Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Qualitätsmanagement (QM) im bodengebundenen Rettungsdienst (RD) von Non-Profit-Organisationen (NPO). In Deutschland sind hauptsächlich neben den Feuerwehren die vier großen Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Malteser Hilfsdienst (MHD) als Leistungserbringer mit der Durchführung des RD beauftragt.
Spätestens seit der Gesundheitsstrukturreform in der Bundesrepublik Deutschland hat ein Umdenken im Bereich Rettungswesen eingesetzt. Ursachen hierfür sind die Zunahme des Wettbewerbs und verstärkter Kostendruck. Der Gesetzgeber verlangt im Sozialgesetzbuch –Fünftes Buch (V) Gesetzliche Krankenversicherung- eine Auseinandersetzung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen. Um diesen veränderten Bedingungen gerecht zu werden, bedarf es geeigneter Managementstrukturen.
QM-Systeme setzen sich auch im Bereich der rettungsdienstlichen Leistungserbringer immer mehr durch. Sie sind in etlichen Bereichen schon einige Jahre etabliert, werden ständig angepasst und fortentwickelt.
Ziel der Untersuchung ist es, eine repräsentative Aussage über die Verankerung von QM-Systemen im Bereich des bodengebundenen Rettungsdienstes von NPO treffen zu können. Hierbei richtet sich der Blick auf Umsetzungsstand, Strukturen, Organisation und Effekte von Qualitätsmanagementsystemen der vier großen Hilfsorganisationen ASB, DRK, JUH und MHD.
RD in Deutschland ist ureigenste Aufgabe der Bundesländer. Hierzu existieren für jedes einzelne Bundesland Rettungsdienstgesetze und Verordnungen. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit ist, die Entwicklung von Qualitätsmanagementsystemen aus Sicht der einzelnen Bundesländer zu betrachten und mit den Aussagen der Hilfsorganisationen zu vergleichen. Insbesondere interessiert hierbei, wie sich QM-Systeme für den RD in Zukunft aus Sicht der Bundesländer entwickeln werden.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
1.2 Vorgehen
2. Qualitätsmanagement in Non-Profit-Organisationen
2.1 Ziele und Tätigkeitsfelder von Non-Profit-Organisationen
2.2 Der Qualitätsbegriff
2.3 Ursprung des Qualitätsmanagements
2.4 Definition des Qualitätsmanagements …
2.5 Qualitätsmanagement im Rettungsdienst
3. Der Rettungsdienst in Deutschland
3.1 Organisation
3.2 Leistungserbringer im Rettungsdienst
3.2.1 Arbeiter-Samariter-Bund
3.2.2 Deutsches Rotes Kreuz
3.2.3 Johanniter-Unfall-Hilfe
3.2.4 Malteser Hilfsdienst
4. Beteiligung an der Befragung
4.1 Beteiligungen der Hilfsorganisationen
4.2 Beteiligungen der Länderministerien
4.3 Beteiligungen der Berufsverbände
5. Umsetzungsstand von Qualitätsmanagementsystemen
5.1 Umsetzungsstand beim ASB
5.2 Umsetzungsstand beim DRK
5.3 Umsetzungsstand bei der JUH
5.4 Umsetzungsstand beim MHD
5.5 Umsetzungsstand und Sichtweisen der Bundesländer zu Qualitätsmanagementsystemen im Rettungsdienst
6. Struktur, Organisation und Effekte der Qualitätsmanagementsysteme
6.1 Struktur und Organisation
6.2 Ausbildung der Mitarbeiter
6.3 Instrumente zur Implementierung
6.4 Effekte
6.5 Perspektive
7. Zusammenfassung der Ergebnisse
7.1 Beteiligung an der Befragung
7.2 Umsetzungsstand der Qualitätsmanagementsysteme
7.3 Struktur und Organisation der Qualitätsmanagementsysteme
7.4 Effekte der Qualitätsmanagementsysteme
7.5 Perspektive von Qualitätsmanagementsystemen
8. Schlussbetrachtung
