Mord und Serienmord sind aus der kulturellen Güterindustrie nicht mehr wegzudenken. Vor allem die USA haben in dieser Hinsicht ganze Vorarbeit geleistet: Ob Woody Harrelson in "Natural Born Killers", ob Metthew McConaughey in "Texas Chainsaw massacre" oder Christian Bale in "American Psycho", es gibt kein entrinnen mehr. Waren Serienkiller-Filme Anfangs eher schlecht und billig produziert, so fanden sie mit dem Welterfolg von "Das Schweigen der Lämmer" im Jahre 1991 schliesslich den Weg in die Kinos. Die Grenze zwischen Marketing und Ethik löst sich im Zeitalter des Infotainment immer mehr auf, indem Gewalt einerseits von der Gesellschaft verurteilt und andererseits in den Medien zelebriert wird. Die USA stehen, neben Japan, hinsichtlich der Darstellung von Gewalt in Film und Fernsehen an der Spitze. Es ist deshalb anzunehmen, dass Gewaltdarstellungen auch und v.a. in den zahlreichen Filmen über Serienmörder vorherrschen, die seit den 90er Jahren vornehmlich in den USA entstanden sind. Die dieser Arbeit zugrunde liegende Hypothese lautet deshalb wie folgt: Im amerikanischen Film wird grösstenteils physische Gewalt dargestellt, dabei überwiegt die explizit gezeigte Mordhandlung gegenüber den Folgen und Andeutungen derselben. Um diese Annahme bestätigen zu können, werden im Folgenden zwei Filme über reale Serienmörder auf ihre Gewaltdarstellungen untersucht. Bei den Untersuchungsobjekten handelt es sich einerseits um den amerikanischen Film "Ted Bundy" und adererseits um den deutschen Film "Der Totmacher".
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
1 Ziel und Aufbau der Arbeit
2 Forschungsüberblick zu medialer Gewalt
2.1 Klärung des (medialen) Gewaltbegriffs
3 Der film noir in Amerika und Europa
3.1 Serienkiller im Film
4 Filmanalyse
5 Ted Bundy – Hollywood inszeniert einen Serienmörder
5.1 Überblick über den Fall Ted Bundy
5.2 Ted Bundy – der Film
6 Fritz Haarmann – der deutsche Film inszeniert einen Serienmörder
6.1 Überblick über den Fall Haarmann
6.2 Der Totmacher – ein deutscher Film im Vergleich
7 Analyse
7.1 Pretest
7.2 Zusammenfassender Überblick über die Ergebnisse
8 Zusammenfassung & Fazit
9 Literaturverzeichnis
Anhang 1: Sequenzprotokoll zum Film Ted Bundy
Anhang 2: Sequenzprotokoll zum Film Der Totmacher
Anhang 3: Kodeplan vor dem Pretest
Anhang 4: Kodeplan nach dem Pretest
Anhang 5: Ergebnisse
Häufigkeitsverteilungen Ted Bundy
Häufigkeitsverteilungen Der Totmacher
Kreuztabelle
I. Einleitung
Serienmörder haben Hochkonjunktur. Sie beherrschen die Kulturindustrie genauso wie die Medienwelt, weil sie laut Farin
„Kristallisationspunkte [bilden], in denen sich Nachricht, Schock und Grusel publikumswirksam verquicken lassen. Denn nichts [...] schreit mehr nach Licht als die dunklen Seiten der menschlichen
Existenz.“[1]
Mord und Serienmord sind aus der kulturellen Güterindustrie nicht mehr wegzudenken, zumal „ Crime und True Crime [überall] auf dem Vormarsch sind.“[2] Vor allem die USA haben in dieser Hinsicht ganze Vorarbeit geleistet: Ob Woody Harrelson in Natural Born Killers, ob Metthew McConaughey in Texas Chainsaw massacre oder Christian Bale in American Psycho, es gibt kein entrinnen mehr. Achtzehn Filme[3] basieren allein auf dem Fall des Serienmörders Ed Gein, darunter Jonathan Demmes Das Schweigen der Lämmer und Hitchcocks Psycho, beides Kassenschlager und Kinoerfolge, um nur zwei davon zu nennen. Der wohl berühmteste aller Serienmörder ist Jack the Ripper. Mit ihm wurde erstmals die Frage nach dem Serienkiller laut. Diese Morde führten eine völlig neue Gattung des Verbrechens ein, das auch die bisherige Polizeiarbeit in Frage stellte und nach neuen Vorgehensweisen verlangte.
