Der Roman "Sab" der kubanischen Autorin Gertrudis Gómez de Avellaneda fällt in die Zeit der spanischen Romantik. Tatsächlich benutzt die Autorin die Paradigmen der Romantik, indem sie mit dem schwarzen Sklaven Sab einen Helden schafft, der ganz und gar dem Gefühl, der Begierde, verhaftet ist.
Darüber hinaus ist "Sab" jedoch noch viel mehr. Der Roman ist ein Ventil mit dem die weibliche Autorin Avellaneda ihre Gesellschaftskritik gegen Patriarchat und männliche Autorenschaft ausdrücken kann. Sie tut dies, indem sie von einer "echten" weiblichen Kritik in ihrem Werk Abstand nimmt und stattdessen, die Position der Frau im 19. Jahrhundert anhand einer anderen marginalisierten Gesellschaftsschicht kritisiert - dem Sklaven Sab.
Innerhalb des Werkes sind es schließlich Sab, sowie die weiblichen Protagonisten Carlota und Teresa, sowie die indigene Ziehmutter Sabs, Martina, die eine Kritik an bestehenden Normen äußern und zusammen als eine Stimme der Kritik - wenn auch mit unterschiedlicher Vehemenz - auftreten.
Diese Arbeit untersucht die Kritik der Autorin gegenüber der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts aber auch der männlichen Autorenschaft der Romantik und zeigt den Mut der Autorin und die Kraft der Kritik in dem Roman auf.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Romantik in Spanien
2.1 Romantik und Liberalismus
2.2 Romantische Subjektivität
2.3 Die Situation der Frau im Spanien des 19. Jahrhunderts
2.3.1 Die Situation der Frau in der patriarchalischen Gesellschaft
2.3.2 Die Situation der Frau in der romantischen Literatur
3. Gender-Kritik in Gertrudis Gómez de Avellaneda: Sab
3.1 Gesellschaftskritik in Sab: Rezeption
3.2 Umkehrung (männlicher) romantischer Paradigmen
3.3 Weibliche Subjektivität
3.3.1 Carlota
3.3.2 Teresa
3.4 Sklaverei und Patriarchat
3.4.1 Das Schwarze als Repräsentation des Weiblichen
3.4.2 Dreieinigkeit: Die Einheit des Subalternen
3.5 Das Indigene als Vorbild: Martina
3.5.1 Weibliche Subjektivität
3.5.2 Martinas Einfluss auf die Subjektivitätsentwicklung von Sab, Teresa und Carlota
3.6 Subversivität
4. Resumée
Literatur
1. Einleitung
1841 wurde in Spanien der Roman Sab von der aus Kuba stammenden Autorin Gertrudis Gómez de Avellaneda veröffentlicht. In der Blütezeit der romantischen Bewegung in Spanien verfasst, liegt eine Bedeutsamkeit des Werkes darin, dass sich eine Frau an der literarischen Produktion zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Spanien beteiligt hatte. Zu dieser Zeit galt es als äußerst unfeminin, dass sich eine Frau intellektuell betätigte, anstatt sich dem ihr zugeschriebenen Betätigungsfeld des Hauses zu widmen. Der Roman gilt als Artikulation des Subalternen gegen soziale Ungerechtigkeiten. Gómez de Avellaneda demaskierte mit Sab die Sklaverei als ein ungerechtes, unmenschliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen Herrn und Untergebenen, das nicht der Zeit entsprach.
Die Frage allerdings ist, ob die Autorin anhand des schwarzen Sklaven Sab nur die Situation entrechteter Teile der Gesellschaft aufgrund von Hautfarbe und Klassenzugehörigkeit kritisierte, oder ob sie nicht das Schicksal der Sklaven in der Gesellschaft mit der entrechteten Lage einer weiteren marginalisierten Gruppe der Zeit verband: mit den Frauen. Ziel dieser Arbeit soll es sein, herauszustellen, inwiefern sich in Sab neben der offenkundigeren race -Kritik auch eine class - und gender -Kritik der Autorin finden lässt, wobei der Fokus auf dem gender -Aspekt liegen soll. Gertrudis Gómez de Avellaneda verbindet in ihrem Roman die Situation der Schwarzen in der Sklaverei mit dem rechtsleeren Raum, in dem sich die Frauen im Patriarchat befinden.