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen
2.1 Ziele von NPO
2.2 Situation von NPO
2.3 Randbedingungen von Qualität
3.1 Rettungskette
4.1 Beteiligung ASB
4.2 Beteiligung DRK
4.3 Beteiligung JUH
4.4 Beteiligung Länderministerien
Tabellen
2.1 Ebenen eines Qualitätsmanagementsystems
3.1 Rettungsmittel und deren Aufgaben im bodengebunden RD
4.1 Gesamtübersicht der Beteiligung an der Befragung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Qualitätsmanagement (QM) im bodengebundenen Rettungsdienst (RD) von Non-Profit-Organisationen (NPO). In Deutschland sind hauptsächlich neben den Feuerwehren die vier großen Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Malteser Hilfsdienst (MHD) als Leistungserbringer mit der Durchführung des RD beauftragt. Spätestens seit der Gesundheitsstrukturreform in der Bundesrepublik Deutschland hat ein Umdenken im Bereich Rettungswesen eingesetzt. Ursachen hierfür sind die Zunahme des Wettbewerbs und verstärkter Kostendruck. Der Gesetzgeber verlangt im Sozialgesetzbuch –Fünftes Buch (V) Gesetzliche Krankenversicherung- eine Auseinandersetzung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen. Um diesen veränderten Bedingungen gerecht zu werden, bedarf es geeigneter Managementstrukturen.
QM-Systeme setzen sich auch im Bereich der rettungsdienstlichen Leistungserbringer immer mehr durch. Sie sind in etlichen Bereichen schon einige Jahre etabliert, werden ständig angepasst und fortentwickelt.
Ziel der Untersuchung ist es, eine repräsentative Aussage über die Verankerung von QM-Systemen im Bereich des bodengebundenen Rettungsdienstes von NPO treffen zu können. Hierbei richtet sich der Blick auf Umsetzungsstand, Strukturen, Organisation und Effekte von Qualitätsmanagementsystemen der vier großen Hilfsorganisationen ASB, DRK, JUH und MHD.
RD in Deutschland ist ureigenste Aufgabe der Bundesländer. Hierzu existieren für jedes einzelne Bundesland Rettungsdienstgesetze und Verordnungen. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit ist, die Entwicklung von Qualitätsmanagementsystemen aus Sicht der einzelnen Bundesländer zu betrachten und mit den Aussagen der Hilfsorganisationen zu vergleichen. Insbesondere interessiert hierbei, wie sich QM-Systeme für den RD in Zukunft aus Sicht der Bundesländer entwickeln werden.
1.2 Vorgehen
Die Grundlage der Untersuchung bilden leitfadengestützte Fragenkataloge (siehe Anhang). Neben den Hilfsorganisationen mit ihren Bundes- und Landesverbänden sind die zuständigen Länderministerien eine weitere Zielgruppe der Befragung. Eine dritte Gruppe bilden die Bundesärztekammer (BÄK) und der Berufsverband für den Rettungsdienst (BVRD) als Vertreter der Berufsverbände. Zur Gewährleistung der Repräsentativität und Vergleichbarkeit sind die Leitfäden entsprechend den Zielgruppen inhaltlich gleich gestaltet.
Allen Bundes- und Landesverbänden von ASB, DRK, JUH und MHD, sowie den zuständigen Ministerien der Bundesländer sind die Fragenkataloge neben dem Anschreiben auf dem Postweg zugestellt worden. Eine Ausnahme bilden die BÄK und der BVRD. Hier wurde nach telefonischer Anfrage die Befragung per E-Mail verschickt. Im Übrigen wurde allen Teilnehmern auch die Möglichkeit eingeräumt, auf elektronischem Weg zu antworten. Von dieser Möglichkeit haben die meisten Verbände und Ministerien Gebrauch gemacht.
