Japan ist ein sehr traditionell und kulturell verwurzeltes Land, welches sich auch in der Management- und Personalpolitik japanischer Unternehmen widerspiegelt. Japanische Firmen sind i. d. R. traditionell, werteorientiert und paternalistisch ausgerichtet und stützen sich auf die Säulen lebenslange Beschäftigungspraxis und Seniorität. Männer in japanischen Firmen werden gefördert und sehen ihr Karriereziel in Managementpositionen.
Frauen in Japan haben dagegen eine typisch familiäre Rolle inne. Frauen, die jedoch eine Karriere anstreben, haben die kulturell und familiär bedingte Bürde dennoch weiter zu tragen. So haben Frauen in japanischen Unternehmen schlechte Karrierechancen und werden auf vielfältige Weise diskriminiert sowie als Arbeitskräfte zweiter Wahl abgestempelt.
Ausländische Unternehmen in Japan sind Minderheitenarbeitgeber. Japaner bevorzugen bei ihrer Arbeitgeberwahl einheimische Firmen und stehen dem Fremden skeptisch gegenüber, welches zu einem zwiespältigen Image ausländischer Unternehmen als Arbeitgeber führt. Dies resultiert wiederum in erschwerten Bedingungen, wenn es um die Rekrutierung hoch qualifizierter Arbeitskräfte geht. Ausländische Unternehmen kommen nicht an den Pool der hoch qualifizierten und talentiertesten (männlichen) Absolventen und Berufswechsler heran. Folglich gefährdet dies die Geschäftstätigkeit in Japan. Durch die gegenwärtige Popularität ausländischer Unternehmen wendet sich das Blatt partiell, so dass der externe Arbeitsmarkt für hoch qualifizierte Arbeitskräfte hart von ausländischen Unternehmen umkämpft wird. Gerade diese Popularität rückt ausländische Unternehmen ins Blickfeld dieser Arbeit.
Sowohl Frauen in Japan als auch ausländische Unternehmen befinden sich in einer misslichen Lage. Frauen in Japan mit Karriereambitionen haben in japanischen Firmen keine Perspektive, wodurch ausländische Unternehmen attraktive Arbeitgeber werden. Trotz allem haben ausländische Firmen Probleme bei der Rekrutierung qualifizierter männlicher Arbeitskräfte, während Frauen in japanischen Firmen diskriminiert werden.
Hierbei stellt sich nun die Frage, ob Frauen in Japan, die Karriere machen möchten, in ausländischen Unternehmen bessere Karrierechancen vorfinden können als in japanischen Firmen. Gibt es ebenso Vorteile für ausländische Unternehmen, die Japanerinnen beschäftigen und Karriereoptionen bieten? Auch soll im Laufe der Arbeit geklärt werden, inwiefern eine Win-Win-Situation für beide Parteien vorliegt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnisse
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Japanische Begriffe
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Betriebliche Laufbahnplanung und Karrieremodelle
2.1 Laufbahnmodelle in Japan
2.1.1 Managementlaufbahn
2.1.2 Allgemeine Laufbahn
2.2 Das Tournament-Modell von Rosenbaum
2.2.1 Modellkonstruktion
2.2.2 Modellimplikationen
2.2.3 Geschlechtsspezifischer Kontext
2.2.4 Beförderungspraxis in Japan
3 Interne Barrieren für die Karriere von Frauen in Japan
3.1 Vergütungssystem
3.1.1 Vergütungskomponenten
3.1.2 Tendenz zu Pay-for-Performance
3.2 Anreiz- und Motivationseffekte für weibliche Beschäftigte
3.2.1 Interner Arbeitsmarkt (IAM)
3.2.2 Leistungsbewertung
3.2.3 Geschlechtsspezifisches Lohngefälle
3.2.4 Work-Life-Balance
3.2.5 Selbst-Selektion und Teilnahme an Beförderungswettbewerben
4 Externe Barrieren für die Karriere von Frauen in Japan
4.1 Kulturelle Barrieren
4.2 Strukturelle Barrieren
4.2.1 Familienstruktur
4.2.2 Arbeitsmarktstruktur
4.2.3 Gesetzliche Regelungen und staatliche Maßnahmen
5 Ausländische Unternehmen als Karrierechance
5.1 Stellung ausländischer Unternehmen im japanischen Arbeitsmarkt
5.1.1 Charakteristika ausländischer Unternehmen in Japan
5.1.2 Image ausländischer Firmen und Realität
5.1.3 Rekrutierung
5.2 Betriebliche Laufbahnplanung ausländischer Firmen in Japan
5.2.1 Laufbahnmodelle im internen Arbeitsmarkt
5.2.2 Karrieremodelle
5.2.3 Personalentwicklung und Karriereplanung
5.2.4 Work-Life-Balance
5.3 Vergütungs- und Beförderungssystem
5.3.1 Vergütungskomponenten und Pay-for-Performance
5.3.2 Leistungsbewertung
5.3.3 Anreiz- und Motivationseffekte für weibliche Beschäftigte
5.3.4 Beförderungswettbewerbe
5.4 Karrierechancen für Frauen
5.5 Implikationen für ausländische Unternehmen
6 Diskussion
6.1 Zusammenfassung
6.2 Trends und Ausblick
7 Anhang
Literaturverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Anzahl Wörter:
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Elemente betrieblicher Laufbahnplanung
Abbildung 2: Karrierebaum zur Darstellung der innerbetrieblichen Karrieremobilität einer Organisation
Abbildung 3: Rang- bzw. Statushierarchie und Beförderungsleitern bei Matsushita Electric
Abbildung 4: Beispiel für ein Vergütungsschema in japanischen Unternehmen
Abbildung 5: Vergütungsbandbreite aufgrund individueller Leistungsbewertung
