„Die schöne Frau existiert nicht. Sie ist ein Produkt der männlichen Phantasie.
Mit diesen Worten beginnt Nicolaus Sombart seinen Beitrag über die schöne Frau und den männlichen Blick in der bildenden Kunst. Auch die hässliche Frau in der Literatur des 19. Jahrhunderts existiert nicht, sondern ist das Produkt einer Denkrichtung, die sich von der Zeit der idealisierten Klassik abwendet und ein Plädoyer für eine realistische Darstellung beinhaltet. Das Motiv der hässlichen Frau wird sowohl von männlichen als auch weiblichen Autoren aufgegriffen. Die ausgewählten Beispiele dieser Arbeit stammen alle aus der Feder von Männern, die einen Blick auf die hässliche Frau werfen.
Die Idee zu dieser Arbeit entstand während der Beschäftigung mit Adalbert Stifters Novelle Brigitta. Die gleichnamige Protagonistin war die erste als hässlich beschriebene Hauptfigur, der ich bis dahin begegnet war. Auf der Suche nach weiteren hässlichen Frauenfiguren fanden sich mehr Beispiele als erwartet, einige davon in der Trivialliteratur. Der größte Teil dieser Werke stammt aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, was nicht zuletzt mit einer veränderten Einstellung über die Aufgabe von Literatur zusammenhängt.
Das Nachdenken über die Funktion der hässlichen Frau führte zu der Frage, mit welchen normativen Vorstellungen dieses Motiv bricht. Das weitere Vorgehen galt der Forschung nach dem Ursprung des Ausdrucks ‚das schöne Geschlecht‘. Dieser Weg führte mich in ein mir vollkommen neues Gebiet: die Wissenschaft der Philosophie, genauer der Ästhetik. Der Philosoph Edmund Burke stellte sich als Urheber dieses Begriffs heraus, der im 18. Jahrhundert die diskursive Einheit aus Schönheit, Weiblichkeit und männlichem Begehren prägte. Diese etablierte sich über das Jahrhundert hinaus auch in medizinischen oder naturwissenschaftlichen Themenfeldern.
Inhaltsverzeichnis
0. EINLEITUNG
1. HINTERGRUND
1.1. ZUR FORSCHUNG
1.2. POETOLOGISCHE VERFAHREN
1.3. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
1.3.1. schön / Schönheit
1.3.2. hässlich / Hässlichkeit
1.3.3. Resümee und Ausblick
1.4. EXKURS: ÄSTHETIK - DAS SCHÖNE, DAS ERHABENE, DAS HÄSSLICHE
1.5. SCHÖNHEIT - WEIBLICHKEIT - BEGEHREN
1.6. HÄSSLICHKEIT - MÄNNLICHKEIT - BEGEHREN
2. HÄSSLICHE FRAUEN IN DER LITERATUR DES 19. (UND BEGINNENDEN 20.) JAHRHUNDERTS
2.1. BRIGITTA
2.1.1. Schönheit und Hässlichkeit
2.1.2. Leidenschaft und Zähmung
2.1.3. Versöhnung
2.1.4. Resümee
2.2. VICTOIRE
2.2.1. Schönheit und Hässlichkeit
2.2.2. Fontane und Rosenkranz
2.2.3. Cross Dressing
2.2.4. Resümee
2.3. DUNJA
2.3.1. Hässlichkeit
2.3.2. Phantasma
2.4. MARTHA
2.4.1. Hysterie
2.4.2. Tod
2.5. RESÜMEE
3. SCHLUSS
4. BIBLIOGRAPHIE
0. EINLEITUNG
„Die schöne Frau existiert nicht. Sie ist ein Produkt der männlichen Phantasie.“1
Mit diesen Worten beginnt Nicolaus Sombart seinen Beitrag über die schöne Frau und den männlichen Blick in der bildenden Kunst. Auch die hässliche Frau in der Literatur des 19. Jahrhunderts existiert nicht, sondern ist das Produkt einer Denkrichtung, die sich von der Zeit der idealisierten Klassik abwendet und ein Plädoyer für eine realistische Darstellung beinhaltet. Das Motiv der hässlichen Frau wird sowohl von männlichen als auch weibli- chen Autoren aufgegriffen. Die ausgewählten Beispiele dieser Arbeit stammen alle aus der Feder von Männern, die einen Blick auf die hässliche Frau werfen. Eine vergleichende Analyse zu den von Frauen entworfenen Weiblichkeitsbildern wäre interessant, wird aber an dieser Stelle nicht stattfinden.
Die Idee zu dieser Arbeit entstand während der Beschäftigung mit Adalbert Stifters Novel- le Brigitta. Die gleichnamige Protagonistin war die erste als hässlich beschriebene Haupt- figur, der ich bis dahin begegnet war. Auf der Suche nach weiteren hässlichen Frauenfigu- ren fanden sich mehr Beispiele als erwartet, einige davon in der Trivialliteratur2. Der größ- te Teil dieser Werke stammt aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, was nicht zu- letzt mit einer veränderten Einstellung über die Aufgabe von Literatur zusammenhängt. Das Nachdenken über die Funktion der hässlichen Frau führte zu der Frage, mit welchen normativen Vorstellungen dieses Motiv bricht. Das weitere Vorgehen galt der Forschung nach dem Ursprung des Ausdrucks ‚das schöne Geschlecht‘. Dieser Weg führte mich in ein mir vollkommen neues Gebiet: die Wissenschaft der Philosophie, genauer der Ästhetik. Der Philosoph Edmund Burke stellte sich als Urheber dieses Begriffs heraus, der im 18. Jahrhundert die diskursive Einheit aus Schönheit, Weiblichkeit und männlichem Begehren prägte. Diese etablierte sich über das Jahrhundert hinaus auch in medizinischen oder naturwissenschaftlichen Themenfeldern.
Die hässliche Frau als Protagonistin in der Literatur bricht diese Einheit zwischen schön und weiblich auf und stellt damit die etablierten Geschlechterrollen in den Diskursen der bildenden Kunst, Literatur, Philosophie und Naturwissenschaft in Frage. Sie steht für ein Frauenbild, das den Weg öffnet für eine neue Ordnung der Geschlechter - oder diesen ver- schließt. In dieser Arbeit werde ich vier Texte behandeln, deren Hauptfiguren hässlich sind: Adalbert Stifters Novelle Brigitta (1844/1847)3 ; Theodor Fontanes Schach von Wuthenow. Erzählung aus der Zeit des Regiments Gensdarmes, (1882)4 ; Thomas Manns Gerächt. Novellistische Studie (1899)5 und Ferdinand von Saars Sappho (1904)6.
Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. In einem theoretischen Teil schildere ich zunächst die spärliche Forschungsliteratur zum Motiv der hässlichen Frau. Ein kurzes Kapitel zeigt die Schwierigkeit auf, Schönheit oder Hässlichkeit literarisch erkennbar zu machen. Auf- grund dieser Problematik erfolgt zunächst eine Klärung des Begriffspaars ‚schön / Schön- heit‘ und ‚hässlich / Hässlichkeit‘, die als Basis für die weiteren Ausführungen gelten soll und keinen Anspruch auf eine abschließende Definition erhebt. Das dritte Kapitel wird in Form eines Exkurses auf die Entwicklung der Ästhetik als Wissenschaft eingehen, sowie die begrifflichen Kategorien, die sie geprägt hat. Dies dient als Grundlage für das vierte Kapitel, das anhand von Edmund Burkes einzigerästhetischer Arbeit A Philosophical En- quiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and Beautiful (1757) die Entstehung des Begriffes ‚das schöne Geschlecht‘ sowie der diskursiven Einheit von Schönheit, Weiblich- keit und Begehren aufzeigen wird. Im fünften Kapitel gehe ich auf die Rolle der Literatur ein, die mit dieser Einheit bricht und gebe bereits einen Ausblick auf den zweiten Teil der Arbeit, der sich mit den literarischen Texten in chronologischer Reihenfolge beschäftigt. In diesem Teil werde ich untersuchen, wie die Texte die Hässlichkeit der Frauen darstellen und auf welche Weise die beschriebene Trias aufgebrochen wird. Dabei werden sich Ge- meinsamkeiten für alle vier Werke, aber auch eine deutliche Trennlinie zwischen den bei- den frühen und den beiden späteren Erzählungen zeigen. Während die Texte Stifters und Fontanes die Möglichkeit einer neuen Geschlechterkonstruktion und damit eine Identität ihrer Protagonistinnen außerhalb der bestehenden Normen implizieren, zeigt sich in den Erzählungen bei Mann und Saar die Angst vor einer Bedrohung, die mit weiblicher Eman- zipation einhergeht.
1. HINTERGRUND
1.1. Zur Forschung
Die Forschungsliteratur zum ausgewählten Gegenstand dieser Arbeit erweist sich als am- bivalent: Während es zu den Themen „Schönheit“ bzw. „Hässlichkeit“ in verschiedenen wissenschaftlichen Kontexten unerschöpfliche Mengen von Literatur gibt, ist der Umfang der Forschungsergebnisse zur literarischen Figur der hässlichen Frau mehr als dürftig zu nennen. Einen Aufsatz zu hässlichen Frauenfiguren in der mittelalterlichen Literatur hat Ingrid Kasten veröffentlicht. Kasten vermutet hinter dem literarischen Verfahren des Häss- lichmachens eine Strategie der Ausgrenzung von Verhaltensweisen, die den gesellschaftli- chen Vorstellungen von Weiblichkeitsmustern der damaligen Zeit zuwiderliefen.7 In der Regel jedoch wird Weiblichkeit in der mittelalterlichen Literatur mit Schönheit attribuiert. Zu hässlichen Frauen in der Literatur des 19. bzw. beginnenden 20. Jahrhunderts sind drei Aufsätze erschienen. Linda Kraus Worley setzt sich mit zwei Texten, verfasst von Therese Huber bzw. Gabriele Reuter, aus dem 19. Jahrhundert auseinander und zeigt, wie diese die diskursive Einheit von schöner Weiblichkeit und schönem Charakter aufbrechen8. Aller- dings ist ihr Zugriff auf die Vorstellungen von Schönheit im Mittelalter in der Argumenta- tion nicht überzeugend, da sie nur schwer in Zusammenhang mit den deutlich erkennbaren rassistischen Elementen in Reuters Erzählung zu bringen sind.
Der zweite Aufsatz stammt von Patricia Howe und beschäftigt sich mit drei der hier eben- falls untersuchten Texte: Stifters Brigitta, Fontanes Schach von Wuthenow und Saars Sappho.9 Für Howe stellen sich die Texte als Experimente ihrer männlichen Autoren dar, in denen die Einheit von schöner Weiblichkeit aufgebrochen wird. Ausgehend von Max Lüthis Märchentheorie bezeichnet Howe eine ‚hässliche Heldin‘ als einen paradoxen Aus- druck. Ihre Interpretation von Brigitta fokussiert entsprechend vor allem auf Aspekte von Märchen in der Novelle. Die Untersuchung widmet sich einerseits der inhaltlichen Frage, wie die Protagonistinnen ihre Identität trotz Zurückweisung, Betrug und Isolierung finden können. Zum anderen untersucht Howe, wie der Text auf formaler Ebene hässliche Hel- dinnen kreiert, ohne den Leser zu befremden.
Inge Stephan hat einen kurzen Aufsatz verfasst, basierend auf Interpretationen dreier litera- rischer Beispiele aus unterschiedlichen Epochen, „in denen sich Schönheit und Hässlich- keit wie Männlichkeit und Weiblichkeit diskursiv überkreuzen und überraschende Allian- zen eingehen“10. Neben Christian Hoffmann von Hoffmannswaldaus Sonett Vergänglich- keit der Schönheit und Mela Hartwigs Aufzeichnungen einer Häß lichen untersucht sie Stif- ters Novelle Brigitta, die aus Stephans Sicht die gängigen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit sowie Schönheit und Hässlichkeit in subtiler Weise neu festschreibt.
Interessant ist Wilhelm Trapps Untersuchung zum „schönen Mann“11. Nach Trapp ist Schönheit ein Phantasma, hervorgerufen durch das unstillbare Begehren des Subjekts (nach Lacan/Žižek). Das Phantasma des schönen Mannes ‚stört‘ die diskursive Einheit von weiblicher Schönheit, denn „die feminine Schönheit ist am Mann monströs, weil sie ein für die männlich-heterosexuelle Begehrensökonomie perverses Begehrensobjekt schafft“12. Im Verlauf der Arbeit entwickelt Trapp Belege, die anhand philosophischer, literarischer und kunsttheoretischer Texte eine Feminisierung derästhetischen Kategorie des Schönen von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart nachweisen.
Während sich neben Trapp noch weitere Autoren mit den Konstruktionen von Weiblichkeit in der philosophischen Literatur beschäftigen13, ist keine vergleichbare Forschung für Hauptwerke der deutschen Literatur vorhanden.14
Unzählige Beispiele von „schönen Frauen“ oder „schönen Mädchen“ finden sich im Grimmschen Wörterbuch unter dem Eintrag ‚schön‘, die vor allem aus der Literatur des Mittelalters sowie aus Werken Schillers, Goethes, Uhlands und anderer stammen. Doch sagen sie nur etwas über das quantitative Vorkommen einer begrifflichen Einheit, aber nichts über den speziellen Kontext aus. Dass sich die Beispiele für die hässliche Frau als Protagonistin überwiegend in der Literatur des 19. Jahrhunderts gefunden haben, ist kein Zufall. Erst eine Literatur, die programmatisch gegen die Epochen der Klassik und Roman- tik anschreibt, installiert eine solche Frau als Hauptfigur.
