Die große Bedeutung des Sports sowohl in Deutschland als auch weltweit hat dazu geführt, dass sich die Welt des Sports immer mehr „verrechtlicht“ hat. Eine Folge davon ist, dass die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Sports permanent angestiegen ist und damit auch die Konfliktlösungsinstitutionen immer mehr in den Blickpunkt gerückt sind.
Sehr umstritten ist es, wann ein Verbandsgericht und wann ein Schiedsgericht vorliegt. Eine gesetzliche Definition liegt weder des einen noch des anderen vor. In der vorliegenden Arbeit soll unter Einbeziehung der verschiedenen vertretenen Meinungen in Literatur und Rechtsprechung versucht werden, die Kriterien der Abgrenzung zu erarbeiten und darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
I. Verbandsgerichtsbarkeit
II. Schiedsgerichtsbarkeit
B. Abgrenzungskriterien
I. Bedeutung der Bezeichnung des Spruchkörpers
II. Ableitung von Abgrenzungskriterien aus § 1029 Abs. 1 ZPO
1. Entscheidung von Streitigkeiten aus einem bestimmten
Rechtsverhältnis
2. Dauerhafter Rechtswegausschluss
3. Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
C. Ergebnis
Literaturverzeichnis
A. Einleitung
Die große Bedeutung des Sports sowohl in Deutschland als auch weltweit hat dazu geführt, dass sich die Welt des Sports immer mehr „verrechtlicht“ hat. Eine Folge davon ist, dass die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Sports permanent angestiegen ist und damit auch die Konfliktlösungsinstitutionen immer mehr in den Blickpunkt gerückt sind.
I. Verbandsgerichtsbarkeit
Die Streitigkeiten im Sport werden auf unterschiedlichen Stufen gelöst. Die Strukturen der einzelnen Sportverbände enthalten auf allen Ebenen (von der lokalen Ebene der Sportvereine bis hin zu den internationalen Weltverbänden) Institutionen, die eine verbandsinterne Überprüfung der von anderen Organen des Verbandes getroffenen Beschlüssen vornehmen. Solche sogenannten Rechtsorgane der Sportverbände tragen die unterschiedlichsten Bezeichnungen. Beispielsweise existiert im Fußball ein Bundesgericht und ein Sportgericht (vgl. §§ 39 ff. DFB- Satzung), im Tennis eine Disziplinarkommission, ein Disziplinarausschuss und ein Schiedsausschuss (vgl. § 11 Abs. 2 DTB- Satzung) und in der Leichtathletik u.a. ein Rechtsausschuss (vgl. §§ 4ff. DLV- RVO).
Auch wenn die Bezeichnungen nicht einheitlich sind, so ist doch oftmals die Struktur der Verbandsgerichte an die Organisation der staatlichen Gerichte und dort insbesondere der Strafgerichtsbarkeit angelehnt. So verhält es sich beispielsweise bei dem soeben erwähnten Sport- bzw. Bundesgericht des Deutschen Fußball Bundes. Während das Sportgericht (§§ 41, 43 DFB- Satzung) zur erstinstanzlichen Entscheidung berufen ist, d.h. die Verbandsstrafe festgestellt wird, stellt das Bundesgericht (§§ 40, 44 DFB- Satzung) die Rechtsmittelinstanz da.
Die Entscheidungen dieser Rechtsorgane des jeweiligen Verbandes können vor den staatlichen Gerichten angegriffen werden, jedoch grundsätzlich erst nach Ausschöpfung der verbandsinternen Rechtsbehelfe[1]. Die verbandsgerichtlichen Entscheidungen werden sodann von den ordentlichen Gerichten auf ihre Begründetheit im Gesetz und in wirksamen Bestimmungen der maßgeblichen verbandsinternen Regelwerke kontrolliert, sowie darauf überprüft, ob die rechtsstaatlichen Normen und die eigene Verbandsordnung eingehalten wurden und ob die Tatsachenermittlung fehlerfrei erfolgt ist[2].
II. Schiedsgerichtsbarkeit
Neben dieser sog. Verbandsgerichtsbarkeit mit der Möglichkeit der Überprüfbarkeit durch die staatlichen Gerichte hat sich eine Schiedsgerichtsbarkeit im Sport entwickelt, deren Bedeutung in den letzten Jahren enorm zugenommen hat. Das bekannteste Schiedsgericht im Bereich des Sports ist das Internationale Sport- Schiedsgericht mit Sitz in Lausanne[3].
Ganz aktuell ist hier noch das Deutsche Sportschiedsgericht anzuführen, das am 1. Januar 2008 seine Tätigkeit aufgenommen hat und von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in Köln betrieben wird[4]. Hiermit hat sich Deutschland der Praxis vieler anderer Staaten angeschlossen, in denen bereits nationale Schiedsgerichte bestehen[5].