Abbildung 6: Kulturelle Einflussgrößen
Abbildung 7: Frauen-Erwerbsquote nach Altersklassen (in %)
Abbildung 8: Ausländischer Eigenkapitalanteil der ausländischen Unternehmen (2005)
Abbildung 9: Regionale Herkunft ausländischer Unternehmen in Japan (2005)
Abbildung 10: Unternehmensgrößen ausländischer Unternehmen in Japan (2005)
Abbildung 11: Image ausländischer Unternehmen im Vergleich zu japanischen Unternehmen (1992)
Abbildung 12: Eintrittszeitpunkt in den japanischen Arbeitsmarkt (2005)
Abbildung 13: Vorgesehene Arbeitszeiten in japanischen und ausländischen Unternehmen im Vergleich (in Arbeitsstunden pro Woche; 2005)
Abbildung 14: Komposition der Jahresvergütung bei Getronics Japan
Abbildung 15: Gehaltsbandbreiten bei Getronics Japan
Abbildung 16: Universitätsabsolventinnen, die nach einer bestimmten Anzahl Jahre noch in dem gleichen Unternehmen beschäftigt sind (1993, Anteil in%)
Abbildungsverzeichnis Anhang
Abbildung A-1: Anteil befragter Unternehmen, die eine bestimmte Prozentzahl der weiblichen Neueintritte der allgemeinen Laufbahn zuordnen
Abbildung A-2: Fluktuation in ausländischen und japanischen Unternehmen (1997)
Abbildung A-3: Rollenbasiertes Einstufungssystem von Nihon Ericsson
Abbildung A-4: Durchschnittliche Betriebszugehörigkeitsdauer in ausländischen Firmen nach Beschäftigungsdauer und Geschlecht (1992)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Managementlaufbahn und Rangsystem bei Mitsubishi K.K
Tabelle 2: Ergebnisse der Regressionsanalyse zur Erklärung der Gesamtvarianz des frauenspezifischen Tournament-Modells
Tabelle 3: Frauenquote in der Managementlaufbahn und Anteil an Positionen in der Managementlaufbahn (2000)
Tabelle 4: Verbreitung familienfreundlicher Maßnahmen in japanischen Unternehmen mit mehr als 30 Beschäftigten (1996 und 1999, in %)
Tabelle 5: Positionseinstufungssystem nach Job-Familien in Verantwortungsebenen und Job-Ränge bei Getronics Japan
Tabelle 6: Vergütungsrelevante Determinanten in japanischen und ausländischen Unternehmen
Tabelle 7: Durchschnittsgehälter und geschlechtsspezifisches Lohngefälle im Vergleich
Tabelle 8: Vergleich ausländischer und japanischer Unternehmen in Hinblick auf die Vorteilhaftigkeit für weibliche Beschäftigte
Tabelle 9: Bildungsstand und Ausbildungsdauer von Beschäftigten in ausländischen und japanischen Unternehmen nach Geschlecht (2003)
Tabelle 10: SWOT-Analyse: Ausländische Unternehmen im Vergleich zu japanischen Firmen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Japan ist ein sehr traditionell und kulturell verwurzeltes Land, welches sich auch in der Management- und Personalpolitik japanischer Unternehmen widerspiegelt. Japanische Firmen sind i. d. R. traditionell, werteorientiert und paternalistisch bzw. männerzentriert ausgerichtet und stützen sich auf die Säulen lebenslange Beschäftigungspraxis und Seniorität. Männer in japanischen Firmen werden gefördert und sehen ihr Karriereziel in Managementpositionen. Frauen in Japan haben dagegen eine typisch familiäre Rolle inne. Haushalt, Kindererziehung, Pflege kranker Familienangehöriger und Unterstützung der männlichen Familienmitglieder sind ausschließlich weibliche Aufgaben. Frauen, die jedoch eine Karriere anstreben, haben die kulturell und familiär bedingte Bürde dennoch weiter zu tragen. So haben Frauen in japanischen Unternehmen schlechte Karrierechancen und werden auf vielfältige Weise diskriminiert sowie als Arbeitskräfte zweiter Wahl abgestempelt.
Dennoch ist in Japan ein Wertewandel spürbar, der von der jüngeren Generation ausgeht. V.a. junge Frauen mit einer sehr guten Ausbildung wollen nicht mehr ausschließlich für ihre Familie leben, sondern sich selbst im Beruf verwirklichen und Erfolg haben. So verschieben viele Japanerinnen ihre Gedanken an Heirat und Familie, um für japanische Firmen attraktive Arbeitskräfte zu sein. Diese enttäuschen weibliche Beschäftigte aber in ihren Erwartungen und lassen nur äußerst wenige Frauen auf Positionen im Management.
Ausländische Unternehmen in Japan sind Minderheitenarbeitgeber. Japaner bevorzugen bei ihrer Arbeitgeberwahl einheimische Firmen und stehen dem Fremden skeptisch gegenüber, welches zu einem zwiespältigen Image ausländischer Unternehmen als Arbeitgeber führt. Dies resultiert wiederum in erschwerten Bedingungen, wenn es um die Rekrutierung hoch qualifizierter Arbeitskräfte geht. Ausländische Unternehmen kommen nicht an den Pool der hoch qualifizierten und talentiertesten (männlichen) Absolventen und Berufswechsler heran. Folglich gefährdet dies die Geschäftstätigkeit in Japan. Durch die gegenwärtige Popularität ausländischer Unternehmen wendet sich das Blatt partiell, so dass der externe Arbeitsmarkt für hoch qualifizierte Arbeitskräfte hart von ausländischen Unternehmen umkämpft wird. Gerade diese Popularität rückt ausländische Unternehmen ins Blickfeld dieser Arbeit.