Bekannt ist, dass die tote Frau ein beliebtes Motiv der Literatur ist15 und diese in der Regel eine schöne Leiche abgibt, wenn sie nicht gar aufgrund ihrer Schönheit sterben muss.16 1992 erschien unter dem Titel Die schöne Seele ein Band mit von Elisabeth Bronfen aus- gewählten und kommentierten Erzählungen. Alle darin geschilderten Damen sind schön, wobei es Grenzüberschreitungen gibt: versteckte Hässlichkeit in Heinrich Heines Tanzpo- em „Der Doktor Faust“ sowie eine androgyne Dame in Christoph Martin Wielands „No- velle ohne Titel“17. Elisabeth Bronfen beschreibt im Nachwort Weiblichkeitsbilder des 18. und 19. Jahrhunderts. Sie verweist auf eine Konstruktion aus „neuentdeckten Tugenden - die Keuschheit, die Schicklichkeit, [...] die Empfindsamkeit, [...] die Verschönerungsgabe, die Anmut und die Schönheit“18 in der Literatur des 18. Jahrhunderts. Es ist die schöne, sich selbst aufgebende, passive Frau, der das Bild der dämonischen, beängstigenden Frau im 19. Jahrhundert gegenübergestellt wird.
Zu den einzelnen Werken steht die Menge der Forschungsliteratur in einem unterschiedlichen Verhältnis. Während zu Adalbert Stifters Brigitta 19 gutes und umfangreiches Material zur Verfügung steht, ebenso wie für Theodor Fontanes Schach von Wuthenow 20, finden sich keine Publikationen, die sich ausschließlich mit Ferdinand von Saars Sappho und Thomas Manns Gerächt beschäftigen21.
1.2. Poetologische Verfahren
Das Empfinden darüber, was schön oder hässlich ist, hängt ab vom Geschmack des Bet- rachters. Schwierig ist es, Schönheit und Hässlichkeit in schriftlicher Form darzustellen. Es reicht nicht aus, eine Figur als „schön“ zu bezeichnen. Um zu verstehen, warum Schnee- wittchen sterben muss, ist es notwendig, zu begreifen, wie schön das Mädchen ist. Die Brüder Grimm vertrauen dabei auf Komparativ und Superlativ („Frau Königin, Ihr seid die schönste hier, aber Sneewittchen ist tausendmal schöner als ihr.“22 ) sowie bildhafte Vergleiche („so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz“23 ). Doch erweisen sich diese Beschreibungsmittel als wenig aussagekräftig. Über die Schwierigkeit, Schönheit in Texten auszudrücken, schreibt Roland Barthes:
Das Schöne kann (im Gegensatz zum Häßlichen) nicht erklärt werden. [...] Die Schönheit kann nur in Form eines Zitats hervorgebracht werden. [...] Jedes unmittelbare Prädikat wird ihr verweigert. Die einzig möglichen Prädikate sind entweder die Tautologie (ein vollkommen ovales Gesicht) oder der Vergleich (schön wie eine Madonna von Raffael, wie ein Traum in Stein gehauen usw.). So wird die Schönheit auf das unendliche der Codes verwiesen: schön wie die Venus? Und die Venus? Schön wie was? Wie sie selbst?24
Barthes unterscheidet zwischen der Darstellbarkeit des Schönen und des Hässlichen, ohne näher auf das Hässliche einzugehen. Die Beschreibung des Hässlichen kann z.B. in Form einer Abweichung, einer Entstellung oder eines Mangels erfolgen. Doch es treten auch hier Schwierigkeiten auf, das richtige Maß dabei zu finden, ohne eine Figur komisch, langweilig oder bemitleidenswert erscheinen zu lassen.
Schönheit oder Hässlichkeit kann auch durch eine dargestellte Reaktion erkennbar werden. Anders als die bildende Kunst, die eine schöne oder hässliche Gestalt sichtbar machen muss, kann die Literatur durch die Reaktionen anderer Figuren vorführen, wie schön oder hässlich das Gegenüber ist. Damit wird Hässlichkeit zu einem Phänomen, dessen Wirkung auf den Leser übertragbar werden soll. Soäußert sich der Effekt großer Schönheit häufig in Form von Sprachlosigkeit, Liebe oder Begehren, während Hässlichkeit zu Ablehnung oder Peinlichkeit, also negativen Gefühlen, führen kann.
Die Beschreibung von Schönheit bei Frauenfiguren erfolgt überwiegend durch männliche Autoren. Der Blick, der in der Literatur auf die Frau geworfen wird, ist meistens ein männlich-fragmentierender Blick, der auf einzelne Körperpartien der Frau gerichtet wird. Inge Stephan beschreibt dieses poetologische Verfahren folgendermaßen:
Der Körper der Frau wird in seine Einzelteile zerlegt - in Mund, Zunge, Brüste, Hals, Wan- gen, Auge, Arme und Herz - wobei die unteren Körperpartien ausgespart bleiben. Diese Fragmentierungstechnik hat Konsequenzen: Die durch die weibliche Schönheit bedrohte männliche Subjekt- und Sprecherposition wird als Bild- und Beschreibungsmacht neu aufge- richtet und die Frau wird als Objekt des männlichen Blicks festgeschrieben. Vollkommene Schönheit entsteht ausschließlich im Blick des Betrachters und wird kommunizierbar erst im Medium der Schrift.25
Gerade die Unmöglichkeit, Schönheit mit Worten zu beschreiben, eröffnet einen Spielraum der Phantasie, der „vollkommene Schönheit“ als Möglichkeit beinhaltet, die es in der Realität nicht gibt. Indem der Leser die Leerstellen, die durch das Beschreiben der einzelnen Körperpartien entstehen, mit seiner Vorstellung auffüllt, kann imaginäre Schönheit durch Schrift hergestellt werden.
Es wird sich zeigen, dass dieser männlich-sezierende Blick auch in den hier ausgewählten Erzählungen über die hässliche Frau wiederzufinden ist. Das Objekt der Fragmentierung bleibt dabei ausschließlich weiblich, wobei die Effekte unterschiedlich sind. Zunächst möchte ich die Begriffspaare ‚schön/Schönheit‘ und ‚hässlich/Hässlichkeit‘ näher bestimmen, um den Gegenstand der Arbeit zu verdeutlichen. Gleichzeitig wird aufgezeigt, warum es so schwierig ist, das Schöne eindeutig zu beschreiben und wie sehr das Hässli- che vom Schönen abhängt. Außerdem wird sich bereits in folgenden Kapitel ein normati- ves Verständnis von weiblicher Schönheit andeuten, das grundlegend für diese Arbeit ist und im 5. Kapitel zentrales Thema sein wird.
