Durch den Wegfall der nationalen Grenzen und die voranschreitende Technik im Bereich der Kommunikation schreitet die Globalisierung unaufhaltsam voran. Und eines mit ihr: globale Kartellabsprachen, auch als Hardcore-Kartelle bezeichnet.
Anhand der vorliegenden Arbeit werden die verschiedenen Arten von Hardcore-Kartellen und ihre Auswirkungen auf die globale Wirtschaft dargestellt sowie Ermittlungsinstrumente der Wettbewerbsbehörden um hiergegen vorzugehen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
1.1 Zum Begriff „Hardcore-Kartell“
1.2 Auswirkungen
2. Sanktionen bei Kartellabsprachen
2.1 Sanktionen nach europäischem Recht
2.1.1 Einstweilige Maßnahmen
2.1.2 Zwangsgeld
2.1.3 Bußgeldverfahren
2.2 Sanktionen in Deutschland
2.2.1 Ordnungswidrigkeiten und Bußgeldverfahren
2.2.2 Einstweilige Maßnahmen
2.2.3 Zivilrechtliche Sanktionen - Schadensersatz
2.2.4 Vorteilsabschöpfung nach § 34 GWB
2.3 Doppelbestrafung
3. Verfolgung der Kartellabsprachen in der Europäischen Gemeinschaft und Deutschland
3.1 Verfolgung in der Europäischen Gemeinschaft – Institution und Rechtsgrundlage
3.1.1 Institution
3.1.2 Rechtsgrundlage
3.1.3 Hilfsmittel zur Verfolgung von Hardcore-Kartellen in Europa Es gibt in Europa zwei weitere Mittel zur Verfolgung der Hardcore-Absprachen. Hierbei handelt es sich um die Leniency- und die Bonusregelung. Diese werden im Folgenden dargestellt.
3.2 Verfolgung in Deutschland - Institutionen und Rechtsgrundlage
3.2.1 Institutionen
3.2.2 Rechtsgrundlage
3.2.3 Hilfsmittel zur Kartellverfolgung
4. Beispiele für Hardcore-Verstöße
4.1 Lysinkartell
4.2 Zementkartell
5. Fazit
1. Einführung
Aufgrund der sich mehr und mehr entwickelnden und geförderten Globalisierung des Wettbewerbs wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich weltweit im Wettbewerb zu behaupten. Um dieses Ziel zu erreichen, gehen immer mehr Unternehmen Vereinbarungen bzw. Unternehmenszusammenschlüsse ein. Dass dies nicht immer positive Folgen für den Wettbewerb und die Verbraucher hat, liegt in der Natur der Sache.[1] Denn nur ein Zusammenschluss von mehreren Unternehmen kann diejenige Marktmacht erreichen, die mächtig genug ist, öffentliche Interessen unmittelbar zu beeinträchtigen und Wettbewerbsverzerrungen hervorzurufen.[2] Die Kartellbehörden, sowohl in Deutschland als auch in Europa, sind sich einig, dass es nicht ausreicht, unerlaubte Absprachen lediglich nichtig zu erklären, sondern sie ebenfalls hart zu sanktionieren.[3]
Im Folgenden soll dargestellt werden, mit Hilfe welcher Mittel sich die Kartellbehörden, sowohl bei der nationalen, als auch europaweiten Sanktionierung und Verfolgung bedienen.
1.1 Zum Begriff „Hardcore-Kartell“
Unter dem Begriff „Hardcore-Kartell“[4] sollen geheime, nahezu branchenweite Absprachen auf horizontaler Ebene, demnach zwischen Mitbewerbern, verstanden werden.[5] Jener Begriff findet nicht nur im deutschen, sondern auch im europäischen Kartellrecht Anwendung.