Sowohl Frauen in Japan als auch ausländische Unternehmen befinden sich in einer misslichen Lage. Frauen in Japan mit Karriereambitionen haben in japanischen Firmen keine Perspektive, wodurch ausländische Unternehmen attraktive Arbeitgeber werden. Trotz allem haben ausländische Firmen Probleme bei der Rekrutierung qualifizierter männlicher Arbeitskräfte, während Frauen in japanischen Firmen diskriminiert werden. Hierbei stellt sich nun die Frage, ob Frauen in Japan, die Karriere machen möchten, in ausländischen Unternehmen bessere Karrierechancen vorfinden können als in japanischen Firmen. Gibt es ebenso Vorteile für ausländische Unternehmen, die Japanerinnen beschäftigen und Karriereoptionen bieten? Auch soll im Laufe der Arbeit geklärt werden, inwiefern eine Win-Win-Situation für beide Parteien vorliegt.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nach dem einleitenden, ersten Kapitel werden in Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen dieser Arbeit behandelt. Zunächst wird der Begriff betriebliche Laufbahnplanung definiert, gefolgt von der Darstellung der beiden traditionellen Laufbahnmodelle des sog. „Dual-Track“-Systems in Japan. Im Rahmen der Karrieremodelle stehen v.a. die Unternehmenshierarchie, die Schnelligkeit der Positionswechsel und Beförderungen im Vordergrund. Zur Verdeutlichung der Funktionsweise eines solchen Beförderungssystems wird im Anschluss das Tournament-Modell von Rosenbaum thematisiert. In diesem Zusammenhang wird dann das Tournament-Modell auf Tauglichkeit für weibliche Beschäftigte und hinsichtlich der Partizipationsform von Frauen an Beförderungswettbewerben untersucht. Die Betrachtung des Beförderungssystems japanischer Unternehmen rundet dieses Kapitel ab.
Zentrale Thematik in Kapitel 3 sind die internen Barrieren für die Karriere von Frauen in japanischen Firmen. In Japan sind Beförderungs- und Vergütungssystem sehr eng miteinander verknüpft, so dass zu Beginn des Kapitels das Vergütungssystem japanischer Unternehmen dargestellt wird. Im Anschluss daran werden die Anreiz- und Motivationseffekte für weibliche Beschäftigte sowie die diskriminierenden Faktoren aus der internen Organisation japanischer Unternehmen analysiert. Hierfür werden die Struktur des internen Arbeitsmarktes und die japanspezifische Leistungsbewertung herangezogen. Ebenfalls werden sowohl positive als auch negative Effekte des geschlechtsspezifischen Lohngefälles, der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in japanischen Firmen und der Selbst-Selektion einer Laufbahn herausgearbeitet. Weiter wird zudem erörtert, inwiefern Frauen in japanischen Unternehmen an Beförderungswettbewerben teilnehmen.
Zusätzlich zu den internen Barrieren werden Frauen in Japan mit externen Barrieren konfrontiert, welche Gegenstand von Kapitel 4 sind. Die externen Karrierebarrieren haben folglich kulturelle bzw. strukturelle Wurzeln und sind immanent verankert, so dass sich dem weder japanische noch ausländische Firmen oder die Gesellschaft entziehen können.
Kapitel 5 dient dazu, die Stellung ausländischer Unternehmen in Japan und die wesentlichen Unterschiede zu japanischen Firmen zu charakterisieren. Nachfolgend werden die in japanischen Firmen kritischen Punkte für die Karriere weiblicher Beschäftigter in diesem Kapitel wieder aufgegriffen und für ausländische Unternehmen analysiert. So werden die betriebliche Laufbahnplanung und das Vergütungs- und Beförderungssystem ausländischer Unternehmen näher beleuchtet, um Parallelen und Unterschiede zu japanischen Unternehmen festmachen zu können. Zuletzt wird die Win-Win-Situation dargestellt und an den Fragen festgemacht, warum ausländische Unternehmen eine alternative Karrierechance für Frauen sind und welche Vorteile ausländische Unternehmen aus der Beschäftigung von Frauen schöpfen können. Ebenso werden Handlungsempfehlungen für ausländische Unternehmen ausgesprochen, bevor in Kapitel 6 eine Zusammenfassung der Arbeit mit Ausblick erfolgt.
2 Betriebliche Laufbahnplanung und Karrieremodelle
Zu Beginn ist es erforderlich, den Begriff „betriebliche Laufbahnplanung“ zu definieren. Nach Friedli (2007) beinhaltet betriebliche Laufbahnplanung (synonym zu verwenden ist hier die betriebliche Karriereplanung) hauptsächlich Karrieremodelle und Karriereprozesse, die in signifikanter Wechselwirkung mit anderen Funktionen des Human Resources Management (HRM) stehen und durch personalwirtschaftliche Instrumente oder Funktionen unterstützt werden. So erörtert Friedli (2007) weiter:
„Die betriebliche Karriereplanung weist vielfältige Verknüpfungen zu personalwirtschaftlichen Instrumenten und Funktionen auf. Erst durch das Zusammenspiel der Karrieremodelle, Instrumente und Funktionen kommt die Karriereplanung eines Unternehmens angemessen zum Tragen. Effektivität und Effizienz der Karriereplanung entscheiden sich massgeblich an diesen Schnittstellen bzw. an deren Ausgestaltung.“[1]
Aus Abbildung 1 kann nun entnommen werden, welche Teilbereiche des HRM mit der betrieblichen Laufbahnplanung in Wechselwirkung stehen oder sich in einer unterstützenden Rolle wiederfinden lassen. So stehen Personalbeschaffung und betriebliche Laufbahnplanung in enger Wechselbeziehung, da so potenzielle Mitarbeiter klare Vorstellungen über die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Karriere haben und dadurch motiviert werden. Unter den Bereich Personalbeschaffung können hier ebenfalls Personalbedarfs- und Nachfolgeplanung sowie die Personaleinsatzplanung subsummiert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ebenso stehen Personalentwicklung, im Sinne interner Weiterbildung, und Karrieremodelle in Interaktion. Sowohl bildungsbezogene als auch stellenbezogene Fortbildungsmaßnahmen bereiten Beschäftigte auf Positionswechsel innerhalb des Karrieremodells vor. Für höhere Positionen benötigte Qualifikationen können somit angeeignet werden, so dass sich Beschäftigte sukzessive in Richtung einer höheren Stufe weiterentwickeln können.
