In diesem Essay wird das dritte Kapitel des Buches „Keystroke-Kapitalismus – Ungleichheit auf Knopfdruck“ von Dr. Aaron Sahr thematisiert. Es soll erläutert werden, wie das Geldsystem funktioniert und durch welche Aneignungskomplexe die Vermögensungleichheit überhaupt zustande kommen kann.
Aaron Sahr, Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und Leiter der Forschungsgruppe „Monetäre Souveränität“ am Hamburger Institut für Sozialforschung, veröffentlichte sein Werk im Jahr 2017. Im dritten Kapitel seines Werkes „Keystroke-Kapitalismus“ erläutert er zunächst, wie das Geldsystem, was wir heute kennen, entstanden ist und wie es sich im Zeitverlauf verändert hat.
In diesem Essay wird das dritte Kapitel des Buches „Keystroke-Kapitalismus – Ungleichheit auf Knopfdruck“ von Dr. Aaron Sahr thematisiert. Es soll erläutert werden, wie das Geldsystem funktioniert und durch welche Aneignungskomplexe die Vermögensungleichheit überhaupt zustande kommen kann. Aaron Sahr, Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und Leiter der Forschungsgruppe „Monetäre Souveränität“ am Hamburger Institut für Sozialforschung, veröffentlichte sein Werk im Jahr 2017. Im dritten Kapitel seines Werkes „Keystroke-Kapitalismus“ erläutert er zunächst, wie das Geldsystem, was wir heute kennen, entstanden ist und wie es sich im Zeitverlauf verändert hat.
Die Grundlagen der modernen Banken wurden bereits im Hoch- und Spätmittelalter geschaffen, da durch die komplexer werdenden Handelsbeziehungen der Bedarf nach einem funktionsfähigem Geld- und Zahlungssystem aufkam (vgl. Sahr 2017, S. 76). Bevor die ersten „Banken“ entstanden, gab es lediglich die Möglichkeit, das bestehende Vermögen zu tauschen oder aufzubewahren (vgl. Sahr 2017, S. 75). Mit dem Entstehen der „modernen Banken“ im Laufe des 13. Jahrhunderts begann schließlich die Möglichkeit, privates Vermögen einer Bank zu überlassen, wodurch die Bank mit dem Ersparten wiederum weiterarbeiten konnte (vgl. Sahr 2017, S. 75). „Geld“ bedeutete zur damaligen Zeit vor allem Münzen, die aus Gold oder Silber hergestellt wurden. Aufgrund der immer häufiger vorkommenden Knappheit an Münzen, entstanden Techniken, die sukzessiv eine Bezahlung ohne Münzgeld ermöglichten (vgl. Sahr 2017, S. 76). Der sogenannte „Wechsel“ war ein schriftlich fixiertes Versprechen, eine bestimmte Summe zu einem späteren Zeitpunkt auszuzahlen. Durch diese neu entstandene Vertragsform etablierten sich also ebenfalls Schulden als Zahlungsmittel, die mit einer anonymisierten Quittung dokumentiert wurden (vgl. Sahr 2017, S. 77). Durch diese neue Form eines einfachen Zahlungsmittels, wurden die Gold- und Silbermünzenvorräte immer seltener zum Tausch benötigt, wodurch die Banken stets mehr Quittungen herausgaben, als Gold- oder Silbermünzen als Reserven eingelagert waren (vgl. Sahr 2017, S. 79). Dieses System funktionierte ähnlich, wie auch in unserer heutigen Zeit das moderne Geldsystem: Solange nicht alle Gläubiger gleichzeitig ihr Gold und Silber (heute: Bargeld) ausgezahlt bekommen wollten, konnten die Banken stets neue „Kredite“ vergeben (vgl. Sahr 2017, S. 80). Zentrale Banken wurden im 19. und 20. Jahrhundert ins Leben gerufen (vgl. Sahr 2017, S. 81), die von nun an für die Reserveeinlagen zuständig waren. Heutzutage sind diese Reserven allerdings keine Edelmetalle mehr, sondern ebenfalls schriftlich verbuchte Bankschulden. Diese Vorgehensweise hat den modernen Kapitalismus grundlegend verändert (vgl. Sahr 2017, S. 82). Banken können nun also Kredite aus dem Nichts erschaffen (vgl. Sahr 2017, S. 85). Der Autor, Dr. Aaron Sahr, beschreibt, dass viele Theorien jedoch unterstellen, dass die Kreditvergabe nur dann von statten geht, wenn sich die Banken zuvor die notwendigen Reserven angeschafft haben (vgl. Sahr 2017, S. 86). In der Praxis werden Kredite allerdings dann vergeben, wenn die jeweilige Bank darauf vertraut, dass die Schuldnerin oder der Schuldner die Kreditschulden in der Zukunft zurückzahlen kann (vgl. Sahr 2017, S. 88). Banken schöpfen somit also proaktiv neues Geld, wodurch erst ein Bedarf an Zentralbankgeld geschaffen wird und nicht andersherum (vgl. Sahr 2017, S. 89). Dies geschieht durch das simple Eintippen von Zahlen in einen Computer und ist somit völlig unabhängig von den schon vorhandenen Spareinlagen (vgl. Sahr 2017, S. 91). Dr. Aaron Sahr beschreibt diesen Prozess als „Keystroke-Kapitalismus“ (Sahr 2017, S. 92), der es Banken ermöglicht unlimitiert neue Kredite zu vergeben, ohne zuvor Zahlungsmittel zur Verfügung zu haben. Doch welche Akteurinnen und Akteure ziehen nun einen Nutzen aus diesen spezifischen Aneignungspraktiken der Geldschöpfung?
