Events erhalten einen speziellen Charakter wenn die Medien darüber berichten. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Fernsehsender ein Ereignis selbst organisiert und inszeniert: Das Ereignis wird so inszeniert, dass es auf dem Bildschirm gut rüberkommt. Bei der Übertragung wird es fernsehtechnisch wiederum so konstruiert, dass es eine besondere Bildkraft entfalten soll. Diese Inszenierungs- und Konstruktionsprozesse geschehen nicht in einem sozialen Vakuum, andere beteiligte Akteure (Künstler, Journalisten, Öffentlichkeitsarbeiter) versuchen, dieses zu beeinflussen. (Scherer/Schlütz 2003, Klappentext) Daher entsteht letztlich ein konstruiertes Event, ein so genanntes inszeniertes Medienereignis.
In dem zweisemestrigen Seminar „Creating Reality“ in 2000 und 2001 befassten sich Studenten des Instituts für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik und Theater in Hannover mit der deutschen Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest (ESC). Die auf den Seminarergebnissen basierende Studie „Das inszenierte Medienereignis“1 untersucht die Frage, wie Medien Wirklichkeiten erschaffen. Dazu wurden die verschiedenen medialen und außermedialen Realitätsentwürfe des Vorentscheids zum ESC erfasst und verglichen.
In meiner Hausarbeit möchte ich mich basierend auf dieser Studie damit auseinandersetzen, wie Medien bereits durch ihre Berichterstattung in die Wirklichkeit eingreifen. Des Weiteren werde ich
darauf eingehen, welche Ereignistypen es gibt und welchem medialen Einfluss sie jeweils unterliegen. Anschließend möchte ich mich aufgrund der vorangegangenen Erkenntnisse der zentralen Frage dieser
Hausarbeit widmen, um welchen Ereignistyp es sich beim Vorentscheid zum ESC handelt und wie dieser inszeniert wurde. Scherer und Schlütz analysieren in ihrer Studie die verschiedenen Wirklichkeiten
(Vor-, Live- und Nachberichterstattung, Live-Event, Saalpublikum) des Vorentscheids zum ESC. Daher möchte ich zu Anfang darauf eingehen, wie mediale Konstruktion vonstatten geht. Medien schaffen häufig zielgerichtet Wirklichkeiten, indem sie konkrete Ereignisse in ihrem Ablauf und ihrer Gestaltung beeinflussen. Das tun sie, um selber wieder über das Ereignis berichten zu können
(Vgl. Scherer/Schlütz 2003, S. 13). So ein Ereignis ist der Vorentscheid zum ESC. Im Fernsehen können im Gegensatz zum Live-Zuschauer verschiedene Perspektiven auf ein Ereignis gewählt werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Wirklichkeitskonstruktion der Medien
2.1 Wie Medien in die Wirklichkeit eingreifen
2.2 Die Bedeutung von Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwert
3 Ereignistypen
3.1 Genuine Ereignisse
3.2 Mediatisierte Ereignisse
3.3 Pseudoereignisse
3.4 Media Events nach Dayan und Katz
3.4.1 Contests, Conquests und Coronations
3.5 Medienereignisse
3.6 Erweiterte Ereignistypologie nach Scherer und Schlütz
4 Der Vorentscheid zum ESC - ein inszeniertes Medienereignis
4.1 Die verschiedenen Wirklichkeiten des Vorentscheids
4.2 Der Vorentscheid als medieninszeniertes Pseudoereignis
5 Fazit
Literatur
1 Einleitung
Events erhalten einen speziellen Charakter wenn die Medien darüber berichten. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Fernsehsender ein Ereignis selbst organisiert und inszeniert:
Das Ereignis wird so inszeniert, dass es auf dem Bildschirm gut rüber- kommt. Bei der Übertragung wird es fernsehtechnisch wiederum so konstruiert, dass es eine besondere Bildkraft entfalten soll. Diese In- szenierungs- und Konstruktionsprozesse geschehen nicht in einem sozialen Vakuum, andere beteiligte Akteure (Künstler, Journalisten, Öffentlichkeitsarbeiter) versuchen, dieses zu beeinflussen. (Sche- rer/Schlütz 2003, Klappentext)
Daher entsteht letztlich ein konstruiertes Event, ein so genanntes inszeniertes Medienereignis. In dem zweisemestrigen Seminar „Crea- ting Reality“ in 2000 und 2001 befassten sich Studenten des Instituts für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik und Theater in Hannover mit der deutschen Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest (ESC). Die auf den Seminarergebnissen basierende Studie „Das inszenierte Medienereignis“1 untersucht die Frage, wie Medien Wirklichkeiten erschaffen. Dazu wurden die ver- schiedenen medialen und außermedialen Realitätsentwürfe des Vorentscheids zum ESC erfasst und verglichen.
