1. Einleitung
Die deutsche Sprache, wie wir sie heute kennen und nutzen, war nicht immer von den Merkmalen geprägt, die sie heute charakterisieren. Sie weist eine fast 1500 Jahre alte Geschichte auf, die mit der Ausgliederung aus dem Germanischen beginnt und sich über viele Etappen weiterentwickelt hat. Besonders das Morphologische und Phonologische sind dabei betroffen. Doch auch, wenn diese Bereiche einzeln voneinander betrachtbar sind, bedeutet das nicht, dass eine Isolation vorgenommen werden kann. Eine Veränderung der Phonologie kann auf einer Veränderung der Morphologie beruhen oder jene hervorbringen. Ein Beispiel dafür ist der Laut- und Schriftwandel, der von der Rune 'Thorn' zum heutigen 'd' bekannt ist .1
Die Feststellung, dass Sprache nichts Statisches ist, sondern immer einer Veränderung unterzogen wird, kommt besonders in einem Zitat Hermann Pauls zum Ausdruck, der die Sprache und die Entwicklung unmittelbar miteinander in Verbindung bringt: “Es ist eingewendet, dass es noch eine andere wissenschaftliche Betrachtung der Sprache gäbe, als die geschichtliche. Ich muss das in Abrede stellen. Was man für eine nichtgeschichtliche und doch wissenschaftliche Betrachtung der Sprache erklärt, ist im Grunde nichts als eine unvollkommene geschichtliche, unvollkommen teils duch Schuld des Betrachters, teils durch Schuld des Beobachtungsmaterials. Sobald man über das bloße Konstatieren von Einzelheiten hinausgeht, sobald man versucht, den Zusammenhang zu erfassen, die Erscheinungen zu begreifen, so betritt man auch geschichtlichen Boden, wenn auch vielleicht ohne sich klar darüber zu sein.”2
1 Vgl. Meineke, Eckhard / Schwerdt, Judith: Einführung in das Althochdeutsche. Paderborn 2001, S. 237.
2 Paul, Hermann: Prinzipien der Sprachgeschichte, 8. Auflage. Tübingen 1968, S. 20.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Überlieferung des Althochdeutschen durch die Christianisierung Mitteleuropas
2.1 Das karolingische Reich
2.2 Missionierung und klösterliche Bildungsstätten
2.3 Latein und Volkssprachen
2.4 Rahmenbedingungen für die althochdeutsche Überlieferung
3. Pastorale Kleinliteratur
3.1 Paternoster und Credo
3.2 Taufgelöbnisse
3.3 Katechismus
3.4 Gebete
3.5 Beichten
3.6 Predigt
3.7 Priestereid
4. Schluss
5. Literatur
Anhang
1. Einleitung
Die deutsche Sprache, wie wir sie heute kennen und nutzen, war nicht immer von den Merkmalen geprägt, die sie heute charakterisieren. Sie weist eine fast 1500 Jahre alte Geschichte auf, die mit der Ausgliederung aus dem Germanischen beginnt und sich über viele Etappen weiterentwickelt hat. Besonders das Morphologische und Phonologische sind dabei betroffen. Doch auch, wenn diese Bereiche einzeln voneinander betrachtbar sind, bedeutet das nicht, dass eine Isolation vorgenommen werden kann. Eine Veränderung der Phonologie, kann auf einer Veränderung der Morphologie beruhen oder jene hervorbringen. Ein Beispiel dafür ist der Laut- und Schriftwandel, der von der Rune 'Thorn' zum heutigen 'd' bekannt ist.[1]