1.3. Begriffsbestimmungen
Die Frage nach der Bedeutung des Begriffes ‚schön‘ oder ‚Schönheit‘ ist nicht leicht zu beantworten. Immer wieder ist betont worden, wie schwierig es ist, „begrifflich zu fixieren, was sich der Begrifflichkeit entzieht“.26 Die semantische Offenheit des Wortes hat dazu geführt, dass unzählige Bücher und Artikel sich mit genau dieser Frage beschäftigen. Aus einem Alltagsverständnis lässt sich allerdings ableiten, dass es sich bei den Begriffen ‚schön‘ und ‚hässlich‘ um subjektive Urteile bzw. wertende Zuschreibungen handelt. „Was schön ist und was nicht, das ‚wissen‘ wir im Grunde immer schon“27 hat Bernd Guggenberger in seinem Buch Einfach schön festgestellt.
Doch verhält es sich bei den hier zu untersuchenden literarischen Texten nicht so eindeu- tig. Der Leser wird vielfach darüber im Unklaren gelassen, welche Faktoren Schönheit oder Hässlichkeit einer Protagonistin bestimmen. Darum soll in einem ersten Schritt ge- klärt werden, wie sich das Schöne und das Hässliche grundlegend definieren lassen.
1.3.1. schön / Schönheit
Im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm zeigt die Etymologie des Begriffs „schön“ eine Verbindung mit dem Visuellen, indem sich die Bedeutung von „schauen“ im Sinne von „anschaubar, sichtbar“ herleitet. Das Wort wird bezogen auf das, „was in die augen fällt, auf glanz, helligkeit, klarheit,“28.
Die Anwendung auf den Menschen erfolgte ursprünglich in Bezug auf solche, die „durch eine weisze, glatte haut und strahlende augen ausgezeichnet sind“29 und wandelte sich dann zu der allgemeineren Aussage: „durch aussehen, gestalt wolgefallen erregend“30. Menschliche Schönheit wird als Auslöser für ein Gefühl angesehen und bereits normativ mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht: „in der anwendung auf den menschen und menschlich gedachte wesen meist vom weiblichen geschlecht“31. Eine soziokulturelle Ko- dierung des Begriffs zeigt sich im Zusammenhang mit Schmuck und Kleidung, die - laut Grimmschen Wörterbuchs - das Aussehen eines Menschen verschönern können. Das Adjektiv ‚schön‘ wird weiterhin gebraucht für natürliche Gegenstände wie Tiere oder Pflanzen und menschliche Erzeugnisse aller Art. Neben der Beschreibung einer angeneh- men visuellen Wirkung wird der Begriff auch auf akustische und olfaktorische Empfin- dungen angewendet, doch bleibt die sinnliche Empfindung des Visuellen und Auditiven im Vordergrund.
Daraus entwickelt sich eine erweiterte Bedeutung des Wortes, das zur Bezeichnung für „die gemeinsame benennung dessen wird, wasästhetisches wolgefallen erregt“32. Dasästhetische Wohlgefallen charakterisiert eine vertiefte Auffassung der Kunst, aber auch geistige und seelische Betätigung.
Parallel zur maßgeblichen Bedeutung des Begriffs in der Ästhetik entwickelt sich eine breitere allgemeine Verwendung im Sinne von „angenehm, erfreulich, freundlich“33.
1.3.2. hässlich / Hässlichkeit
Während die Erklärung des Adjektivs „schön“ im Grimmschen Wörterbuch 22 Spalten ausfüllt, sind es zum Begriff „häszlich“ nur zwei. Dem Wort kommen zwei Bedeutungen zu. Die erste leitet sich direkt von Hass ab und bedeutet: „hasz habend, feindselig, feindlich“34. Die zweite Bedeutung ist hassenswert, stuft sich aber im Neuhochdeutschen weiter ab und taucht meist in abgemilderter Form auf. Bei Lessing z.B. ist ‚hässlich‘ ein „attribut von menschen, die moralische gebrechen haben, und solche[s] gebrechen selbst“35. Und in weiterer Verwendung: „ein gefühl des widerwillens erregend, unlieblich, namentlich von körperlicher gestalt eines menschen: heszlich und ungestalt“36.
Hier wird der Begriff ebenso wie das Schöne für etwas gebraucht, das eine Wirkung hervorruft. Im Gegensatz zum Schönen ist es ein negatives Gefühl. Zur Bestimmung wird die Negation eines positiv besetzten Begriffs verwendet, angezeigt durch das Präfix „un“ in dem Wort „unlieblich“. In Bezug auf Menschen erfolgt eine Konnotation also sowohl mit charakterlich, als auchäußerlich schlechten Eigenschaften.
Im Historischen Wörterbuch derästhetischen Grundbegriffe ist zu lesen:
Für die lange, bis in die Antike zurückreichende Geschichte des Häßlichen wie für die Gegenwart gilt, daß der Begriff des Häßlichen durch den Gegensatz zum Schönen definiert wird: Häßlichkeit ist die Negation des Schönen. In dieser Negation werden wertende Beziehungen zwischen einem Subjekt und Gegenständen in Natur, Gesellschaft oder Kunst zum Ausdruck gebracht.37
Das Hässliche wird gemessen am Schönen, ist „das Gestaltlose, Ungestaltete oder Miss- gestaltete, die verunglückte oder mißlungene Schönheit“38. Im Hässlichen erkennt der An- dere „den Ausdruck des Bösen, Schrecklichen, Ekelhaften, Schamlosen“39. Diese patheti- sche Seite kann auch unmerklich in das Komische, Tragische oder Erhabene übergehen. In der Philosophie verringert sich der auf Gegenstände bezogene Wortgebrauch und macht einem Begriff Platz, der die affektive,ästhetische Wirkung hervorrufende Bedeutung be- tont.
1.3.3. Resumee und Ausblick
Schönheit und Hässlichkeit sind Eigenschaften eines Gegenstandes, die sich vor allem vi- suell und subjektiv erschließen. Auf den Menschen angewendet beziehen sich die Begriffe häufig nicht nur auf dieäußere Erscheinung, sondern auch auf moralische Eigenschaften. Entscheidend ist, welches Gefühl ein Gegenstand hervorruft. Die Wirkung des Schönen ist eine Angenehme, während das Hässliche eine negative Reaktion auslöst. Die Wertung, ob etwas schön oder hässlich zu nennen ist, erfolgt subjektiv, doch gibt es einen gesellschaft- lichen Konsens, der allgemeingültige Aussagen zulässt. Die Entscheidung darüber, was schön ist und was nicht, ist aufgrund kultureller Codierung sowohl zeitlich als auch räum- lich gebunden. Hässlichkeit misst sich an der Schönheit als deren Negation und hängt letztlich vom Schönen ab. Deshalb widmet sich diese Arbeit vorläufig weiterhin dem Schönen, das vor allem in der Ästhetik eine zentrale Rolle einnimmt. Das folgende Kapitel wird näher auf diese Wissenschaft eingehen sowie auf einen weiteren Begriff, den sie im 18. Jahrhundert neben dem Schönen etabliert: das Erhabene.