Waren Serienkiller-Filme Anfangs eher schlecht und billig produziert, so fanden sie mit dem Welterfolg von Das Schweigen der Lämmer im Jahre 1991 schliesslich den Weg in die Kinos[4] oder um es in den Worten von Robert Cettl zu sagen:
„It was no longer considered the domain of low-budget exploitation, as was the typical impression of films dealing with such subject matter. Now, 'serious' filmmakers, even auterus, increasingliy aused the serial killer film for message and money.“[5]
Serienmörder steigern also den Unternehmenswert und das nicht nur auf filmischer Basis, im Gegenteil, wie Farin bemerkt:
„Selbst der Wissenschaftsverlag Garland Publishing, New York/London, ist seit langem mit von der Partie, er veröffentlichte Michael Newtons annotated bibliography zum Thema Mass Murder. Und in den zahlreichen, ausschliesslich Mördern gewidmeten Lexika, etwa der [...] World Encyclopedia of 20th Century Murder [von Robert Nash, 1992] erfahren wir (fast) alles über sie, ihre klangvollen Namen (Jack the Ripper, Vampir von Düsseldorf, Green River Killer, Boston Strangler etc.) und, natürlich, wie sie sich diese erwarben – ihre Lebensläufe, ihre Taten. Wir können verfolgen, wie sie zu Medienstars avancierten, zu Kultfiguren wurden, zu 'Helden'.“[6]
Die Grenze zwischen Marketing und Ethik scheint sich also im Zeitalter des Infotainment immer mehr aufzulösen, indem Gewalt einerseits von der Gesellschaft verurteilt und andererseits in den Medien zelebriert wird. Die USA stehen, neben Japan, hinsichtlich der Darstellung von Gewalt in Film und Fernsehen an der Spitze (Vgl. Kapitel 2, S. 6). Es ist also anzunehmen, dass Gewaltdarstellungen auch und v.a. in den zahlreichen Filmen über Serienmörder vorherrschen, die seit den 90er Jahren vornehmlich in den USA entstanden sind. Die dieser Arbeit zugrunde liegende Hypothese lautet deshalb wie folgt:
Im amerikanischen Film wird grösstenteils physische Gewalt dargestellt, dabei überwiegt die explizit gezeigte Mordhandlung gegenüber den Folgen und Andeutungen derselben.
Um diese Annahme bestätigen zu können, werden im Folgenden zwei Filme über reale Serienmörder auf ihre Gewaltdarstellungen untersucht. Dabei handelt es sich einerseits um eine deutsche und andererseits um eine amerikanische Produktion. Die deutsche Inszenierung soll dabei zum Vergleich herangezogen werden und dient somit als Stütze für die Verifizierung bzw. Falsifizierung der Hypothese. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich demzufolge v.a. auf den amerikanischen Film und dessen Gewaltdarstellung. Bei den Untersuchungsobjekten handelt es sich einerseits um den amerikanischen Film Ted Bundy und adererseits um den deutschen Film Der Totmacher. Beide Filme rücken die Figur des Serienmörders in den Mittelpunkt, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Nach Neil Smith ist folgender Masstab für Serienkiller-Filme entscheidend: „The measure of a film like this is how much insight we gain into the twisted mindset of its sociopathic anti-hero.“[7]
1 Ziel und Aufbau der Arbeit
Ziel der vorliegenden Arbeit ist folglich die Untersuchung von Gewaltdarstellungen in den beiden, oben erwähnten, Serienmörder-Filmen. Um dieses Ziel erreichen zu können erscheint es sinnvoll Filme zu wählen, die reale Serienmörder zum Thema haben und damit, so ist anzunehmen, „explizite (direkte und realitätsnahe) Darstellung von Gewalt aufweis[en].“[8] Beim Film Ted Bundy ist dies eindeutig der Fall, wie sich im Verlauf zeigen wird. In diesem Rahmen wird deshalb zudem angenommen, dass beim amerikanischen Film von einer sensationsorientierten Umsetzung gesprochen werden kann.
