macht. Er schafft ein Gefühl der Gruppenzugehörigkeit und betont dieses, denn gemeinsames Lachen setzt eine gemeinsame Situationsdefinition voraus.[25] Humor und Lachen haben also eine egalisierende Funktion (vgl. Coser 1960, 95).
Im sog. homileischen Diskurs, also in Unterhaltungen im Freundeskreis oder in der Familie, finden sich oft sprachliche Phänomene, die sich dem konversationellen Humor zuordnen lassen (vgl. Kotthoff 1998, 13). Diese Form von Humor ist stark an den Kontext, die situativen Identitäten der Teilnehmer und deren Beziehungen untereinander gebunden. Die Unterhaltungen sind geprägt von Ambiguität, interpretativer Vieldeutigkeit, dem Spiel mit institutionalisierten Sinninhalten und Bisoziation; Phantasie und Kreativität spielen eine wichtige Rolle (vgl. ebd., 43 sowie Kotthoff 1994, 39). Lachen ist wesentlicher Bestandteil humoristischer Konversation; es ist dabei oft mehr als eine bloße Reaktion der Rezipienten, da es ebenfalls vom Produzenten lustiger Anekdoten o. Ä. eingesetzt wird, um den scherzhaften Modus des Folgenden zu signalisieren und zum Mitlachen aufzufordern (vgl. Jefferson 1979, 80). Übertreibung und Absurdität stellen weitere Möglichkeiten dar, einen scherzhaften Rahmen anzuzeigen (vgl. Kotthoff 1998, 76): Das Witzige wird selten explizit vermittelt, sondern muss erschlossen werden (vg. ebd., 55).
Neben Lachen als Anzeichen komischer Inhalte dient eine Abweichung von der individuellen Normallage des Sprechers als Marker für konversationelle Komik; die gleiche Funktion haben Über – und Untertreibungen auf allen Ebenen des Gespräches, Kontraste von Form und Inhalt, Fiktionalisierung, Intertextualität, Mimik und Gestik und die Veränderung von Höflichkeitsstandards (vgl. ebd., 192f).
In Anlehnung an Jakobson (1960) formuliert Kotthoff (1998) folgende Funktionen von Scherzrede:
Die emotive Funktion besteht in einer Erzeugung von Erheiterung und Belustigung. Hierbei dient Scherzkommunikation zur Aggressionsabfuhr und hilft, Gefühle zu überspielen (vgl. ebd., 354f).
Kotthoff bezeichnet Scherzkommunikation als Sonderfall der phatischen Kommunikation. Die phatische Funktion wird dadurch erfüllt, dass Scherzkommunikation durch den Austausch typischer Formeln, den Bericht irrelevanter Gegebenheiten oder die Kommentierung von Offensichtlichem auf Geselligkeit abzielt. Weiterhin ist Scherzkommunikation nicht explizit zielgerichtet und stark kulturgebunden (vgl. ebd., 355f).
Da Referenzen erschlossen werden müssen, hat konversationeller Humor eine starke kognitive / referentielle Funktion; es muss immer über die direkte Verstehensart von Äußerungen hinaus gegangen werden (vgl. ebd., 357f).
Die soziokulturelle / konative Funktion besteht in einer direkten Ausrichtung auf den Rezipienten, der Hörer soll lachen oder mitscherzen; je nach Scherztyp werden dabei auch ernste Inhalte mitrezipiert. Im Humor wird subkulturelle Normalität ausgehandelt und eine geteilte Einstellung zur Welt konstruiert (vgl. ebd., 358ff).
In der Scherzkommunikation ist ein besonders hohes Ausmaß an Kreativität zu beobachten, mit der die Interaktanten indirekt subjektive Eigenarten kommunizieren (poetische Funktion). Dabei ist nicht nur der Inhalt, sondern auch die konkrete Ausgestaltung der Rede witzig: „Das Komische kann als eine Form der Kunst im Alltag verstanden werden.“ (ebd., 362).
Mit der kognitiven und der poetischen Funktion verbunden ist die metasprachliche Funktion von Scherzkommunikation; so werden z. B. sprachliche Mehrdeutigkeiten im Scherz ausgenutzt. Die Freude an diesen Spielen mit der Sprache zeigt das Bewusstsein der Interaktanten für die Sprache (vgl. ebd., 362).
3.3.2.2. Selbstdarstellung durch Humor
Spaßige Dialogreaktionen bieten den Vorteil, dass man sich selbst günstig inszenieren kann, ohne dass dies einklagbar wäre.