Arten der Hardcore-Kartelle[6]:
Als Hardcore-Absprachen werden Kartelle in vier Wettbewerbsbereichen bezeichnet. Diese sind:
Preisabsprachen
Quoten- bzw. Absatzabsprachen
Gebiets- oder Kundenabsprachen
Submissionskartelle[7]
1.2 Auswirkungen
Grundsätzlich haben Hardcore-Kartelle sowohl auf den Wettbewerb als auch auf die Verbraucher enorm schädigende Auswirkungen. Daher liegt auch der Schwerpunkt der Kartellbekämpfung der Institutionen auf der weltweiten Verfolgung der so genannten Hardcore-Absprachen. Besonders Preisabsprachen, Absprachen über die Absatzquoten sowie Produktionsquoten und Marktaufteilung fallen unter die Kategorie der Hardcore-Kartelle. Der Grund hierfür liegt in den besonders schwerwiegenden Folgen für die Wirtschaft und die Verbraucher. Auf längere Sicht sind der Verlust an Arbeitsplätzen sowie Wettbewerbsfähigkeit und die Erhöhung der Preise der betroffenen Produkte kaum vermeidbar.[8]
2. Sanktionen bei Kartellabsprachen
Rechtliche Sanktionen sollen sowohl im deutschen als auch im europäischen Recht den Tätern nicht nur eine empfindliche Geldbuße auferlegen, sondern auch Abschreckungscharakter für die übrigen Marktteilnehmer haben.[9] Daher liegt, wie bereits erwähnt, das Hauptaugenmerk der deutschen sowie der europäischen Kartellbehörden auf der Verfolgung der Hardcore-Kartelle.[10] Absprachen, die Art. 81 EG zuwider laufen, können in Europa beispielsweise mit einer Klage auf Unterlassung oder in Deutschland mit einer Klage auf Schadensersatz sanktioniert werden.[11] Diese werden oftmals gleichzeitig in Deutschland und in der EG verfolgt.[12]
2.1 Sanktionen nach europäischem Recht
Absprachen, die gegen das europäische Kartellrecht verstoßen, werden in Europa durch die Kommission sanktioniert und verfolgt. Im Folgenden werden Sanktionen in Fällen von Hardcore-Verstößen dargestellt.
2.1.1 Einstweilige Maßnahmen
Nach Art. 8 der VO (EG) Nr. 1/2003 kann die Kommission eine einstweilige Maßnahme anordnen. Dies geschieht in Fällen, in denen aufgrund von widerrechtlichen Absprachen Folgen vermutet werden, die nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können.[13]
2.1.2 Zwangsgeld
Nach Art. 24 VO Nr. 1/2003 kann die Kommission für jeden Tag der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von bis zu 5% des Gesamtjahresumsatzes im vorausgegangenen Geschäftsjahr verhängen.
Dieses Zwangsgeld wird unter anderem in Fällen verhängt, in denen die Unternehmen einer Verpflichtungszusage gemäß Art. 9 VO (EG) Nr. 1/2003 nicht nachgekommen sind oder nach einer einstweiligen Maßnahme ihr Verhalten nicht eingestellt haben.
2.1.3 Bußgeldverfahren
Aufgrund der letzten Verordnung der EG Nr. 1/2003 änderte sich die Sanktionierung durch die Kommission grundlegend.
Waren vormals die Risiken einer geheimen Absprache für die Unternehmen noch relativ abschätzbar, so sind sie nun kaum mehr zu kalkulieren. Somit geht ein Unternehmen ein großes finanzielles Risiko ein, sollte das Kartell durch die Behörden aufgedeckt werden. Aufgrund des Drei-Stufen-Modells der Kommission zur Festsetzung der Bußgelder, kann man nicht vorhersehen, wie hoch der Betrag für das betroffene Unternehmen ausfallen wird, denn es beinhaltet einen hohen Grad an Ermessensspielraum. Hardcore-Absprachen zählen aufgrund ihrer schwerwiegenden Folgen für den Markt und die Konsumenten meist zur dritten Stufe.[14]
Erste Stufe – Schwere des Verstoßes
Es wird von der Kommission ein Grundbetrag festgelegt, der sich anhand der Dauer und des Ausmaßes (relative Schwere) des Vergehens gegen das Kartellrecht bemisst. Dieser Grundbetrag lässt sich zunächst mithilfe von 3 Kategorien der Schwere ermitteln:[15]
1. minderschwerer Verstoß: ca. 1000,00 EUR bis 1 Mio. EUR – Vertikale Kooperationen.