Die Feststellung, dass Sprache nichts Statisches ist, sondern immer einer Veränderung unterzogen wird, kommt besonders in einem Zitat Hermann Pauls zum Ausdruck, der die Sprache und die Entwicklung unmittelbar miteinander in Verbindung bringt: “Es ist eingewendet, dass es noch eine andere wissenschaftliche Betrachtung der Sprache gäbe, als die geschichtliche. Ich muss das in Abrede stellen. Was man für eine nichtgeschichtliche und doch wissenschaftliche Betrachtung der Sprache erklärt, ist im Grunde nichts als eine unvollkommene geschichtliche, unvollkommen teils duch Schuld des Betrachters, teils durch Schuld des Beobachtungsmaterials. Sobald man über das bloße Konstatieren von Einzelheiten hinausgeht, sobald man versucht, den Zusammenhang zu erfassen, die Erscheinungen zu begreifen, so betritt man auch geschichtlichen Boden, wenn auch vielleicht ohne sich klar darüber zu sein.”[2]
Das Althochdeutsche ist eine Periode in der Geschichte der Sprache, die wir heute kennen. Verschiedene Grundlagen der Gegenwartssprache sind mit ihr aufzeigbar, ohne
die Wichtigkeit anderer Entwicklungsstufen, wie die des Mittelhochdeutschen, in Frage zu stellen.[3]
Im Zusammenhang mit diesen Fakten stellen sich für die vorliegende Hausarbeit verschiedene Fragen. Im zweiten Abschnitt wird auf die Überlieferung des Althochdeutschen eingegangen. Hierbei soll beantwortet werden, in welcher Zeit die Grundlagen geschaffen worden sind, um eine spätere Weitergabe des Wissens möglich zu machen. Eingehen möchte ich hierbei auf politische, soziale und kulturelle Entwicklungszüge des karolingischen Reiches, mit einem Hauptaugenmerk auf das spätere Karlsreich und damit verbunden Karl den Großen. Biografisches wird nicht angeführt, da der Lebensinhalt des Herrschers zwar mit seinen Entscheidungen zusammenhängt, aber für die Entwicklung der Sprache keine übergeordnete Rolle spielt.
Die nachfolgenden Abschnitte befassen sich mit der Einführung des Christentums in die ehemaligen germanischen Gebiete, der Missionierung des Volkes und der Errichtung klösterlicher Bildungsstätten, sowie dem Sprachwandel vom Lateinischen zum Althochdeutschen und den Rahmenbedingungen, die zur Überlieferung geschaffen wurden. Die grundlegenden Fragen knüpfen direkt an die Vorgeschichte an. Es gilt zu klären, wer die Idee des einen christlichen Gottes vertrat und aus welchen Gründen er diese anderen Menschen übermitteln wollte. Weshalb musste unbedingt eine Religion in die verschiedenen Gegenden des ehemaligen Germaniens eingeführt werden, um Textdenkmäler zu errichten? Nach welchen Vorbildern handelten die Missionare und wie wirkte sich das Verhalten der Religionsanhänger auf das Volk und auf die Kleriker selbst aus? Welche Mittel nutzten sie, um die Menschen zu bekehren und wer veranlasste sie, dies zu tun?
Im Übergang zum dritten Teil der Hausarbeit werden auch die Problemstellungen des sprachlichen Wandels aufgezeigt, indem auf pastorale Kleindenkmäler eingegangen wird. An deren Form und Inhalt werde ich aufzeigen, welche Mittel der Klerus nutzte, um die Bevölkerung unter einer Religion zu einen.
Das Schlusskapitel wird mit der Zusammenfassung der Fragen und der darauf gegebenen Antworten den formalen und inhaltlichen Rahmen der Arbeit schließen und zur Komplettierung von einem Verzeichnis der verwendeten Fachliteratur und anderen Quellen gefolgt sein.
2. Die Überlieferung des Althochdeutschen durch die Christianisierung Mitteleuropas
2.1 Das karolingische Reich
Um zu verstehen, wie es zu einer Missionierung der Völkergruppen in den verschiedenen Länderteilen kam, ist es wichtig, die historischen Ereignisse zusammenzufassen und zu verstehen. Zu beginnen ist mit der Geschichte des karolingischen Reiches.