Nach Ablauf von drei Wochen erfolgte mittels einer Nachfassaktion eine Erinnerung. Diese geschah ausschließlich per E-Mail und Telefon, wobei hier nochmals der Grund erläutert und auf die Wichtigkeit des Themas hingewiesen wurde.
Der Aufbau der Arbeit beinhaltet neben den theoretischen Grundlagen zu NPO und QM weiterhin Aussagen zur Organisation des Rettungsdienstes in Deutschland. So wird im zweiten Kapitel eine Einführung in das QM und deren Besonderheiten im RD gegeben. Im dritten Kapitel beschreibt die Arbeit die Einbettung der öffentlichen Aufgabe RD in das System der Gefahrenabwehr und gibt Aufschluss über deren Struktur.
Die Ergebnisse der leitfadengestützten Befragung werden ab dem vierten Kapitel dargestellt. Hier finden sich Angaben zur Beteiligung der Hilfsorganisationen; Länderministerien und Berufsverbände.
Im fünften Kapitel wird der Frage nachgegangen, inwieweit bis dato QM-Systeme bei den Leistungserbringern implementiert sind. Es soll geklärt werden, wie die Führungsverantwortlichen Einfluss auf den Prozess der Umsetzung nehmen und welche Methoden zur Bewertung von Qualität zur Anwendung kommen. Weiterhin zeigt dieses Kapitel, ob und wie die gesetzgebenden Bundesländer Regelungen zur Qualitätssicherung im RD treffen.
Im Fokus des sechsten Kapitels stehen die Ergebnisse hinsichtlich des Aufbaus und der Bewerkstelligung solcher Systeme. Generelle Tendenzen, Wirkungen, Vorteile und Kritik zeigen die unterschiedlichen Betrachtungsweisen auf.
Im Kapitel sieben werden die Ergebnisse der Untersuchung in komprimierter Form nochmals zusammengefasst dargestellt.
2. Qualitätsmanagement in Non-Profit-Organisationen
2.1 Ziele und Tätigkeitsfelder von Non-Profit-Organisationen
„Als Non-Profit-Organisationen…bezeichnet man Vereine, Stiftungen und Verbände, die keine kommerziellen …Interessen verfolgen, sondern gemeinnützigen sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Zielsetzungen ihrer Mitglieder dienen.“[1]
NPO werden auch als so genannter dritter Sektor nach Wirtschaft und Staat bezeichnet. In Deutschland entfallen ca. zehn Prozent der Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich[2] auf den dritten Sektor.[3]
Diese nichtgewinnorientierten Organisationen betätigen sich entsprechend ihrem satzungsgemäßen Auftrag in den verschiedensten Bereichen. Ihre Ziele orientieren sich an (altruistischen) Maßstäben zum Wohle der Gemeinschaft. Ideelle Sachziele sind in den Satzungen festgeschrieben. So betätigen sich die Hilfsorganisationen ASB, DRK, JUH und MHD hauptsächlich im Bereich RD, Sanitätsdienst und Erste Hilfe, Bevölkerungsschutz, Soziale Dienste wie Behinderten- und Altenbetreuung, Mahlzeitendienst etc., Jugendarbeit und Arbeit mit Kindern, Sozialstationen und Altenpflege.[4] Diese Organisationen führen auch im Ausland vielfältige Projekte durch und unterhalten Beziehungen zu ausländischen und internationalen Organisationen.
Neben den ideellen Zielen, die sich auch in den Leitbildern[5] von NPO wieder finden, gewinnt in jüngerer Zeit der Liquiditäts- und Substanzerhalt zunehmend an Bedeutung (Abb.1).[6]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1: Ziele von NPO - Quelle: Koch, C. 2005
Mehr denn je müssen NPO ihr Management an sich verändernden Marktbedingungen ausrichten. So verknappen sich in vielen Bereichen die öffentlichen Zuschüsse, oder Leistungen werden dem Wettbewerb unterworfen und öffentlich ausgeschrieben. Auch die zunehmende Veränderung der demografischen Entwicklung im Hinblick auf eine überalterte Gesellschaft mit steigenden Kosten und sich verknappenden öffentlichen Mitteln zwingen NPO, ihr Management an die neuen Gegebenheiten anzupassen (Abb.2).
„Unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenknappheit und dem zunehmenden Wettbewerb in vormals regulierten Bereichen wird die Qualität und Ausrichtung des Angebots von den Leistungsempfängern zunehmend kritisch hinterfragt. Als Antwort auf diese Situation vollzieht sich.. derzeit in vielen Non-Profit-
Organisationen ein Wandel in der Denkhaltung von der starren
Institution zum innovativen Dienstleistungsunternehmen.“[7]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.2: Situation der NPO - Quelle: Eversheim, 2005, S. 10
2.2 Der Qualitätsbegriff
Qualität lässt sich aus dem Lateinischen mit Beschaffenheit oder Eigenschaft übersetzen. Allgemein wird es als Gesamtheit von charakteristischen Eigenschaften einer Person oder Sache definiert. Im wirtschaftlichen Sinne ist die Produktqualität die Beschaffenheit einer Ware oder Dienstleistung im direkten Vergleich gegenüber anderen Produkten mit ihren Vorzügen oder Mängeln.[8]
„Nach DIN 55350-11, 1987-05 ist Qualität die Gesamtheit von Merkmalen (und Merkmalswerten) einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. Die Beziehung zwischen realisierter Beschaffenheit und Einzelforderungen steht also stets im Mittelpunkt der Qualitätsbetrachtung.“[9]
Es existiert heute kaum ein Bereich, wo wir nicht mit dem Begriff Qualität konfrontiert werden. Im Zusammenhang mit dem Produkt- oder Dienstleistungs-marketing wird der Begriff allzu häufig überbeansprucht. So spricht Bovermann von der Gefahr, dass „Qualität“ zu einer „abgegriffenen Münze“ wird, die an ehrlicher Aussagekraft und Wert verliert und begründet dies mit der Tatsache, dass Qualität im Gegensatz zum Produktpreis schwer fassbar ist.[10]
Qualität wird allgemein als Strategie des Erfolges und der Zukunftsperspektive angesehen. Der Begriff bezeichnet aber keine absolute Größe, sondern muss stets neu definiert und den Tatsächlichkeiten angepasst werden. Dieser Prozess der ständigen Neuausrichtung und Überprüfung ist unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Strategie.
2.3 Ursprung des Qualitätsmanagements
Bereits bis ins 15. und 16. Jahrhundert lassen sich erste Anfänge einer Qualitäts-sicherung zurückverfolgen. Für Produkte mit hoher Qualität wurden Marken als Garantie ausgegeben.[11]
Die Ursprünge des QM finden sich schon um 1900. Die Vorreiter der Qualitätskontrolle[12] waren Henry Ford und Frederick Winslow Taylor. Um 1930 war es Walter Shewhart, der sich auf Statistiken basierend als Begründer der Qualitätsprüfung verdient gemacht hat. Um 1960 wurden die Qualitätsmaßnahmen auf das ganze Unternehmen ausgedehnt und die Vorbeugung von Qualitätsdefiziten in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Die Begründer dieser präventiven Maßnahmen waren William E. Deming und G. Taguchi. 1985 hat erstmals bei General Electrics und Motorola die Nullfehlerstrategie mit der Six Sigma[13] Methode Anwendung gefunden. Das Jahr 1990 gilt als der Beginn eines umfassenden Qualitätskonzeptes. Der Vorreiter war der Japaner Kaoru Ishikawa, der zahlreiche Qualitätswerkzeuge entwickelte.[14]
Knorr und Halfar sehen den Ursprung des QM in den 40er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im militärischen Bereich und in der Luft- und Raumfahrttechnik der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese Bereiche beanspruchten zur Erfüllung ihrer Ziele Produkte mit hoher Qualität. Am Anfang stand die Kontrolle des Endproduktes. Später erkannte man die Bedeutung des QM im Fertigungsprozess. In jüngerer Zeit entwickelte sich das Total Quality Managements (TQM) mit kontinuierlichen Verbesserungsprozessen und einer starken Anbindung und Orientierung auf den Kunden. In Deutschland galt lange Jahre QM als Unterbegriff der Qualitätssicherung. Inzwischen ist es nach entsprechenden DIN-Normen zum Oberbegriff avanciert.[15]
2.4 Definition des Qualitätsmanagements
QM ist ein Teilbereich des funktionalen Managements, der Kundenzufriedenheit und Produktqualität in den Mittelpunkt eines unternehmerischen Handelns stellt. Kundenwünsche zu verstehen und daraus die richtigen Schlüsse und Entscheidungen für das Produkt oder die Dienstleistung zu ziehen, ist Kernaufgabe des QM. So stellt es keinen eigenständigen Bereich dar, sondern ist in die Organisationsentwicklung integriert.