Um dieses Forschungsziel erreichen und die oben genannte Hypothese beantworten zu können, wird zunächst ein Überblick über den Forschungsstand im Bereich der Mediengewaltforschung gegeben, sowie die zentralen Begriffe geklärt, wobei aufgrund des eingeschränkten Umfangs dieser Arbeit eine starke Eingrenzung und Klärung des Gewaltbegriffs nötig ist. Im darauf folgenden Kapitel wird dann der Film noir beleuchtet, wobei auch die wesentlichen Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem europäischen film noir, sowie die grundlegenden Gestaltungselemente herausgearbeitet werden. Im Rahmen dieses Abschnitts folgt im Anschluss ein kurzer Abriss über Serienmörder im Film. Danach wird auf die Filmanalyse als Untersuchungsmethode eingegangen. In einem nächsten Teil werden sowohl die beiden Filme, als auch deren realer Hintergrund vorgestellt. Im letzten Kapitel wird die Untersuchung auf ihre Kernpunkte zusammengefasst, und die daraus gewonnenen Erkenntnisse beleuchtet. Das Literaturverzeichnis und ein Anhang bilden schliesslich den Abschluss.
2 Forschungsüberblick zu medialer Gewalt
Das Thema 'Gewalt in den Medien' bot schon immer und bietet auch heute noch Diskussionsstoff. Bei den Untersuchungen zu medialer Gewalt handelt es sich vorwiegend um Wirkungsstudien. Zahlreiche Forscher sind darum bemüht herauszufinden, warum Gewalt in Film und Fernsehen eine dermassen starke Anziehungskraft auf die Rezipienten ausübt.[9] Deshalb entstanden viele Untersuchungen „v.a. zur Wirkung, aber auch zur Rezeption und Nutzung von Gewaltinhalten.“[10] Der Forschungsfokus bezüglich der Wirkung von Gewaltdarstellungen richtet sich dabei laut Pitum „auf Kinder und Jugendliche; Erwachsene werden bei der Gewaltforschung selten untersucht.“[11] Neben Untersuchungen zu Nutzungsmotiven medialer Gewalt, befassen sich zahlreiche Studien auch mit der Frage nach der Auswirkung von Mediengewalt. Kunczik verweist in diesem Zusammenhang auf die „Habitualisierungs- bzw. Reizüberflutungsthese“[12], wonach sich die Rezipienten zunehmend an die im Fernsehen gezeigten gewaltsamen Inhalte gewöhnen:
„Diese Gewöhnung geht soweit, dass die im Fernsehen gezeigten Inhalte immer gewaltsamer produziert werden müssen [...]. Die Folge ist also ein Publikum, das gegenüber einer zunehmenden Gewaltpräsentation im Fernsehen zunehmend resistent wird.“[13]
Im Fernsehen bzw. Film wird zwischen fiktionaler und realer Gewaltdarstellung unterschieden. Grimm/Kirste/Weiss verweisen diesbezüglich auf einen „Trend zur Hybridisierung von Medieninhalten [seit den 90er Jahren]“, d.h. einer zunehmenden „Vermischung von Fakten und Fiktionen“, deren frühere Trennung heute nicht mehr eindeutig gegeben sei.[14] Diese Entwicklung führte in der Mediengewaltforschung zum folgenden, gesicherten Erkenntnis: „Je realistischer ein Film (bzw. eine Fernsehsendung) beurteilt wird, als desto violenter wird er (sie) auch empfunden.“[15] Ob aber bestimmte Verhaltensweisen überhaupt erst als gewalttätig angesehen werden, ist „u.a. abhängig vom jeweiligen Filmgenre, vom Ausmass der Involviertheit des Rezipienten, von dessen Lebenserfahrung und spezifischen Persönlichkeitsmerkmalen (ZB. Selbstbewusstsein).“[16] Bis heute nicht bestätigt ist jedoch die weit verbreitete Annahme, dass der Konsum von gewalttätigen Medieninhalten zu einer Aggressivitätssteigerung beim Konsument führt, wonach dieser dann selbst aggressive Verhaltensweisen zeigt[17]: „Und obgleich dieses Thema Gegenstand einer Vielzahl von Forschungsarbeiten und Untersuchungen ist, werden die ([...] zum Teil widersprüchlichen) Ergebnisse in der Öffentlichkeit kaum angemessen rezipiert.“[18] Nach Gleich sind es immer wieder „eindimensionale Ursachenzuschreibungen, in denen ein bestimmtes Quantum bzw. eine bestimmte Qualität von Gewaltdarstellungen mit negativen Effekten verknüpft werden.“[19] Trotzdem zeigen die inhaltsanalytischen Studien zur medialen Gewalt allesamt, dass sie im Fernsehen alltäglich ist.[20] Gleich weist aber darauf hin, dass deutsche Fernsehprogramme, „das Gewaltniveau in anderen Ländern (vor allem in den USA und Japan) (noch) nicht erreichen [...]. Betrachtet man den Anteil aggressionsbeinhaltender Programme am Gesamtprogramm, so stehen die USA und Japan mit einer Rate von etwa 80 Prozent [...] an der Spitze“[21]
