Im Kontext dieser Arbeit soll es dahingehend interpretiert werden, dass die Vorteile des Lernens durch Erfahrung, Unterricht außerhalb des Mikrokosmos Schule und autonomes Lernen und Arbeiten von Schülerinnen und Schülern [SuS] in den Vordergrund gestellt werden sollten. Das außerschulische Lernkonzept ist nicht die gängigste Form des Unterrichtens und in Deutschland immer noch ein eher ambivalent gesehenes Phänomen.
Wenn man jedoch andere Länder und ihre Schulkultur beobachtet und die Vorteile eines solchen Unterrichtsprinzips analysiert, erkennt man die Dringlichkeit den Fokus der Schulentwicklung auf genau diese modernisierte Unterrichtsform zu legen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Sammeln von Primärerfahrungen im schulischen Kontext einen immensen Einfluss auf den Schulerfolg bei Kindern haben kann, da diese „[…] das Fundament für anschlussfähiges Wissen bilden sowie die Entwicklung von Werten und Einstellungen unterstützen können“.
Die Veranschaulichung eines Themas nicht nur durch Bildmedien oder reale Objekte im Klassenzimmer, sondern durch selbstständiges Erfahren und Erleben stellt eines der wichtigsten Argumente für die Nutzung dieses Lernkonzepts dar. In dieser wissenschaftlichen Arbeit wird demnach das Lernkonzept mit dem Namen, Education Outside the Classroom [EotC], genauer beleuchtet. Es werden sowohl die Vor- als auch die Nachteile, der lernpsychologische Hintergrund und die dem EotC zugrundeliegenden Lerntheorien veranschaulicht. Im Anschluss daran wird ein Exkurs zu einer erlebnispädagogischen Sportart unternommen, welche in Skandinavien und der Schweiz der Inbegriff für eine Outdoor Education darstellt.
Diese Sportart, namens Orientierungslauf [OL], wurde von der Verfasserin selbst erprobt und untersucht, darüber hinaus mit einer deutschen Grundschulklasse praktiziert sowie in diesem Zusammenhang auf ihre praktische Realisierung geprüft.
Diese Arbeit bietet demnach einen kleinen Exkurs in skandinavische Unterrichtsformen, ein noch zwiespältig gesehenes Lernkonzept und die Integration dessen in das deutsche Schulsystem, vorwiegend an Grundschulen. Erfahrungsberichte und Bilder stützen die Aussagen der Arbeit und bieten einen noch intensiveren Einblick über die Vorteile des Lernens außerhalb des Klassenzimmers.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. EOTC - E ducation outside the Classroom
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Die Geschichte des außerschulischen Lernens
2.3 Vorzüge des außerschulischen Lernens
2.4 Nachteile des außerschulischen Lernkonzepts
2.5 Lernpsychologischer Hintergrund
2.6 Lerntheorien der Outdoor Education
3. Der Orientierungslauf als Beispiel für EOTC
3.1 Orientierungslauf - Begriffserklärung und Herkunft
3.2 Umsetzung im schulischen Sportunterricht
3.3 Aspekte der Inklusion und Integration
4. Orientierungslauf - ein Experiment an einer deutschen Grundschule
4.1 Idee und Aufbau des Experiments
4.2 Ergebnis und Erkenntnisse des Projekts
4.2.1. Erster Projekttag
4.2.2. Zweiter Projekttag
4.2.3. Dritter Projekttag
4.2.4. Vierter Projekttag
4.2.5. Zusammenfassung
5. FAZIT
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Die Erklärung zur Schriftlichen Hausarbeit
1. Einleitung
„Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich selber tun, und ich werde es begreifen“ (Reketat, 2001, S.112). Die Grundaussage dieses asiatischen Zitates kann man auf verschiedene Art und Weise definieren. Im Kontext dieser Arbeit soll es dahingehend interpretiert werden, dass die Vorteile des Lernens durch Erfahrung, Unterricht außerhalb des Mikrokosmos Schule und autonomes Lernen und Arbeiten von Schülerinnen und Schülern [SuS] in den Vordergrund gestellt werden sollten. Das außerschulische Lernkonzept ist nicht die gängigste Form des Unterrichtens und in Deutschland immer noch ein eher ambivalent gesehenes Phänomen (Karpa, Lübbecke & Adam, 2015).
Wenn man jedoch andere Länder und ihre Schulkultur beobachtet und die Vorteile eines solchen Unterrichtsprinzips analysiert, erkennt man die Dringlichkeit den Fokus der Schulentwicklung auf genau diese modernisierte Unterrichtsform zu legen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Sammeln von Primärerfahrungen im schulischen Kontext einen immensen Einfluss auf den Schulerfolg bei Kindern haben kann, da diese „[...] das Fundament für anschlussfähiges Wissen bilden sowie die Entwicklung von Werten und Einstellungen unterstützen können“ (Schockemöhle, 2009, S. 8).