Den Ausgangspunkt für das fränkische Reich hatte Chlodwig im fünften Jahrhundert geschaffen. Er siegte über den Dux Syagrius, beendete die römische Herrschaft zwischen Somme und Loire und verleibte seinem Herrschaftsgebiet ein wenig später auch das Westgotenreich ein, woran sich auch Siege über die Burgunder und Alamannen anschlossen. Weitere Feldzüge erbrachten Siege über das Thüringerreich und zwangen Bayern, eine Abhängigkeit zu den Franken einzugehen.[4]
Nachdem auch die Merowinger ihre Herrschaft abgeben mussten und die Karolinger mit Hilfe eines Mannes namens Pippin II. die Adelsfehden für sich entscheiden konnten, wurde Pippin III. durch eine priesterliche Weihe, welche der päpstliche Legat, Erzbischof
Bonifatius durchführte, in den Rang der Könige des Alten Testaments erhoben.[5]
Hierin begründet sich auch die enge Verbindung zwischen den Karolingern und dem Papsttum.
Mit Karl dem Großen begann anschließend eine Zeit, in der ein Großreich geschaffen wurde. Der gesplittete Nordwesten des ehemaligen Römerreiches wurde wieder vereint und über Rhein und Donau erweitert. Ebenso wie Bayern wurde das Königreich Langobarden eingegliedert und nach über 30 Jahren Kriegszustand auch Sachsen unterworfen. Durch die Kaiserkrönung Karls im Jahre 800 wurde der imperiale Anspruch gesichert.[6] Dass das Reich keinen ewigen Bestand hatte, lässt sich auf mehrere Ursachen zurückführen. Ersten handelte es sich um einen Vielvölkerstaat, dem Kommunikations- und Transportmittel fehlten. Judikative und Exekutive waren nicht annähernd fortschrittlich genug, um ein einheitliches System zu schaffen und Verwaltungsapparate existierten ebenso wenig wie eine Polizei im Sinne des Zivilschutzes. Doch die sozial- politischen Probleme waren nur ein Teil des Ganzen. Neben den Ungeklärtheiten der Erbfolge und diversen Bruderkriegen zwischen den Söhnen Ludwigs des Frommen stand das Reich unter dem Druck der Normannen und Ungarn, weshalb die Stammherzogtümer Sachsen, Thüringen, Bayern, Schwaben, Lothringen und Franken wieder an Geltung gewannen.[7]
2.2 Missionierung und klösterliche Bildungsstätten
Das Einheitsstiftende der Zeit Karl des Großen, das sich auch in den Grenzgebieten des Imperiums durchsetzte, war das Christentum. Es vermittelte die Vorstellung des persönlich- fürsorglichen, aber auch richterlichen Gottes, der eine Art Gesinnungsethik forderte. Jene äußerte sich in individueller und mentaler Hingabe, die weniger materielle Opfer forderte. Die Liebe eines jeden zu Gott konnte von den Heiden nicht einfach erwartet werden, weshalb es mit Papst Gregor dem Großen zur Missionierung kam, indem er Mönche ins angelsächsische Britannien schickte.[8] Die bekehrten Angelsachsen schickten daraufhin Missionare auf das Festland wie einen namens Winfried, der den Missionsnamen Bonifatius führte und von Papst Gregor III. die Bischofswürde verliehen bekam, was ihn zum Kirchenvertreter in Germanien machte. Sein Missionierungsvorhaben in Sachsen scheiterte hingegen schon an den Grenzen des Landteiles. Stattdessen gelang es ihm, die fränkische Kirche zu reformieren.[9]
Doch nicht nur eine politische, sondern vor allem die kulturelle Bedeutung der geschaffenen Gesamtsituation ist wichtig. Das Christentum stützte sich, um sich seines Fundamentes sicher sein zu können, auf schriftliche Überlieferung. Auch das Bildungsniveau war anderen Religionen gegenüber weiter ausgeprägt, da für die stetige Übermittlung christlicher Lehren nicht einfach ein paar Kirchenvertreter notwendig waren, sondern die Erfüllung der Bedingungen, die das Buch an sich stellt: Buchproduktion, Lesefähigkeit, Schulbildung und nötiges Wissen zur korrekten Auslegung der Texte. Dies war in rein agrarischen Gesellschaften nicht möglich. Die Komplettmissionierung forderte von daher auch eine Umstrukturierung der