Dazu wird zunächst die Romantik in Spanien als literarische Bewegung dargestellt. Hierzu wird auf die enge Verbindung von Romantik und politischem Liberalismus (Punkt 2.1) im Land eingegangen, welche als schriftliche Ausformung der realen Ziele der Freiheit des Individuums diente. In Punkt 2.2 werden die Paradigmen romantischer (männlicher) Subjektivität untersucht und im Punkt 2.3 wird die Situation der Frau in der patriarchalischen Gesellschaft (Punkt 2.3.1) und in der romantischen Literatur (Punkt 2.3.2) dargestellt. Die subalterne Position innerhalb der Gesellschaft, die eine Frau durch die Heirat mit einem Mann einging, sollte sich in der romantischen Textproduktion - die vorwiegend von männlichen Vertretern der bürgerlichen Eliten bestimmt wurde - wiederholen und manifestieren. Nur wenigen Frauen gelang es, sich an der Männerdomäne der Literaturschaffung zu beteiligen.
In den folgenden Punkten soll schließlich der Umfang der gender -Kritik in Sab untersucht werden. Dafür wird in 3.1 der aktuelle Stand der Rezeption des Werkes dargelegt und die jeweiligen Vertreter genannt, die eine Kritik an der Situation der Frauen in dem Roman ablehnen und diejenigen, die eine Verbindung zwischen der Sklaverei und der Situation der Frauen im Patriarchat sehen. Anschließend wird das Werk selbst im Hinblick auf die Gesellschaftskritik untersucht, dabei fällt der erste Blick auf die Umkehrung der (männlichen) romantischen Paradigmen (Punkt 3.2), die sich anhand der Objektrolle von Enrique Otway und der dem romantischen Postulat der Darstellung der Frau zuwiderlaufenden Repräsentation der weiblichen Charaktere in Sab konstatieren lassen. In dem Roman von Gómez de Avellaneda lässt sich eine Besonderheit feststellen: die weiblichen Figuren bilden eine eigene Subjektivität aus und sind nicht Objekt, sondern Subjekt der Handlung. Diese weibliche Subjektivität war eine Neuerung innerhalb der romantischen Textproduktion und lässt sich – wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt – sowohl bei Carlota (Punkt 3.3.1), als auch bei Teresa (Punkt 3.3.2) erkennen. Neben der Ausformung weiblicher Subjektivität als Kritik an den vorherrschenden romantischen und sozialen Normen, welche die Frau auf eine passive Rolle innerhalb Gesellschaft beschränkte, verbindet sich in Sab Sklaverei und Patriarchat. Bei beiden handelt es sich um Formen der Unterordnung einer gewissen Gruppe unter eine andere. Um ihre Kritik an der Situation der Frau mit dem der Situation der Sklaven zu vergleichen, benutzt Gertrudis Gómez de Avellaneda ihren schwarzen Sklaven Sab als Repräsentationsfigur des Weiblichen; diese Verbindung wird in Punkt 3.4.1 herausgearbeitet. Im Anschluss (Punkt 3.4.2) wird die von Susan Kirkpatrick in ihrem Werk Las Románticas[1] geforderte Verbindung von Sab, Teresa und Carlota als Dreifaltigkeitt und somit als Einheit des Subalternen untersucht. Daran, dass diese drei Charaktere eine Verbindung durch ihre marginalisierte Position in der Gesellschaft eingehen, besteht kein Zweifel, jedoch muss diese Struktur um eine weitere Person der Geschichte erweitert werden: um die indigene Martina (Punkt 3.5). Diese nimmt aufgrund ihrer Situation als Frau und Indigene eine doppelt marginalisierte Position ein und dennoch ist sie es, die die größte Subjektivität entwickelt zu haben scheint (siehe Punkt 3.5.1). Punkt 3.5.2 stellt den großen Einfluss, den die Adoptivmutter Sabs bezüglich der Subjektivitätsentwicklung von Teresa, Sab und Carlota hat, dar. Ohne Martina würden die Protagonisten nicht die Subjektivität entwickeln, die sie am Ende des Romans haben. Zuletzt wird auf die Frage nach der Subversivität (Punkt 3.6) in Gertrudis Gómez de Avellanedas Sab eingegangen und auf die Gefahr hingewiesen, die eine zu deutliche Kritik an den bestehenden Verhältnissen, für eine Frau in der Romantik und der spanischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts gehabt hätte.
