Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung der Psychologie über die Gründung des ersten psychologischen Labors bis hin zur Psychologie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Im Zuge dessen werden die Forschungsansätze der experimentellen Psychologie im Vergleich zu geisteswissenschaftlichen Methoden erläutert.
Des Weiteren geht diese Arbeit auf den Einfluss der kognitiven Wende auf die weitere Entwicklung der Psychologie ein und setzt sich mit der primären Beschäftigung mit Denkprozessen und -strukturen im Vergleich mit motivationalen und emotionalen Prozessen ein.
Zuletzt wird auf aktuelle Themen in der Weiterentwicklung der Psychologie als angewandte Sozialwissenschaft eingegangen und beschrieben wie die Psychologie am Beispiel von COVID-19 soziale Phänomene beschreiben, erklären und Lösungen für gesellschaftliche Probleme entwickeln kann.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Aufgabe A1
1.1. Entwicklung der Psychologie und die Gründung des ersten psychologischen Labors
1.2. Psychologie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin
1.3. Forschungsansätze der experimentellen Psychologie vs. geisteswissenschaftliche Methoden
2. Aufgabe A2
2.1. Kognitive Wende - Begriff und Definition
2.2. Einfluss der kognitiven Wende auf die weitere Entwicklung der Psychologie
2.3. Primäre Beschäftigung mit Denkprozessen und -strukturen vs. motivationaler und emotionaler Prozess
3. Aufgabe A3
3.1. Themen und Trends in der Weiterentwicklung der Psychologie als angewandte Sozialwissenschaft
3.2. Psychologie in den sozialen Medien
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: UV-IV-AV Schema
Abbildung 2: PSI-Theorie im Überblick
1. Aufgabe A1
In den Unterkapiteln 1.1. und 1.2. gehe ich zunächst auf die Geschichte und die Entwicklung der Psychologie ein und stelle dar, wie die Gründung des ersten psychologischen Labors die Psychologie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin geprägt hat. Im Unterkapitel 1.3. erläutere ich dann die Forschungsansätze der experimentellen Psychologie und stelle einen Bezug zu vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Methoden her.
1.1. Entwicklung der Psychologie und die Gr ü ndung des ersten psychologischen Labors
Die Ursprünge der Psychologie liegen in der Antike und im Mittelalter. Die erste Berührung mit der Psychologie findet bereits in der Antike durch den griechischen Philosophen Aristoteles und der Auseinandersetzung mit dem „Leib-Seele-Problem“ statt. Das „Leib-Seele-Problem“ beschäftigt sich mit der Frage, ob die menschliche Psyche, in Form von Gehirn, Nervensystem und Anatomie, eine physikalische und biologische Materie ist oder ob sie eine Art Software des menschlichen Erlebens und Verhaltens ist, die Denken, Sprache, Emotionen, Motivation und Handeln steuert. Die griechische Philosophie legt damit den Grundstein für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche. Im Mittelalter herrscht dann bis zur Renaissance im 15. Jahrhundert vor allem ein theologisches und klerikales (lat.: kirchliches / priesterliches) Geistesklima. Mit Beginn der Renaissance wird dieses mittelalterliche Denken weitestgehend überwunden. Mit der Diskussion verschiedener Philosophen, von Thomas von Aquin (1225 – 1274) über Johannes Duns Scott (1266 – 1308) bis hin zu Rene Descartes (1596 – 1650), entsteht eine Debatte über ein psychologisches und philosophisches Konstrukt, das bis heute die Psychologie beschäftigt. In der Romantik im 19. Jahrhundert werden dann die verschiedenen menschlichen Seelenzustände ein Thema und Empfindungen, Emotionen und Wahrnehmung stehen im Vordergrund der Psychologie. Durch sogenanntes „Reframing“, also durch den Dialog bzw. die Verbalisierung, lassen sich Gedanken und Gefühle in einen neuen Kontext setzen.
