Die Arbeitswelt ist seit einigen Jahren einem radikalen Wandel ausgesetzt. Dass dies sich auch in der Arbeits- und Organisationspsychologie bemerkbar macht, zeigt sich beispielsweise in der Auswahl von Prädiktoren und Kriterien in der Personalauswahl. Veränderte Organisationen mit flachen Hierarchien, geteilter Verantwortung und Teamstrukturen verlangen nach einem neuen Mitarbeitertypus. Daher lässt sich auch in der Diskussion um die Potentialfeststellung von Personen eine Trendwende erkennen: Die Erfassung von Kompetenzen erscheint gegenüber dem einfachen Nachweis von Qualifikationen zunehmend wichtig, um aussagekräftige Prognosen über die Entwicklung des Leistungsstandes von Mitarbeitern durchführen zu können. Im Rahmen der Personaldiagnostik stehen dabei berufsrelevante Facetten der Kompetenzen, die im Vorfeld einer Maßnahme im Rahmen von Arbeits- und Anforderungsanalysen untersucht werden, im Zentrum des Interesses. Ein besonderes Forschungs- und Praxisinteresse liegt derzeit in der Erfassung sozialer Kompetenzen, da diese das zwischenmenschliche Miteinander in Unternehmen regeln und damit den wirtschaftlichen Erfolg von Organisationen wesentlich mitbestimmen.
In dieser Arbeit soll untersucht werden, in wie weit es möglich ist, soziale Kompetenzen im Rahmen eines Assessment Centers zur Einstellungsuntersuchung messbar zu machen. Dabei werden zunächst grundlegende Begrifflichkeiten definiert. Anschließend wird der Frage nachgegangen, welche konkreten Konzepte es hier zur Erfassung von sozialen Kompetenzen gibt und wie diese sich in der Praxis bewähren. Dabei werden immer auch Störfaktoren aufgezeigt, die bei der Anwendung dieser Methoden Berücksichtigung finden müssen. Hierdurch bietet diese Arbeit einen Orientierungsrahmen für Personaldiagnostiker, die sich vor die Herausforderung gestellt sehen, Instrumente zur Erfassung sozialer Kompetenzen nutzbringend einzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitionen
2.1 Soziale Kompetenz
2.2 Assessment Center
3 Diagnostik sozialer Kompetenzen
3.1 Leistungstests
3.2 Verhaltensbeobachtung
3.3 Selbst- und Fremdeinschätzung
3.4 Computergestützte Verfahren
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Arbeitswelt ist seit einigen Jahren einem radikalen Wandel ausgesetzt. Dass dies sich auch in der Arbeits- und Organisationspsychologie bemerkbar macht, zeigt sich beispielsweise in der Auswahl von Prädiktoren und Kriterien in der Personalauswahl. Veränderte Organisationen mit flachen Hierarchien, geteilter Verantwortung und Teamstrukturen verlangen nach einem neuen Mitarbeitertypus.[1] Daher lässt sich auch in der Diskussion um die Potentialfeststellung von Personen eine Trendwende erkennen: Die Erfassung von Kompetenzen erscheint gegenüber dem einfachen Nachweis von Qualifikationen zunehmend wichtig, um aussagekräftige Prognosen über die Entwicklung des Leistungsstandes von Mitarbeitern durchführen zu können. Im Rahmen der Personaldiagnostik stehen dabei berufsrelevante Facetten der Kompetenzen, die im Vorfeld einer Maßnahme im Rahmen von Arbeits- und Anforderungsanalysen untersucht werden, im Zentrum des Interesses. Ein besonderes Forschungs- und Praxisinteresse liegt derzeit in der Erfassung sozialer Kompetenzen, da diese das zwischenmenschliche Miteinander in Unternehmen regeln und damit den wirtschaftlichen Erfolg von Organisationen wesentlich mitbestimmen.[2]
Diese Arbeit soll untersuchen, in wie weit es möglich ist, soziale Kompetenzen im Rahmen eines Assessment Centers zur Einstellungsuntersuchung messbar zu machen. Dabei werden zunächst grundlegende Begrifflichkeiten definiert. Anschließend wird der Frage nachgegangen, welche konkreten Konzepte es hier zur Erfassung von sozialen Kompetenzen gibt und wie diese sich in der Praxis bewähren. Dabei werden immer auch Störfaktoren aufgezeigt, die bei der Anwendung dieser Methoden Berücksichtigung finden müssen. Hierdurch bietet diese Arbeit einen Orientierungsrahmen für Personaldiagnostiker, die sich vor die Herausforderung gestellt sehen, Instrumente zur Erfassung sozialer Kompetenzen nutzbringend einzusetzen.