Dafür ist es zunächst notwendig, die vom Autor erwähnten Praktiken zu erläutern. Diese Wertschöpfungs- und Distributionsprozesse inkludieren alle Praktiken, aus denen privates Vermögen durch Renditen hervorgeht (vgl. Sahr 2017, S. 94). Dies können beispielsweise der Aufbau eines (Vertriebs-)Netzwerkes oder eine Qualitätssteigerung eigener Produkte oder Dienstleistungen sein, um sich gegen die herrschende Konkurrenz auf dem Markt durchzusetzen. Das Umsetzen dieser Aneignungskomplexe soll für Akteurinnen und Akteure also dazu führen, dass ihnen ein ökonomischer Nutzen zugutekommt. Diese ökonomischen Wertschöpfungsprozesse, die es sowohl im illegalen als auch im legalen Bereich gibt, unterscheiden sich jedoch von kapitalistischen Praktiken. Kapitalistische Praktiken befinden sich auf einer höheren Abstraktionsebene und sind daher so verortet, dass lediglich eine Minderheit von Kapitalbesitzern von den kapitalistischen Praktiken profitieren kann (vgl. Sahr 2017, S. 96). Dadurch, dass nicht jede Akteurin oder jeder Akteur Zugang zu kapitalistischen Praktiken hat, kommt es zu einer gewissen Asymmetrie (vgl. Sahr 2017, S. 97). In der Kapitalismusforschung ist von einem Aneignungsdualismus die Rede. Der erste Aneignungskomplex des Dualismus umfasst die kapitalistischen Märkte (vgl. Sahr 2017, S. 98). Auf diesen werden Waren und Dienstleistungen jeglicher Art getauscht, und zwar zu einem Preis, der durch Angebot und Nachfrage inklusive Preisaufschlag zustande kommt. Auf jeder Wertschöpfungsstufe – vom Abbau der Rohstoffe, über die Fertigung von Produkten oder der Bereitstellung von Dienstleistungen bis hin zum Vertrieb – gibt es Preisaufschläge (vgl. Sahr 2017, S. 98). Durch diese kommt es für Kapitalbesitzer zu einem Aufbau des privaten Vermögens. Da der Preis für ein bestimmtes Gut (beispielsweise ein neues Smartphone) nahezu beliebig hoch angesetzt werden kann, solange es noch eine Nachfrage für dieses Gut gibt, herrscht eine auf dem Markt hergestellte Ungleichheit (vgl. Sahr 2017, S. 99).
Neben den kapitalistischen Märkten bildet der Staat den zweiten großen Aneignungskomplex des Aneignungsdualismus (vgl. Sahr 2017, S. 99). Dieser verdient durch eine Besteuerung der kapitalistischen Märkte an jeder Tauschtransaktion mit. An dieser Stelle ist es jedoch wichtig zu betonen, dass die beiden Aneignungskomplexe – die kapitalistischen Märkte und der Umverteilungsstaat – nicht unabhängig voneinander sind, sondern wechselseitig voneinander abhängen (vgl. Sahr 2017, S. 101). Dennoch sind die kapitalistischen Märkte und der Umverteilungsstaat auf zwei unterschiedlichen Prinzipien aufgebaut: Voraussetzung für das Durchführen von kapitalistischen Praktiken auf den Märkten ist der Besitz von Kapitaleigentum. Voraussetzung für eine Umverteilungspolitik des Staates, ist ein Eingriff in Eigentumsrechte. Der Autor spricht an dieser Stelle von „Transferzahlungen“ (Sahr 2017, S. 102), die als „verordnete Zahlungsaufforderung“ beschrieben werden können. Der entscheidende Unterschied ist also die Freiwilligkeit beziehungsweise Verordnung der jeweiligen Zahlung. Akteurinnen und Akteure können auf kapitalistischen Märkten selbst entscheiden, welche Zahlungen sie durchführen möchten, sofern die Voraussetzung des Kapitalbesitzes (Eigentum) erfüllt ist. Der Umverteilungsstaat hingegen greift in Steuerrechte ein, um einen Zugriff auf Kapitaleigentum zu erlangen. Neben diesen zwei Arten von Aneignungskomplexen, führt Dr. Sahr noch einen dritten Aneignungskomplex auf, nämlich die zuvor erwähnten Keystrokes (vgl. Sahr 2017, S. 92 und S. 103). Keystrokes ist erzeugtes Vermögen durch die Neuvergabe von Krediten, welches durch die Eingabe in einen Computer geschaffen wird. Die zuvor erwähnte Asymmetrie bzw. die ungleiche Vermögensverteilung kommt also durch diese drei Aneignungskomplexe zustande. Kapitaleigentümer generieren ökonomisches Einkommen auf der Grundlage freiwillig gefällter Entscheidungen, der Umverteilungsstaat generiert staatliche Transfers auf der Grundlage von demokratisch legitimierten, herrschaftlichen Verordnungen und Banken generieren paraökonomisches Einkommen auf der Grundlage, Geld aus dem Nichts zu schaffen, nämlich durch Kreditvergabe/ Keystrokes (vgl. Sahr 2017, S. 102 – 103).
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2020, Was ist der "Keystroke-Kapitalismus"? Eine kurze Analyse des Geldsystems, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/899722
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