2.1 Klärung des (medialen) Gewaltbegriffs
Gewalt ist im deutschen Sprachraum ein mehrdimensionaler Begriff, „weil er in unterschiedlichen Kontexten mit deutlich voneinander abweichenden Bedeutungen verwendet wird.“[22] Zwar bemühen sich einige Forscher um eine klare Definition, doch es ist laut Grimm/Kirste/Weiss
„[...] dennoch eine Uneinheitlichkeit des in der Forschung verwendeten Gewaltbegriffs zu beklagen [...]. Einige Studien berücksichtigen sehr eng gefasst nur physische und beabsichtigt ausgeführte Gewalt [...], andere fassen den Gewaltbegriff weiter und beziehen psychische Gewalt mit ein bzw. charakterisieren auch intentions-unabhängige schädigende Vorfälle als Gewalt.“[23]
Zudem werde Gewalt in der Forschungsliteratur oftmals mit Aggression gleichgesetzt, was Missverständnisse herbeiführen könne. Zwar würden sich die Begriffe 'Aggression' und 'Gewalt' in vielen Fällen überlagern und dasselbe meinen, es wäre jedoch nach Grimm/Kirste/Weiss falsch, „sie synonym zu setzten.“[24] Auch Imbusch betont diesbezüglich die Notwendigkeit einer definitorischen Abgrenzung und inneren Differenzierung „des Gewaltbegriffs gegenüber verwandten Begriffen [...].“[25] Im Allgemeinen wird unter Gewalt eine „zumeist körperliche Schädigung eines Lebewesens gegen seinen Willen“[26] verstanden. Diese Form der direkten physischen Gewalt steht laut Imbusch „Im Zentrum der Gewaltproblematik“[27], da diese immer manifest und meistens auch intendiert ausgeübt werde.
Die Gewalt in Film und Fernsehen wird in reale und fiktionale Gewalt unterteilt[28], d.h. die Darstellung von Gewalt kann „ fiktiv sein wie in einem Fantasyfilm oder real wie in Nachrichtensendungen.“[29] Grimm/Kirste/Weiss betonen, dass „Ein fernseh- [bzw. film]spezifischer Gewaltbegriff [...] zum einen realitätsnahe und reale Gewalt [umfasst], zum anderen aber auch rein medial existente Gewalt, die so in der Wirklichkeit nicht vorkommen kann.“[30] Im Film selbst wird Gewalt grundsätzlich dazu verwendet, um Spannung zu erzeugen, denn „Spannungssuche und Spannungsmanagement sind [...] wesentliche Motive für die Medienzuwendung“[31] Aus diesem Grunde haben Filme „mit einem hohen Gewaltanteil grosse Verbreitung gefunden.“[32]. Nachgewiesen sei diesbezüglich nach Lukesch,
„dass direkt dargestellte Gewalt als gewalthaltiger als verbal berichtete Gewalt erfahren wird, dass physische Gewalt als gewalthaltiger interpretiert wird als Akte psychischer Gewalt, dass reale Gewalt als höher gewalthaltig gesehen wird als fiktive Gewalt und dass Gewalt gegen Personen höher als Gewalt gegen Sachen eingestuft wird.“[33]
Von Fernseh- bzw. Filmgewalt wird laut Unz/Schwab/Winterhoff-Spurk dann gesprochen,
„[...] wenn die unmittelbare Vorbereitung, die Durchführung und/oder die unmittelbaren Folgen intendierter oder nicht-interdierter, für Menschen oder Dinge physisch schädigender Handlungen oder Ereignisse in Text und/oder Bild vorkommen.“[34]
Hier wird also zwischen beabsichtigter und unbeabsichtigter Handlung unterschieden, sowie zwischen Handlung und Ereignis (Naturkatastrophe etc.). Für die vorliegende Arbeit scheint deshalb eine noch enger gefasste Definition zu genügen, wonach Gewalt als „bewusste Schädigung“[35] definiert wird, indem einem beteiligten Lebewesen physische Schäden zugefügt werden. Zudem erscheint es hier sinnvoll, sich ausschliesslich auf die inhaltsbezogene Dimension von Gewalt, bzw. einen Teil davon, nämlich die Visualisierung/Verbalisierung der Gewalt, zu konzentrieren. Dabei ist laut Grimm die „'Qualität' und die Menge an Gewalt“[36] Gegenstand der Untersuchung.