2 Definitionen
In diesem Kapitel wird zunächst eine Präzisierung der Begrifflichkeiten »Soziale Kompetenz« und »Assessment Center« vorgenommen.
2.1 Soziale Kompetenz
Zunächst erscheint es notwendig, den Begriff der Kompetenz an sich zu präzisieren. Kompetenzen soll man hier als „Fähigkeiten, Methoden, Wissen, Einstellungen und Werte […], [die] an das Subjekt und seine Befähigung zu eigenverantwortlichem Handeln gebunden [sind]“[3] verstehen. Friede unterscheidet dabei drei Gruppen der beruflich relevanten Handlungskompetenzen:
- Die Fachkompetenz,
- die Humankompetenz und
- die Sozialkompetenz.
Sozialkompetenz zeigt sich seiner Auffassung nach in sozialen Anforderungssituationen, die in einen fachlichen Kontext eingebettet sind.[4]
Kanning definiert soziale Kompetenz als die „Gesamtheit des Wissens, der Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person, welche die Qualität eigenen Sozialverhaltens – im Sinne der Definition sozial kompetenten Verhaltens – fördert“[5]. Unter sozial kompetentem Verhalten versteht er das „Verhalten einer Person, das in einer spezifischen Situation dazu beiträgt, die eigenen Ziele zu verwirklichen, wobei gleichzeitig die soziale Akzeptanz des Verhaltens gewahrt wird“[6].
Die Autoren des Projektes KomNetz verstehen unter Sozialkompetenz die „Bereitschaft und Fähigkeit, soziale Beziehungen und Interessen zu erfassen, zu verstehen und zu gestalten sowie sich mit anderen verantwortungsbewusst auseinander zu setzen und zu verständigen“[7]. Dabei wird insbesondere die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität mit einbezogen.
Als verwandte Konzepte, die teilweise synonym mit sozialer Kompetenz verwendet werden, lassen sich soziale Intelligenz, emotionale Intelligenz, soziale Fertigkeiten und interpersonale Kompetenz anführen. Kanning sieht diese Konstrukte als Teilmengen der sozialen Kompetenz, da diese ein höheres Abstraktionsniveau impliziert (Abbildung 1).[8]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Beziehung zwischen sozialer Kompetenz und verwandten Begriffen[9]
Auch wenn keine Einigkeit über den Begriff der sozialen Kompetenz besteht, lassen sich in Diskussionen und den oben angeführten Definitionen immer wieder auftauchende Kernelemente erkennen. Wegge nennt an dieser Stelle vier zentrale Komponenten:
- Den Interaktionskontext,
- die Situationsspezifität,
- die Zielrealisierung und
- die Zweckrationalität.[10]
Interaktionskontext meint dabei, dass menschliches Verhalten und Handeln fast immer in sozialen Kontexten stattfindet und soziale Kompetenz deshalb in der Interaktion von Individuen sichtbar wird. Verhält sich eine Person in diesen Interaktionen gemäß den Rollenvorgaben und Normen der jeweiligen Situation, so zeigt sich hier sozial kompetentes Verhalten. Dieses Verhalten ist zwar zielgerichtet, nimmt aber dennoch auf den Gesamtkontext und die Bedürfnisse des jeweiligen Interaktionspartners Rücksicht. Deshalb lässt sich diesbezüglich von einer situationsspezifischen, zweckrationalen Zielrealisierung sprechen.
Auf Grund der Multidimensionaliät des Konstruktes hält Kanning es für legitim, statt von »sozialer Kompetenz« zu sprechen, immer den Plural »soziale Kompetenzen« zu verwenden.[11] Diese Arbeit folgt diesem Vorschlag und wird »soziale Kompetenzen« im Weiteren als Oberbegriff für die in Abbildung 1 dargestellten Konzepte nutzen.