Im Gegensatz zur sog. Verbandsgerichtsbarkeit sind die Schiedssprüche der Schiedsgerichte generell nicht mehr durch die staatlichen Gerichte überprüfbar, was zu einer einheitlichen Durchsetzung der Normen des Sportes führt[6]. Weitere Vorteile von Schiedsgerichten sind außerdem die zumeist größere Sachnähe, als sie bei staatlichen Richtern regelmäßig vorhanden ist, die oftmals festgelegte Nichtöffentlichkeit der Verfahren sowie eine in der Regel kurzfristigere Verhandlung und Erledigung der Streitigkeit.
Sehr umstritten ist es, wann ein Verbandsgericht und wann ein Schiedsgericht vorliegt. Eine gesetzliche Definition liegt weder des einen noch des anderen vor. In der vorliegenden Arbeit soll unter Einbeziehung der verschiedenen vertretenen Meinungen in Literatur und Rechtsprechung versucht werden, die Kriterien der Abgrenzung zu erarbeiten und darzustellen.
B. Abgrenzungskriterien
I. Bedeutung der Bezeichnung des Spruchkörpers
Wie bereits oben[7] dargestellt, existieren verschiedene Bezeichnungen für die Spruchkörper der sog. Verbandsgerichtsbarkeit. Z. T. heißen sie sogar Schiedsgericht[8]. Umgekehrt trägt nicht jedes Schiedsgericht diese Bezeichnung. In der Literatur sowie in der Rechtsprechung herrscht Einigkeit, dass die Bezeichnung lediglich Indizwirkung für die Qualifizierung als Verbands- oder als Schiedsgericht haben kann[9], da es allgemeingültiger Kriterien bedarf, um eine Abgrenzung vornehmen zu können[10].
Die Bezeichnung des Spruchkörpers allein stellt daher kein taugliches Abgrenzungsmerkmal zwischen Verbands- und Schiedsgerichtsbarkeit dar.
II. Ableitung von Abgrenzungskriterien aus § 1029 Abs. 1 ZPO
Die ZPO sieht zwei Möglichkeiten der Anordnung der Schiedsgerichtszuständigkeit vor. Dies ist erstens die Schiedsvereinbarung im Sinne von §§ 1029 ff. ZPO und zweitens die außervertragliche Schiedsgerichtsanordnung im Sinne von § 1066 ZPO.
Streit herrscht darüber, ob für die Einrichtung eines in der Satzung vorgesehenen Schiedsgerichts § 1029 ZPO direkt oder analog gemäß § 1066 ZPO anzuwenden ist.
Diejenigen, die § 1029 ZPO direkt anwenden wollen, nehmen an[11], dass jedes Verbandsmitglied mit dem Beitritt sein Einverständnis mit der Satzung erkläre. In dieser ist regelmäßig eine Schiedsklausel enthalten, so dass das Einverständnis auch diese mit umfasse[12].
Die wohl herrschende Meinung hingegen sieht eine außervertragliche Schiedsgerichtsanordnung nach § 1066 ZPO als gegeben an, weil die Schiedsklausel auf eine nicht auf einer Vereinbarung basierenden Verfügung beruhe[13]. Dem liegt die sogenannte modifizierte Normentheorie zugrunde, die besagt, dass die Satzung Geltung als körperschaftsrechtliche Norm beanspruche[14].
Eine Streitentscheidung ist hier jedoch nicht notwendig, da § 1066 ZPO festlegt, dass die Vorschriften des zehnten Buches der ZPO (§§ 1025- 1065 ZPO) auf außervertragliche Schiedsgerichte Anwendung finden und somit § 1029 ZPO nach der ersten Meinung direkt und nach der zweiten Meinung zumindest analog anzuwenden ist.
Daher sollen im folgenden aus der Definition der Schiedsvereinbarung in § 1029 Abs. 1 ZPO die Voraussetzungen für das Vorliegen von Schiedsgerichten herausgearbeitet und deren Eignung bzgl. einer Abgrenzung zu den Verbandsgerichten untersucht werden.
1. Entscheidung von Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis
a) Befugnisse des Schiedsgerichts
Im Schiedsverfahren wird gemäß § 1029 Abs. 1 ZPO grundsätzlich über eine Rechtsstreitigkeit entschieden[15].