3 Der film noir in Amerika und Europa
Mit dem Begriff Film noir und neo-noir wird eine Bewegung beschrieben, die seit den 40er Jahren in den Kinos Einzug hält.[37] In den USA hat der Film noir seit den 70ern eine Wiederbelebung erfahren, wie Palmer festhält:
„Although the films usually considered 'dark' were originally produced and consumed during the 1940s and 1950s, film noir was revived by American directors in the 1970s and has since become once again (if in a somewhat different form) a staple of entertainment cinema. Dark cinema, we may say, has enjoyed two periods of popularity [...].“[38]
'Entdeckt'[39] wurde der Film noir bzw. das 'dark cinema'[40] ursprünglich in den Nachkriegsfilmen Hollywoods, durch französische Filmkritiker. Der Begriff setzte sich daraufhin später auch in den USA durch. Der Terminus ist dabei laut Palmer, stark mit den drei wichtigsten Entwicklungen der Nachkriegsfilmkultur verbunden[41]:
„New Wave film-making in France; the American art cinema movement, often called the Hollywood Renaissance, during the late 1960s and early 1970s; and the evolution of poststudio American filmmaking through, in part, decisions to make films that are both more 'artistic' and more 'adult'. None of the other types of American studio filmmaking has had such a profound impact on film culture here and abroad.“[42]
Dabei ist festzuhalten, dass bis heute weitgehend Uneinigkeit in der Frage herrscht, ob der film noir ein Genre bzw. eine Gattung darstellt oder nicht.[43] Schwartz beispielsweise behauptet, dass es sich beim Begriff noir nicht um ein Genre im eigentlichen Sinne handelt „but an unconscious stylistic movement shared by many directors in 1940s and 1950s.“[44] Eine eindeutige Klassifikation des film noir ist aber sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich.[45] Zwar gebe es nach Sellmann sehr viel Literatur über den film noir, doch liefere sie grösstenteils nur ungenaue, unterschiedliche und teilweise sogar konträre Definitionen.[46] Diese Problematik zeigt sich v.a. daran, „dass einige Kritiker den Begriff film noir auf bestimmte Kriminal-, Gangster- und Detektivfilme beschränken, während andere auch bestimmte Melodramen oder sogar Westernfilme dazuzählen [...].“[47] Sellmann selbst teilt in seinem Buch Hollywoods moderner film noir die Ansicht, den film noir als eine Untergattung des Kriminalfilmgenres zu sehen und klassifiziert ihn daher als „düsteren“[48] Kriminalfilm. Ungeachtet der Klassifikationsproblematik, lassen sich dennoch bestimmte Gestaltungsmerkmale festhalten, die einen film noir ausmachen: Die Protagonisten dieser Filme sind alle „Anti-Helden, [deren] Handlungen [...] durch zwei Charaktermerkmale gekennzeichnet [sind]“[49], nämlich 'Entfremdung' und 'Besessenheit'.[50] Des Weiteren lassen sich auch auf der Handlungsebene Merkmale des film noir ausmachen. Die wichtigsten werden im Folgenden stichwortartig zusammengefasst:
1. Im früheren film noir beherrschten v.a. Dialoge die Handlung, die physische Aktivität stand dabei im Hintergrund.
2. Action- und Gewaltszenen nehmen im Verlaufe der Entwicklung einen immer grösseren Stellenwert im film noir ein.
3. Das Geschehen wird meistens „durch eine Kombination von Rückblenden und 'voice-over' –Erzählung dargestellt.“[51]
4. Das klassische 'Happy-End' entfällt meistens, da die Protagonisten oft zu Verbrechern oder Mördern werden und ihr Tod damit zur logischen Folge wird.