2. schwerer Verstoß: ca. 1 Mio. EUR bis 20 Mio. EUR - Vertikale und kleinere, horizontale Kooperationen.
3. sehr schwerer Verstoß: ab 20 Mio. EUR – Horizontale Kooperationen, Hardcore-Kartelle.
Zweite Stufe – Dauer der Zuwiderhandlung
Nachdem die Kategorie, nach der sich der Grundbetrag bemisst, festgelegt wurde, wird dieser Betrag durch die Kommission „mit einem Faktor für die Dauer des Verstoßes“[16] multipliziert. Sollte die widerrechtliche Absprache über den Zeitraum von einem Jahr hinausgehen, schlägt die Kommission pro Jahr ca. 5 bis 10% auf.[17]
Dritte Stufe – Erschwerende oder mildernde Umstände
Sollte die Absprache jedoch gravierende Folgen für den Wettbewerb oder die Konsumenten haben bzw. andere erschwerende Aspekte aufweisen, kann die Kommission entsprechend der Schwere der Folgen einen weiteren Aufschlag vornehmen. Unter erschwerende Umstände fallen beispielsweise Wiederholungstat, Verweigerung der Kooperation mit der Kartellbehörde und eine Rolle als Urheber des Kartells.[18]
Mildernde Umstände wären keine aktive Beteiligung am Kartell und Ähnliches. Sie sind zwar in der Mitteilung der Kommission betreffend der Festsetzung der Geldbuße enthalten, nach Ansicht der Kommission gibt es aber keinen Fall, der den Tatbestand des Kartellverstoßes rechtfertigt.[19]
Der Gesamtbetrag des Bußgeldes darf nach Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 10% des Gesamtjahresumsatzes jedoch nicht überschreiten.
2.2 Sanktionen in Deutschland
Die Sanktionen für Kartellabsprachen in Deutschland wurden in den letzten Jahren - auch durch die 6. GWB Novelle - drastisch verschärft.[20] Mit der 6. Novelle wurde beispielsweise §1 GWB zu einem Verbotstatbestand:
„Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten. “[21]
Kartellabsprachen sind verboten und somit nach § 134 BGB nichtig.[22] Dies bedeutet auch, dass Unternehmen bereits dann rechtlich belangt werden können, wenn sie sich untereinander absprechen, bevor hierdurch negative Folgen für den Wettbewerb entstanden sind. Somit reicht der Tatbestand des Vorhabens für eine kartellrechtliche Verfolgung aus.[23]
Was horizontale Kartelle, demnach auch Hardcore-Kartelle, betrifft, gibt es seit der Anwendung der VO (EG) Nr. 1/2003 und der 7. Novelle des GWB am 01.07.2005 kein selbständiges deutsches Kartellrecht mehr. Die §§ 1 ff. GWB werden nunmehr nur bei rein nationalen Kartellabsprachen, die keine Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Wettbewerb haben, angewendet.[24] Voraussetzung hierfür ist jedoch die Vereinbarkeit und der Gleichklang mit dem EG-Recht. Demnach dürfen Entscheidungen nationaler Kartellbehörden in keinster Weise der Entscheidung entgegenlaufen, die die Kommission unter Anwendung des EG-Rechts getroffen hätte (Art. 16 VO (EG) Nr. 1/2003).[25]
2.2.1 Ordnungswidrigkeiten und Bußgeldverfahren
Aufgrund der 7. GWB-Novelle, die unter anderem auch die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen nach den ehemaligen Art. 15 Abs. 2 VO Nr. 17 und Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag[26] betraf, änderte sich auch das Bußgeldverfahren im Falle von widerrechtlichen Absprachen in Deutschland. Der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit ist erfüllt, wenn vorsätzlich oder fahrlässig gegen das Kartellverbot verstoßen wird, § 81 Abs. 1 - 3 GWB.[27] Bei einem Hardcore-Kartell ist grundsätzlich von Vorsatz auszugehen, denn das liegt in der Natur dieser Absprachen. Demnach können den vom Kartell betroffenen Unternehmen Geldbußen auferlegt werden. Eine Festsetzung von Geldbußen gegen juristische Personen ist nach § 30 OWiG zulässig. Demnach muss die vertretungsbefugte Person des kartellrechtlich betroffenen Unternehmens eine Straftat bzw. eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 81 Abs. 1 – 3 GWB begangen haben, um belangt zu werden.[28]
[...]
