INHALTSVERZEICHNIS
1. Einführung
2. Der Fall „Frau B.“
3. Das Dilemma der Sozialen Arbeit
4. Die Würde des Menschen – ein ethischer Konflikt
4.1 Achtung der Menschenwürde durch Vernunft
und Anerkennung
5. Zusammenfassung und Fazit
6. Literaturverzeichnis
AUS DEM INHALT
[...]
Oftmals sind der Sozialen Arbeit die Hände gebunden oder sie gerät in stark widersprüch-liche Situationen (Kreft / Mielenz, 1996). Diese Problematik stellt den Beweg-grund der vorliegenden Arbeit dar. Die Tatsache, das die Soziale Arbeit immer mehr in den Konflikt gerät zwischen den vom Staat erlassenen Gesetzen und den immer knapper werdenden finanziellen Mitteln und der Verantwortung die sie ihren Klienten gegenüber trägt, soll uns in den folgenden Kapiteln beschäftigen. Wir stellen uns die Frage, welche konkreten Dilemmata vorliegen und wie man einen Ausweg aus diesem Irrgarten finden kann.
Als Erörterungsgrundlage wird uns der Fall von Frau B. dienen, welcher im Jahre 2004 auf der Tagung des Verbandes ALZheimerETHik e.V. für Menschen mit Demenz in Düsseldorf gehalten wurde. Thema der Tagung war „Medizinische Versorgung, Begleitung und Pflege menschlicher gestalten und zugleich kosten-günstiger“. Gehalten wurde der Vortrag mit dem Titel „Wenn Medizin und Pflege den Kranken kränker macht und wie man dies verhindern könnte“ von Frau Adelheid von Stösser. Frau von Stösser ist selbst Krankenschwester, Lehrerin für Pflegebe-rufe mit langjähriger Erfahrung im Bereich Standardentwicklung und Qualitätssi-cherung in der Pflege sowie Autorin mehrerer Fachbücher (z. B. Pflegestandards, erschienen 1994) sowie Mitglied am "Runden-Tisch-Pflege" der Bundesregie-rung.
Im folgenden Kapitel werde ich zunächst den eben angesprochenen Fall näher erläutern um im darauf folgenden Abschnitt konkret auf ein wichtiges Problem der Sozialen Arbeit einzugehen, welches sich aus dem Fall von Frau B. ergibt. Diese Problematik werde ich schließlich anhand wichtiger ethischer Begriffe ü-berprüfen um dann im abschließenden Teil Lösungen für das vorhandene Problem anzubieten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Der Fall „Frau B.“
3. Das Dilemma der Sozialen Arbeit
4. Die Würde des Menschen - Ein ethischer Konflikt
4.1 Achtung der Menschenwürde durch Vernunft und Anerkennung
5. Zusammenfassung und Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einführung
Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit e. V. (DBSH) bezeichnet das ethische Bewusstsein als wichtige Grundlage für die Praxis der Sozialen Arbeit. In seiner Erklärung der Prinzipien bezeichnet er die Fähigkeit und Verpflichtung ethisch zu handeln als einen wesentlichen Aspekt qualitativ hochwertiger Hilfe (DBSH 2004). Aufgrund des scheinbar hohen Stellenwertes der Ethik in der Sozialen Arbeit stellt sich zunächst natürlich die Frage, was Ethik genau ist. Ein Blick in gängige Lexika oder auch Wörterbücher bringt uns dem Ethikbegriff ein Stück weit näher. Grob gesagt bezeichnet der Begriff der Ethik die philosophische Wissenschaft vom Sittlichen. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Frage nach der Gesinnung oder der Wirkung der menschlichen Handlungen. Man spricht hier auch von den Begriffen der Gesinnungs- und Erfolgsethik (Meyers Lexikonredaktion, 1996). Man kann die Ethik also als die Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln des Menschen in den unterschiedlichen alltäglichen Lebenssituationen bezeichnen, deren Normen und Maximen der Lebensführung sich aus der Verantwortung der Mitmenschen gegenüber herleiten lassen (Duden, 1997). Der Grundstein dieser Tugendlehre wurde bereits in der Antike durch große Denker wie Platon oder Aristoteles gelegt. Männer wie Immanuel Kant, welcher den Begriff der Formalen Ethik hervorbrachte, prägten später in unseren Breitengraden die ethische Wissenschaft nachhaltig mit (Meyers Lexikonredaktion, 1996). Zusammengefasst lässt sich die Ethik in drei elementare Begriffe untergliedern:
- Handlungsaufforderungen
- Sollensaussagen
- Handlungsorientierungen
Für die Profession Soziale Arbeit bedeutet dies im Kern, die berufliche Praxis an übergreifenden Sinn- und Wertaussagen auszurichten (Kreft / Mielenz, 1996). In diesem Zusammenhang wird auch oft von einem so genannten Berufsethos gesprochen. Der Begriff Ethos leitet sich vom Ethikbegriff ab und bedeutet nichts weniger als ein, „ vom Bewusstsein sittlicher Werte geprägte Gesinnung, Gesamthaltung, ethisches Bewusstsein “ (vgl. Duden, 1997 S. 238). Dieses Bewusstsein verlangt alle zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen an Unterscheidungen wie „Gut & Böse“, „Angemessen & Unangemessen“ oder auch „Verantwortbar & Unverantwortbar“ auszurichten. Diese Anforderung kann sowohl an die Soziale Arbeit als ganzes System gestellt werden, aber auch an die jeweiligen Organisationen oder Einrichtungen, bis hin zum einzelnen Sozialarbeiter selbst (Kreft / Mielenz, 1996).