1.4. Exkurs: Ästhetik - das Schöne, das Erhabene, das Hässliche
Bereits seit der Antike setzen sich Philosophen mit Fragen nach Kunst und Schönheit aus- einander. Doch dürfen ihre Überlegungen noch nicht als „Ästhetik“ verstanden werden. So fragt zwar bereits Platon danach, „was das Schöne sei“40, doch zielt diese Frage nicht auf eine Erklärung ab, die das Schöne konkret beschreibt und begründet, sondern ergründet die gemeinsamen Bedingung aller schönen Erscheinungen. Für ihn ist Schönheit eine an- schaubare Wahrheit, eine Idee, die nichts mit Kunst zu tun hat. Aristoteles hingegen be- handelt Schönheit im Rahmen seiner Betrachtungen zu Dichtkunst und Musik. Für ihn hat Schönheit die Aufgabe, zu wirken, er hat also einen funktionalisierten Begriff von Schön- heit. Ästhetik als eigene philosophische Disziplin entsteht erst Mitte des 18. Jahrhunderts im Kontext der europäischen Aufklärung. Den Begriff prägt Alexander Gottlieb Baumgar- ten, der 1750 die erste Ästhetik verfasst. In eben dieser Aesthetica bestimmt er den Begriff als „Wissenschaft von der sinnlichen Erkenntnis, deren Ziel das Schöne sei“41. Bezeich- nend für die Ästhetik des 18. Jahrhunderts42 ist im Allgemeinen die Loslösung von religiö- sen Deutungsmustern hin zu einer eigenen Wissenschaft, welche die sinnliche Erkenntnis - im Gegensatz zur Logik - zum Gegenstand hat. Erkenntnisse werden also nicht durch Ver- nunft, sondern durch „Empfindungen, Phantasien, Erinnerungen und Wünsche gewon- nen“43.
Die Ästhetik unterscheidet zwischen dem „Naturschönen“ und dem „Kunstschönen“. Schönen Erscheinungen oder Gegenständen der Natur werden Theorien über bildende Kunst, Musik und Literatur gegenübergestellt.
Der Mensch wird von Natur und Kunst unterschieden und weiter aufgegliedert in den schönen Körper und die schöne Seele. Meist wird unterstellt, dass eine schöne Seele auch über ein schönes Äußeres verfüge.44 Ausnahmen werden zwar formuliert45, doch wird die Einheit nicht radikal aufgebrochen.
Ebenfalls im 18. Jahrhundert taucht der Begriff des ‚Erhabenen‘ in der Ästhetik auf. Der englische Philosoph Edmund Burke ist der erste, der das Schöne explizit vom Erhabenen trennt. Das Schöne wendet Burke in seinem Ästhetik-Essay A Philosophical Enquiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and Beautiful (1757) als Eigenschaft auf verschie- dene Gegenstände an, die beruhigende und angenehme Gefühle erzeugen. Das Erhabene ist bei Burke etwas, das starke subjektive Empfindungen wie Schrecken, Ehrfurcht oder Be- wunderung auslösen kann, die im Gegensatz zum Schönen weit über ein Wohlgefallen hinausgehen.
In Deutschland entwickeln vor allem Immanuel Kant und Friedrich Schiller Burkes Theo- rie weiter. Während Kants Abhandlung Beobachtungenüber das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764) noch deutlich Burkes Schönheitsbegriff folgt46, verändert sich in der Kritik der Urteilskraft (1790/1793/1799) Kants Auffassung des Schönen im Sinne eines ‚interesselosen Wohlgefallens‘, das ohne „Begehrungsvermögen“47 gefällt.
Gotthold Ephraim Lessing rückt Burkes Begriff des Erhabenen in die Nähe des Hässlichen: „ Unschädliche Häß lichkeit ist lächerlich. [...] Schädliche Häß lichkeit ist schrecklich, folg- lich erhaben. / Beyde Mittel, das Häßliche sonach gleichsam zu adouciren, fehlen dem Mahler.“48
Ebenso wie das Erhabene kann das Hässliche Gefühle wie Schrecken hervorrufen. Lessing verbindet beide Begriffe mit einem Übermächtig-Fremden, mit dem etwas Bedrohliches einhergeht. In seiner Schrift Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie (1766), in der Lessing die Unterschiede zwischen bildender Kunst und Literatur unter- sucht, plädiert der Philosoph für eine eingeschränkte Zulassung des Hässlichen. Der Dich- ter kann nach Lessing im Gegensatz zum bildenden Künstler das Hässliche darstellen, da es in der Poesie als eine vorübergehende Erscheinung gestaltet werden kann. Die bildende Kunst hingegen verhält sich statisch und ist damit auf die Darstellung des Schönen be- schränkt.
Etwa dreißig Jahre später beklagt Friedrich Schlegel in seinem Aufsatz Über das Studium der griechischen Poesie (1795-1797) eine „vorübergehende Krise des Geschmacks“49. Schlegel entwirft in seiner Schrift eine Dialektisierung des Hässlichen, das er zum einen unter dem Begriff des formal Inkorrekten behandelt, zum anderen dessen pathetische Wir- kung hervorhebt.
1853 erscheint Karl Rosenkranz’ Ä sthetik des Häß lichen, in welcher der Autor den Ver- such unternimmt, Hässlichkeit als eigenständige und gleichberechtigte Kategorie in die Ästhetik einzuführen. Rosenkranz widmet sich darin den Sphären des „Geisthässlichen“ sowie des „Kunsthässlichen“ und untersucht Phänomene wie Rohes, Scheußliches, Ekel- haftes, Böses, Verbrecherisches oder Satanisches, die anhand zahlreicher Beispiele disku- tiert werden. Doch bleibt trotz des mutigen Vorstoßes der Begriff des Hässlichen auch bei Rosenkranz gekoppelt an das Schöne, als dessen Negation, wenn es heißt: „Das Schöne ist also, wie das Gute, ein Absolutes, und das Häßliche, wie das Böse, nur ein Relatives.“50
Rosenkranz’ Arbeit erscheint in einer Zeit der Umbrüche. In Deutschland ist das 19. Jahr- hundert geprägt von Revolution und Industrialisierung, eine Entwicklung, welche die Thematisierung des Hässlichen begünstigt. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Ästhetik leidet unter dem Zusammenbruch des deutschen Idealismus. Die Folgen sind sehr unterschiedliche Auffassungen der etablierten Begriffe, zum Teil auch kompletter Verzicht darauf.
Im folgenden Kapitel wird gezeigt, wie Edmund Burkes Essay, das in diesem Kapitel in einen groben Gesamtzusammenhang gestellt wurde, das normative Verständnis von schö- ner Weiblichkeit und damit den Ausdruck ‚das schöne Geschlecht‘ maßgeblich geprägt hat.