„Qualitätsmanagement steht sowohl für eine Grundhaltung aller Mitarbeiter in einer Organisation oder Unternehmung als auch für ihr ständiges Bemühen, die externen und internen Kundenerwartungen zu verstehen, zu erfüllen und zu übertreffen.“[16]
QM ist immer abhängig von Randbedingungen. Erst die Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren macht eine detaillierte Zielformulierung möglich (Abb.2). So wird z. B. durch gesetzliche Vorgaben im Rettungswesen (RDG der Länder, Rettungsassistentengesetz, Medizinproduktegesetz, Betäubungsmittelgesetz, Arzneimittelgesetz, Arbeitssicherheitsvorschriften, Hygieneverordnungen etc.) die zu erbringende Leistung an Auflagen gebunden. Unternehmensziele finden sich in NPO in Satzungen und Leitbildern wieder und prägen die Ausrichtung der Arbeit. Aber auch die fachliche Kompetenz und der damit verbundene Anspruch an die Leistung zählen zu den Unternehmenszielen, die Einflussfaktoren darstellen. Kundenerwartungen stellen eine weitere beeinflussende Randbedingung mit großer Bedeutung dar. Hier zeigt sich zuerst die Qualität der Leistung und deckt Schwachstellen auf. Dazu ist es wichtig, die Erwartungen der Kunden zu kennen und sie richtig im Verbund mit anderen Einflussgrößen auszurichten. Die Kenntnis über die Markt- bzw. Wettbewerbssituation sichert die Existenz der Organisation. Im RD sind daher strategische Fragen z. B. nach der Struktur des Umfeldes der angebotenen Leistung oder Fragen nach den Mitbewerbern von Interesse.[17]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.3: Randbedingungen von Qualität - Quelle: Rugor/ Studzinski, 2003, S.15
Eversheim sieht QM als einen Führungsprozess, der die Planung, Steuerung und Kontrolle der Qualitätsaspekte und Qualitätsdimensionen einer Organisation umfasst und definiert dies so:
„Qualitätsmanagement umfaßt alle Tätigkeiten der Gesamtführungsaufgabe, welche die Qualitätspolitik, Ziele und Verantwortungen festlegen sowie diese durch Mittel wie Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems verwirklichen.“[18]
QM-Systeme dienen der „Verwirklichung der für das Qualitätsmanagement erforderlichen Organisationsstrukturen, Verfahren, Prozesse und Mittel.“[19]
Das QM-Handbuch stellt eine Systemdokumentation dar, welche den Ist-Zustand des QM-Systems beschreibt. Aufbau und Ablauforganisation aller Tätigkeiten innerhalb der Organisation sind in diesem Handbuch zu regeln. Spezielle Verfahrensanweisungen beschreiben die einzelnen Elemente des Systems und regeln die Abläufe und Tätigkeiten. Neben diesen existieren Arbeitsanweisungen, die gewisse Tätigkeiten im Einzelnen regeln. Verantwortlich für die Erstellung, Einführung und Fortschreibung ist ein eigens dafür zu bestellender QM-Beauftragter.