5. Normen und Werte werden in ihr Gegenteil gekehrt.
6. „Dem Zuschauer wird die Identifikation mit bösen Charakteren ermöglicht“[52]
Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Gestaltungselemente, die einen film noir ausmachen. Da wäre beispielsweise seine charakteristische Bildsprache zu nennen, die „oftmals als das Merkmal angesehen [wird], das die verschiedenen Filme miteinander verbindet oder auch die dunkle Stimmung, die in ihnen allen herrscht und „durch Zynismus, Pessimismus, moralische Ambiguität, Hoffnungslosigkeit und Desillusioniertheit geprägt ist [...].“[53] Eine weitere Charakteristik des klassischen film noir (ca. 1941-1958) ist natürlich, dass er in schwarzweiss gedreht ist, deshalb ist „Der Gedanke einer kontinuierlichen Entwicklung des film noir bis in die Gegenwart [für viele] undenkbar.“[54] Tatsache ist, dass sich aus dem klassischen film noir der neo-noir entwickelte,
„a direct outgrowth of the film noir style [...], but with several new spins.“[55] Laut Schwartz zeichnet sich neo-noir durch folgende Charakteristika aus:
1. Color and the latest projection technology (CinemaScope and the like)
2. A less restrictive rating system, allowing for greater screen violence, nudity, and harsher themes on screen
3. Remakes from the old 'hard-boiled' school of detective fiction
4. Instead of good/bad detectives, screenplays deal with good/bad cops
5. The emergence of the serial killer[56]
Neo-noir ist eine bestimmte Art des Filmemachens „that began in the early 1960s and fiercely continues into the present, showing the dark side of American life and dreams.“[57] Dabei greift neo-noir Geschichten und Themen auf, die im klassischen film noir niemals den Weg auf den Bildschirm gefunden hätten, wie beispielsweise: „deeply corrupt cops, serial killers, psychopaths, and young fugitive couples running from the law [...].“[58] Schwartz betont zudem, dass „[Neo noir] also intensifies the violent aspects of earlier noir cinema and causes viewers to squirm, even flee the theaters.“[59] Den Fortbestand seiner Art verdankt der film noir unter anderem und v.a. dem Einfluss europäischer Kriminalfilme.[60] Von der Filmkritik wird diesbezüglich davon ausgegangen, „dass die amerikanischen Filmemacher Ende der 60er Jahre damit begannen, das einheimische Kino durch das Studium der europäischen Filme 'wiederzuentdecken.'“[61] Trotzdem müsse hier aber von einer „wechselseitigen Beeinflussung“[62] gesprochen werden, wie Sellmann betont, denn letztendlich habe der klassische film noir bei zahlreichen europäischen Filmen Pate gestanden. Diese klassischen Paradigmen wurden in der Folge von den europäischen Filmemachern neu ausgelegt und wirkten nun ihrerseits auf die amerikanische Filmproduktion ein.[63]
3.1 Serienkiller im Film
Der Serienmörder im Film hat also, wie sich oben gezeigt hat, seine Ursprünge im film noir. Waren es im klassischen film noir noch Dialoge, welche die Handlung beherrschten, so waren es nun zunehmend Mörder und Psychopaten, deren Gewalttaten bis ins Detail an die Leinwand projiziert wurden. Dabei galt und gilt noch immer die Prämisse: Je realer die Gewalt dargestellt wird, als desto realer wird sie auch beim Zuschauer empfunden und das wiederum bewirkt eine stärkere emotionale Einbindung des Rezipienten in den Film (vgl. Kapitel 2.1, S. 6).
[...]
[1] Farin, Michael: Mitten ins pulsierende Herz des Todes. In: Frank J. Robertz/Alexandra Thomas (Hg.): Serienmord. Kriminologische und kulturwissenschaftliche Skizzierungen eines ungeheuerlichen Phänomens. München 2004, S. 9-11, hier S. 9.
[2] Ebd; Hervorhebungen im Original.
[3] Vgl. Franz, Liebl: Gunholder Value: Serienmord als Baustein des wertorientierten Managements. In: Robertz, Frank J./Thomas 2004, S. 489-499, hier 2004, S. 492.
[4] Vgl. Cettl, Robert: Serial Killer Cinema. An analytical filmography with an introduction. North Carolina 2003, S. 1.
[5] Ebd.
[6] Farin 2003, S. 9; Hervorhebungen im Original.
[7] Smith, Neil (2002): Bundy. URL: http://www.bbc.co.uk/films/2002/10/25/bundy_2002_review.shtml (12.10.07).
[8] Pitum, Sandra: Kulturspezifische Wahrnehmungsweisen von Gewaltdarstellungen im japanischen Film. Eine experimentelle Untersuchung am Beispiel von Audition. Diss. rer. Soc. Universität Fribourg 2007, S. 3.