In meiner Hausarbeit möchte ich mich basierend auf dieser Studie damit auseinandersetzen, wie Medien bereits durch ihre Berichter- stattung in die Wirklichkeit eingreifen. Des Weiteren werde ich darauf eingehen, welche Ereignistypen es gibt und welchem medialen Einfluss sie jeweils unterliegen. Anschließend möchte ich mich auf- grund der vorangegangenen Erkenntnisse der zentralen Frage dieser Hausarbeit widmen, um welchen Ereignistyp es sich beim Vorent- scheid zum ESC handelt und wie dieser inszeniert wurde.
2 Die Wirklichkeitskonstruktion der Medien
Scherer und Schlütz analysieren in ihrer Studie die verschiedenen Wirk- lichkeiten (Vor-, Live- und Nachberichterstattung, Live-Event, Saalpublikum) des Vorentscheids zum ESC. Daher möchte ich zu An- fang darauf eingehen, wie mediale Konstruktion vonstatten geht.
Medien schaffen häufig zielgerichtet Wirklichkeiten, indem sie konkrete Ereignisse in ihrem Ablauf und ihrer Gestaltung beeinflussen. Das tun sie, um selber wieder über das Ereignis berichten zu können (Vgl. Scherer/Schlütz 2003, S. 13). So ein Ereignis ist der Vorentscheid zum ESC.
2.1 Wie Medien in die Wirklichkeit eingreifen
Im Fernsehen können im Gegensatz zum Live-Zuschauer verschiedene Perspektiven auf ein Ereignis gewählt werden. Durch diese mediale Re- konstruktion werden die emotionalen Höhepunkte des Events fokussiert. Das fanden Kurt und Gladis Lang bereits 19532 anhand der Live-Übertragung und Vor-Ort Beobachtung der Parade anlässlich des Besuchs von General MacArthur in Chicago heraus. Allein durch die Anwesenheit des Fernsehens reagierte das Publikum mit Begeisterung, weil es Teil der Fernsehübertragung war. Lang und Lang nannten das den reziproken Effekt. Das bedeutet, dass die Medien bereits beim Be- richten in die Wirklichkeit eingreifen und damit die Realität verändern, über die sie berichten wollen.
Halloran, Elliot und Murdock fanden heraus, dass Medien Erwar- tungen über Ereignisse aufbauen und sich in ihrer Berichterstattung daran orientieren (Vgl. 1970, S. 308ff3). In der Vorberichterstattung über eine anstehende Vietnamdemonstration 1968 in London hatten die Zei- tungen Erwartungen über den wahrscheinlich gewalttätigen Verlauf dieser Demo aufgebaut. Im Endeffekt verlief die Demo friedlich. Die Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität des Ereignisses war also durch die Vorberichterstattung in den Zeitungen entstanden.
