In seinen Confessiones artikuliert Augustinus das Auseinanderdriften der klassisch-antiken Kongruenz von Wissen und Praxis vor allem in Form persönlicher Erfahrungen und führt damit eine Unterscheidung von Willens- und Handlungsfreiheit ein. Zwischen Vernunft und Praxis siedelt er eine weitere zentrale Instanz an: den freien Willen des Menschen, welcher allein in seiner Macht stehe. Damit stellt er auch die Sünde in die ausschließliche Verantwortung des Menschen und kann Gott weiterhin als den Schöpfer alles Guten, zu dem der freie Wille folglich ebenfalls gehört, erhalten. Wie aber kommt es, dass dieses Gut zugleich die Quelle allen Übels sein kann? Die Antworten, die Augustinus darauf gibt, werden in diesem Essay skizziert, wobei zuerst seine Bestimmung des Bösen sowie anschließend sein Konzept der menschlichen Freiheit problematisiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Der zerrissene Wille und die versöhnende Macht der Gnade
- Wie ist das Böse möglich?
- Abgrenzung vom Manichäismus
- Plotins Einfluss auf die Definition des Bösen
- Die anthropologische Verankerung des Bösen
- Der zersplitterte Wille
- Der freie Wille und das liberum arbitrium
- Die voluntas und das liberum arbitrium
- Die Überwindung der Willensschwäche
- Die Güterhierarchie
- Tugenden
- Fähigkeiten des Geistes
- Äußerlich-physische Güter
- Die Einheitlichkeit von Wille und Tat
- Freiheit als Befreiung
- Das richtige Gesetz
- Der Mensch als 'Gott nachäffend'
- Augustinus' Bekehrungserlebnis
- Zerrissenheit und Angewiesensein auf die Gnade
- Das Festhalten an alten Willensdispositionen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert Augustinus' Konzept der Willensfreiheit im Kontext seines christlichen Glaubens. Er untersucht, wie Augustinus das Vorhandensein des Bösen und die menschliche Fähigkeit, Böses zu tun, innerhalb des Rahmens einer göttlichen Schöpfung erklärt. Der Text beleuchtet die zerrissene Natur des menschlichen Willens, die Unterscheidung von Willens- und Handlungsfreiheit sowie die Rolle der göttlichen Gnade bei der Überwindung der Willensschwäche.
- Augustinus' Definition des Bösen
- Das Konzept des freien Willens bei Augustinus
- Die Rolle der göttlichen Gnade bei der Überwindung der Sünde
- Die Einheitlichkeit von Wille und Tat
- Der Zusammenhang zwischen Freiheit und göttlichem Willen
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text beginnt mit einer einleitenden Diskussion des Problems, wie das Böse in einer von Gott geschaffenen Welt existieren kann. Augustinus' Ansatz, das Böse als "Privation des Guten" zu definieren, wird im Vergleich zum manichäischen Dualismus erläutert. Anschließend wird das Böse anthropologisch verankert, indem Augustinus die menschliche Abwendung vom Guten und Hinwendung zum Nichts als Ursache für die Sünde identifiziert.
Im folgenden Kapitel wird Augustinus' Konzept des freien Willens vorgestellt. Er argumentiert, dass der Wille, der dem Menschen von Gott gegeben wurde, in ein "liberum arbitrium" (autonomes Urteilsvermögen) und eine "voluntas" (faktisches Streben) geteilt ist. Während das liberum arbitrium autonom bleibt, ist die voluntas durch den Sündenfall affiziert und kann zum Abfall vom Guten führen.
Der Text erläutert dann die Rolle der göttlichen Gnade bei der Überwindung der Willensschwäche. Augustinus argumentiert, dass nur durch die Gnade Gottes, die in Christus offenbart wird, der Mensch seinen Willen in die Tat umsetzen und tugendhaft leben kann.
Das Kapitel über die Güterhierarchie stellt die verschiedenen Stufen des Guten dar, von den Tugenden über die Fähigkeiten des Geistes bis hin zu den äußerlich-physischen Gütern. Augustinus zeigt auf, dass alle Güter von Gott gegeben sind, aber nur die Tugenden unbedingt gut sind. Die anderen Güter können missbraucht werden, und der freie Wille kann sich statt Gott niederen Gütern zuwenden.
Der Text analysiert anschließend die Einheitlichkeit von Wille und Tat. Augustinus argumentiert, dass die rein faktische Unterwerfung unter den Willen Gottes nicht ausreicht, um sich vom Bösen abzukehren. Es bedarf vielmehr der freien Zustimmung und der Überzeugung, dass das Gute in Gottes Willen liegt.
Der letzte Teil des Textes befasst sich mit der Definition von Freiheit als Befreiung von Sünden und dem richtigen Gesetz, das in die Herzen der Menschen eingegraben ist. Augustinus stellt die Verbindung zwischen dem Bekehrungserlebnis und der Zerrissenheit des menschlichen Willens heraus, die auf Gottes Gnade angewiesen ist.
Schlüsselwörter
Der Text befasst sich mit den zentralen Themen der christlichen Philosophie, insbesondere dem Problem des Bösen, dem Konzept der Willensfreiheit und der Rolle der göttlichen Gnade. Schlüsselwörter sind: Augustinus, Willensfreiheit, Sünde, Gnade, liberum arbitrium, voluntas, Güterhierarchie, Bekehrung, Zerrissenheit, Gott, Schöpfung, Manichäismus, Plotin.
- Quote paper
- Tatjana Fabrizius (Author), 2007, Der zerrissene Wille und die versöhnende Macht der Gnade, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88441