Die Veranschaulichung eines Themas nicht nur durch Bildmedien oder reale Objekte im Klassenzimmer, sondern durch selbstständiges Erfahren und Erleben stellt eines der wichtigsten Argumente für die Nutzung dieses Lernkonzepts dar. In dieser wissenschaftlichen Arbeit wird demnach das Lernkonzept mit dem Namen, Education Outside the Classroom [EotC], genauer beleuchtet. Es werden sowohl die Vor- als auch die Nachteile, der lernpsychologische Hintergrund und die dem EotC zugrundeliegenden Lerntheorien veranschaulicht. Im Anschluss daran wird ein Exkurs zu einer erlebnispädagogischen Sportart unternommen, welche in Skandinavien und der Schweiz der Inbegriff für eine Outdoor Education darstellt.
Diese Sportart, namens Orientierungslauf [OL], wurde von der Verfasserin selbst erprobt und untersucht, darüber hinaus mit einer deutschen Grundschulklasse praktiziert sowie in diesem Zusammenhang auf ihre praktische Realisierung geprüft.
Das Experiment hatte zum Ziel, den OL auf seine Vereinbarkeit mit dem alltäglichen Sportunterricht in Schulen zu testen und den Aufwand der Planung, Vorbereitung und Durchführung dessen zu ermitteln.
Der LehrplanPLUS bietet eine Vielzahl an Kompetenzerfahrungen, welche die SuS im Laufe einer bestimmten Klassenstufe oder eines bestimmten Zeitraums erreichen sollen. Er lässt dem Lehrkörper jedoch genügend Spielraum, um die Kompetenzerwartungen eigenständig zu interpretieren. Diesen Interpretationsspielraum machte sich die Verfasserin zu eigen, fächerverbindend zu agieren und den OL nicht nur im Fach Sport zu verankern. Auch in Heimat- und Sachkunde, Mathematik, Kunst und Deutsch ist es möglich den OL, in Kombination mit einem bestimmten Thema, in den Unterricht zu integrieren. Dieses Vorgehen wird im Gliederungspunkt „Umsetzung im schulischen Sportunterricht“ erläutert.
Einen nicht zu vernachlässigenden Faktor bilden Aspekte der Inklusion und Integration, welche im darauffolgenden Absatz näher beleuchtet werden.
Diese Arbeit bietet demnach einen kleinen Exkurs in skandinavische Unterrichtsformen, ein noch zwiespältig gesehenes Lernkonzept und die Integration dessen in das deutsche Schulsystem, vorwiegend an Grundschulen. Erfahrungsberichte und Bilder stützen die Aussagen der Arbeit und bieten einen noch intensiveren Einblick über die Vorteile des Lernens außerhalb des Klassenzimmers.
2. EotC - Education outside the Classroom
Schon Comenius, im 17. Jahrhundert einer der bedeutendsten Pädagogen, betonte für die früheste Kindheit bereits das Grundprinzip des selbstständigen Erforschens und die Auseinandersetzung mit geographischen und naturwissenschaftlichen Elementen der Heimat (Heynoldt, 2016, S. 30). So hat bereits vor mehr als 400 Jahren das Klassenzimmer die „Monopolstellung als alleinige Anschauungsbasis für den Unterricht“ (ebd.) verloren.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Wahl eines Lernortes, welcher außerhalb des Klassenraumes liegt, einer aufwendigen Planung, einer strukturierten Organisation und der Zustimmung von Vorgesetzten und Eltern bedarf. Jedoch ist das Resultat eines solchen Unterrichtskonzepts keineswegs von Nachteilen und Mehraufwand belastet, vielmehr weist dieses Chancen für eine Schule der Zukunft auf. Das Prinzip der Outdoor Education erweist sich in anderen Ländern bereits seit längerer Zeit als sehr effektiv und ist in den Schulen mit dem allseits bekannten lehrerzentrierten Unterricht gleichgestellt.
2.1. Begriffsbestimmung
„EOTC is a generic term used to describe curriculumbased learning and teaching that extends the four walls of the classroom” (Ministry of Education, 2016, S. 1).
EotC beschreibt eine Art des Lernprozesses, in welcher die Erweiterung des eigenen Horizonts durch die Hinzunahme neuer Techniken und der Verbindung von Schule mit der realen Welt entsteht. Dies trägt den Terminus des schulisch intendierten Lernens. Lernorte außerhalb des Klassenzimmers werden nicht aufgesucht, weil sie außerhalb des Gebäudes liegen, sondern aufgrund ihres relevanten Bezuges zum aktuellen Lernstoff. Der Handlungsspielraum dieses Lernvorgangs reicht von den bisher bekannten Außenaktivitäten wie Museumsbesuchen, Schüleraustauschen und naturwissenschaftlichen Expeditionen bis hin zur Entdeckung neuer Sportarten, Camping-Ausflüge und Reisen in weit entfernte Länder. Die Möglichkeit sowohl innerhalb als auch außerhalb des eigenen Klassenzimmers zu lernen, ermöglicht jungen Menschen, ihre Umwelt und ihre Mitmenschen besser wahrzunehmen und sich adäquat zu verhalten.
Jedoch muss diese Art der Ausbildung nicht von Anfang an auf unbekanntem Gelände stattfinden. Schon das Schulgebäude bietet einer Klasse die Möglichkeit, spannende Projekte zu entwickeln. Einige Beispiele hierfür wären das Anpflanzen eines Schulgartens oder das Kennenlernen und Kontrollieren des Energie- und Wasserverbrauchs im gesamten Schulhaus. Derartige kleine Projekte sind außerdem fächerverbindend durchzuführen, ebenso in der Grundschule wie auch in weiterführenden Schulen.