Die Ergebnisse der vorherigen Punkte werden in Punkt 4. noch einmal zusammengefasst und die Bedeutung der gender -Kritik, die neben der race - und class -Kritik existiert, betont. Gertrudis Gómez de Avellaneda kritisierte nicht nur die entrechtete Stellung der Sklaven in der patriarchalischen Gesellschaft, sondern sie bezog v.a. auch die marginalisierte soziale Position der Frau mit ein und äußerte somit Kritik an den bestehenden männlichen gesellschaftlichen Konventionen im 19. Jahrhundert.
2. Die Romantik in Spanien
2.1 Romantik und Liberalismus
Die Romantik als literarische Bewegung hielt erst spät in Spanien - in den 1830er Jahren – Einzug und hatte ihre Blütezeit von 1836 bis 1842. Ein Grund dafür ist u.a. die mangelnde Ausprägung der Bourgeoisie und liberaler Kräfte bei der Wende zum 19. Jahrhundert. Da die Romantik stark mit dem Liberalismus in Spanien verbunden war, konnte sich die Bewegung erst mit einer beginnenden Abkehr vom traditionsorientierten Denken etablieren. Nach dem Napoleonischen Krieg, dem beginnenden Verlust der spanischen Kolonialbesitzungen in Lateinamerika und dem Ende des spanischen Absolutismus konnten sich liberale Reformen im Land durchsetzen.
Während des ersten Karlistenkrieges (1833-1840) kam es 1836 zu einer Spaltung der liberalen Kräfte in Spanien in Liberalkonservative (moderados) und Fortschrittspartei (progresistas). Die progresistas erzwangen, von Aufstandsbewegungen unterstützt, dass die Witwe Ferdinands VII. 1836 einer Wiedereinsetzung der liberalen Verfassung von Cádiz von 1812 zustimmte. Dies gilt als der Beginn einer kurzen Zeitspanne, in der versucht wurde, progressiv-liberale Vorstellungen im Land umzusetzen. Dabei war die Romantik für die liberale Bewegung von grundlegender Bedeutung, denn sie war die literarische Ausformung der sozialen Ziele, die die Liberalen in der spanischen Gesellschaft durchzusetzen versuchten. Die Romantik repräsentierte die von der neuen Gesellschaft verlangten neuen Wahrheiten: individuelle Subjektivität und unveränderliche Rechte, „[…] according to this scheme, the model of the individual subject that underlies ‚truth’ is to be propagated and elaborated by both movements at different levels of social activity.“[2] Doch sowohl die literarische, als auch die politische Betätigung beschränkte sich dabei auf die führenden Klassen der Gesellschaft, d.h. Agitation in Romantik und Liberalismus konzentrierte sich vornehmlichst in den männlichen Vertretern der gesellschaftlichen Eliten.
Wie auch in der Politik gab es unter den Vertretern der spanischen Romantik zwei Fraktionen. Die einen, wie etwa Agustín Durán, forderten eine eher neoklassizistische, stark nationalistische Ausprägung in der Literatur; andere, z.B. Mariano José de Larra, propagierten eine progressivere Ausformung der literarischen Betätigung. Der Großteil der spanischen Romantiker folgte dabei den Vorgaben Duráns: konservativ und rückwärtsgerichtet. Doch selbst die Produkte, die am stärksten in der Tradition verhaftet waren, beanspruchten die neue Freiheit der subjektiven Expression und betonten Leidenschaft und Imagination. Trotz aller sozialen Widrigkeiten, die Frauen Anfang des 19. Jahrhunderts in Spanien in einer entrechteten Situation (siehe Punkt 2.3) hielten und ihnen somit eine Betätigung in einer Männerdomäne wie der literarischen Produktion beinahe unmöglich machten, zählen auch die Schriftstellerin Carolina Coronado und die aus Kuba stammende Gertrudis Gómez de Avellaneda zu wichtigen Vertretern der spanischen Romantik.
Ab 1843 wich der liberale Regierungsstil in Spanien einer wiederum konservativeren Ausrichtung. Es kam zu einem Regierungsbündnis aus moederados und gemäßigten progresistas[3], was eine Abkehr von radikal-liberalen Forderungen bedeutete. Mit der Rückkehr zum Konservatismus in der Regierung, ging auch die Bedeutung der Romantik in Spanien zurück.