Die Wahrnehmung und das Empfinden können kognitiv umprogrammiert werden und Verhalten gesteuert werden. Im 19. Jahrhundert entwickelt sich dann eine naturwissenschaftlich orientierte Ausrichtung in der Psychologie. Psychische Vorgänge, wie z.B. die menschliche Sinneswahrnehmung oder das Gedächtnis stehen im Vordergrund. Angeregt von psychologischen Experimenten, wird die experimentelle Psychologie, unter Einfluss von bspw. Gustav Theodor Fechner (1801 – 1887), der das sogenannte „Weber-Fechner-Gesetz“ beschrieb, eingeführt. Fechner geht es vor allem um eine möglichst exakte und mathematische beschreibende- und berechenbare Darstellung sinnesphysiologischer Gesetzmäßigkeiten.1
Im Jahr 1879 wird dann das erste Institut für experimentelle Psychologie an der Universität in Leipzig gegründet. Mit eigenen Mitteln finanziert der Psychologe Wilhelm Maximilian Wundt das erste psychologische Labor der Welt.2 Wundt vertritt die Auffassung, dass nur durch das Messen direkter Erfahrungen von Sinneseindrücken die Psychologie zu durchdringen sei. Wundt entwickelt daher mit seinen Kollegen eine ganze Reihe an Geräten, um allgemeingültige Erkenntnisse, anhand von Messungen, zu erzielen. Ein wichtiger Bestandteil der experimentellen Psychologie sieht Wilhelm Wundt in der instruierten und kontrollierten Selbstbeobachtung.3 Insgesamt hat die Gründung des Instituts eine große Bedeutung für die weitere Entwicklung der Psychologie. Neben der Begünstigung eine Methodenlehre, integriert die Gründung Experiment, Statistik und Geschichte in die Psychologie. Zudem führt sie einen Aufstieg der empirischen Forschung in der Psychologie herbei.4
1.2. Psychologie als eigenst ä ndige wissenschaftliche Disziplin
Wilhelm Wundt gilt als der Begründer der Psychologie als eine eigenständige Disziplin. Zunächst arbeitet Wundt in der Neurophysiologie. Er benötigt jedoch psychologische Erklärungen, um beobachtete Sachverhalte aus seiner Arbeit in der Sinnesphysiologie erklären zu können. Wundt wendet sich der experimentellen Psychologie und Methodik zu und nutzt vor allem die Entstehungsgeschichte der Seele, auf die sich die Psychologie stützt. Bereits seine 1863 veröffentlichten Vorlesungen über die Menschen- und Tierseelen enthalten alle hauptsächlichen Interessengebiete der Psychologie.5 Nach ihrer Begründung entwickelt sich die experimentelle Psychologie rasant weiter und ihre Verfahren und Forschungsmethoden finden in allen Gebieten der Psychologie Anwendung.6 Die Erkenntnistheorie von Wilhelm Wundt wird vor allem durch die Theologie bzw. die theoretische Psychologie bestimmt. Seine philosophischen Auffassungen werden wesentlich durch Leibniz (1646 – 1716) beeinflusst. Dabei geht es um die Grundgedanken von Kontinuität, Dynamik und Entwicklung oder, wie Wundt es beschreibt, um Aktualität des Bewusstseinsprozesses, Instinkt- und Willenstätigkeit, sowie biologische Evolution und kulturelle Entwicklung.7 Diese Theorie von Leibniz nennt sich Monadenlehre und beschreibt viele Grundgedanken der späteren Ganzheits-und Gestaltpsychologie. Zusätzlich beschäftigt sie sich mit der Vorstellung einer vorherbestimmten Harmonie bzw. Parallelismus von körperlichen und seelischen Funktionen.8 Wundt wandelt diese Ideen in empirische, experimentalpsychologische Konzepte und Methode um. Er entwickelt ein zentrales theoretisches Konstrukt in der allgemeinen Psychologie und bildet somit das theoretische Fundament der allgemeinen psychologischen Entwicklungstheorie. Das bekannteste Werk Wundts sind die Grundzüge der physiologischen Psychologie (1874). Dieses verbindet die beiden Wissenschaften miteinander und behandelt sie als zwei gelichberechtigte und einander ergänzende Betrachtungsweisen. Die Grundzüge enthalten Themen über das Zentralnervensystem und die Neurophysiologie, welche auch in den heutigen Vorstellungen der Psychologie präsent sind.9
1.3. Forschungsans ä tze der experimentellen Psychologie vs. geisteswissenschaftliche Methoden
Die experimentelle Psychologie stützt sich hauptsächlich auf die Datenerhebung mithilfe der wissenschaftlichen Methode des Experiments.