Zusätzlich zum Karrieremodell wird ein Vergütungs- und Beförderungssystem benötigt, in welchem Kompetenzen, Verantwortung und Weiterentwicklung in adäquater Weise Anerkennung finden. Als unterstützende Instrumente betrieblicher Laufbahnplanung gelten weiter das Arbeitszeitmanagement zur Herstellung einer Work-Life-Balance (vgl. Kapitel 3.2.4) sowie Personalcontrolling und Personalinformationssysteme zum zweckmäßigen Einsatz der einzelnen Karriereplanungsmaßnahmen. Zentrale Intention betrieblicher Laufbahnplanung ist somit die Erzeugung vielschichtiger Anreizeffekte aus mehreren personalwirtschaftlichen Teilbereichen, so dass eine langfristige Personalerhaltung erwirkt wird.
2.1 Laufbahnmodelle in Japan
Innerhalb des internen Arbeitsmarktes (IAM) japanischer Großunternehmen findet ein „Dual-Track“-System Anwendung. Bei Unternehmenseintritt werden die Newcomer vor die Wahl gestellt, sich entweder für eine allgemeine oder eine Managementlaufbahn zu entscheiden. Die Besonderheiten beider Laufbahntypen werden nachfolgend dargestellt.
2.1.1 Managementlaufbahn
Mitarbeiter in der Managementlaufbahn (sōgōshoku) sind hauptsächlich in die Kernaktivitäten des Unternehmens involviert, wobei die Ausübung der Tätigkeiten vielschichtiges Urteilsvermögen erfordert. In ihrem Verantwortungsbereich liegen bspw. Personalmanagement, Produktentwicklung oder -design, Projektplanung, die Entwicklung von Firmenstrategien sowie Geschäftsverhandlungen und die Teilnahme an der Entscheidungsfindung.[3]
Mithilfe der Managementlaufbahn werden in japanischen Konzernen die Kernkompetenzen und das firmenspezifische Humankapital gesichert. Dies gelingt dadurch, dass Führungspositionen aus den eigenen Reihen mit umfassend firmenspezifisch ausgebildeten und hoch qualifizierten Mitarbeitern besetzt werden. In der langfristigen Beschäftigungsperspektive wird von den Mitarbeitern erwartet, dass sie gemäß ihren Fähigkeiten möglichst weit in höhere Managementetagen aufsteigen. Um dies zu ermöglichen, werden die Mitarbeiter umfassend on-the-job (OTJ) ausgebildet, indem sie im Rahmen der Job-Rotationen Erfahrungen in unterschiedlichen Verantwortungsbereichen sammeln.[4]
Die Managementlaufbahn bietet somit umfassende Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten (s. Tabelle 1), wodurch im Laufe der Zeit eine bessere Passung von Funktionen und Fähigkeiten eines Mitarbeiters erfolgt. Beförderungen werden von der untersten Rang-Kategorie „Junior Staff“ stufenweise entlang der Ranghierarchie bis bestenfalls zum „Top-Management“ vollzogen (vgl. Kapitel 2.2.4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Managementlaufbahn existieren generell keine Beförderungsbeschränkungen nach oben. Jeder Mitarbeiter hat demnach theoretisch die Chance ins höhere Management oder in die Geschäftsführung aufzusteigen. In vielen Fällen setzt eine Karriere in der Managementlaufbahn jedoch voraus, dass in Rahmen der Job-Rotationen zur Karriereentwicklung Versetzungen an andere Unternehmensstandorte vorgenommen werden, die durchaus längere Zeit in Anspruch nehmen. Ebenso wird die Bereitschaft vorausgesetzt lange Arbeitszeiten[6] in Kauf zu nehmen.[7]
Die Managementlaufbahn wird weiter in zwei Unterlaufbahnen differenziert, den kanrishoku, also die Managementlaufbahn, die zu Positionen im höheren Management führt und die Spezialistenlaufbahn (senmonshoku). Die Spezialistenlaufbahn (Ranghierarchie für die Qualitätssicherung, vgl. Abbildung 3) bietet anstatt Beförderungen in höhere hierarchische Gefilde ein höheres Gehalt, solange Wissens- und Fähigkeitsniveau kontinuierlich ausgebaut werden. Es werden damit besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten gefördert, auf deren Basis hoch qualifizierte Spezialisten speziell für das Unternehmen entwickelt werden können. Spezialisten werden vor allem in den hoch wissensbasierten Kernbereichen einer Unternehmung benötigt, so z.B. in den Bereichen Personalmanagement, Qualitätssicherung, IT, Finanzen, Rechnungswesen, Public Relations, aber auch Einkauf, Verkauf und Neugeschäftsentwicklung.[8]
In großem Umfang wird der Spezialistenbedarf durch die spezialisierten Karrierepfade gedeckt, wobei Expertenwissen eine Schlüsselkomponente für das Unternehmen und die zuständigen Führungskräfte darstellt. Da im Zuge des Downsizing-Trends eine geringere Anzahl an Managementposten zur Verfügung steht, können Mitarbeiter so dennoch ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen, indem sie sich Expertenwissen aneignen und damit den hohen Bedarf daran unternehmensintern bedienen.[9]
2.1.2 Allgemeine Laufbahn
Vor dem Equal Employment Opportunity Law (EEOL) von 1986 wurden Frauen üblicherweise für die allgemeine und Männer für die Managementlaufbahn rekrutiert. Seit dem EEOL werden Frauen bei Unternehmenseintritt vor die Wahl gestellt, ob sie eine Karriere in der Managementlaufbahn mit allen Verpflichtungen bevorzugen oder lediglich eine Karriere im allgemeinen Karrierepfad.[10] In Hinblick auf Familie und Privatleben wirken gerade die langen Arbeitszeiten, die verlangte Bereitschaft zu Versetzungen und die Verpflichtung des After-Work-Socializing[11] abschreckend für Frauen, so dass sich ein großer Teil der Frauen gegen die Managementlaufbahn entscheidet.