1.5. Schönheit - Weiblichkeit - Begehren
Der englische Philosoph Edmund Burke hat den Begriff des Erhabenen alsästhetische Ka- tegorie eingeführt und explizit vom Schönen abgetrennt. Das Schöne ist in der Ästhetik Burkes aufgrund seiner Beschreibungsmerkmale dem Bereich der Weiblichkeit zuzuord- nen, bei gleichzeitig männlich geprägter Beschreibungsperspektive. Das Erhabene geht eine Verbindung mit dem Männlichen ein. Dieses Verfahren zeigt sich in Edmund Burkes bereits erwähntem Essay A Philosophical Enquiry into the Origin of our Ideas of the Sub- lime and Beautiful (1757)51, auf das ich in diesem Kapitel näher eingehen werde.
Nach Thomas Anz ist es kein Zufall, dass sich im 18. Jahrhundert eine Wissenschaft etab- liert, die sich mit dem Schönen beschäftigt und dabei eine „weibliche Position“ einnimmt, da sie „zur Domäne der mit Weiblichkeit assoziierten Emotionalität“ gehört52. Dieser Zu- sammenhang wird aus einem soziokulturellen Kontext heraus verständlich: Zur gleichen Zeit entwickelt sich eine Vorstellung von den Unterschieden der Geschlechter, die auf Ty- pisierung abzielt und die ‚Geschlechtscharaktere‘ einander polarisierend gegenüberstellt53. Durch die Aufteilung von Erwerbs- und Familienleben wurden den Geschlechtern ihre jeweiligen Rollen zugeordnet: der aktive, rationale, zielstrebige Mann auf der einen Seite, die passive, häusliche, emotionsgelenkte und anmutige Frau auf der anderen.54
Die Ansichten Burkes zur Weiblichkeit des Schönen finden sich wieder in philosophischen und literarischen Texten des 18. ebenso wie in medizinisch-psychologischen Studien des 19. Jahrhunderts. Neu ist im 18. Jahrhundert also nicht die Feminisierung des Schönen, sondern eine streng dichotome Struktur, die das neue binäre Geschlechtermodell des 18. Jahrhunderts widerspiegelt. Dieses verbindet Burke mit der Kategorie des Schönen und Erhabenen, eine Vorgehensweise, die später auch Kant übernimmt. Doch nicht nur Kant folgt Burkes Theorie. Nach Trapp hat der englische Philosoph den „gültigen Standard einer Ästhetik der Geschlechter“55 bis ins 20. Jahrhundert formuliert.56
Burkes Philosophische Untersuchung sowie Kants Abhandlung Beobachtungenüber das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764) zeigen eine Fokussierung des Bereichs der Ästhetik, der sich dem Menschen bzw. dem menschlichen Körper zuwendet. Dabei werden vor allem Beispiele weiblicher Schönheit herangeführt, deren Beschreibung unter deutlich männlich-begehrlicher Perspektive erfolgt.57
Die Redewendung „the fair sex“ wird in Burkes Essay geprägt und lautet in der Überset- zung „das schöne Geschlecht“. In Deutschland übernimmt Johann Christoph Adelung die- sen Ausdruck. In seinem grammatisch-kritischen Wörterbuch ist unter dem Eintrag ‚schön‘ zu lesen: „Das schöne Geschlecht, das weibliche, weil die Schönheit demselben vorzüglich eigen ist.“58 Kantäußert sich darüber begeistert: „Derjenige, so zuerst das Frauenzimmer unter dem Namen des schönen Geschlechts begriffen hat, kann vielleicht etwas Schmei- chelhaftes haben sagen wollen, aber er hat es besser getroffen, als er wohl selbst geglaubt haben mag.“59
Mit diesen Worten beginnt Kant das Kapitel „Von dem Unterschiede des Erhabenen und des Schönen in dem Gegenverhältniß beider Geschlechter“ in seiner Abhandlung Beobachtungenüber das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764). Dem schönen Geschlecht setzt Kant das edle Geschlecht, den Mann, entgegen:
Hiedurch wird nun nicht verstanden: daß das Frauenzimmer edeler Eigenschaften ermangel- te, oder das männliche Geschlecht der Schönheiten gänzlich entbehren müßte, vielmehr er- wartet man, daß ein jedes Geschlecht beide vereinbare, doch so, daß von einem Frauenzim- mer alle andere Vorzüge sich nur dazu vereinigen sollen, um den Charakter des Schönen zu erhöhen, welcher der eigentliche Beziehungspunkt ist, und dagegen unter den männlichen Eigenschaften das Erhabene als das Kennzeichen seiner Art deutlich hervorsteche.60
Kant verbindet das Weibliche mit dem Schönen, das Männliche mit dem Erhabenen und folgt damit einer Richtung, die bereits Burke in seinem Ästhetik-Essay eingeschlagen hat. Es ist diese Denkrichtung, die durch die hässliche Frau in der Literatur aufgebrochen wird. In seinem Essay unternimmt Burke eine Katalogisierung aller Eigenschaften, dieästheti- sche Empfindungen auslösen. Dazu gehören Menschen, Kunsterzeugnisse und die Natur. Es handelt sich bei der Philosophischen Untersuchung um Burkes einzigen Beitrag zur Ästhetik. Für den Kontext der vorliegenden Arbeit ist es vor allem wichtig, nachzuvollziehen, wie Burkes einflussreiches Werk die Verknüpfung von Schönheit, Weiblichkeit und Begehren leistet.
Schöne Objekte sind nach Burke klein, glatt, zart, hell, anmutig und zierlich61. So ist in dem Kapitel „Schöne Objekte sind klein“ zu erfahren: „Liebe betrifft kleine angenehme Objekte; wir unterwerfen uns dem, was wir bewundern, aber wir lieben das, was sich uns unterwirft.“62 Die „kleinen Objekte“ erscheinen in diesem Kontext weiblich, während das „wir“ die männliche Betrachtungsperspektive andeutet. Deutlicher wird Burke im Kapitel „Glätte“. Hier findet sich neben Blumen, Blättern und Wasser ein weibliches Beispiel:
[...]
1 Sombart, Nicolaus, „Die „schöne Frau“. Ein Beitrag zur Sexualpsychologie der Erkenntnis“, in: Der Schein des Schönen, hg. v. Dietmar Kamper / Christian Wulf, Göttingen 1989, S. 346-379, dort S. 346.
2 Texte, die über eine hässliche Protagonistin verfügen, in dieser Arbeit aber nicht besprochen werden, sind: François, Louise von, Geschichte einer Häß lichen, (1858), Hartwig, Mela, Aufzeichnungen einer Häß lichen (1928), Huber, Therese, Die Häß liche (1833), LaRoche, Sophie von, Die zwey Schwestern (1850), Reuter, Gabriele, Aphrodite und ihr Dichter, (1894) Ruhland, Marie, Bella ’ s Blaubuch. Geschichte einer häß lichen Frau (1883).