Kotthoff 1998, 24
Mittels Scherzkommunikation lässt sich die eigene soziale Identität durch das individuelle Humorverständnis kommunizieren (vgl. Kotthoff 1994, 2). Darüber hinaus bietet konversationeller Humor die Möglichkeit, geistige Fähigkeiten zu demonstrieren, da die größtenteils indirekte Darbietung witziger Elemente immer auch einen intellektuellen Verstehenstest für die Rezipienten beinhaltet („interpersonal dimension of jokes“, vgl. Norrick 1993, 16).
Ein häufiger Bestandteil konversationellen Humors besteht in Frotzeleien, d. h. in spielerischen Provokationen, die oft vor Publikum ausgetragen werden. Diese sind oft relevant für die sozialen Beziehungen der Beteiligten, denn Ansatzpunkt sind diejenigen Gegebenheiten, in deren Beurteilung Differenzen bestehen. Frotzeleien haben also neben einem moralisierenden und konfliktivierenden Potential auch die Funktion, die eigenen Ansichten auf scherzhafte und spielerische Weise zu verdeutlichen, ohne die Gefahr eines ernsthaften Streites bzw. einer ernsten Auseinandersetzung zu beinhalten (vgl. Kotthoff 1998, 38ff). Dabei bietet die Anwesenheit von Publikum außerdem die Möglichkeit, die eigene kommunikative Fähigkeit und Redegewandtheit unter Beweis zu stellen. Da Frotzeleien oft auf bestimmte Ereignisse anspielen, die nur innerhalb einer Interaktantengruppe bekannt sind, sind sie nur unter Einbezug gemeinsamen Wissens verständlich und analysierbar:
Im Frotzelrahmen können situative Identitäten, Normen und Hierarchien ausgehandelt werden, die in der Lebenswelt der Beteiligten auch über die Szenen hinaus Relevanz besitzen. (Kotthoff 1998, 122)
Frotzeleien werden oft durch Ironie realisiert. Kotthoff (2002) definiert Ironie als Möglichkeit, die „Kluft zwischen Gesagtem und Gemeinten“ zu verdeutlichen (Kotthoff 2002, 445). Dies geschieht hauptsächlich durch Anspielungen: Der Sprecher sagt das Gegenteil vom Gemeinten, liefert aber Hinweise dafür, dass die Äußerung eine andere Intention als die Offensichtliche hat. Das Erkennen von Ironie ist dabei stark sprecherabhängig, denn es gibt keine eindeutigen Ironiesignale, sondern prosodische, mimetische, kinetische oder kontextuelle Distanzierungsverfahren, mit denen der Sprecher bestimmte Äußerungen als ironisch gemeint markiert (vgl. ebd., 446f). Ironie wird motiviert durch eine Bewertungskluft zwischen zwei möglichen Perspektiven, die ein Sprecher verdeutlichen will. Die Distanzierung von der einen der zwei Perspektiven geschieht durch eine meist übertriebene und damit verfremdete Darstellung dieser Position (vgl. ebd., 447). Die so kommunizierte Bewertung eines Sachverhaltes richtet sich dabei an andere und wird oft in der Modalität des Humoristischen gesprochen (vgl. ebd., 449). Bei Frotzeleien reagiert der Adressat auf das Gesagte (und nicht auf das Gemeinte), damit wird die Kluft zwischen Gesagtem und Gemeintem fortgesetzt (vgl. ebd., 445).[26]
Konversationeller Humor lässt also Rückschlüsse auf Gefühle und Werte der Individuen zu und ermöglicht diesen eine Darstellung ihrer Werte.