2.5 Qualitätsmanagement im Rettungsdienst
Mit der Einführung von QM-Systemen im RD wird der aktuellen Forderung der Politik nach einer verbesserten Qualität im Gesundheitswesen Rechnung getragen.
„Die Qualität der präklinischen Versorgung hat auf den Krankheits- bzw. Rehabilitationsprozess einen wichtigen Einfluss und bestimmt maßgeblich das Patienten-Outcome.“[20]
Zunehmend werden sich die Leistungserbringer im RD mit Forderungen nach Implementierungen von Methoden zur Bewertung der Qualität auseinander setzen müssen. Schon jetzt ist in einigen RDG der Bundesländer diese Forderung verankert. Dort, wo dies noch nicht Bestandteil der Gesetzgebung ist, wird es möglicherweise folgen. Weitere Aspekte kommen hinzu. So ist davon auszugehen, dass sich öffentliche Ausschreibungen für Leistungen des RD häufen werden. Ein qualitätsgemanagter RD wird dann einen Wettbewerbsvorteil vor einem nicht qualitätsgemanagten erzielen, vorausgesetzt die Leistung der Implementierung eines QM-Systems wird als solche von den Entscheidungsträgern gewürdigt. Auch verändert sich die Krankenhauslandschaft dahingehend, dass mehrere kleine Häuser zu großen Versorgungszentren fusionieren. Dies geschieht mit dem Hintergrund einer höheren Rentabilität und der Optimierung von Versorgungsabläufen.
Dienstleistungsqualität ist wesentlich schwieriger zu definieren und zu überprüfen als die Qualität von Produkten. Der RD, der zur Dienstleistung gehört, wird aus verschiedenen Blickwinkeln unterschiedlich betrachtet. Patienten wünschen sich schnelle, kompetente und freundliche Hilfe in Notsituationen. Vertreter der Kostenträger sehen Qualität erreicht, wenn Ressourcen geschont werden und unnötige Einsätze der Vergangenheit angehören. Rettungsdienstpersonal definiert Qualität an den ihm zur Verfügung gestellten Rettungsmitteln und Rettungswachen oder klaren Regelungen im Umgang mit invasiven Maßnahmen im Rahmen der Regelkompetenz.
Betrachtet man verschiedene Methoden zur Bewertung von Qualität und QM, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Zertifizierung und Exzellenz-Modelle im RD geeignet erscheinen.
„Zertifizierung ist ein Verfahren, bei dem ein unparteiischer Dritter schriftlich bestätigt, dass ein Erzeugnis, ein Verfahren oder eine Dienstleistung vorgeschriebene Anforderungen auf vorgeschriebene Art und Weise erfüllt.“[21]
Zertifizierungen im Gesundheitswesen wenden meist die Normenserie ISO 9000 ff. an, welche auf dem British Standard for Quality Management Systems basiert. Eingeführt wurde sie nach dem 2. Weltkrieg zur Harmonisierung des internationalen Handels. Die Zertifizierung ist an gewisse Voraussetzungen gebunden. Neben der Einführung des QM-Systems ist die Funktionsweise in einem Qualitätshandbuch zu dokumentieren. In der Auditphase wird zunächst die Dokumentation des QM-Systems begutachtet. Daran schließt sich die Überprüfung der Abläufe nach der zugrunde liegenden Dokumentation an. Dies erfolgt durch so genannte ISO-Auditoren, die üblicherweise eine sehr hohe Methodenkompetenz besitzen. Verläuft die Beurteilung durch die ISO-Auditoren positiv, wird das QM-System für die Dauer von drei Jahren zertifiziert.[22] Seit 2000 wird die überarbeitete Form ISO 9001:2000 angewendet. Sie bietet ein maßgeschneidertes Modell, welches die Bedürfnisse aller Interessenten berücksichtigt, und beschreibt vier Ebenen eines QM-Systems, die integriert zusammenwirken müssen (Tab. 2.1).[23]
„Exzellenz bezeichnet überragende Praktiken in der Führung von Organisationen und beim Erzielen von Ergebnissen mit Hilfe bewährter Grundkonzepte, z. B. Orientierung an den Leistungsempfängern und an den Resultaten, Mitarbeiterentwicklung und –beteiligung, Aufbau von Partnerschaften und Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit.“[24]
Das Europäische Modell EFQM konzentriert sich auf das interne QM und zielt auf die Ergebnisqualität ab. Die unverbindliche Rahmenstruktur besteht aus neun Kriterien. Fünf davon sind so genannte „Befähiger“-Kriterien, die anderen vier „Ergebnis“–Kriterien. „Befähiger“-Kriterien beinhalten die Aufgaben einer Organisation.