In Deutschland ist EotC besser bekannt unter dem Begriff „Außerschulischer Lernort“, welcher unter anderem als ein methodisches Ziel in den Lehrplänen aller Bundesländer festgehalten ist. Hier ein Auszug aus dem LehrplanPlus für Grundschulen im Fachprofil des Faches Heimat- und Sachkunde: „Handlungsorientierte und direkte Begegnungen (mit Menschen, Tieren und Pflanzen, Naturphänomenen, Werkzeugen, Gegenständen und Bauwerken auch an außerschulischen Lernorten) unterstützen die Kinder dabei, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auf ihren Alltag zu übertragen und diesen zunehmend selbständig zu bewältigen“ (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München [StMBW], 2014).
Die meisten Lehrerinnen und Lehrer verbinden damit oft zusätzlichen Arbeitsaufwand sowie aufwendige Planung und Organisation. Zur Ermunterung und Anregung neue Wege und Methoden zu beschreiten legt die Autorin ein Exempel aus eigener Erfahrung dar, welches die Möglichkeiten außerschulischen Lernens aufzeigt und die Vorzüge dessen nachweist.
Die Verfasserin absolvierte innerhalb ihres Studiums an der Universität Augsburg ein Auslandssemester in Norwegen. Dort wurde ihr die Möglichkeit geboten, ein Praktikum an einer Grundschule zu absolvieren. Sie erhielt einen äußerst intensiven und authentischen Einblick in das Schulsystem, welches bekanntermaßen hochgelobt wird.
Norwegens Schulen zum Beispiel selektieren laut Knoller (2013) nicht nach Leistung, sondern die Bildung richtet sich darauf, die SuS in die Schulen und die Gesellschaft zu integrieren. Dort werden die Kinder dazu ermutigt, auch mal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und ihre Umwelt zu entdecken. Der Schwerpunkt ist dabei auf die Stärken der SuS sowie den Möglichkeiten ihrer Förderung gerichtet. Nach Dettweiler und Becker (2015) erhalten die Kinder an etwa zwei Dritteln aller Schulen in Skandinavien, bis zu einem ganzen Tag in der Woche, Unterricht im Freien respektive an einem außerschulischen Lernort.
Die Umsetzung eines derartigen außerschulischen Unterrichts unter dem Konzept der EotC hat in der Praxis überzeugt und bei der Autorin großes Interesse geweckt. Beispielsweise musste sich jedes Kind am Anfang jeden Schuljahres für ein Projekt entscheiden, welches es mit anderen Klassenkameraden während der regulären Schulzeit durchführen sollte. Dieses Projekt wurde jedoch genauso stark gewichtet wie alle anderen Schulfächer und musste nicht etwa nach Schulende abgeleistet werden, sondern hatte seinen Platz im Stundenplan, wie auch Mathematik, Biologie oder Sport. Unter anderem war eines dieser Projekte ein naturwissenschaftliches, welches zum Ziel hatte, einen ferngesteuerten Roboter aus Legosteinen zu bauen. Die SuS hatten dadurch die Möglichkeit aus dem Klassenzimmer herauszukommen und in Gruppen etwas zu lernen, was sie in die Realität umsetzen und anwenden konnten. Die dadurch entstehenden Erfolgs- und Gemeinschaftserlebnisse sind hinsichtlich der Leistungserfolgen von Kindern von großer Bedeutung.
Ein anderes Projekt bildete das Schreiben eines Liedtextes und die Komposition der dazugehörigen Melodie für den neuen Schulsong. Vor dem Hintergrund der Einwanderung vieler Ausländer stand das Schuljahr unter dem Motto „Einer für alle, Alle für einen“. Die Schule wollte einen positiven Beitrag leisten und auf diese Art und Weise alle neuen SuS willkommen heißen. Die Klasse hatte nun mehrmals in der Woche die Möglichkeit in Kooperation mit einem Musiklehrer diesen Song zu gestalten und diesen am Ende des Halbjahres zu präsentieren. Diese Beispiele sind nur ein kleiner Teil vieler Projekte, die außerhalb des Klassenzimmers verankert waren. Hier sind also nicht nur die Themeninhalte ausschlaggebend, sondern auch die unzähligen anderen Komponenten, wie zum Beispiel die Förderung der sozialen Kompetenz und Steigerung des Selbstvertrauens, die ein solches Gruppenprojekt an außerschulischen Lernorten mit sich bringt.
Anschließend an die Begriffsbestimmung von EotC, soll nun auf die Lernziele des Unterrichts außerhalb des Klassenzimmers eingegangen werden und sein lernpsychologischer Hintergrund genauer beleuchtet werden.
2.2 Die Geschichte des außerschulischen Lernens
Lernen außerhalb des Klassenzimmers ist keine modische Neuerfindung des 21. Jahrhunderts und auch kein Versuch, welcher dem Konzept des Offenen Unterrichts entspringt. Die Geschichte des außerschulischen Lernens reicht zurück bis in das 17. Jahrhundert. Die Idee taucht erneut im 18. Jahrhundert zur Zeit der Aufklärungspädagogen auf und bahnte sich ihren Weg in das 19. Jahrhundert zu den Pädagogen des Anschauungsunterrichts. Ihre Hochphase hatte die Outdoor Education jedoch im 20. Jahrhundert in Gestalt der Reformpädagogik (Dühlmeier, 2010, S. 7).