3 Stifter, Adalbert, Brigitta, in: Adalbert Stifter: Gesammelte Werke, 2. Band: Studien II, Frankfurt a. M. 1982, S. 185-259. Geschrieben wurde die Novelle 1843, erstmals erschienen in dem Almanach Gedenke Mein! Taschenbuch für 1844, in überarbeiteter Form 1847 im vierten Band der Studien, die hier verwendete Ausgabe folgt der Buchfassung, Zitate im laufenden Text beziehen sich auf diese Ausgabe und werden in Klammern mit B gekennzeichnet.
4 Fontane, Theodor, Schach von Wuthenow. Erzählung aus der Zeit des Regiments Gensdarmes, in: ‚ Der Kanon ‘ . Die deutsche Literatur. Erzählungen, Band 4: Gottfried Keller bis Theodor Fontane, Frankfurt am Main 2003, S. 259-392. Die Ausgabe folgt dem Erstdruck der Vossischen Zeitung, Berlin 1882. Alle Zitate beziehen sich auf diese Ausgabe und werden im Text mit SvW abgekürzt. Bei dieser ‚Erzählung‘ handelt es sich wohl eher um eine Novelle, auch die Gattungszuschreibung ‚Roman‘ wird in der Forschung diskutiert. In dieser Arbeit verwende ich die Bezeichnung ‚Erzählung‘ und folge damit der Zuschreibung im Titel.
5 Thomas Mann schrieb diesen Text für den Simplicissimus. In der Arbeit beziehen Zitate sich auf diese Ausgabe: Mann, Thomas, Gerächt. Novellistische Studie, in: Thomas Mann: Sämtliche Erzählungen, Frankfurt a. M., 1963, S. 127-131. Die Abkürzung erfolgt mit G.
6 Saar, Ferdinand von, Sappho, in: Ferdinand von Saar: Gesamtausgabe des erzählerischen Werkes, 3. Band, Kierling bei Wien 1959, S. 249-276. Zitate beziehen sich auf diese Ausgabe und werden mit Sa abgekürzt.
7 Vgl. Kasten, Ingrid, „Häßliche Frauenfiguren in der Literatur des Mittelalters“, in: Auf der Suche nach der Frau im Mittelalter, hg. v. Bea Lundt, München 1991, S. 255-276, dort S. 257.
8 Vgl. Worley, Linda Kraus, “The Body, Beauty, and the Woman: The Ugly Heroine in Stories by Therese Huber and Gabriele Reuter”, in: German Quaterly, No. 16:3, 1991, S. 368-378.
9 Vgl. Howe, Patricia, „Faces and Fortunes: Ugly Heroines in Stifter’s Brigitta, Fontane’s Schach von Wuthenow and Saar’s Sappho”, in: German Life and Letters 44:5 (1991), S. 426-442.
10 Stephan, Inge, „Schön/häßlich. Konstruktionsmechanismen von Weiblichkeit in Kunst und Literatur“, in: Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig. Aktivitäten im Berichtsjahr 2003, hg. v. A. Alfermann, Leipzig 2004, S. 3-8, dort S. 3.
11 Vgl. Trapp, Wilhelm, Der schöne Mann. Zur Ästhetik eines unmöglichen Körpers, Berlin 2003.
12 Trapp, Der schöne Mann, a.a.O. S. 13.
13 Vgl. neben Thomas Anz, Literatur und Lust: Glück und Unglück beim Lesen, München 1998, vor allem: Bovenschen, Silvia, Die imaginierte Weiblichkeit. Exemplarische Untersuchungen zu kulturgeschichtlichen und literarischen Präsentationsformen des Weiblichen, Frankfurt a. M. 1979.
14 Lena Lindhoff bestätigt diese erfolglose Suche: „Eine feministische Relektüre des deutschsprachigen Kanon, die mit der des französischen bei Beauvoir und des amerikanischen bei Fetterley vergleichbar wäre, ist ausgeblieben, während zahlreiche Analysen zu einzelnen Autoren veröffentlicht wurden.“ (Lindhoff, Lena, Einführung in die feministische Literaturtheorie, Stuttgart 1995, S. 15.)
15 Vgl. vor allem Bronfen, Elisabeth, Nurüber ihre Leiche. Tod, Weiblichkeit, Ä sthetik, München 1994.
16 Vgl. z.B. Edgar Ellen Poes Geschichte The Oval Portrait.
17 Diese näher anzuschauen wäre im Rahmen der Fragestellung sicher sehr interessant.
18 Bronfen, Elisabeth, „Nachwort“, in: Die schöne Seele. Erzähltexte von Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich von Kleist, E.T.A. Hoffmann und anderen, hg. v. ders., München 1992, S. 372-416, dort S. 372.
19 Eine gute Bibliographie zu Stifters Werk allgemein und Brigitta im Besonderen findet sich bei Mayer, Mathias, Adalbert Stifter: Erzählen als Erkennen, Stuttgart 2001. Auf einzelne Aufsätze werde ich im entsprechenden Kapitel eingehen.
20 Zu Schach von Wuthenow s. Rasch, Wolfgang, Theodor Fontane Bibliographie. Werk und Forschung, Bd. 3, hg. v. Ernst Osterkamp und Hanna Delf von Wolzogen, Berlin 2006. Auf einzelne Aufsätze werde ich im entsprechenden Kapitel eingehen.
21 Ein paar Zeilen zu Manns novellistischer Studie finden sich im Kapitel „Die Erzählungen“ von Hans R. Vaget, in: Thomas-Mann-Handbuch, hg. v. Helmut Koopmann, Regensburg 1990, S. 554.
22 „Sneewittchen“, in: Brüder Grimm, Kinder- und Hausmärchen, Band 1: Märchen, hrsg. v. Heinz Rölleke, Stuttgart 1991, S. 269-278, dort S. 270.
23 Ebd., S. 269.
24 Barthes, Roland, S/Z, Frankfurt am Main, 1987, S. 38.
25 Stephan, Inge, „Schön/häßlich. Konstruktionsmechanismen von Weiblichkeit in Kunst und Literatur“, in: Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig. Aktivitäten im Berichtsjahr 2003, hg. v. A. Alfermann, Leipzig 2004, S. 3-8, dort S. 4. Stephan bezieht diesen Befund auf das Sonett "Beschreibung vollkommener Schönheit" des Barockdichters Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau. Doch lässt sich diese Vorgehensweise auf weitere Texte übertragen.
26 Barck, Karlheinz u.a. (Hg.), Ä sthetische Grundbegriffe: historisches Wörterbuch in sieben Bänden, Bd. 5: Postmoderne - Synästhesie, Stuttgart / Weimar 2003. S. 395.
27 Guggenberger, Bernd, Einfach schön. Schönheit als soziale Macht, Hamburg 1995, S 11.
28 Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde. [in 32 Teilbänden]. Leipzig, 1854-1960, Bd. 15, Spalte 1465, Quelle: http://germazope.uni- trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GA00001.