[1] Vgl. Lowe, WuW 2003, S. 867. Bundeskartellamt, Diskussionspapier 2000, S. 1 ff.
[2] Vgl. Trimarchi, GRUR Int. 1970, S. 311.
[3] Vgl. Trimarchi, GRUR Int. 1970, S. 311.
[4] Wiedemann, Hdb. KartellR, § 2 Rn 3 – auch: Todsünde; Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 231 – auch: Geheimwettbewerb.
[5] Vgl. Weitbrecht, EuZW 2002, S. 581, 583.
[6] Auf die Erläuterung aller Begriffe wird hier verzichtet, da diese als bekannt vorausgesetzt werden. Weitbrecht, EuZW 2002, S. 581, 583; Topel, GRUR 2000, S. 985, 986; Bundeskartellamt, Tätigkeitsbericht 2003/2004, S. 23; Stopper, EuZW 2001, S. 426, 427.
[7] Absprache bei einer öffentlichen Ausschreibung von Aufträgen.
[8] Vgl. Europäische Union, GRUR Int. 2002, S. 372; Bundeskartellamt, Pressemitteilung vom 19.04.2000; Weitbrecht, EuZW 2002 S. 581.
[9] Meyer, GRUR 2006, S. 27.
[10] Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen, EuZW 2002, S. 258; Bechtold/Buntscheck, NJW 2003, S. 2866.
[11] Immenga, EuZW 2005, S. 253.
[12] Soltész/Marquier, EuZW 2006, S. 102; Meyer, GRUR 2006, S. 27; Scholz/Haus, EuZW 2002, S. 682, 683; Kahlenberg/Haellmigk, BB 2005, S. 1509; Schwarze, EuZW 2003, S. 261, 267.
[13] Bechtold/Buntscheck, NJW 2005, S. 2966, 2968.
[14] Scholz/Haus, EuZW 2002, S. 682, 684.
[15] Vgl. Wegner, WuW 2001, S. 469, 471; vgl. Klusmann, WuW 2001, S. 820, 823.
[16] Klusmann, WuW 2001, S. 823.
[17] Vgl. Klusmann, WuW 2001, S. 820, 823.
[18] Vgl. Klusmann, WuW 2001, S. 820, 823.
[19] Vgl. Klusmann, WuW 2001, S. 820, 821.
[20] Weitbrecht, EuZW 2002, S. 581, 582; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker GWB, § 1 Rn. 11.
[21] Durch den Autor hervorgehoben. § 1 GWB.
[22] Bumiller in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, S. 1691.
[23] Immenga/Mestmäcker, GWB, § 1 Rn. 11 ff.; Klusmann in: Wiedemann, Hdb. KartellR, § 55 Rn. 17.
[24] Immenga, Münchener Kommentar zum BGB, int. Kartellrecht, Rn 20.
[25] Art. 3 VO (EG) Nr. 1/2003; vgl. Meyer, GRUR 2006, S. 27, 31; Bechtold/Buntscheck, NJW 2005, S. 2966 ff; Immenga, NJW 2005, S. 1031.
[26] Dieser lief am 23.07.2002 aus.
[27] Vgl. Lange, Handbuch zum deutschen Kartellrecht, S. 517.
[28] Vgl. Lange, Handbuch zum deutschen Kartellrecht, S. 519 f.; Göhler, OWiG, § 30 Rn. 8.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) Anni Heimann (Autor:in), 2006, Hardcore-Kartelle: Was sind die Sanktionen bei Kartellabsprachen und wie werden sie in Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft verfolgt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88600
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