3.3.2.3. Negativer Humor
Während konversationeller Humor größtenteils in freundschaftlichem Rahmen stattfindet, wird negativer Humor meist in Auseinandersetzungen verwendet. Diese „humorous impoliteness“ (Kotthoff 1994, 29) vergrößert den sozialen Abstand zwischen den Interaktanten, anstatt ein Gemeinschaftsgefühl heraufzubeschwören und dient so der personenorientierten Definition der Situation. Eine besonders aggressive Form besteht in Sarkasmus:
[…] Sarcastic comments on the foibles and slips of fellow conversationalists not only require less wit and pose simpler tests than puns, but also seem geared to produce animosity rather than rapport, which makes their interpersonal funktion as a whole problematic. (Norrick 1993, 44)
Sarkasmus drückt im Gegensatz zu Ironie keine Bewertungskluft aus, sondern indiziert ein bestehendes Machtgefälle (vgl. Kotthoff 1998, 124). Zur Markierung von Sarkasmus werden nach Haimann (1990) diverse Strategien verwendet. Dazu gehört die gestische Ikonisierung von Anführungsstrichen, lexikalische Distanzierungsverfahren wie „so genannt“, die Längung von Frikaturen und emphatische Aspiration, die wie ein bitteres, verschnupftes Lachen wirken soll; eine melodische Monotonie bei eigentlich Enthusiasmus und Begeisterung ausdrückenden Lexemen, die so Langeweile oder Indifferenz ausdrücken; vorgetäuschte Übertreibung anstelle von Empathie oder Respekt, hyperkorrekte Betonung und somit Ikonisierung der aggressiven Energie und klischierte Intonation (vgl. Kotthoff 1998, 170). Dies zeigt, dass sich Sarkasmus und Humor lediglich überlappen.
[...]
[1] Mead nennt hierzu das Beispiel zweier kämpfender Hunde: Allein die Angriffsbereitschaft von Hund A wirkt auf Hund B als Reiz, auf den er entsprechend reagiert; diese Reaktion wirkt sich wiederum auf A aus und beeinflusst dessen Reaktion. Dabei geschehen die Reaktionen der Hunde instinktiv (vgl. Mead 1973, 82).
[2] Z. B. „Hund“ als mein spezielles Haustier mit bestimmtem Namen und Eigenschaften, als genereller Vertreter der Kategorie Hund, als potentieller Feind usw.
[3] Mead verwendet erklärend folgende Analogie: „Es gäbe z. B. keine Nahrung – keine essbaren Objekte – wenn es keine Organismen gäbe, die sie verdauen können.“ (ebd., 117) Das heißt: Die Relevanz eines Bestandteils einer gesellschaftlichen Handlung oder einer Situation wird erst dadurch verdeutlicht, dass das betreffende Objekt benannt wird und gewissermaßen erst durch den Erhalt einer Bezeichnung zu existieren beginnt.
[4] Vgl. dazu auch Berger&Luckmann 1969:164 (nachfolgend B&L): „Das Gespräch hat wirklichkeitsstiftende Funktion, da es den Dingen ihren Platz in der Welt zuordnet. Sprache begreift nicht nur die Welt, sie erzeugt sie auch.“
[5] D. h. durch Konzentration der Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Reiz wird Verhalten zweckorientiert kontrolliert und organisiert. Intelligentes Verhalten zeichnet sich durch verzögerte Reaktionen aus, denn dies ermöglicht Organisation, Überprüfung und Auswahl an möglichen Reaktionen auf gegebene Situationen. Solch ein „überlegtes“ Verhalten ermöglicht wiederum eine möglichst gute Anpassung des Individuums an die jeweilige Situation (vgl. ebd., 135ff).
[6] B&L 1969:141 nennen diese wichtigen Bezugspersonen in deutlicher Anlehnung an Mead „signifikante Andere“. Das Mensch wird in seiner Kindheit zum Mitglied seiner Gesellschaft (primäre Sozialisation). Dabei übertragen die signifikanten Anderen (die natürlich v. a. im Elternpaar realisiert sind) ihre subjektiven Haltungen und Meinungen auf das Kind, das diese nun (da es sich emotional mit den signifikanten Anderen identifiziert) als objektiv gegeben hinnimmt.
[7] Abweichend von der deutschen Mead - Ausgabe wird die Terminologie der englischsprachigen Originalausgabe verwendet, da diese weniger verwirrend als die Entsprechung Ich (=Me) und Ich (=I) erscheint.
