Bei der "Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen" handelt es sich um ein Frühwerk Nietzsches, welches als ein "Seitenstück" zur "Geburt der Tragödie" angekündigt und infolgedessen auch rezipiert worden ist.
Die Verfasserin dieser Arbeit wird nachweisen, dass eine solche Auffassung die Bedeutung von Nietzsches Schrift verfehlt, dass es sich dabei vielmehr um ein selbstständiges und originales Werk handelt, das einerseits auf Prinzipien der neuhumanistischen Bildungstheorie beruht, diese Grundsätze auf einen bestimmten Menschentypus hin vereint, um auf diesem schließlich eine neue Kulturtheorie zu begründen.
Andererseits ist sie vor wissenschaftstheoretischem Hintergrund zu lesen, denn nur ein bestimmter Wissenschaftsbegriff rechtfertigt die "PhG" als eine völlig neue und fruchtbare Theorie für die Altertumswissenschaft, wie die Philologie sich seit ihrem Vertreter Friedrich August Wolf nennt.
Weiterhin stellt Nietzsches Schrift, wie alle seine frühen Werke, eine Kritik an den Methoden des Historischen Positivismus dar. Es wird, vor dem Hintergrund des Methodenstreits der Philologen während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, gezeigt werden, dass Nietzsche selbst bei der Bearbeitung und Ausdeutung der Quellen eine andere Methode anwendet und welche.
Letztendlich kann Nietzsches Philosophengeschichte als Gegenentwurf zu den zeitgenössischen gelehrten Philosophiegeschichtsschreibungen gelesen werden, die er zwar aus verschiedenen Gründen, die hier ebenfalls besprochen werden, ablehnt, die ihm jedoch gleichwohl als neuzeitliche Quellen dienen.
Die Verfasserin untersucht auch, welche Quellen Nietzsche für das Philosophenbuch auswählt und verwendet, sowohl die der alten als auch die der neueren Geschichtsschreiber und, erstmals in der Nietzsche-Forschung, an wen genau er seine werkimmanente Kritik richtet.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Hauptteil
- I.
- 1. Historisch-biographischer Hintergrund
- 1.0 Philologie zwischen Bildung und Wissenschaft
- 1.1 Wilhelm v. Humboldt
- 1.1.1 Neubestimmung des Wissenschaftsbegriffs
- 1. 1. 2 Die Grundprinzipien der Bildung: Freiheit, Einsamkeit, Agonalität
- 1. 1. 3 Das dreifache Streben des Geistes: Prinzip, Ideal, Idee
- 1. 1.4 Vollständigkeitsprinzip versus Einheitsprinzip
- 1.2 Friedrich August Wolf
- 1.2.1 Der Bildungsgedanke in der Klassischen Altertumswissenschaft
- 1. 2. 2 Das neue Menschenbild: Selbsttätigkeit und Originalität
- 1.3 August Boeckh
- 1. 3. 1 Bildung auf hermeneutischer Basis: Das Erkennen des Erkannten
- 1. 3. 2 Bildung neuer Ideen: Das Erkannte wird Eigenes
- 1. 3. 3 Bildung zur Wissenschaft: Individualität als Basis für Kongenialität
- 1. 3.4 Selbstbildung: Kongenialität als Mittel zur Selbsterkenntnis
- 2. ,,Methode ist fast zu einem Stichwort geworden.\"
- 2.1 Friedrich Ritschl
- 2. 1. 1 Die Textkritische Wende
- 2. 1. 2 Ausbildung zur historisch-kritischen Methode
- 3. ,,Der Beistand der künstlerisch gearteten Naturen“
- 3. 1 Jakob Burckhardt
- 3. 1. 1 Die Antimethode
- 3. 1. 2 Gesamt- und Einzelbilder als Sinnbild für das Ideal
- II. Quellen
- 1.0 Alte und neuere Geschichtsschreiber
- 1. 1 Nietzsche in der Auseinandersetzung mit historischen Quellen
- 1. 1. 1 Diogenes Laertius
- 1.2 Nietzsche in der Auseinandersetzung mit den neueren Darstellungen
- 1.2.1 Eduard Zeller, Heinrich Ritter und Christian August Brandis
- III. Die Einzelbilder: Nietzsches Interpretation der vorplatonischen Philosophen
- 1. Thales: Der Beginn des philosophischen Denkens
- 2. Anaximander: Der erste, untragische Erklärungsversuch
- 3. Heraklit: Der Weg von der menschlichen zur göttlichen Anschauung
- 4. Parmenides: Der Erfinder des reinen Denkens
- 5. Zenon: Der Erfinder des Argumentierens
- 6. Anaxagoras: Der Erfinder der Induktion und der Metaphysik der ersten Ursache
- 7. Xenophanes: Der Erfinder des Skeptizismus
- C. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit befasst sich mit der Philosophie Nietzsches im Kontext des tragischen Zeitalters der Griechen, insbesondere im Hinblick auf Bildung und Wissenschaftstheorie. Sie untersucht die Wurzeln der griechischen Philosophie und deren Einfluss auf Nietzsches Werk.
- Der Einfluss der Philologie auf die Entwicklung des Wissenschaftsbegriffs in der Antike
- Die Rolle des "Philosophen" in der Kultur
- Nietzsches Interpretation der vorplatonischen Philosophen
- Die Beziehung zwischen Bildung und Wissenschaft
- Das Verhältnis zwischen Philosophie und Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Entstehung und Entstehung von Nietzsches Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen und stellt den Hintergrund der Arbeit vor. Das erste Kapitel befasst sich mit dem historisch-biographischen Hintergrund der Arbeit und untersucht den Einfluss von prominenten Philologen wie Wilhelm von Humboldt, Friedrich August Wolf und August Boeckh auf Nietzsches Denken. Das zweite Kapitel analysiert die Bedeutung der "Methode" in der Altertumswissenschaft und untersucht Nietzsches Auseinandersetzung mit der Textkritik. Das dritte Kapitel beleuchtet die Bedeutung von "künstlerischen Naturen" für die wissenschaftliche Forschung und untersucht Jakob Burckhardts Einfluss auf Nietzsches Werk. Der dritte Teil der Arbeit widmet sich Nietzsches Interpretation der vorplatonischen Philosophen, beginnend mit Thales und endend mit Xenophanes.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf Themen wie die griechische Philosophie, Tragödie, Bildung, Wissenschaft, Philologie, Methode, Kulturgeschichte, vorplatonische Philosophie, Nietzsche und Wagner.
- Quote paper
- MA Gabriele C. Johann (Author), 2004, Nietzsches Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen im bildungs- und wissenschaftstheoretischen Kontext, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88057