Einige der wichtigsten Vertreter waren Johann Amos Comenius (1592-1670), Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) und Friedrich August Finger (18081888). Comenius forderte in seinem Werk „Didactica Magna“ mehr Anschaulichkeit sowie Selbsttätigkeit beim Lernen. Seine Sachtexte waren vermehrt mit Bildern veranschaulicht, was zu jener Zeit revolutionär war (Schaller, 2004).
Eine seiner zentralen Aussagen in seiner Großen Didaktik lautet: „Die Menschen müssen so viel wie möglich ihre Weisheit nicht aus Büchern schöpfen, sondern aus Himmel und Erde, aus Eichen und Buchen, d.h., sie müssen die Dinge selbst kennen und erforschen und nicht nur fremde Beobachtungen und Zeugnisse darüber“ (Comenius, 2000, 112f.).
Auch Jean-Jacques Rousseau begründete in seinem Roman „Emile oder über die Erziehung“ das Prinzip des erfahrungsorientierten und entdeckenden Lernens. Er ließ die Hauptfigur in seinem Roman, Emile, die Themeninhalte der Astronomie nicht rein durch Bücher lernen, sondern dieser sollte die Astronomie und ihre Nützlichkeit in einem ihm unbekannten Gelände anwenden, um wieder nach Hause zurückzukehren. Emile gelangt demnach, aufgrund entdeckenden Lernens, zur Einsicht (Dühlmeier, 2010, S. 8).
Im 19. Jahrhundert erschien das Buch „Anweisung zum Unterricht in der Heimatkunde“ von Friedrich August Finger (Finger, 1880). Der Pädagoge konzentrierte sich auf einen peripatetisch konzipierten Unterricht. Ein derartiges Unterrichtskonzept definiert sich maßgeblich in Form von Ausflügen, Lehrwanderungen, Besichtigungen und kleineren Reisen. Das Ziel eines solchen Ansatzes war, die „unmittelbare Anschauung der Dinge im heimatlichen Geotop“ (Dühl- meier, 2010, S. 8). Finger's Methodik des außerschulischen Lernens hatte die sachbetonte Anschauung auf Lehrwanderungen im Rahmen des heimatkundlichen Anschauungsunterrichtes zum Zweck.
Die Lehrmethoden dieser Pädagogen wurden zu ihrer Zeit noch als schulfremd betitelt und belächelt. Erst im Zeitalter der Reformpädagogik, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, erreichte die sogenannte Outdoor Education erstmals einen hohen Stellenwert in der Schulentwicklung. Dieser Fortschritt begründete sich durch die zeitgleich existente Jugendbewegung, welche sich proaktiv für ein Lernen außerhalb des Klassenzimmers einsetze und selbstständig Ausflüge und Fahrten in die nahe Umgebung organisierte, um die Natur autonom zu entdecken. Ein Beispiel des außerschulischen Lernens in Zeiten der Reformpädagogik war die Stadt Hamburg, wo das Prinzip nachweislich praktiziert wurde. Dort wurde der Unterricht nach draußen verlegt, indem man zum Beispiel die Kinder, im Fach Kunst, „den Eindruck des bewegten Wassers [...]“ (Dühlmeier, 2010, S. 10) malerisch festhalten ließ. Nicht nur Meeresbewegungen wurden von den Lernenden gezeichnet, sondern auch andere Naturphänomene und beeindruckende Stimmungen einer Landschaft. Versuchsschulen in der Stadt Hamburg ließen auf ihren Dächern überdies sogenannte Dachgärten anlegen. Auf ihnen durften die SuS innerhalb ihres Biologieunterrichts Pflanzen und Kräuter einpflanzen, um sich gemeinschaftlich um das Wachstum derselben zu kümmern.
Die Reformpädagogen propagierten mit ihrem Vorhaben nicht nur einen außerschulischen Unterricht, vielmehr wurde dieser zu einem festen Bestandteil des Schullebens. Das Konzept zog sich fort bis in die gegenwärtige Schulpädagogik. Schullandheime, Ausflüge, Wanderungen oder fachliche Exkursionen sind heute aus Schulplanungskonzepten nicht mehr fortzudenken.
Auch in den 1950er Jahren und 1970er Jahren hat das außerschulische Lernen Platz in der Planung und Gestaltung von Unterricht bekommen. Dabei ist jedoch anzumerken, dass dieser anders gestaltet wurde als zur Zeit der Reformpädagogik. Die Begründung des Konzepts „Öffnung von Schule“ schloss das Lernen außerhalb des Klassenzimmers mit ein (Dühlmeier, 2010). In der Umsetzung erfolgte dies durch das Einladen von Experten in den Unterricht, was wiederum die Forderung der Reformpädagogen nach originaler Begegnung in der Schule miteinschließt (Kohler, 2007). Begründet wurde ein solches Unterrichtskonzept durch Lebensnähe, Authentizität und Sinnhaftigkeit. Diese Argumente gelten noch heute und gewinnen immer mehr an Aktualität.