[8] Vgl. dazu auch B&L 1969:143: „Identität ist also objektiv als Ort in einer bestimmten Welt gegeben, kann aber subjektiv nur zusammen mit dieser Welt erworben werden.“
[9] Vgl. dazu auch B&L 1969:158: „Gesellschaft hat Geschichte, in deren Verlauf eine spezifische Identität entsteht. Diese Geschichte jedoch machen Menschen mit spezifischer Identität.“
[10] Fromm 1999:43 setzt Kommunikation sehr passend mit einem „Handel um Identität“ gleich, da in jeder kommunikativen Handlung Identitätsarbeit stattfindet. Ebenso bemerken B&L 1969:26: „Tatsächlich kann ich in der Alltagswelt nicht existieren, ohne unaufhörlich mit anderen zu verhandeln und mich mit ihnen zu verständigen.“
[11] B&L 1995 unterscheiden subjektive und intersubjektive Sinnkrisen: Subjektive Sinnkrisen entstehen, wenn das eigene Handeln keine konsistente Spiegelung in der Wirklichkeit erfährt und sinnlos erscheint; intersubjektive Sinnkrisen treten auf, wenn die Angehörigen einer Lebensgemeinschaft die gesellschaftlichen Sinnvorgaben zwar akzeptieren, aber nicht einhalten können (vgl. ebd., 25). Gesellschaften, die nicht sehr anfällig für Sinnkrisen sind, haben ein einziges, für alle verbindliches Wertesystem, in das einzelne Sinnschichten gut eingepasst sind. Gesellschaftliche Institutionen bewahren und verwalten hier den gesamten Sinnbestand und prägen den Sinn alltäglicher Handlungen. Dieses Modell wird v. a. von den archaischen Hochkulturen verkörpert: „Diese verhältnismäßig stabilen, oft sogar statischen Gesellschaften vermitteln eine in sich weitgehend stimmige Sinnordnung in gleichsinnigen Vorgängen der Sozialisation und der Handlungsinstitutionalisierung.“ (ebd., 27) .
Gemeinschaften, die anfällig für Sinnkrisen sind, haben kein für alle geltendes, gemeinsames Wertesystem. Die Werte sind nicht mehr strukturell verankert und erreichen daher nicht mehr alle Lebensbereiche. Verschiedene Lebensbereiche können deswegen nicht mehr in Einklang gebracht werden. „Große“ Institutionen wie Wirtschaft, Politik und Religion existieren abgelöst vom übergeordneten Wertesystem. Werte finden sich hier vor allem im „Privatraum“, der frei ist von politischen, wirtschaftlichen und religiösen Einflüssen. Deswegen ist es möglich, einen individuellen Lebensstil zu führen und verschiedenen koexistenten Wertordnungen anzugehören (vgl. ebd., 26ff).
[12] Bahl 1997 bezeichnet das Selbst als „reflexives Projekt“, das durch Selbstreflexion immer wieder neu definiert und geprüft wird; Lebensführung wird somit zum „Bastelprozess“ (ebd., 27).
[13] Dieses Wissen beinhaltet sowohl das Wissen über die Ausführung bestimmter Handlungen als auch das Wissen über bestimmte Verhaltensweisen – auch sprachliches Verhalten gehört dazu.
[14] Attachment und Embracement unterscheiden sich also darin, ob sich das Individuum situationsübergreifend mit einer Rolle identifiziert (Attachment) oder ob durch eine Situation nahegelegt wird, eine bestimmte Rolle zu übernehmen (Embracement).
[15] Das Individuum weist nicht die Rolle an sich zurück, sondern das virtuelle Selbst, das von außen in die Rolle gedrängt wird. Wenn mein Gegenüber durchgehend im Modus des Baby Talk mit mir spricht, werde ich durch Ironie oder andere (sprachliche) Verhaltensweisen deutlich machen, dass die mentale Konstitution meines realen Selbst es nicht notwendig macht, in dieser Weise mit mir zu reden. Damit weise ich das Bild eines virtuellen Selbst, welches mein Gegenüber von mir zu haben scheint und dessen mentale Verfassung die Anwendung von Baby Talk notwendig macht, zurück.
[16] Es wird hier der englische Begriff des Originals verwendet, da die deutschen Entsprechungen wie Image m. E. nicht alle Bedeutungsfacetten des face - Begriffs abdecken können.
[17] Gerade vor dem Hintergrund der Goffmanschen Theorie erscheint die Bezeichnung „face to face“ besonders passend.
[18] Goffman nennt vier Komponenten des korrektiven Austausches: 1) The challenge: Die Beteiligten beschließen, den jeweiligen Vorfall als bedeutsam zu behandeln; 2) The offering: Der Verursacher kann korrektive Schritte unternehmen, um die Situation wieder herzustellen; er hat dabei die Wahl zwischen Wiedergutmachung oder Selbstbestrafung, abhängig davon, ob er ein fremdes oder sein eigenes face bedroht hat; 3) Acceptance der Wiedergutmachung durch die anderen; 4) daraufhin gezeigte Dankbarkeit des Verursachers . Dabei ist die Dauer der korrektiven Sequenz umso länger, je größer die vorangehende face - Bedrohung ist (vgl. Goffman 1972, 20ff).