2.2 Romantische Subjektivität
Das Ziel der romantischen Bewegung war die Ausformung des individuellen, freien Selbst. Romantische Texte sollten folglich Repräsentationen des Selbst sein, in denen im poetischen Diskurs eine Verbindung zwischen der liberalen Ideologie des unabhängigen Individuums und der sozialen Umwelt hergestellt werden sollte. Das ordnende Prinzip der Romantik ist das Subjekt, das als individuelles Selbst betrachtet wird. Das Subjekt ist Ausgangspunkt der Charakterisierung der Welt: von ihm ausgehend, wird die Beziehung Selbst/Nicht-Selbst untersucht. Das Selbst konnte dabei auf ein oder mehrere Paradigmen der romantischen Subjektivität zurückgreifen.
Ein Paradigma des romantischen Selbst ist dabei der nicht unterdrückbare Begierde-Impuls dem sich der romantische Held hingibt. Die Grenze vom Rationalen hin zur Leidenschaft wird durchbrochen und ist immer auch mit einem Beigeschmack des Aufbegehrens, der Revolte gegen das Bestehende versehen. Susan Kirkpatrick nennt diese Subjektivität das Prometheusche Selbst[4]. Ein Beispiel für die Überschreitung der Grenze von Vernunft und Begierde ist etwa Lord Byrons Manfred. Oftmals kommt es zu einer Verschmelzung von biographischer und literarischer Identität, dann, wenn der Autor seine liberalen Vorstellungen im Text von einem romantischen Charakter umsetzen lassen will. Eine weitere Darstellungsmöglichkeit romantischer Subjektivität ist die Befremdung des Selbst als Abgrenzung zur äußeren Umgebung: „[…] the greatness of a soul that feels constrained into a limiting, confining world.“[5] Der fühlende Protagonist setzt sich aufgrund seiner Verortung in der Leidenschaft von seinem weniger stark fühlenden sozialen Umfeld ab. Der romantische Held als das „Andere“ in Bezug auf seine Umgebung, d.h. es eröffnet sich eine Charakterisierungsmöglichkeit anhand der unterschiedlichen Ausrichtung: Sensibilität des romantischen Selbst vs. Unsensibilität der Welt. Goethes Die Leiden des jungen Werther gilt als eine der besten literarischen Darstellungen in denen sich der fühlende romantische Held von seinem distanziert-sachlichen Umfeld abhebt. Ein letztes Paradigma romantischer Subjektivität ist die Präsentation des Selbst als ein im Inneren gespaltenes, als ein zerstreutes Selbst. Dies ermöglicht eine Unterscheidung des romantischen Helden in ein nach außen gerichtetes „soziales“ Selbst und ein inneres „tiefes“ Selbst. Diese Teilung manifestiert sich in der romantischen Literatur durch inneren Dialog (z.B. bei Saavedras Don Alvaro).
Von diesen Paradigmen ausgehend wird die Beziehung des romantischen Selbst zu seiner Umgebung dargestellt und von dieser abgegrenzt. Hauptmotiv der Romantik ist die Liebe, „[…] die uneingeschränkte Zuwendung zum anderen, [welche] die Chance bietet, der Sinnlosigkeit der Existenz für kurze Zeit zu entkommen.“[6]
Obwohl die Romantik besonders Gefühle, Leidenschaft und Sehnsucht zur Thematik hatte, wurde Frauen die Ausformung romantischer weiblicher Subjektivität abgesprochen, auch wenn sie für diese Themen geradezu prädestiniert erschienen. In der literarischen Darstellung war die Frau lediglich Objekt, nicht aber handelndes, unabhängiges Subjekt (mehr dazu in Punkt 2.3.2). Romantische Subjektivität war eine rein männliche.
2.3 Die Situation der Frau im Spanien des 19. Jahrhunderts
2.3.1 Die Situation der Frau in der patriarchalischen Gesellschaft
Bis zur Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert herrschte in Spanien eine starke Segregation zwischen Mann und Frau. Diese strenge Trennung änderte sich um 1800. Anstelle des physischen Segregationsgedankens trat eine psychologische Trennung der Geschlechter: der Mann wurde im öffentlichen Raum verortet, der Frau wurde das Private zugesprochen. Sie wurde beschränkt auf das Heim, als ein Engel am Herd (ángel del hogar[7]). Dies zeigt schon die Beschränkung auf, welcher die Frauen im Spanien des 19. Jahrhunderts ausgesetzt waren: im öffentlichen Leben hatten sie keinerlei Handlungsfähigkeit. Der einzige Ort weiblicher subjektiver Entfaltungsmöglichkeit war das Zuhause. Auftreten in der Öffentlichkeit galt als unfeminin, besonders wenn sich eine Frau an politischen Debatten oder an der Literaturschaffung beteiligte. Frauen mangele es an Intelligenz und sie seien zu sehr in der „reinen“ Gefühlswelt verhaftet, als dass sie sich in dem schwierigen Fahrwasser der Öffentlichkeit bewegen könnten.