Angestellte der allgemeinen Laufbahn (ippanshoku) üben wenig komplexe und eher unterstützende oder manuelle Aufgaben aus. Sachbearbeitung, Verkauf und technische Abteilungen sind Beispiele für Bereiche, in denen Mitarbeiter des allgemeinen Karrierepfades häufig anzutreffen sind.[12] Im Vergleich zur Managementlaufbahn zeichnet sich die allgemeine Laufbahn v.a. durch geringere Gehälter, kürzere Arbeitszeiten und geringere Beförderungsoptionen aus. Mitarbeiter der allgemeinen Laufbahn werden nicht in Managementpositionen befördert, da aufgrund von formellen Beförderungsbeschränkungen, wie z.B. Mindestverweildauern auf einer Rangstufe, lediglich Positionen im unteren Management erreicht werden können. Bei Mitsubishi sind dementsprechend Beförderungen bis zur Rang-Kategorie „Staff and Functional Manager“ möglich, die blaue Linie in Tabelle 1 kennzeichnet somit die obere Beförderungsgrenze zur Rang-Kategorie „Manager“. Zudem sind Job-Rotationen, firmeninterne und OTJ-Schulungen sowie Versetzungen an andere Firmenstandorte auf einen geringen Umfang beschränkt.[13]
Seit der Empfehlung des japanischen Arbeitgeberverbandes Nikkeiren im Jahre 1995, ein Multi-Track Personalsystem einzuführen, wird in manchen Firmen zwischen Management- und allgemeiner Laufbahn eine zusätzliche Laufbahn, eine Zwischenlaufbahn (chukanshoku) eingeführt. Diese Zwischenlaufbahn verbindet die Aufgaben und Verantwortungsbereiche der Managementlaufbahn mit einer Einschränkung der räumlichen Mobilität für Versetzungen, ohne dass bspw. Arbeitszeiten oder Urlaubsanspruch angepasst werden. Bei Matsushita Electric verdienen Mitarbeiter, die sich für diese Laufbahn entscheiden, etwa 10–20% weniger Lohn, als die entsprechenden Kollegen in der regulären Managementlaufbahn.[14]
2.2 Das Tournament-Modell von Rosenbaum
Bisher wurde in Kapitel 2 zum einen definiert, aus welchen Elementen die betriebliche Laufbahnplanung besteht und zum anderen wurde darauf Bezug nehmend das für japanische Unternehmen typische Laufbahnsystem vorgestellt. In Kapitel 2.2 wird mit dem Tournament-Modell von Rosenbaum zunächst der theoretische Grundstein für diese Arbeit gelegt. Im Zuge dessen wird auf den geschlechtsspezifischen Kontext des Tournament-Modells eingegangen und abschließend die Beförderungspraxis in Japan näher beleuchtet.
2.2.1 Modellkonstruktion
Rosenbaum (1979, 1989) konzipiert das Tournament-Modell als historisch und pfadabhängig, welches strukturelle Momente in ein individualistisches Karrieremodell einschließt. Karrieremobilität und zukünftige Karrierechancen werden somit nicht nur von früheren Karriere- und Humankapitalentscheidungen und dem bisherigen Karrierepfad bestimmt, sondern auch von der Organisationsstruktur und den sozialen Geflechten innerhalb eines Unternehmens.[15]
Das Tournament-Modell geht davon aus, dass sich Individuen voneinander unterscheiden, wobei die Leistung bzw. das Können für den Aufstieg im Unternehmen maßgeblich ist. Nur die talentiertesten Individuen machen innerhalb der Organisation Karriere. Es wird angenommen, dass die bisherigen beruflichen Errungenschaften im Laufe einer Karriere bedeutend sind und sich auf zukünftige Karriereoptionen auswirken. Unter der Voraussetzung, dass Informationen fehlerfrei übermittelt und präzise interpretiert werden können, trifft das Tournament-Modell so zwar auf die innerbetriebliche, aber nicht auf die zwischenbetriebliche Karrieremobilität zu. Aufgrund der Asymmetrischen Informationsverteilung (ASIV) können Karriereentwicklungen in anderen Unternehmen nicht adäquat ausgewertet werden.[16]
Ab Unternehmenseintritt nimmt jeder Mitarbeiter an Beförderungswettbewerben („Tournaments“) teil, die in mehreren Runden – im besten Falle bis zum Erreichen des Endwettbewerbs – ausgetragen werden. Der „Top-Prize“ des Endwettbewerbs entspricht dabei der höchsten im Unternehmen erreichbaren Position.[17] Da das Tournament-Modell von ASIV aufseiten der Organisation (bzgl. der Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter) ausgeht, werden wiederholte Wettbewerbe notwendig, um falsch positiv bewertete Gewinner einer früheren Runde zu eliminieren.[18]
Aus jeder Wettbewerbsrunde gehen Gewinner und Verlierer hervor, wobei Gewinne und Verluste durch Alter und Karrieregeschwindigkeit („career velocity“) signalisiert werden. Gewinner sind demnach diejenigen, die in der Organisation schnell die Karriereleiter aufsteigen. Während das Unternehmen in hohem Maße in das Humankapital ihrer Gewinner investiert und nur diesen die Möglichkeit bietet an weiteren Beförderungswettbewerben teilzunehmen, werden Verlierer aus Effizienzgründen von weiteren Turnieren mit Gewinnern ausgeschlossen. Gewinner konkurrieren auf diese Weise sukzessive um die nächsthöheren und letztendlich um die höchsten Positionen in der Organisation. Verlierer partizipieren dagegen im Folgenden nur noch in sekundären Tournaments um Beförderungen auf rangniedrigere Positionen, erhalten verhältnismäßig wenig Humankapitalinvestitionen und stehen verminderten Beförderungschancen gegenüber.[19]
Verluste haben somit permanente und irreversible Auswirkungen auf die weitere Karriere im Unternehmen. Die dadurch entstehenden „career ceilings“ und die fehlenden Humankapitalinvestitionen seitens der Organisation beschränken die nachfolgenden Karrieremöglichkeiten der Verlierer. Für Gewinner besteht jedoch keine fortwährende Gewinngarantie: Beförderungen sind nicht sicher und Gewinne sind lediglich vorläufige Entscheidungen, die in jeder weiteren Wettbewerbsrunde erneut untermauert werden müssen. Ein gewonnenes Turnier beeinflusst die Beförderungswahrscheinlichkeit eines Individuums und bietet die Chance auf Beförderung, wofür aber konstant hohe Leistungen und erneutes Gewinnen notwendig sind.[20]