29 Ebd., S. 1468.
30 Ebd., Sp. 1469.
31 Ebd.
32 Ebd., Sp. 1477.
33 Ebd., Sp. 1481.
34 Grimm, Deutsches Wörterbuch, a.a.O., Bd. 10, Spalte 556.
35 Ebd.
36 Ebd.
37 Barck, Karlheinz et al. (Hg.), Ä sthetische Grundbegriffe: historisches Wörterbuch in sieben Bänden, Bd. 3: Harmonie - Material, Stuttgart / Weimar 2001, S. 26.
38 Ebd., S. 27.
39 Ebd.
40 Platon, Hippias major, zitiert nach: Was das Schöne sei. Klassische Texte von Platon bis Adorno, hg. v. Michael Hauskeller, München 1994, S. 15.
41 Ä sthetische Grundbegriffe, Bd. 5, a.a.O., S. 396.
42 Carsten Zelle datiert diese Veränderung bereits auf das 17. Jahrhundert. Vgl. Zelle, Carsten, Die doppelte Ä sthetik der Moderne. Revisionen des Schönen von Boileau bis Nietzsche, Stuttgart 1995. Das Wörterbuch fürästhetische Grundbegriffe gibt das 18. Jahrhundert an. Für den Kontext der Arbeit ist der genaue Zeitpunkt aber nicht entscheidend.
43 Anz, Thomas, Literatur und Lust, a.a.O., S. 80.
44 Vgl. Kant, Immanuel, Kritik der Urteilskraft (1790/1793/1799), Werkausgabe Bd. X, hg. v. Wilhelm Weischedel, Frankfurt a. M. 19794: „Das Schöne ist das Symbol des Sittlichguten“ (S. 297 (A 255)), das sich am Menschen in „körperlicher Äußerung (als Wirkung des Innern) gleichsam sichtbar“ (S. 154 (A 60)) macht. Dieser Erscheinung liegt die „reine[] Idee der Vernunft“ (ebd.) zugrunde, die „Seelengüte, oder Rei- nigkeit, oder Stärke“. Die Schönheit des Menschen ist nach Kant eine moralische, die sich in seinem Äußeren widerspiegelt, anders als das Schöne in der Kunst, das „ohne alles Interesse“ (S. 124 (A 18) Wohlgefallen erregt.
45 Vgl. Karl Rosenkranz: „Was wir Schönheit der Seele nennen, ist der Begriff der Güte und Reinheit des Willens; eine solche kann auch in einem Leibe wohnen, der unansehnlich, ja häßlich ist. Der Wille an und für sich in dem Ernst seiner Heiligkeit geht über dasästhetische Element hinaus. Die Gesinnung mit der Tüch- tigkeit ihres Inhalts fragt zunächst nicht nach der Form, in welcher sie erscheint. Es ist aber natürlich, daß die Wahrheit und Güte des Willens eine Würde der persönlichen Haltung zur Folge hat, die auchäußerlich bis in die sinnliche Erscheinung durchdringt, und insofern gilt vom Geist der Lichtenbergische Satz, daß alle Tu- gend verschönt, alles Laster verhäßlicht.“ (Rosenkranz, Die Ä sthetik des Häß lichen, Leipzig 19962, S. 29.)
46 Darauf wird das nächste Kapitel näher eingehen.
47 Ebd., S. 116 (A 5).
48 Lessing, Gotthold Ephraim, „Entwürfe zum ‚Laokoon‘ (1762-1763)“, in: Lessing, Gesammelte Werke, hg. v. P. Rilla, Bd. 8, Berlin/Weimar 1955, zitiert nach: Ä sthetische Grundbegriffe, Bd. 5, a.a.O., S. 290.
49 Schlegel, Friedrich, Über das Studium der griechischen Poesie, in: Schlegel (KFSA), Bd. 1 (1979), S. 254, zitiert nach: Ä sthetische Grundbegriffe, Bd. 5, a.a.O., S. 43.
50 Rosenkranz, Karl, Die Ä sthetik des Häß lichen, a.a.O., S. 15.
51 Im Folgenden abgekürzt mit „Philosophische Untersuchungen“ nach dem deutschen Titel: Philosophische Untersuchungüber den Ursprung unserer Ideen vom Erhabenen und Schönen.
52 Anz, Thomas, „Schönheit und Geschlecht, Konstruktionen von Weiblichkeit und Männlichkeit inästheti- schen Theorien“, Quelle: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez is=8874&ausgabe=200512, Stand: 18.02.07.
53 Anz verweist zu diesem Thema auf den Aufsatz „Die Polarisierung der ‚Geschlechtscharaktere‘ - Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben.“ von Karin Hausen, in: Seminar: Familie und Gesellschaftsstruktur, hg. v. Heide Rosenbaum, Frankfurt a. M. 1978.
54 Auch Wilhelm Trapp beschreibt diesen Befund, führt ihn aber weiter aus. Er weist eine Feminisierung des Schönen bereits bei Platon und in der Literatur der frühen Neuzeit nach und argumentiert in Bezug auf das 18. Jahrhundert, ebenso wie Anz, hauptsächlich mit Burkes Philosophischen Untersuchungen.
55 Trapp, Der schöne Mann, a.a.O., S. 78.
56 Erst die Psychoanalyse greift modifizierend in das Modell von Schönheit und Geschlecht ein. Siegmund Freud führt erstmalig offiziell die Triebgebundenheit in den Diskurs ein, die jedoch implizit bereits bei Burke vorhanden ist.
57 Anzäußert über Burkes philosophisches Essay: „Liest man Burkes Explikationen von Schönheitsmerkma- len und deren Illustrationen, so kann man den Eindruck gewinnen, daß Schönheit ein androzentrisches Kon- strukt ist. [...] [S]eine Schönheitsbeschreibungen scheinen vom Begehren des Mannes deutlich geprägt zu sein, vom Begehren des Mannes nach der Frau. In kaum einer seiner Illustrationen für Schönheitsmerkmale versäumt es Burke, die Schönheit der Frau als Beispiel anzuführen.“ (Anz, Literatur und Lust, a.a.O., S 90.)
58 Adelung, Johann Christoph, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart: mit be- ständiger Vergleichung derübrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen, rev. und berichtiget von Franz Xaver Schönberger, Wien 1808, 4 Bde., Quelle: http://www.ub.uni- bielefeld.de/diglib/adelung/grammati/, Stand: 17.02.07.
59 Kant, Immanuel, „Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen“, in: Immanuel Kant: Vorkritische Schriften bis 1768, mit Übersetzungen von Monika Bock und Norbert Hinske, Darmstadt 19835, S. 850 (A 48).
60 Ebd.
61 Vgl. Burke, Edmund, Philosophische Untersuchungüber den Ursprung unserer Ideen vom Erhabenen und Schönen, hg. u. eingel. v. Werner Strube, Hamburg 1980, Dritter Teil, Kapitel 12-23.
62 Ebd., S. 153.
- Citation du texte
- Katrin Gutberlet (Auteur), 2007, Die hässliche Frau - Zur Möglichkeit neuer Geschlechtermodelle in der Literatur des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88834
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