2.3 Vorzüge des außerschulischen Lernens
„Außerschulisches Lernen beschreibt die originale Begegnung im Unterricht außerhalb des Klassenzimmers. An außerschulischen Lernorten findet die unmittelbare Auseinandersetzung des Lernenden mit seiner räumlichen Umgebung statt“ (Sauerborn & Brühne, 2017, S. 27).
Diese Definition nach Sauerborn & Brühne (2017) verdeutlicht die Relevanz einer solchen originalen Begegnung mit dem Lerngegenstand. Das Kind bewegt sich autonom und selbstbestimmt in seinem räumlichen Gebiet, um dieses zu erkunden. Ersterfahrungen können somit gesammelt werden und direkt in Verbindung mit dem persönlichen theoretischen Hintergrund gebracht werden. Dies führt Bentsen, Mygind & Randrup (2009) zufolge nachweislich zu deutlich höheren Transferleistungen der gelernten Inhalte in Bezug auf ihren Alltag und stellt zudem einen - nicht zu vernachlässigenden - emotionalen Bezug her. SuS, welche im Regelunterricht an die gleichen Themen herangeführt werden, lernen diese ohne erkennbaren Anwendungsbezug im Sinne des reinen Auswendiglernens.
John Hattie (2003), Bildungsforscher und Pädagoge, hat in seiner Meta-Studie zu dem Thema „Visible Learning - Lernen sichtbar machen“ eine Rangliste verschiedenster Einflussfaktoren entwickelt, die den Schulerfolg eines jeden Kindes erklären soll. Er berechnete die einzelnen Effektstärken und ordnete die Einflussfaktoren anhand dessen innerhalb einer Skala. Laut dieser Studie beträgt der Durchschnittswert aller Einflussgrößen k = 0,40. Die Einflussgrößen betreffen sowohl die SuS selbst, den Lehrer, die Eltern und auch das Umfeld, in welchem gelernt wird. Zu den genannten Einflüssen zählen zum Beispiel die Lehrer-Schüler-Beziehung, allgemeines Feedback, Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus, aber auch Medikamente, Hausaufgaben und Klassengröße.
Auf der Grundlage einer eingehenden Analyse der verschiedenen Einflussgrößen können zumindest die positiven Effekte auf den Schulerfolg durch außerschulisches Lernen erklärt werden. In diesem Zusammenhang sind abwechslungsreiche Lehrstrategien, neue Lerntechniken, sowohl kooperatives als auch kompetitives Lernen und Outdoor- und Erlebnispädagogik als Inhalte des Lernens außerhalb des Klassenzimmers anzuführen. Ihre Effektstärken liegen alle weit über dem Durchschnittswert von 0,40. Für John Hattie also die Bestätigung, „(...) dass Lernen in der Schule erst dann erfolgreich stattfindet, wenn Lehren und Lernen sichtbar werden (...)“ (Hattie, 2013).
Daraus resultierend erfährt der Leistungs- sowie Schulerfolg einen durchweg positiven Effekt aufgrund der Lernprozesse, die nicht im gewohnten Umfeld, dem Klassenzimmer, stattfinden. Abgesehen von Hatties Studie sind jedoch die Parameter, die eine positive Persönlichkeitsentwicklung hervorrufen, ausschlaggebend für die richtige Umsetzung von EotC. Vernetztes, mehrperspektivisches Arbeiten, die Förderung der Selbstständigkeit, die Sammlung von Primärerfahrungen und der Lebensweltbezug sind nur einige von vielen positiven Aspekten außerschulischen Lernens. Durch diverse Arbeitsaufträge, wie dem Kennenlernen und Entdecken von Natur- und Aktionsräumen oder dem Erleben sozialer Kontakte und sozialem Rollenverhalten, werden viele Möglichkeiten geboten, Primärerfahrungen zu durchleben.
Das erfahrungsorientierte Lernen aus erster Hand bietet die Chance emotionale Erlebnisse wahrzunehmen. Des Weiteren dürfen die sozialisationsbedingten Chancen nicht außer Acht gelassen werden. In der heutigen Zeit sind wir, aufgrund des übermäßigen Medienkonsums und „(...) der Folge, dass eine überwiegend ikonische Rezeption begünstigt und .Wirklichkeit aus zweiter Hand‘ vermittelt wird, während gleichzeitig der Balanceakt geleistet werden muss, zwischen Fiktion und Realität zu trennen“ (Jürgens, 1993, S. 69), konfrontiert mit einer sogenannten veränderten Kindheit.
Die Mehrzahl aller Kinder wird tagtäglich und zu jeder Uhrzeit überflutet mit unzähligen Reizen, die nicht mehr verarbeitet werden können und zu einer psychischen und kognitiven Überforderung führen. Außerdem hat sich die Spiel- und Freizeitgestaltung mit der zunehmenden zeitlichen und räumlichen Verplanung kindlicher Aktivitäten stark verändert.
Daher ist es umso wichtiger, den Kindern primäre Erfahrungen in ihrer direkten Umwelt näher zu bringen und sie anhand reeller Exempel mit diesen vertraut zu machen. Primärerfahrungen bilden unter anderem das Fundament für anschlussfähiges Wissen und unterstützen die Entwicklung von Werten und Einstellungen (Schockemöhle, 2008).