Gesellschaftsverhältnisse.[10]
Wie bereits angemerkt, war es Erzbischof Bonifatius nicht möglich, die Sachsen zu bekehren, was jedoch nicht hieß, dass es auch keinem anderen gelang. Karl der Große setzte die Missionierung durch, stellte geistliche Vertreter und Mittel zur Verfügung. Es scheint, als wäre es seine Absicht gewesen, dem byzantinischen Vorbild Folge zu leisten, das den Kaiser als ersten und vornehmsten Missionar darstellt. Die Herrscher Byzanz' handelten auch schon in der nichtchristlichen Zeit nach dem Grundsatz, dass dem König eine besondere Autorität zukomme. Der Idee nach ist er der Stellvertreter Gottes auf Erden, was im Widerspruch zur päpstlichen Auffassung stand. Karl aber folgte nicht dem Papsttum, was sich darin zeigte, dass er sowohl Kaiser als auch höchster Priester sein wollte. Karl ernannte kirchliche Würdenträger, organisierte das Klosterleben, die Ausbildung neuer Kleriker, sicherte Eigenkirchen, führte den Vorsitz auf den Reichssynoden und förderte eine vereinheitlichte Liturgie, was besonders für die spätere Überlieferung religiöser Textdenkmäler in althochdeutscher Sprache wichtig wurde.[11]
Das Christentum setzt eine bewusste Entscheidung für den Glauben und eine den Glaubensgrundsätzen entsprechende Lebensführung voraus. Im Frühmittelalter beschränkte sich die Mission auf ein Minimum dessen, was gelehrt werden konnte. Es wurden, um die Taufe in Empfang nehmen zu können, nur die Kenntnis des Vaterunser und des Glaubensbekenntnisses vorausgesetzt. Nach angelsächsischer Tradition war das unverzichtbar. Von daher wurde vom Lateinischen auch in die Volkssprachen übersetzt, was ein weiterer Schritt in Richtung der althochdeutschen Kleinliteratur war. Besonders das Altsächsische Taufgelöbnis bietet die Möglichkeit, einen Einblick in die Praxis der
Mission und den germanischen Götterglauben zu erhalten. Doch nicht nur Schriften entstanden, sondern auch Klöster wie St. Gallen, Reichenau, Fulda und später Domklöster wie die in Würzburg, Mainz und Lüttich.[12]
[...]
[1] Vgl. Meineke, Eckhard / Schwerdt, Judith: Einführung in das Althochdeutsche. Paderborn 2001, S. 237.
[2] Paul, Hermann: Prinzipien der Sprachgeschichte, 8. Auflage. Tübingen 1968, S. 20.
[3] Vgl. Meineke, Eckhard: „Die ergibigkeit des feldes ist noch von solcher art, daß es nie versagt.“. Überlegungen zur Erforschung des Mhd., in: ZDL (1966), S. 147-184.
[4] Vgl. Meineke/Schwerdt, 2001, S. 93.
[5] Vgl. Meineke/Schwerdt, 2001, S. 93.
[6] Vgl. Boshof, Egon: Ludwig der Fromme. Darmstadt 1966, S. 84 f.
[7] Vgl. Meineke/Schwerdt, 2001, S. 93.
[8] Vgl. Nitschke, August: Frühe christliche Reiche, In: Mann, Golo/ Nitschke, August (Hg.): Propyläen Weltgeschichte. Frankfurth am Main 1963, S. 275-393.
[9] Vgl. Meineke/Schwerdt, 2001, S. 94.
[10] Vgl. Meineke/Schwerdt, 2001, S. 93.
[11] Vgl. Boshof, 1966, S. 154.
[12] Vgl. Meineke/Schwerdt, 2001, S. 95.
- Citar trabajo
- Ralf Friedrich (Autor), 2007, Untersuchung der Überlieferung des Althochdeutschen an ausgewählter pastoraler Kleinliteratur des 9. und 10. Jahrhunderts, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88836
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