2.2 Assessment Center
Assessment Center ist eine erstmals 1938 von Murray genutzte Bezeichnung für eine Vielfalt von Verfahren und Beobachtern[12], die einer Kompetenz- oder Potentialeinschätzung von Kandidaten dienen.
Kanning definiert ein Assessment Center als „aufwändiges diagnostisches Verfahren, bei dem die zu beurteilenden Personen unterschiedliche Übungen vor einem Beobachtergremium absolvieren müssen. […] Der Vorteil gegenüber anderen Verfahren besteht darin, dass das Verhalten direkt beobachtet wird und nicht erst aus Fragebogen- oder Interviewdaten erschlossen werden muss. Dabei wird jedes interessierende Personenmerkmal von mehreren unabhängigen Beobachtern in mehreren unabhängigen Verhaltensübungen eingeschätzt“[13].
Kleinmann beschreibt Assessment Center als „multiple diagnostische Verfahren, welche systematisch Verhaltensleistungen beziehungsweise Verhaltensdefizite von Personen erfassen. Hierbei schätzen mehrere Beobachter gleichzeitig für einen oder mehrere Teilnehmer seine/ihre Leistungen nach festgelegten Regeln in Bezug auf vorab definierte Anforderungsdimensionen ein“[14].
Höft und Funke sehen ein Assessment Center als „Testbatterie […], in der mehrere Einzeltests für die Beschreibung von bestimmten Persönlichkeitseigenschaften verknüpft werden“[15]. In Ergänzung dieser vereinfachten Definition beschreiben sie das Assessment Center als „simultane Beobachtung mehrerer Teilnehmer durch mehrere Beobachter in mehreren Verfahren hinsichtlich mehrerer definierter Anforderungen“[16].
Aus diesen Definitionen wird ersichtlich, dass weitgehend begriffliche Einigkeit über das Assessment Center besteht. Zusammenfassend können folgende Merkmale als grundlegend für ein Assessment Center angesehen werden:
- Die Verhaltensorientierung,
- die Methodenvielfalt,
- die Mehrfachbeurteilung und
- die Anforderungsbezogenheit.[17]
Auch besteht Einigkeit über die Unterscheidung von Auswahl- und Entwicklungs-Assessment Centers: Dienen sie eher der Einschätzung von Potential spricht man von »Auswahl-ACs«, bei der vorrangigen Einschätzung von Kompetenzen von »Entwicklungs-ACs«.[18] Assessment Center werden heute nicht nur zur Personalauswahl, sondern auch zur Laufbahnplanung, Ausbildungsberatung, Teamentwicklung, beruflichen Habilitation und so weiter eingesetzt.[19] In dieser Arbeit beziehen sich die Betrachtungen vorrangig auf Assessment Center zur (externen) Personalauswahl.
[...]
[1] Vgl. Weinert 2004, S. 300f.
[2] Vgl. Kanning 2004, S. 41
[3] Projekt KomNetz 2004, S. 54
[4] Vgl. Friede 1996, S. 6
[5] Kanning 2003, S. 15
[6] Kanning 2003, S. 15
[7] Projekt KomNetz 2004, S. 106
[8] Vgl. Kanning 2003, S. 22ff.
[9] Kanning 2003, S. 25
[10] Vgl. Wegge 2006, S. 591
[11] Vgl. Kanning 2003, S. 11
[12] Vgl. Ebbinghaus/Walter/Schmidt 2003, S. 9
[13] Kanning 2004, S. 522
[14] Kleinmann 2003, S. 1
[15] Höft/Funke 2006, S. 162
[16] Höft/Funke 2006, S. 162
[17] Vgl. Ebbinghaus/Walter/Schmidt 2003, S. 9
[18] Vgl. Sarges 2001, S. VII
[19] Vgl. Schuler 1996, S. 120
- Citation du texte
- Marcel Bohnert (Auteur), 2008, Zu den Möglichkeiten der Diagnostik sozialer Kompetenzen im Assessment Center, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88416
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