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das situationsbezogene Lernen, bei welchem die SuS die Möglichkeit haben, sich im Rahmen unverstellter Situationen mit dem Lerngegenstand auseinanderzusetzen und verschiedene Methoden zu erproben. Ein Beispiel hierfür kommt aus dem Heimat- und Sachunterricht. Zuallererst werden die Kinder in der Klasse über das Thema „Feuer“ aufgeklärt und müssen dann die Verhaltensregeln und Umgangsformen mit Feuer verinnerlichen. Der Arbeitsauftrag an die SuS lautet nun, dass sie im Pausenhof brennbare und nicht brennbare Stoffe suchen und diese dann nach den genannten Kriterien in einer Tabelle anordnen sollen. Daraufhin darf unter Aufsicht der Lehrkraft jeder Schüler, selbstverständlich außerhalb des Schulgebäudes, eines der gesammelten Utensilien mit einem Feuerzeug versuchen anzubrennen. Die Klasse hat somit den reellen Bezug zu dem aktuellen Unterrichtsthema und kann dadurch eine Unterscheidung von brennbaren und nicht brennbaren Stoffen im Alltag vornehmen. Auch das fächerübergreifende sowie vernetzte Lernkonzept kann bei einer Unterrichtsführung auf Grundlagen der EotC bestmöglich realisiert werden.
Beim Besuch von außerschulischen Lernorten ist es in den seltensten Fällen möglich, nur ein Fach anzusprechen. Die Komplexität der Lebensvorgänge lässt sich nicht in einzelne Fachstrukturen zerteilen. Um Lebensabläufe zu verstehen, muss man die Zusammenhänge erkennen und das Phänomen im Gesamten betrachten. An außerschulischen Lernorten existiert keine Aufteilung in Schulfächer, wodurch das ganzheitliche, fächerübergreifende Lernen besonders in den Vordergrund gestellt und die Vernetzung der einzelnen Fächer gefördert werden kann. Die Schüler können forschend-problemlösend neue Sachverhalte entdecken. Durch unterschiedliche Zugänge und Fragen können Phänomene aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und untersucht werden. Es ergibt sich die Möglichkeit des wissenschaftspropädeutischen Arbeitens, das vielfach von den Didaktikern gefordert wird. (Langlet, 2001; Pellnath, 2010, S. 2).
Nicht nur das wissenschaftspropädeutische Arbeiten wird an außerschulischen Lernorten ermöglicht, auch kann durch diese Art von Unterricht die Motivation der Schüler angeregt und gesteigert werden. Wenn die Klasse zum Beispiel einen Zoo besucht, kann hier aufgrund der Begegnung mit den lebenden Tieren vielfach die intrinsische Motivation, die innere aus sich selbst entstehende Motivation, angeregt werden. Eine Lehrkraft kann zusammenfassend viele positive Effekte aus dem Lernprozess nach dem Konzept von EotC ziehen. Dettweiler und Becker (2015) betonen, dass die Regierung Norwegens, Schwedens und Dänemarks erkannt hat, dass der Draußenunterricht die Gesundheit der Lehrpersonen und der SuS fördert und außerschulisches Lernen aufgrund dessen als gesellschaftlich und volkswirtschaftlich relevant eingestuft werden muss. Daraufhin wurden für alle Schulen passgenaue Förderprogramme entwickelt, die eine Outdoor Education unterstützen.
2.4. Nachteile des außerschulischen Lernkonzepts
Um das Thema des Outdoor Learnings umfassend darzustellen und diesbezüglich eine eigene Entscheidung für die Gestaltung des Unterrichts vornehmen zu können, dürfen die Nachteile des Lernkonzepts nicht außer Acht gelassen werden. Anzumerken ist jedoch, dass diese nicht als Vorwand genutzt werden sollten, um das Klassenzimmer nicht zu verlassen. Die Einführung außerschulischen Unterrichts gestaltete sich selbst in Skandinavien anfangs problematisch. Die Lehrkräfte und der Schulleiter müssen ausnahmslos hinter diesem Konzept stehen, damit eine Einführung in den Schulalltag gelingen kann. Außerdem steht die zeitaufwendige Planung und der Mehraufwand einer solchen Unterrichtsstunde im Vordergrund, die jedoch der Lehrkraft keine Sicherheit gewährleistet, ob die geforderten Lernerfolge erreicht werden. Dies bedeutet zusätzlich sehr viel Stress und Arbeit.
Das Überprüfen von Leistungen wird aufgrund weniger Niederschriften und Dokumenten schwieriger und unübersichtlicher. Laut Bohl (2009) weisen die Einhaltung klassischer kognitiv orientierter Kriterien zur Leistungsbewertung immer größere Probleme auf. Auch die Lernabläufe sind nicht mehr ausreichend kalkulierbar. Tatsächlich sind laut Bentsen et al. (2009) die Lernleistungen der Kinder im Draußenunterricht im Vergleich zum normalen Unterricht und die Haltbarkeitsdauer des draußen Gelernten noch nicht ausreichend untersucht worden. Aufgrund dieser Umstände lehnen viele Lehrpersonen eine solche Form des Unterrichtens ab.