In der Diskussion wird von einer Meinung angeführt, dass ein Schiedsgericht nur dann vorliege, wenn es eine Entscheidung über solche Rechtsstreitigkeiten herbeiführt, wegen derer auch ein staatlicher Richter angerufen werden könnte[16]. Diese Meinung beruht auf der Annahme, dass es im Bereich des Sports einen rechtsfreien Raum gebe, in dem die richtige Anwendung der hierfür geltenden Regeln nicht von Gerichten überprüft werden könne und für den die Sportverbände eine autonome Sanktionsgewalt besäßen (sog. Spielregeln). Diese stünden im Gegensatz zu den sog. Rechtsregeln[17].
Die h. M. nimmt dagegen an, dass einem Schiedsgericht auch Streitigkeiten übertragen werden können, deretwegen die ordentlichen Gerichte nicht angerufen werden könnten[18]. Daher stelle sich die Frage nach der Überprüfbarkeit von Spiel- oder Rechtsregeln nicht.
Für die erstgenannte Meinung spricht, dass das Schiedsgericht das ordentliche Gericht ersetzt. Hieraus jedoch den Schluss zu ziehen, dass damit auch die Entscheidungsbefugnisse nur denen eines staatlichen Gerichtes entsprechen dürfe, erscheint zu kurz gegriffen.
Für die h. M. nämlich spricht, dass in § 1051 Abs. 3 ZPO ausdrücklich vorgesehen ist, dass das Schiedsgericht den Rechtsstreit nach Billigkeit entscheiden kann, wenn ihn die Parteien dazu ausdrücklich ermächtigt haben. Dies ist eine Befugnis, die ein staatlicher Richter unter keinem Umstand haben kann. Auch in anderen Fällen können die Parteien dem Schiedsgericht Befugnisse einräumen, die ein staatliches Gericht nicht hat[19], da die Schiedsgerichtsbarkeit auf dem Grundsatz der Privatautonomie beruht. Dieser Grundsatz, der erst die Entscheidung rechtfertigt, die Rechtsstreitigkeit von einem Schiedsgericht entscheiden zu lassen, beinhaltet daher auch, dass die schiedsrichterliche Streitentscheidung weiter gehen kann als die Streitentscheidung durch staatliche Richter.
[...]
[1] BGHZ 47, 172; 49, 396
[2] zur Überprüfungskompetenz staatlicher Gerichte siehe: Fritzweiler, NJW 2004, S. 989, S. 990, BGHZ 102, 265; LG Stuttgart SpuRt 2002, 245
[3] Tribunal Arbitral du Sport, TAS, oder Court of Arbitration for Sport, CAS
[4] zum Deutschen Sportschiedsgericht siehe Klich, SpuRt 2007, S. 236
[5] beispielsweise in den USA und England existieren seit längerem nationale Sportschiedsgerichte
[6] siehe Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, S. 499ff.
[7] siehe Einleitung S. 1
[8] Eine solche Bezeichnung findet sich allerdings, soweit dies ersichtlich ist, nicht im Sport. Ein Beispiel außerhalb des Sports stellt die Einrichtung des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) dar, siehe § 12 Satzung- BDP
[9] vgl. nur Haas/ Gedeon, SpuRT 2000, S. 228; OLG Frankfurt NJW 1970, 2250
[10] Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, S. 501
[11] vgl. Janßen, Rechtsschutz S. 79
[12] Look, Vereinsstrafen, S. 155 f.; Schwab/ Walter, Kap. 32, Rn. 5
[13] OLG München, NZG 1999, 780; Baumbach/ Lauterbach/ Albers/ Hartmann, § 1066 Rn. 3; Ebbing, NZG 1999, S. 754
[14] zur modifizierten Normentheorie siehe RGRK/ Steffen, Vor § 21 Rn. 32; Meyer- Cording, Vereinsstrafe, S. 34, S. 43 ff.; Baecker, Vereinsautonomie, S. 25, S. 29ff.
[15] Stein/ Jonas/ Schlosser , § 1025 Rn.7; Fenn in FS- Henckel, 1995, S. 173, S. 185
[16] Ernemann, Anerkennung und Vollstreckung, S. 29ff.
[17] zur Unterscheidung dieser beiden Begriffe siehe nur Kummer, Spielregel und Rechtsregel
[18] vgl. Kröll, Ergänzung und Anpassung von Verträgen durch Schiedsgerichte; S. 27; Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, S. 528 ff.
[19] als Beispiele werden bei Haas/ Gedeon, SpuRT 2000, S. 231 genannt: Bestellung als Schiedsgutachter oder Schlichter, Befugnis der erstmaligen Verhängung einer Vertrags- oder Vereinsstrafe
- Citation du texte
- Master of Law, Rechtsanwalt Niklas Korff (Auteur), 2008, Abgrenzung Verbands- und Schiedsgerichtsbarkeit im Sport, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89179
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