Diese sind:
- K1: Führung
- K2: Politik und Strategie
- K3: Mitarbeiterorientierung
- K4: Ressourcen
- K5: Prozesse
„Ergebnis“-Kriterien sind, wie der Name schon ausdrückt, auf die Ergebnisse der Organisation ausgerichtet. Diese sind:
- K6: Kundenzufriedenheit
- K7: Mitarbeiterzufriedenheit
- K8: Gesellschaftliche Auswirkung
- K9: Geschäftsergebnisse
Grundlage bildet die durch die Mitarbeiter durchgeführte Selbstbewertung ihrer Organisation anhand der oben genannten Kriterien, wobei Verbesserungs-potentiale und Stärken dokumentiert werden. Nach der Phase der Selbstbewertung werden die Ergebnisse in einen Abschlussbericht gefasst. Dieser wird durch einen EFQM-Assessor als externen Gutachter nach den Vorgaben der EFQM bewertet.[25]
Vergleicht man beide Methoden zur Bewertung von Qualität, so ergeben sich einige Unterschiede. Zertifizierungen und Exzellenz-Modelle sind auf Standards aufgebaut. Bei der ISO-Zertifizierung werden 20 Elemente (Unternehmensleitung, QM-System, Vertragsprüfung, Designlenkung, Beschaffung, Prozesslenkung, Korrekturmaßnahmen[26]) in die Betrachtung einbezogen. Bei den Exzellenz-Modellen sind die Standards in neun Kriterien aufgebaut, die sich in 32 Teilkriterien und 304 Ansatzpunkte für Exzellenz unterteilen. Die Bewertungsverfahren beider Methoden sehen zunächst standardisierte Verfahren zur Selbstauskunft vor. Bei Zertifizierungen sind es Vor-Audits und bei Exzellenz-Modellen die Selbstbewertung. Die Selbstauskunft bildet die Basis der anschließenden Fremdbewertung, die in einem Bewertungsentscheid dokumentiert wird. Bei Zertifizierungen beurteilen Gutachter, ob z. B. der RD die festgelegten Normen erreicht hat. Ist dies der Fall, wird das Zertifikat für eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren für ausgewiesene Organisationsbereiche erteilt. Exzellenz-Modelle hingegen bewerten rein quantitativ mit einem Punktwertebereich von 0 bis 1000.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2.1: Ebenen eines Qualitätsmanagementsystems[27]
3. Der Rettungsdienst in Deutschland
3.1 Organisation
Der RD ist eine öffentliche Aufgabe und unterteilt sich in die Bereiche Notfallrettung und qualifizierter Krankentransport. Zum einen gehört der RD zur Daseinsfürsorge, zum anderen ist er Teil der Gefahrenabwehr. Notfallrettung ist die außerhalb einer medizinischen Einrichtung stattfindende Versorgung eines Patienten, bei dem die Durchführung lebensrettender Maßnahmen bzw. die Abwendung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung und die Herstellung der Transportfähigkeit zwingend erforderlich sind. Qualifizierter Krankentransport beinhaltet den Transport von Nichtnotfallpatienten unter fachlicher Betreuung. Die Einbindung des RD in das Gesamtsystem verdeutlicht das Modell der Rettungskette (Abb.3.1). Die einzelnen Abschnitte sind miteinander verzahnt und bauen aufeinander auf. Funktioniert ein Glied der Kette nicht, kann dies erhebliche Konsequenzen für den Hilfsbedürftigen bedeuten. Im weitesten Sinne können dauerhafte gesundheitliche Schäden oder der letale Ausgang folgen. Versagt in diesem Prozess ein Glied der Kette, z. B. die Erste Hilfe durch Laien, so sind möglicherweise die negativen Auswirkungen für den Notfallpatienten durch den RD oder das Krankenhaus nicht mehr beeinflussbar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.1: Rettungskette – Quelle: www.wikipedia.org/wiki/Rettungskette (2005-11-20)