Obwohl die Ethik in der Sozialen Arbeit ein wichtiges Gut zu sein scheint, so war sie jedoch über einen längeren Zeitraum fast gänzlich aus dem beruflichen Alltag verbannt worden. Spielte sie in früherer Zeit eine entscheidende Rolle im Hilfeprozess sowie der Ausbildung von Sozialarbeitern, so galt sie für lange Zeit als unbedeutend. Grund hierfür war die starke theoretische und wissenschaftliche Orientierung der Sozialen Arbeit zu Beginn der sechziger Jahre. Ethik galt als unprofessionell und alltagsuntauglich. Erst in den letzten Jahren beginnt die Ethik ihren ehemals großen Stellenwert wieder zurück zu erobern. Die Begründung hierfür liegt in der Tatsache dass die Hauptaufgabe der Sozialen Arbeit nach wie vor in einer ganzheitlichen und dem Klienten angepasste Hilfe liegt. Diese Aufgabe gerät mehr und mehr in den Konflikt mit den staatlichen Vorgaben. Oftmals sind der Sozialen Arbeit die Hände gebunden oder sie gerät in stark widersprüchliche Situationen (Kreft / Mielenz, 1996). Diese Problematik stellt den Beweggrund der vorliegenden Arbeit dar. Die Tatsache, das die Soziale Arbeit immer mehr in den Konflikt gerät zwischen den vom Staat erlassenen Gesetzen und den immer knapper werdenden finanziellen Mitteln und der Verantwortung die sie ihren Klienten gegenüber trägt, soll uns in den folgenden Kapiteln beschäftigen. Wir stellen uns die Frage, welche konkreten Dilemmata vorliegen und wie man einen Ausweg aus diesem Irrgarten finden kann.
Als Erörterungsgrundlage wird uns der Fall von Frau B. dienen, welcher im Jahre 2004 auf der Tagung des Verbandes ALZheimerETHik e.V. für Menschen mit Demenz in Düsseldorf gehalten wurde. Thema der Tagung war „Medizinische Versorgung, Begleitung und Pflege menschlicher gestalten und zugleich kosten-günstiger“. Gehalten wurde der Vortrag mit dem Titel „Wenn Medizin und Pflege den Kranken kränker macht und wie man dies verhindern könnte“ von Frau Adelheid von Stösser. Frau von Stösser ist selbst Krankenschwester, Lehrerin für Pflegeberufe mit langjähriger Erfahrung im Bereich Standardentwicklung und Qualitätssicherung in der Pflege sowie Autorin mehrerer Fachbücher (z. B. Pflegestandards, erschienen 1994) sowie Mitglied am "Runden-Tisch-Pflege" der Bundesregierung.
Im folgenden Kapitel werde ich zunächst den eben angesprochenen Fall näher erläutern um im darauf folgenden Abschnitt konkret auf ein wichtiges Problem der Sozialen Arbeit einzugehen, welches sich aus dem Fall von Frau B. ergibt. Diese Problematik werde ich schließlich anhand wichtiger ethischer Begriffe überprüfen um dann im abschließenden Teil Lösungen für das vorhandene Problem anzubieten.