2.2.2 Modellimplikationen
Tournaments werden in der Realität nicht öffentlich und in unbestimmten Zeitabständen ausgetragen. Außerdem werden die Entscheidungen über Verlierer nicht öffentlich bekannt gegeben, so dass Anfang und Ende eines Tournaments nicht absehbar sind. Beförderungswettbewerbe finden somit nicht in so strukturierter und beobachtbarer Weise statt, wie im Modell aufgezeigt wird.[21]
Die Berücksichtigung struktureller Aspekte für die Entwicklung einer Karriere im Tournament-Modell impliziert, dass im Unternehmen ein IAM sowie Karrierepfade existieren. Den Beschäftigten stehen somit nur begrenzte Entwicklungsoptionen innerhalb bestimmter Karrieremuster (vgl. Abbildung 2) zur Verfügung, wobei jeder Verlust die Aufstiegsmöglichkeiten nachhaltig einschränkt. Aus der Tatsache, dass nur diejenigen mit einer steilen Beförderungsgeschichte und somit perfekten Laufbahn um die höchsten Positionen konkurrieren, kann man schließen, dass neben den üblichen Laufbahnen auch „Fast Tracks“ für „High Potentials“ existieren. Neben diesem organisationsspezifischen Gefüge wird die Karriere eines Beschäftigten zudem von der verfolgten Organisationspolitik bei der Besetzung von Positionen und den Vakanzen im Unternehmen beeinflusst, welche Beförderungsmöglichkeiten entlang und außerhalb von Karrierepfaden darstellen können.[22]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Besonders bedeutend für die weiteren Karrieremöglichkeiten sind im Tournament-Modell der Ausgang des Eingangsturniers und die progressive Selektivität der Wettbewerbsrunden. Wie aus Abbildung 2 hervorgeht, wird schon im ersten Tournament die Spreu vom Weizen getrennt: Ein beachtlicher Teil der Wettbewerber (90%) wird nach dem ersten Wettbewerb nicht befördert und aus dem Hauptwettbewerb ausgeschlossen. Dies ist als Verlust zu deuten und signalisiert eine im Vergleich zu der Gewinner-Gruppe geringere Eignung für höhere Positionen. Lediglich 10% der Newcomer-Gruppe gehören zu den Gewinnern, wovon 25,5% als „High Potentials“ eingestuft und entsprechend gefördert werden, um sich zukünftig einen Platz im Nachwuchspool für Führungskräfte (FK) zu erkämpfen. Der FK-Nachwuchspool besteht hier aus den Individuen, die nach dem dritten Tournament im gehobenen Management beschäftigt sind (0,4% der Newcomer).
Frühe Beförderungen (Rosenbaum geht dabei von einem Zeitraum von drei Jahren pro Tournament aus) sind somit essenziell für das weitere Vorankommen im Unternehmen.[24] Mit jeder weiteren Runde werden die Wettbewerbsteilnehmer stärker selektiert, wie aus Abbildung 2 in zweierlei Hinsicht deutlich wird. Zum einen sinkt die Partizipationsrate der Newcomer an den jeweils ranghöchsten Einzelwettbewerben in einer Tournament-Runde und zum anderen werden ab dem zweiten Tournament in jedem Einzelwettbewerb lediglich drei bis 13% befördert. Die rar werdenden Gewinner sind dadurch nicht nur besser als ihre direkten Konkurrenten, die gescheitert sind, sondern ebenfalls besser als alle, die in der entsprechenden Runde in Nebenwettbewerben verloren haben.[25]
Die Entscheidungen für Humankapitalinvestitionen werden an den Gewinnstatus gekoppelt, da die Investition knapper Ressourcen nur für die fähigsten Mitarbeiter effizient ist. Demzufolge erhalten nur die Gewinner zusätzliche Investitionen in ihr Humankapital zur Performancesteigerung für folgende Wettbewerbsrunden. Dies geschieht, um ihr Potenzial für höhere Positionen zu prüfen und um sie für diese vorzubereiten. Für die Verlierer-Gruppe gilt dies nicht. Die minimalen Investitionen in ihr Humankapital benachteiligen die Verlierer schon ab der ersten Wettbewerbsrunde. Durch die progressiv zunehmenden Selektionsentscheidungen stehen mit jeder weiteren Runde immer mehr Verlierer einer stetig schrumpfenden Gewinner-Gruppe gegenüber. Im Laufe weiterer Turniere wird somit die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern immer größer, so dass sich obere Karrieregrenzen herausbilden.[26]
Im Rahmen des Entscheidungsprozesses, wer einen Wettbewerb gewinnt bzw. für wen die Beförderungsentscheidung positiv ausfällt, lässt sich eine Verknüpfung zu der Signalling-Theorie[27] herstellen. Vorgesetzte möchten in Hinblick auf die zukünftigen Humankapitalinvestitionen nur die Besten befördern. Aufgrund ASIV sind Qualität, Qualifikation und Leistung eines Individuums nicht beobachtbar. Um eine Negativauslese zu vermeiden, werden Beförderungsentscheidungen mithilfe von Signalen getroffen, die auf Qualität und Leistungsfähigkeit Rückschlüsse zulassen. Solche Signale sind z.B. Alter, Bildungsabschlüsse und -noten, bisherige Positionen, frühe Beförderungen und die Geschwindigkeit der beruflichen Entwicklung sowie Eintrittsposition und Beschäftigungsdauer. Aufgrund unterschiedlicher Beförderungsgeschwindigkeiten lässt z. B. das Alter der Konkurrenten auf Gewinne bzw. Verluste schließen, da diejenigen mit einer steilen Beförderungsgeschichte bei vergleichsweise geringem Alter Gewinne signalisieren.[28]