Die Frau musste sich in jedem Bereich dem Mann unterordnen. Das Prinzip der patriarchalischen Gesellschaft machte die Frau zum Objekt der Willkür des Mannes – ob nun des Vaters oder des Ehemanns. Der Vater hatte die alleinige Entscheidungskompetenz über das Leben der Tochter. Bis zu einem Alter von 23 Jahren musste der Vater einer Heirat zustimmen. Tatsächlich ist es so, dass eine unverheiratete Frau gesetzlich mehr Rechte für sich beanspruchen konnte, als eine verheiratete. Denn die Heirat stellte die spanische Frau des 19. Jahrhunderts unter die Obhut des Mannes. Als verheiratete Frau verlor man das Recht, über sein Vermögen/seinen Besitz frei zu verfügen, selbstständig Verträge zu unterzeichnen, oder ein Testament aufzusetzen. Diese juristische Kompetenz ging auf den Ehemann über.
Der Frau wurde lediglich eine Objektrolle zugestanden, wohingegen der Ehemann bzw. der Vater (das Männliche) als handelndes, entscheidendes Subjekt fungierte: „[…] women as wives and mothers had their rights subsumed under patriarchal family law, as did slaves, captives and others.“[8] - die Frau als das „Andere“.
Diese Ideologie der Häuslichkeit der Frau, limitierte ihren Einfluss- und Entfaltungsbereich auf die Familie. Ihre Aufgabe war die Reproduktion und als Erquickerin des Mannes aufzutreten. Bildung wurde Frauen zu dieser Zeit nur in sehr begrenztem Umfang gestattet. Es sollte genügen, um der ihr zugedachten Rolle als Unterhalter des Mannes gerecht zu werden, nicht aber um öffentliche Positionen einnehmen zu können. Während die Liberalen alles unternahmen, um die von ihnen propagierte Transformation der Machtstrukturen in Spanien durchzusetzen, änderte sich an der entrechteten Situation der Frau zu Beginn des 19. Jahrhunderts nichts. Die bestehende Geschlechterhierarchie wurde aufrecht erhalten. Die von Liberalismus und Romantik geforderte Freiheit und Subjektivität des Individuums beschränkte sich auf die männlichen, weißen Mitglieder der Führungsschicht. Die sozialen Schranken, die einen Zugang zu autonomer Entfaltung regelten, waren folglich gezogen von race, class und gender.
[...]
[1] Vgl. Krikpatrick, Susan, Las Románticas. Escritoras y Subjetivitdad en España 1835-1850, Berkeley : University of California Press 1989.
[2] Kirkpatrick, Las románticas, S. 42.
[3] Bereits 1840 kam es zu einer erneuten Zersplitterung der liberalen Kräfte. Mit den progresistas an der Macht, teilte sich die Partei in eine radikale (den sogenannten „Reinen“, puros) und eine gemäßigte Fraktion, die die Regierungsfraktion bildete. Vgl.: Schmitt, Peer (Hg.), Kleine Geschichte Spaniens, Stuttgart: Reclam 2004.
[4] Vgl. Kirkpatrick, Las románticas. Laut Kirkpatrick ist die Begierde nach Revolte im romantischen Rebellen so groß, so dass er eine ungeheuerliche Energie in die Verwirklichung seiner Sehnsüchte steckt, die am Ende keinerlei physisches, moralisches oder politisches Hindernis aufhalten kann.
[5] Herrero, Javier, „Romantic Theology: Love, Death & the Beyond“, in Rosenberg, John R.: Resonancias Románticas: Evocaciones del Romanticismo Hispánico, Madrid: Turanzas 1988, S.4.
[6] Wentzlaff-Eggebert, Christian, „Spanien in der Romantik“, in Forum Ibero-Americanum 9 (1994), S. 8.
[7] Vgl. Krikpatrick, Las Románticas.
[8] Davies, Catherine, „Founding-fathers and domestic genealogies: situating Gertrudis Gómez de Avellaneda.”, in Bulletin of Latin American Research 22/4 (2003), S. 426.
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- Magister Artium Florian Jetzlsperger (Autor:in), 2007, Patriarchat als Sklaverei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88896
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