2. Der Fall „Frau B.“
Im Jahr 1990 zeigten sich bei der 77 jährigen Frau B. erste Anzeichen einer Altersdemenz, welche bis zum Jahre 1992 relativ gut kompensiert werden konnte. Ab jenem Jahr begann sich der Zustand von Frau B. jedoch zunehmend zu verschlechtern. Sie benötigte immer mehr Hilfe bei alltäglichen Dingen wie der Hygiene oder dem Anziehen. Nachdem sich der bereits zuvor festgestellte immense Bewegungsdrang von Frau B. in eine risikoreiche Weglauftendenz wandelte welche durch die völlige Desorientierung der Frau begründet wurde, entschied sich der Ehemann von Frau B. seine Frau zur Pflege in ein Heim zu geben, da er selbst nicht mehr für sie sorgen konnte. So kam Frau B. 1995 ins Pflegeheim und war dort immer als sehr lebensfrohe, immer freundliche und nie aggressive Person bekannt. Lediglich die Weglauftendenz, welche rational durch die unbekannte Situation und dem Wunsch nach vertrauten Personen begründet werden konnte, bereitete dem Heimpersonal zunehmend Schwierigkeiten. Gleich zu Beginn wurde versucht das Problem durch die Gabe von Medikamenten in den Griff zu bekommen, was dazu führte das die körperliche Vitalität der Frau zunehmend nachließ. Ihr Zustand war durch ständige Müdigkeit geprägt, was dazu führte, das auch ihr Gang zunehmend unsicherer wurde, bis schließlich ein Gehwagen nötig war. Nachts hingegen wurde Frau B. geradezu vital und reagierte häufig mit lautem Rufen und Schreien. Man versuchte auch dieses Verhalten wieder durch die Gabe von Medikamenten in den Griff zu bekommen. Frau B. wurde in der Tat ruhiger, nur machten sich aber bereits hier starke Nebenwirkungen bemerkbar, die sich durch schlechte Blut- und Leberwerte ankündigten. Man setzte die Dosis herab wodurch das alte Verhalten wieder durchkam. Eine Erhöhung auf die Ausgangsdosis brachte keinen Erfolg mehr und so wurde die Dosis nochmals erhöht. Die hieraus resultierenden Nebenwirkungen waren die Verstärkung des verwirrten Geisteszustandes und der zeitweise Verlust über die Kontrolle der Muskulatur in Verbindung mit Krämpfen. Durch die nun vorliegende Einschränkung der Bewegung verschlimmerten sich noch zusätzlich bereits vorliegende Gelenks- und Wirbelsäulenerkrankungen was mit erheblichen Schmerzen für Frau B. verbunden war. Ein zusätzliches Parkinsonsyndrom führte zum Verlust der Fähigkeit selbstständig zu essen und zu trinken. Als wenn das nicht schon genug gewesen wäre erkrankte Frau B. zusätzlich noch an Diabetes, welche aber nie wirklich in den Griff bekommen werden konnte.
Bereits zu diesem Zeitpunkt klagte der Sohn von Frau B., welcher mittlerweile als gesetzlicher Betreuer eingesetzt worden war, gegen das Vorgehen der behandelnden Ärzte. Die Klage wurde abgewiesen, da das Gericht den Ärzten mehr Glauben schenkte. Diese argumentierten lediglich mit der vorliegenden Weglauftendenz von Frau B., aber sprachen nie über die Nebenwirkungen der Therapie. Das Gericht genehmigte sogar die zusätzliche Fixierung von Frau B. um das Weglaufrisiko noch weiter zu minimieren. Ab da kann man nur noch von einer gezielten Entmobilisierung sprechen. Frau B. wurde auf einem Therapiestuhl fixiert bis keine Bewegungstendenz mehr erkennbar schien. Zu Beginn wehrte sie sich durch lautes Rufen, welches irgendwann einfach verstummte. Die Ursache für dieses Erstummen wurde nie geklärt. Neben der dauernden Fixierung wurde Frau B. eine ausgleichende Krankengymnastik verwehrt, mit der Begründung, dass dies nicht notwendig sei. Dies führte zu einer völligen Versteifung aller Gelenke. Zum Ende konnte Frau B. gerade noch den rechten Arm leicht bewegen, da auch dieser bereits von einer schweren Spastik befallen war.
1998 wurde Frau B. nur noch per Rollstuhl bewegt. Bis dahin wehrte sie sich noch durch leichtes Klopfen gegen die Behandlung, doch auch dieses Verhalten wurde im Jahre 2000 durch Medikamente unterdrückt, bis Frau B. schließlich keinerlei Eigeninitiative mehr zeigte. Aufgrund einer Vielzahl von Druckgeschwüren, welche auf das ständige Sitzen und Liegen zurückführbar sind und einer akuten Mangelernährung wurde Frau B. 2001 schließlich ins Krankenhaus eingeliefert, wo ihr eine Ernährungssonde eingesetzt wurde, da die individuelle Fütterung vom Pflegeheim nicht mehr geleistet werden konnte und die Kosten der Sonde von der Krankenkasse übernommen wurden.
Schlimme Komplikationen mit der Sonde und die damit verbundene Mangelernährung führten schließlich zur Verschlimmerung der Diabetes und dem Absterben beider Füße von Frau B. Dies endete im Jahre 2002 schließlich in der völligen Amputation beider Beine. Frau B. starb schließlich im Juli 2004 nachdem sie zwei Jahre nur noch liegend verbracht hatte. Die genaue Todesursache konnte nie geklärt werden (von Stösser, 2004).
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- Arbeit zitieren
- Mathias Schäfer (Autor:in), 2008, Soziale Arbeit - Profession zwischen Gesetz und Ethik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89888
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