[19] Darüber hinaus erweitert Holly die bei Goffman genannten Beispiele von making points um die Variante der Inszenierung. Darunter fällt die Erzeugung von Situationen, in denen potentiell face - bedrohende Handlungen untergebracht werden können: „Dabei werden die relativ festen Sequenzstrukturen ritueller Muster als Folien für Tricks benutzt, mit denen man unkorrigierte kritische Muster besonders geschickt anbringen kann.“ (ebd., 90). Holly unterscheidet drei Arten von Inszenierungen: Absichtliche Untertreibungen (unangemessener Vollzug eines notwendigen rituellen Schrittes, z. B. das Hochspielen einer Angelegenheit), Einbahnhiebe (Verwendung bestätigender Schritte zur face - Verletzung) und Überraschende Wendungen (das „Opfer“ wird über die Dauer einer Sequenz in Sicherheit gewogen und dann düpiert). Dabei wird v. a. auf vage und indirekte Ausdrücke zurückgegriffen, da diese im Alltag eine hohe Selbstverständlichkeit haben und somit leicht zur Verletzung von face benutzt werden können (vgl. ebd., 91ff).
[20] Analog zum Selbst einer Person, das aus mehreren Rollen besteht, bildet sich der individuelle Sprechstil aus Versatzstücken der Gruppen, denen das Individuum angehört. In der Kommunikationspraxis erfolgt ein ständiger Wechsel zwischen verschiedenen Varietäten (vgl. Veith 2005, 72).
[21] Mühlen (1985) bezeichnet den in Talkshows vorherrschenden Sprechstil als „reaktionsversessenes Sprechen“, das sowohl die Gäste als auch den Moderator dazu verleitet, sich möglichst pointenreich, witzig und schlagfertig zu äußern, um die Gunst des Publikums zu gewinnen (vgl. ebd., 327).
[22] Im Format „Nur die Liebe zählt“ stehen Beziehungsthemen im Vordergrund. Die eingeladenen Gäste möchten entweder einer anderen Person ihre Liebe gestehen, die Zuneigung beweisen oder die Liebe eines ehemaligen Partners zurückgewinnen.
[23] Dies gilt natürlich umso mehr für Gäste, die einer Minderheit angehören oder die einen persönlichen Makel thematisieren.
[24] Nach Holly (1979) enthalten Äußerungen sowohl einen Inhalts - als auch einen Beziehungsaspekt. Während sich der Inhaltsaspekt auf die Botschaft an sich bezieht, meint Beziehungsaspekt die Art und Weise, wie die Äußerung verstanden werden soll. Der Beziehungsaspekt gibt also sowohl Aufschluss über die Qualität der Beziehung zwischen Hörer und Sprecher als auch über die kommunikative Funktion des Inhaltsaspektes (vgl. Holly 1979, 5). Er spielt auf allen Ebenen des Gesprächs eine Rolle und ist somit in allen Bestandteilen einer Äußerung zu verorten (vgl. ebd., 21ff). Der Hörer hat wiederum das Recht, „der Äußerung Interpretationen aus allen Bereichen des Beziehungsaspekts zuzuschreiben.“ (ebd., 27). Die Reaktionen des Hörers auf eine Äußerung erlauben Rückschlüsse darauf, wie der Sprecher die Äußerung wirklich gemeint haben könnte; Missverständnisse kommen also immer zum Ausdruck, da sie an Nachfolgeäußern rückblickend erkannt und beseitigt werden können (vgl. ebd., 29f).
[25] Brown & Levinson (1987) führen Witze als Höflichkeitsstrategie auf; da sie auf einem common ground beruhen, betonen sie die Gemeinsamkeiten der Interaktanten und stellen so eine Basistechnik für positive, d. h. das positive face des Gegenübers bewahrende, Höflichkeit dar (vgl. Brown & Levinson 1987, 124).
[26] Kotthoff (2002) stellt fest, dass je nach Situation ein Unterschied in den Reaktionen auf Ironie besteht: Während in Privatgesprächen zumeist auf das Gesagte reagiert wird und so Frotzeleien entstehen können, reagieren die Beteiligten an Fernsehdiskussionen zumeist auf das Gemeinte (vgl. ebd., 445). Diese Reaktionen zeichnen sich durch eine leichte Verzögerung aus und sind oft Konter in Form einer affirmativ bzw. negativ formulierten Umdrehung der ironischen Äußerung (vgl. ebd., 462).
- Citation du texte
- M.A. Julia Sacher (Auteur), 2006, Die Selbstdarstellung nicht-prominenter Personen in der "Oliver Geissen Show", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90117
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