Unter Laborbedingungen werden wissenschaftliche Studien kontrolliert durchgeführt und kausale Zusammenhänge bzw. Ursache-Wirkung-Beziehungen untersucht.10 Dabei spricht man von einer sogenannten Kausalhypothese, wenn ein Merkmal die Ursache für ein anderes Merkmal ist oder anders ausgedrückt, eine unabhängige Variable, wie z.B. Intelligenz, auf eine abhängige Variable, bspw. die Schulleistung, wirkt.11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: UV-IV-AV Schema (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an https://www.studocu.com/de/document/srh-fernhochschule-riedlingen/leadership/zusammenfassungen/lernkarten-zusammenfassung-leadership/1593329/view)
Die Aussagekraft des Experiments ist sehr hoch. Um eine klare Aussage über Ursache-Wirkung-Beziehungen zu treffen sind allerdings einige Bedingungen zu erfüllen. Zum einen muss eine Willkür im Experiment gegeben sein. Das heißt, Forscher können aktiv und in beliebiger Ausprägung die unabhängigen Variablen verändern bzw. manipulieren. Des Weiteren sollte die Versuchssituation so kontrolliert frei von unerwünschten Einflüssen bzw. Störvariablen und so wenig komplex sein, dass sie gut zu beschreiben ist. Außerdem müssen Experimente wiederholbar sein, so dass Ergebnisse und Interpretationen überprüfbar sind. Zuletzt sollte in einem Experiment ein hohes Maß an Kontrolle herrschen.12 Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, muss auf das sogenannte Quasi-Experiment zurückgegriffen werden. Dieses bietet sich an, wenn bspw. die Zuordnung der Probanden zur Experimental- bzw. Kontrollgruppe nicht willkürlich erfolgen kann.13
Grundsätzlich lassen sich zwei Ansätze des Experiments erläutern.14 Zum einen dient das Experiment zum Überprüfen bereits entwickelter Theorien, deren Ergebnisse man bereits aus Alltagserfahrungen kennt, zum anderen werden Beobachtungsbedingungen künstlich hergestellt, so dass Alltagserfahrungen nicht mehr ausreichen und man somit zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen gelangt.15 Wilhelm Wundt sieht vor allem Methoden der denkpsychologischen Forschung als geeignet an. Die experimentelle Psychologie 1879 in Leipzig konzentriert sich auf insgesamt vier Methodentypen:
- Eindrucksmethode (systematische Selbstbeobachtung)
- Reaktionsmethode (Messen von apperzeptiven Verarbeitungszeiten)
- Ausdrucksmethode (physiologische Registrierung motorischer und vegetativer Reaktion)
- Reproduktionsmethode (Reproduktionsaufgabe/Forschung des Gedächtnisses)16
Auch in der Geisteswissenschaft geht es um das Verstehen und die Bedeutung menschlichen Handelns.17 Dabei geht es vor allem aber um den mentalen Bereich des Verstandes und um den geistigen Prozess bzw. einfach ausgedrückt um Emotionen und Denken.18 Vor allem in der Romantik beschäftigt man sich mit den verschiedenen menschlichen Seelenzuständen und gewinnt psychologische Erkenntnisse durch Selbsterfahrung und Introspektion.19 Introspektion ist eine psychologische Methode, die das Erleben und die Bewusstseinsvorgänge erfasst. Dabei geht es um Selbstbeobachtung, welche bspw. lautes Denken, verwendet. Auch introspektiv gewonnene Aussagen können durch Kausaldeutungen beeinflusst sein. Diese lassen sich dann experimentell untersuchen.20
2. Aufgabe A2
Im Unterkapitel 2.1. erläutere ich zunächst was mit dem Begriff „kognitive Wende“ gemeint ist. Anschließend gehe ich in dem Unterkapitel 2.2. näher darauf ein, wie diese Wende die Psychologie in ihrer weiteren Entwicklung beeinflusst hat, ehe ich im Unterkapitel 2.3. die Grenzen der primären Beschäftigung mit Denkprozessen und -strukturen im Vergleich mit motivationalen und emotionalen Prozessen erläutere.