Das Tournament-Modell erzeugt durch die wiederholten Wettbewerbe und die fehlende Beförderungsgarantie einen Motivationseffekt. Da nur Gewinner die Chance erhalten befördert zu werden, sind konstant hohe Leistungen notwendig. Jedoch sind hohe Leistungen kein Garant für eine Beförderung, vielmehr muss sich ein Individuum mit einer relativ höheren Anstrengung gegen eine Vielzahl von Wettbewerbern durchsetzen. Dadurch dass ein Wettbewerbsteilnehmer zudem jede Runde gewinnen muss, um in die obersten Managementebenen aufzusteigen und damit die Chance auf den „Top-Prize“ zu erhalten, besteht für jeden der Anreiz von der ersten bis zur letzten Runde höchste Leistungen zu erbringen. Folglich unterbindet das Tournament-Modell mithilfe dieses Anreizeffektes von der ersten Runde an die Moral Hazard-Problematik (Leistungsminderung des Agenten aufgrund der Nicht-Beobachtbarkeit der Leistung durch den Prinzipal).[29]
2.2.3 Geschlechtsspezifischer Kontext
Das Tournament-Modell mit seinen Annahmen und Implikationen ist genderneutral formuliert, d. h. es setzt voraus, dass weibliche Mitstreiter dieselben Beförderungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten haben und an demselben Wettbewerbssystem teilnehmen, wie ihre männlichen Konkurrenten. Melamed (1996) stellt in seiner Studie über Karriereerfolg jedoch fest, dass geschlechtsspezifische Modelle notwendig sind. Die Wege zu beruflichem Erfolg von Frauen und Männern sind verschieden und werden von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Während die Beförderungspraxis gemäß dem Tournament-Modell wohl für männliche Mitarbeiter einer Organisation passend ist, haben weibliche Organisationsmitglieder ungleiche Ausgangsbedingungen. Kulturelle, soziale, rechtliche und praktische Hindernisse (s. Kapitel 3 und 4) mit denen Frauen konfrontiert werden, haben (meist negative) Auswirkungen auf Beförderungschancen und -entscheidungen.
Die Annahmen des Tournament-Modells blenden somit grundlegende Teile der Realität aus, gegen die Frauen im Laufe ihrer Karriere angehen müssen und die für ihr Vorankommen in einem Unternehmen relevant sind. Keine Berücksichtigung findet bspw. die Tatsache, dass bestimmte Branchen und Berufsfelder als typisch männlich bzw. weiblich gelten, welches in diesen Branchen bzw. Bereichen wiederum Rückwirkungen auf die Beförderungschancen von Frauen hat. Weiter sind unterbrochene Karriereverläufe, häufigere Unternehmenswechsel auf der Suche nach neuen Herausforderungen und radikale berufliche Veränderungen für Frauen kennzeichnend. Diese sind jedoch im Rahmen des Tournament-Modells schwierig für innerbetriebliche Beförderungen zu verwerten und entziehen sich damit der Vergleichbarkeit mit der männlichen Konkurrenz. Ebenso spielt auch die stärkere Spezialisierung der Frauen eine Rolle. Denn Spezialisten entwickeln sich eher innerhalb von Spezialistenlaufbahnen, die parallel zu Managementlaufbahnen existieren, anstatt in Managementpositionen befördert zu werden.[30]
In Bezug auf das Tournament-Modell tritt die Frage auf, ob Frauen nun in gleichem Maße und mit gleichen Chancen an Beförderungswettbewerben partizipieren, wie ihre männlichen Kollegen. Hurley und Sonnenfeld (1997) prüfen in ihrer Studie die Anwendbarkeit des Tournament-Modells für den Karriereweg von Frauen. Dabei wird deutlich, dass das Tournament-Modell auf Managerinnen nicht ohne Weiteres angewendet werden kann. Der Großteil der Variablen, die für Männer im Tournament-Modell für berufliches Vorankommen ausschlaggebend sind, trifft auf Frauen nicht zu.
Tabelle 2 gibt die relevanten Ergebnisse der Regressionsanalyse des Tournament-Modells für Frauen wieder. Für Frauen wirkt sich die Beschäftigungsdauer positiv und der Eintritt in einen Teilzeitjob negativ auf die Beförderungswahrscheinlichkeit aus. Dagegen haben die Signale Eintrittsposition und frühe Beförderungen im Tournament-Modell für Männer und Frauen unterschiedliche Auswirkungen. So profitieren Männer vom Einstieg in Linien-Abteilungen und von frühen Beförderungen. Dahingegen sind beide Signale für Beförderungsentscheidungen bei Frauen irrelevant. Da jedoch 41% der Frauen früh befördert wurden, gelten die Positionen, in die sie befördert wurden, womöglich nicht als Sprungbrett für Managementkarrieren, so Hurley und Sonnenfeld (1997). Auch ist denkbar, dass Frauen bei Unternehmenseintritt nur bestimmte Karrierepfade zur Verfügung stehen, die von Gewinnen in Tournament-Runden unabhängig sind und deswegen keinerlei Rückwirkung auf die Signale Eintrittsposition und frühe Beförderungen haben.[31]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entscheider verwenden als Signale bei Frauen vielmehr die Geschwindigkeit der beruflichen Entwicklung und Bildung, welche aber im Tournament-Modell für Managerinnen vergleichsweise nur einen geringen Anteil (3,5%) zur erklärten Varianz beitragen können. Auch wenn Beschäftigungsdauer, Geschwindigkeit der beruflichen Entwicklung und Eintritt als Teilzeitkraft den Großteil der Varianz im Hurley und Sonnenfeld-Modell erklären, ist der Gesamtanteil an der erklärten Gesamtstreuung mit 18,9% vergleichsweise gering.[33] Hurley und Sonnenfeld gehen infolge dessen davon aus, dass es andere Signale gibt, die innerhalb des Tournament-Modells den Karriereerfolg von Frauen bestimmen. So kann bspw. das Geschlecht ein wichtiges Signal für Entscheider sein, wenn Beförderungsentscheidungen im Tournament-Modell anstehen.[34]
Letztlich deuten obige Ergebnisse darauf hin, dass das Tournament-Modell nicht ohne Modifikationen auf weibliche Organisationsmitglieder angewendet werden kann. Hurley und Sonnenfeld nehmen an, dass Frauen nicht an Beförderungswettbewerben partizipieren oder, dass Frauen in einem anderen Wettbewerbssystem um Beförderungen konkurrieren als ihre männlichen Kollegen.[35] Welche Implikationen dies für die Beförderungspraxis von Frauen in Japan hat, wird in den nachfolgenden Abschnitten geklärt.