Ein häufig auftretendes Problem beim Aufsuchen eines externen Lernortes ist die Befürchtung, über nicht ausreichend fachliche Kompetenz für einen derartigen Lernort mit vielfältigen Lernangeboten zu verfügen (Dühlmeier, 2010). Die Fragen der SuS könnten die Lehrkraft überfordern und verunsichern. Daher bietet es sich an, bei Ausflügen oder Exkursionen eine Expertin oder einen Experten einzuladen, welche/-r zusätzlich zur Lehrkraft eine unterstützende Hilfestellung repräsentiert.
Dühlmeier (2010) betont außerdem, dass gewisse Lernorte eine Überforderung für SuS darstellen können, da ihnen das Vorwissen aus der vorhergehenden Unterrichtsstunde nicht ausreicht oder sie es nicht mehr abrufen können. Dadurch können sie den präsentierten Wirklichkeitsausschnitt nicht oder nur schwer erschließen und einordnen. Schulen, Lehrkräfte und Eltern müssen sich dahingehend vergegenwärtigen, dass ein außerschulischer Lernort gewisse Grenzen mit sich bringt und nicht das einzig ideale Unterrichtskonzept darstellt.
2.5 Lernpsychologischer Hintergrund
Der Aspekt der Lernpsychologie im Kontext der Schule und des Unterrichts hat einen sehr hohen Stellenwert. Er untersucht die Vorgänge und Prozesse des Lernens von SuS und wie diese im menschlichen Gehirn verarbeitet und gespeichert werden. Weinert (1998) zufolge lernen Menschen nur das, was sie aufmerksam wahrnehmen und womit sie sich intensiv auseinandersetzen. Die Aufmerksamkeit lässt sich demnach nicht durch reine Aufforderungen, verbale Äußerungen oder Ermahnungen herstellen.
Weinert (1998) betont, dass eine Aktivierung inhaltsbezogener Interessen stattfinden und das Lernarrangement aktiv geweckt werden muss. Ein hier geeignetes Unterrichtsprinzip wäre das außerschulische Lernen. Es bietet die Möglichkeit, das erworbene Wissen auch im Alltag anzuwenden und darauf zurückzugreifen.
Dafür muss jedoch der ausgewählte Lernort eine authentische Situation darstellen und sich „(...) von künstlichen und isoliert nebeneinanderstehenden Aufgaben lösen (...)“ (Dühlmeier, 2010, S. 24).
Weinert (2001) macht jedoch klar, dass der Besuch eines außerschulischen Lernortes Teil einer Vor- und eine Nachbereitungsphase sein muss, flankiert von Fachwissen, um die Leistungen in einem Fach positiv zu verändern. Er nennt dies eine Fusion von Instruktion und Anwendungslernen.
Zu guter Letzt beteuert Bentsen et al. (2009), dass Kinder, welche in der Natur unterrichtet werden, ein besseres Sprachvermögen entwickeln, als Kinder, die ein solches Privileg nicht genießen können. Dies wird begründet durch die Tatsache, dass eine Aufgabenstellung im Draußenunterricht nicht so klar definiert werden kann, wie ein Tafelanschrieb. Es muss mehr erklärt, hinterfragt und diskutiert werden. Sowohl die Lernenden als auch der Lehrende improvisieren in diesem Fall deutlich mehr und müssen daher auf einen größeren Wortschatz zurückgreifen, was wiederum die jeweils linke Gehirnhälfte zu einer größeren Arbeitsleistung anregt.
2.6 Lerntheorien der Outdoor Education
Wie man dem vorhergehenden Kapitel entnehmen kann, ist das Lernen im Gegensatz zum Verhalten nicht beobachtbar. Wovon man jedoch ausgehen kann, ist die Tatsache, dass Lernen eine Veränderung beinhaltet, die mehr oder weniger bleibend ist (Illeris, 2010).
Diese Verhaltensveränderung eines Organismus ist darauf zurückzuführen, dass das Gelernte durch mehrmaliges Wiederholen eingeprägt wurde. Das Verständnis von Lernen hat sich jedoch kontinuierlich verändert und damit auch die daraus hervorgehenden Lerntheorien. In Lerntheorien wurde empirisch geprüft, wie der komplexe Vorgang des Lernens psychologisch zu definieren ist (Universitätsspital Bern, 2015). Drei der wichtigsten Lerntheorien werden im weiteren Verlauf des Textes vorgestellt und in Relation zu dem Lernkonzept des außerschulischen Lernens gesetzt.
Lernen kann entweder fremdbestimmt oder aber selbstbestimmt erfolgen. Das fremdbestimmte Lernen wird unter der Theorie des Behaviorismus und des Kognitivismus zusammengefasst, wohingegen der Konstruktivismus selbstbestimmtes Lernen repräsentiert.
Der Behaviorismus, historisch gesehen, die älteste Lerntheorie in der Psychologie, beschränkt sich hauptsächlich auf ein Verhalten oder auf Dinge, die beobachtbar sind. Die Beobachtungen sind demnach rein objektiv und richten sich gegen die Bewusstseinspsychologie.