2.1. Kognitive Wende – Begriff und Definition
Die kognitive Wende bezeichnet den Wechsel von behavioristischen Lernansätzen hin zu kognitiven Ansätzen. Das Lernen wird dabei als Bildung komplexer mentaler Modelle und Wissensstrukturen verstanden. Diese Wendung findet in den 60er und 70er Jahren, vor allem durch die Entwicklung des Digitalcomputers und seine Verwendung als Modell für das menschliche Gehirn, statt. Im Kognitivismus geht es um die innerpsychischen Vorgänge in Form von Reizen und Reaktionen. Angeregt wird die kognitive Wende vor allem durch die Bedingungen und den Wunsch der Gesellschaft nach einer wissenschaftlichen Theorie über das Denken.21
2.2. Einfluss der kognitiven Wende auf die weitere Entwicklung der Psychologie
Die Psychologie ist lange Zeit ein Teilgebiet der Philosophie. In den Ansätzen Wundts geht es vor allem um das Bewusstsein des Menschen. Dies ändert sich mit dem sogenannten Behaviorismus. Dort heißt es, dass das Bewusstsein wissenschaftlich nicht erforschbar sei und nur äußere Bedingungen und dadurch hervorgerufene Verhaltensweisen allgemein zugänglich seien. Im Behaviorismus geht es also um das Verhalten des Menschen.22 Der Grund für die kognitive Wende liegt vor allem in der Kritik am Behaviorismus und dessen Forschungsansätze.23 Ulric Neisser trägt schließlich maßgeblich zur Entwicklung der kognitiven Wende bei.24 In seinem Buch „Cognitive Psychology“ (engl. kognitive Psychologie) aus dem Jahr 1967 geht es um den Wahrnehmungsvorgang. Neisser ist der Auffassung, dass Erinnerungen Ergebnisse von Rekonstruktionen sind und diese nicht aufgrund von Emotionalität im Gedächtnis bleiben.25 Im weiteren Verlauf der Entwicklung setzt sich immer mehr die Anwendung der Informatik bzw. der Computer Wissenschaften in der Psychologie durch. Kognition wird als Prozess der Informationsverarbeitung interpretiert. So finden in der Kognitiven Psychologie immer wieder Versuche zur Computersimulation psychischer Prozesse statt, in denen das klassische Konditionieren simulierbar gemacht wird. Es geht vor allem darum, Lern- und Denkprozesse vom Menschen im Computer zu simulieren.26
Insgesamt entwickelt sich durch die kognitive Wende eine neue Sichtweise in der Psychologie und sie trägt zur Entwicklung von Konzepten der künstlichen Intelligenz, über die Kybernetik bis hin zu diversen anderen Theorien, die das menschliche Handeln erklären, bei. Auch die Verhaltenstherapie wird durch die kognitiven Ansätze beeinflusst. Die kognitive Wende führt somit zu einem Wandel der Psychologie als Gebiet und Disziplin und ist heute ein weitverbreiteter Begriff zur Beschreibung einer kognitiven Orientierung der Psychologie.27
[...]
1 Vgl. Mühlfelder (2017), S.9-14
2 Vgl. Meischner (1999), S.35-36
3 Vgl. Lück (2010), S.67-68
4 Vgl. Lück (2010), S.74-75
5 Vgl. Fahrenberg (2014), S.1681
6 Vgl. Dorsch (2014), S.512
7 Vgl. Fahrenberg (2014), S.1681
8 Vgl. Ehrenstein (1983), S.77-82
9 Vgl. Fahrenberg (2014), S.1681
10 Vgl. Mühlfelder (2017), S.73
11 Vgl. Mühlfelder (2017), S.65
12 Vgl. Becker (2020)
13 Vgl. Mühlfelder (2017), S.73
14 Kuhn, zitiert nach Haller (2012), S.3
15 Heidelberger, zitiert nach Haller (2012), S.3
16 Vgl. Fahrenberg (2014), S.1681
17 Vgl. Bock (2000), S.33
18 Vgl. Westermann (2000), S.40
19 Vgl. Mühlfelder (2017), S.14
20 Vgl. Spektrum (2000)
21 De Witt & Czerwionka, zitiert nach Stangl (2020)
22 Vgl. Holzkamp (1989), S.69-70
23 Vgl. Lück (2014), S.903
24 Vgl. Holzkamp (1989), S.70-72
25 Vgl. Lück (2014), S.1162
26 Vgl. Holzkamp (1989), S.73-74
27 Vgl. Lück (2014), S.903
- Arbeit zitieren
- Niclas Gallwitz (Autor:in), 2020, Entwicklung der Psychologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/900522
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