Für den Einsatz des RD bedarf es einer Notfallmeldung in der zuständigen Leitstelle, die als Lenkungs-, Koordinations- und Informationszentrum ihre Aufgabe wahrnimmt. Sie fungiert als Schnittstelle zwischen Hilfesuchendem und RD. Leitstellen werden entweder durch die Träger des RD selbst betrieben oder in deren Auftrag durch z. B. Hilfsorganisationen. Die Möglichkeit der Übertragung der Leitstellentätigkeit auf Dritte regeln die einzelnen RDG. Die Leitstellen entscheiden über den Einsatz und die Art der Rettungsmittel. Rettungsmittel sind Fahrzeuge, die im RD und qualifiziertem Krankentransport zum Einsatz kommen.[28] Entsprechend der jeweiligen Notfallindikation werden entweder Rettungswagen (RTW), Notarztwagen (NAW), Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) oder Krankentransportwagen (KTW) zum Notfall- und Einsatzort entsandt Die wesentlichen Aufgaben der Rettungsmittel werden in der Tab. 3.1 dargestellt.
[...]
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Non-Profit-Organisation (16.10.05)
[2] Der Gesamtumsatz beträgt ca. 52 Milliarden EUR. Das entspricht 3,6 % des Bruttoinlandproduktes.
[3] Vgl. Knorr, 2003, S.10
[4] Es werden hier nur einige Betätigungsfelder exemplarisch genannt.
[5] Leitbilder dienen der Konkretisierung.
[6] Vgl. Koch, 2005
[7] Eversheim/ Jaschinski/ Reddemann, 1997, S.9
[8] Vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 17, 1992, S.662 f.
[9] Vgl. http://www.quality.de/lexikon/qualitaet.htm (20.10.05)
[10] Vgl. Bovermann, 1997, S.10
[11] Vgl. Lerner, 1994, S.19
[12] Dies beschränkte sich auf das Aussortieren fehlerhafter Produkte.
[13] Six Sigma ist eine Methode des Qualitätsmanagements zur Erreichung eines möglichst fehlerfreien Prozesses.
[14] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4tsmanagement (20.10.05)
[15] Knorr/ Halfar, 2000, S.16
[16] Kraemer-Fieger/ Roerkohl/ Kölsch, 1996, S.5
[17] Vgl. Rugor./ Studzinski, 2003, S.15 f.
[18] Eversheim/ Jaschinski/ Reddemann, 1997, S.39
[19] DGQ, 1996, S.12
[20] Redelsteiner, 2004, S.896
[21] Deutsches Institut für Normung e.V., 1998
[22] Vgl. Möller, 2001, 6, S.28
[23] Vgl. Redelsteiner, 2004, S.898 f.
[24] Möller, 2001, 6, S.28
[25] Lippay, 1999, S.787
[26] Es wird hier nur eine Auswahl genannt.
[27] Vgl. Redelsteiner, 2004, S.898 f.
[28] In dieser Arbeit wird nur Bezug auf bodengebundene Rettungsmittel genommen. Luft- und Wasserrettungsmittel etc. sind nicht Gegenstand dieser Betrachtung.
- Citation du texte
- Hinrich Nowak (Auteur), 2005, Qualitätsmanagement im Rettungsdienst, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89431
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