Der Mensch wird als eine Art Black-Box angesehen, wobei Gefühle, Wahrnehmungen und Emotionen unberücksichtigt bleiben (Reuter, 2015). Den Wissenschaftlern und Psychologen geht es nur darum, anhand des gegebenen Inputs an den Menschen, den daraus resultierenden Output zu analysieren. Das Lernen eines Menschen erfolgt, wenn gewünschtes Verhalten durch Belohnung verstärkt oder unerwünschtes Verhalten durch Bestrafung reduziert wird. Der Lehrende hat daher die Aufgabe, geeignete Reize zu setzen und Rückmeldung auf die Reaktionen der Schüler zu geben. „Auf diese Weise greift er mit seiner positiven oder negativen Wertung oder Rückmeldung zentral in den Lernprozess des Lernenden ein“ (Meir, o.D., S. 11).
Der Grundsatz des Kognitivismus hingegen gibt eine ganz andere Auffassung, bezüglich des Lernprozesses im Menschen vor. Die kognitivistische Lerntheorie erforscht alle innerpsychischen Prozesse, wie etwa die Wahrnehmung oder die Aufmerksamkeit eines Menschen. Das Lernen gestaltet sich hier in Form einer Art des Modelllernens, welche durch Albert Bandura (1925) geprägt wurde. „Das Lernen am Modell ist eine Form des sozialen Lernens, welches auch als Immitationslernen, Beobachtungslernen, Modelllernen oder Nachahmungslernen bezeichnet wird. Hierbei werden Verhaltensformen, die bei anderen gesehen werden, in das eigene Verhalten übernommen. Der Lernende ist der Beobachter, die beobachtete Person das Modell. Das Lernen am Modell ist eine der urtümlichsten Lernformen des Menschen“ (Schröder, 2001, S. 224).
Der Lehrende hat auch hier noch eine sehr zentrale Rolle, er hat das sogenannte Primat der Wissensvermittlung. Er gibt bestimmte Problemstellungen vor, wählt Informationen aus und unterstützt die SuS dann beim Bearbeiten dieser Informationen (Meir, o.D.).
Eine komplett gegensätzliche Auffassung liegt der Theorie des Konstruktivismus zugrunde. Hier konstruiert sich der Mensch seine eigene Wirklichkeit und Sichtweise aufgrund seiner Wahrnehmung der Um- und Mitwelt. Es wird demnach kein Wissen an ihn herangetragen oder von ihm bearbeitet. Der Lernende steht im Mittelpunkt und muss selbstorganisiert zu einer Lösung finden.
Er wird anerkennend und wertschätzend behandelt und auf sein individuelles Wissen reduziert. Der Lehrende hingegen ist in dieser Situation als Unterstützer und Coach zuständig und sollte im Idealfall eine Atmosphäre schaffen, welche das Lernen begünstigt (Meir, o.D.).
In der Gegenüberstellung dieser differierenden Ansätze stellt sich nun die Frage, nach welcher Lehr- oder Lerntheorie, außerschulisches Lernen ausgerichtet ist. Die behavioristische Sichtweise ist in diesem Falle auszuschließen, da bei einer Outdoor Education das Kind mit seinen Wahrnehmungen sowie seinen autonomen Wissensfindungen im Mittelpunkt steht, wohingegen im Behaviorismus das Interesse am Lernenden sehr gering ist. Aufgrund dessen kann man den Möglichkeitsbereich eingrenzen und sich auf die zwei verbleibenden Lerntheorien fokussieren. Nach Baumgartner und Payr (1999) sind die Lernziele einer kognitivistischen Lerntheorie, die richtigen Methoden zur Antwortfindung zu erkennen und anzuwenden. Hinzu kommen die Merkmale dieser Theorie, welche auf dynamisch gesteuerte Abläufe mit vorgegebenen Problemstellungen und einer Antwortanalyse abzielen. Bei einer konstruktivistischen Lerntheorie sollen in dynamisch vernetzten Systemen, komplexe Situationen bewältigt werden, wobei hier keine Problemstellung von der Lehrperson vorgegeben wird. Es soll außerdem selbstreferentiell und autonom gehandelt werden (ebd.).
Stellt man diese beiden lerntheoretischen Modelle nun in Relation mit einer EotC, ist klar zu erkennen, dass sowohl die kognitivistische als auch die konstruktivistische Theorie zu einem erfolgreichen Unterrichtskonzept beitragen.
Bei einem Unterricht außerhalb des Klassenzimmers bedarf es an strukturierter Planung und Vorbereitung und einer permanenten Unterstützung der Lehrperson. Das Ziel eines solchen Unterrichtsprinzips ist jedoch das selbstständige Arbeiten, Entdecken und Erfahren. Es sollen komplexe Problemstellungen geboten werden, die durch die Konfrontation mit Primärerfahrungen und unbekannten Themeninhalten durchaus gegeben sind. Den komplexen Vorgang des Lernens bei einem Unterricht außerhalb des Klassenzimmers ist also durch die Kombination aus der kognitivistischen und der konstruktivistischen Lerntheorie leichter zu erklären und zu definieren. Nach Weinert (2001) können diese beiden Lerntheorien auch graphisch dargestellt werden.
[...]
- Citation du texte
- Anna-Katharina Komm (Auteur), 2019, "Education outside the classroom". Vorteile des autonomen Lernens am Beispiel des Orientierungslaufs bei einer Grundschulklasse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/889408
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