[9] Vgl. Pitum 2007, S. 5.
[10] Ebd., S. 1.
[11] Ebd.
[12] Kunczik, Michael: Wirkungen von Gewaltdarstellungen. Zum aktuellen Stand der Diskussion. In: Friedrichsen, Mike/Vowe, Gerhard (Hg.): Gewaltdarstellungen in den Medien. Theorien, Fakten und Analysen. Opladen 1995, S. 125-144, hier S. 131.
[13] Ebd.
[14] Vgl. Grimm, Petra/Kirste, Katja/Weiss, Jutta: Gewalt zwischen Fakten und Fiktionen. Eine Untersuchung von Gewaltdarstellungen im Fernsehen unter besonderer Berücksichtigung ihres Realitäts- bzw. Fiktionalitätsgrades. In: Schriftenreihe der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM). Bd. 18. Berlin 2005, S. 13f; Hervorhebungen im Original.
[15] Kunczik 1995, S. 135.
[16] Kunczik 1995, S. 134.
[17] Vgl. Rathmayr, Bernhard: Die Rückkehr der Gewalt. Faszination und Wirkung medialer Gewaltdarstellungen. Wiesbaden 1996, S. 22.
[18] Ebd.
[19] Gleich, Ulrich: Das Angebot von Gewaltdarstellungen im Fernsehen. In: Friedrichsen/Vowe 1995, S. 145-165, hier S. 146.
[20] Vgl. Ebd., S. 161.
[21] Ebd., S. 160f.
[22] Imbusch, Peter: Der Gewaltbegriff. In: Heitmeyer, Wilhelm/Hagan, John (Hg.): Internationales Handbuch der Gewaltforschung. Wiesbaden 2002, S. 26-57, hier S. 28.
[23] Grimm et al. 2005, S. 41.
[24] Grimm et al. 2005, S. 42.
[25] Imbusch 2002, S. 31.
[26] Grimm et al. 2005, S. 41.
[27] Imbusch 2002, S. 38.
[28] Lukesch, Helmut: Gewalt und Medien. In: Heitmeyer/Hagan 2002, S. 639-675, hier S. 643.
[29] Grimm et al. 2005, S. 46; Hervorhebungen im Original.
[30] Ebd.
[31] Lukesch 2002, S. 643.
[32] Ebd.
[33] Ebd., S. 640.
[34] Unz, Dagmar/Schwab, Frank/Winterhoff-Spurk, Peter: Der alltägliche Schrecken. In: Rössler, Patrick/Kubisch, Susanne/Gehrau, Volker (Hg.). Empirische Perspektiven der Rezeptionsforschung. Bd. 23 München 2002, S. 97-115, hier S.100; Hervorhebungen im Original.
[35] Grimm et al. 2005, S. 42.
[36] Ebd., S. 18.
[37] Vgl. Palmer, Barton R.: Hollywood’s dark cinema: The american film noir. New York 1994, S. ix.
[38] Ebd.
[39] Vgl. Ebd.
[40] Ebd.
[41] Vgl. Ebd., S. x.
[42] Ebd.
[43] Sellmann, Michael: Hollywoods moderner film noir. Tendenzen, Motive, Ästhetik. Würzburg 2001, S. 14.
[44] Schwartz, Ronald: Neo-Noir. The new film noir style from Psycho to Collateral. Maryland 2005, S. ix.
[45] Vgl. Sellmann 2001, S. 14.
[46] Vgl. Ebd.
[47] Sellmann 2001, S. 14; Hervorhebungen im Original.
[48] Ebd., S. 13.
[49] Ebd., S. 32.
[50] Vgl. Ebd.
[51] Ebd., S. 39.
[52] Ebd., S. 48 (vgl. dazu Ebd., S. 38ff.)
[53] Ebd., S. 38; Hervorhebungen im Original.
[54] Ebd., S. 51.
[55] Schwartz 2005, S. xf.
[56] Ebd., S. xi.
[57] Ebd.
[58] Ebd.
[59] Ebd.
[60] Vgl. Sellmann 2001, S. 51.
[61] Ebd.
[62] Ebd., S. 53.
[63] Vgl. Ebd.
- Citar trabajo
- Helena Stamatovic (Autor), 2007, Ted Bundy vs. Fritz Haarmann, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88009
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