2.2.4 Beförderungspraxis in Japan
Charakteristisch für das japanische Beförderungssystem ist die Rekrutierung von Elite-Kohorten und Wettbewerben in Form von Eliminations-Tournaments, im Zuge derer Gewinner ermittelt werden, die in höhere Managementpositionen aufsteigen dürfen. Das Bildungssystem in Japan nimmt daher eine zentrale Rolle ein. Im Laufe des Bildungsweges an den renommiertesten Universitäten Japans kristallisiert sich schrittweise eine Elite von Überfliegern („High Potentials“) heraus, aus der japanische Großunternehmen ihren Managementnachwuchs ausschließlich rekrutieren.[36]
Weiter ist ein System aus Ranghierarchie („status grades“) und verschiedenen Beförderungsleitern zentraler Pfeiler des IAM und der japanischen Beförderungspraxis. Im weiteren Kontext werden die Begriffe Ranghierarchie und Statushierarchie synonym verwendet. Wie aus Abbildung 3 ersichtlich ist, entsprechen die Beförderungsleitern einer funktionalen Hierarchie innerhalb der Management- oder Spezialistenlaufbahnen (s. auch Kapitel 2.1.1). Je nach Unternehmen werden neue Mitarbeiter (dies sind zu ca. 50% Absolventen) entweder dem untersten Rang oder gemäß ihrem Bildungsgrad entsprechenden Statusrängen zugeordnet. Praktische Erfahrungen finden im Einstufungsprozess keinerlei Berücksichtigung.[37]
[...]
[1] S. Friedli (2007), S. 257.
[2] Eigene Darstellung, vgl. Friedli (2007).
[3] Vgl. Debroux (2003), S. 112; Lam (1992), S. 129.
[4] Vgl. Lam (1992), S. 129; Keizer (2005), S. 121.
[5] Vgl. Macharzina und Wolf (2005), S. 554.
[6] Männer zwischen 30 und 40 Jahren arbeiten in japanischen Firmen nicht selten 60 Stunden/ Woche oder mehr (ca. 25%) und etwa die Hälfte der Männer zwischen 30 und 40 Jahren arbeitet mehr als 40 Stunden wöchentlich, vgl. JIL (2002b).
[7] Vgl. Lam (1992), S. 129; Debroux (2003), S. 112; Hsu (1994), S. 131.
[8] Vgl. Debroux (2003), S. 112–113; Kono und Clegg (2001), S. 274–275; Holzhausen (2000), S.231.
[9] Vgl. Debroux (2003), S. 112–113; Keizer (2005), S. 121–122; Lam (1992), S. 129.
[10] Vgl. Hsu (1994), S. 131.
[11] Ausführungen zum After-Work-Socializing, vgl. Renshaw (1999), S. 84–86.
[12] Vgl. Lam (1992), S. 129; Keizer (2005), S. 121, A-6.
[13] Vgl. Hsu (1994), S. 131; Keizer (2005), S. 121; Lam (1992), S. 129.
[14] Vgl. Debroux (2003), S. 111–112.
[15] Vgl. Rosenbaum (1989); Hurley und Sonnenfeld (1997), S. 3.
[16] Vgl. Rosenbaum (1989), S. 337.
[17] Vgl. Rosen (1986).
[18] Vgl. Rosenbaum (1989), S. 337.
[19] Vgl. Rosenbaum (1979); Rosenbaum (1989), S. 336.
[20] Vgl. Rosenbaum (1979).
[21] Vgl. Rosenbaum (1979), S. 231.
[22] Vgl. Hurley und Sonnenfeld (1997), S. 3; Rosenbaum (1979), S. 227, 231; Rosenbaum (1989), S. 337–338.
[23] Eigene Darstellung und eigene Berechnungen auf Basis des Karrierebaums von Rosenbaum; vgl. Rosenbaum (1979), S. 230.
[24] Vgl. Rosenbaum (1979).
[25] Vgl. Rosenbaum (1989), S. 336.
[26] Vgl. Rosenbaum (1979), S. 231–234, 238; Rosenbaum (1989), S. 336–337.
[27] Vgl. Spence (1973).
[28] Vgl. Hurley und Sonnenfeld (1997), S. 4; Rosenbaum (1979), S. 225.
[29] Vgl. Rosenbaum (1979), S. 223; Aoki (1988).
[30] Vgl. Melamed (1996), S. 220–223; Kang und Rowley (2005), S. 227; Debroux (2003), S.112–113.
[31] Vgl. Hurley und Sonnenfeld (1997), S. 7–8.
[32] Vgl. Hurley und Sonnenfeld (1997), S. 8.
[33] Wakabayashi et al. errechnen für die Variablen des auf Japan angewendete Tournament-Modells einen Anteil an der erklärten Gesamtvarianz von etwa 60%; vgl. Wakabayashi etal. (1988), S. 222.
[34] Vgl. Hurley und Sonnenfeld (1997), S. 7–8.
[35] Vgl. Hurley und Sonnenfeld (1997), S. 8.
[36] Vgl. Evans (1995), S. 655.
[37] Vgl. Aoki (1988), S. 64, 95.
- Citar trabajo
- Dagmar Gnida (Autor), 2007, Weibliches Personal und ausländische Unternehmen in Japan – eine Win-Win-Situation?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89163
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