Scherer und Schlütz konstatieren, dass die Medien zwei Arten von Realitätskonstruktion erbringen: symboli- sche und konkrete. Symbolisch erschaffen Medien Realität, indem sie über Umweltereignisse berichten und sich in dieser Berichterstattung an ihren medienspezifischen Selektions- und Darstellungsregeln orientieren. Das mediale Abbild ist also kein Spiegelbild der Wirklichkeit, sondern eine symbolische Realität eigener Art. Daneben konstruieren die Medien aber auch in konkretem Sinne Realität, indem sie konkrete Ereignisse in ihrem Ablauf und ihrer Gestalt beeinflussen. (Scherer/Schlütz 2003, S. 8f) Wenn die Medien über die Realität berichten, wirken beide Konstrukti- onsebenen zusammen, die sie selbst konkret mitgestaltet haben (Vgl. ebd., S. 9).
2.2 Die Bedeutung von Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwerten
Die Nachrichtenwerttheorie beschäftigt sich mit bestimmten Ereignismerkmalen (Nachrichtenfaktoren), an denen sich die Journalisten bei der Nachrichtenauswahl orientieren. Die verschiedenen Nachrichtenfaktoren entscheiden somit über die Publikationswürdigkeit (Nachrichtenwert) eines Geschehnisses.
Die Bedeutung der Nachrichtenfaktoren und -werte für medial in- szenierte Ereignisse liegt in den wechselseitigen Erwartungen, die ihre Akteure voneinander haben. In der Regel beeinflussen sich PR-Leute und Journalisten gegenseitig und orientieren sich aneinander (hand- lungstheoretischer Intereffikationsansatz4). Während PR-Akteure bestimmte Presseinformationen veröffentlichen und darin gewisse Nachrichtenfaktoren beachten, sind sie im Gegenzug von den Reaktio- nen der Journalisten abhängig, die im besten Fall eine Nachricht daraus machen. Letztere sind auch auf die PR-Akteure angewiesen, da deren Presseinformationen oft die Basis und der Anlass für Nachrichten sind.
Der bekannteste Ansatz der Nachrichtenwerttheorie stammt von Galtung und Ruge (19655), die wie viele ihrer Vorgänger (z.B. Lippmann 1922 und Östgard 1965) davon ausgehen, dass die Nachrichtenauswahl der Medien im Wesentlichen der menschlichen Wahrnehmung ent- spricht. Nach ihrer Hypothese sind Nachrichtenfaktoren additiv, d.h. je mehr Nachrichtenfaktoren auf ein Ereignis zutreffen, desto publikati- onswürdiger ist es. Des Weiteren sind sie komplementär, was bedeutet, dass das Fehlen eines Nachrichtenfaktors durch einen anderen kompen- siert werden kann. Tabelle 1 zeigt die acht kulturunabhängigen und vier -abhängigen Nachrichtenfaktoren nach Galtung und Ruge.
Tabelle 1 : Nachrichtenfaktoren nach Galtung und Ruge (1965)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Katz et al. analysierten 19776, darüber hinaus, inwiefern die von Gal- tung und Ruge (1965) aufgestellten zwölf Nachrichtenfaktoren sich dazu eignen, die Erinnerung an Nachrichten seitens der Rezipienten voraus- zusagen. Demnach sind es vor allem die drei Faktoren Überraschung, Negativität und Bedeutsamkeit, die Erinnerungsleistungen am meisten bestimmen. Auch Schulz (19827) und Ruhrmann (1989) kommen zu der Erkenntnis, dass ein positiver Zusammenhang zwischen allgemeinen und persönlichen Relevanzkriterien besteht: „Je größer die Nachrichten- relevanz bestimmter Entwicklungen, desto relevanter findet der Rezipient die Nachrichten auch persönlich.“ (Ruhrmann 1989, S. 1018)
Eine grundlegende Erweiterung und theoretische Neuorientierung leistete Winfried Schulz, der 19769 den Aspekt des Konstruktivismus mit einbezog. Die Neuorientierung bestand darin, dass Schulz als erster die Nachrichtenfaktoren nicht als Merkmale von Ereignissen sah, son- dern als journalistische Hypothesen von Realität. Das bedeutet, dass nicht die Merkmale eines Ereignisses darüber entscheiden, was in den Medien publiziert wird (passiver Redakteur), sondern dass der Journa- list bzw. Redakteur einem Ereignis gewisse publikationswürdige Eigenschaften zuschreibt, ihnen so aktiv durch seine Auswahl einen Nachrichtenwert gibt. Es stellt sich allerdings die Frage, welche Ereig- nisse in welchem Maße durch die Medien beeinflusst werden können. Diese Frage führt zu der im nächsten Kapitel erläuterten Ereignistypo- logie.
3 Ereignistypen
In den Kommunikationswissenschaften unterscheidet man drei Ereig- nistypen:
1. genuine Ereignisse (Vgl. z.B. Kepplinger 199210 )
2. mediatisierte Ereignisse (Vgl. ebd.)
3. Pseudoereignisse (Vgl. Boorstin 1987) / inszenierte Ereignisse
(Vgl. Donsbach/Brosius/Mattenklott 199311 )
Unterschiede bestehen im Grad ihrer Inszenierung und im Grad ihrer Ausrichtung an den Erfordernissen des Mediensystems (Vgl. Scherer/Schlütz 2003, S. 16). 12
3.1 Genuine Ereignisse
Findet ein Ereignis weitestgehend oder gänzlich unabhängig von den Medien und ihrer eventuellen Berichterstattung statt, so spricht man von einem genuinen Ereignis (Vgl. z.B. Kepplinger 1992, S. 52 und Donsbach/Brosius/Mattenklott 1993, S. 112). Sein Ablauf und seine Struktur sind nicht medial bestimmt. Beispiele für genuine Ereignisse sind Umweltkatastrophen, natürliche Todesfälle, Verbrechen sowie All- tagsgeschehnisse ohne Prominente (Vgl. Scherer/Schlütz 2003, S. 16).
3.2 Mediatisierte Ereignisse
Von mediatisierten Ereignissen spricht man, wenn diese wahrscheinlich auch ohne die zu erwartende Berichterstattung geschehen wären.
[...]
1 Scherer, Helmut, Daniela Schlütz: Das inszenierte Medienereignis. Die verschiedenen Wirklichkeiten der Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest in Hannover 2001, Köln 2001.
2 Vgl. Lang, K., G.E. Lang (1953): The unique perspective of television and its effects: A pilot study. In: American Sociological Review, 18, S. 3-12.
3 Halloran, J.D., P. Elliot, G. Murdock (1970): Demonstrations and communication: A case study, Harmondsworth.
4 Vgl. Bentele, G., T. Liebert, S. Seling (1997): Von der Determination zur Intereffikation. In: Haller, G. (Hrsg.): Aktuelle Entstehung von Öffentlichkeit: Akteure - Strukturen - Veränderungen. Konstanz.
5 Galtung, J., M.H. Ruge (1965): The structure of foreign news: The presentation of the Congo, Cuba, and Cyprus crisis in Norwegian newspapers. In: Journal of Peace Re- search, 2.
6 Vgl. Katz, E., Adoni, H. & Parness, P. (1977): Remembering the news. What the picture adds to recall. In: Journalism Quarterly, Vol. 54, 231-239.
7 Vgl. Schulz, W. (1982): News Structure and People's Awareness of Political Events. In: Gazette, Vol. 30, 139-53.
8 Vgl. Ruhrmann, G. (1989): Rezipient und Nachricht. Struktur und Prozeß der Nachrichtenrekonstruktion. Opladen.
9 Vgl. Schulz, Winfried (1976): Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien: Analyse der aktuellen Berichterstattung. Freiburg.
10 Kepplinger, H.M. (1992): Ereignismanagement: Wirklichkeit und Massenmedien. Zürich.
11 Donsbach, W., H.-B. Brosius, A. Mattenklott (1993): Die zweite Realität: Ein Feldexperiment zur Wahrnehmung einer Wahlkampfveranstaltung durch Teilnehmer und Fernsehzuschauer. In: Holtz-Bacha, C., L.L. Kaid (Hrsg.): Die Massenmedien im Wahlkampf: Untersuchungen aus dem Jahr 1990, Wiesbaden/Opladen.
12 auch natürliche Ereignisse genannt
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