Nicole De Maio schrieb einmal in einem Essay im Florence Newspaper: „From an outsider´s perspective, Catholicism and Italian society appear to be closely connected with each other […][and] they are interwoven with another.” Kein europäisches Land ist so eng mit dem Katholizismus verwurzelt und kein Land wird so maßgeblich von ihrer Religion geprägt wie Italien. Diese Arbeit soll sich also mit dem Einfluss der katholischen Kirche auf die italienische Gesellschaft beschäftigen und dabei insbesondere auf die geschichtliche Entwicklung eingehen. Angefangen von der Lösung der „Römischen Frage“ mit den Lateranverträgen 1929 bis zur Rolle der Kirche in den Nachkriegsjahren und in den darauffolgenden Jahrzehnten. Des Weiteren sollen aktuelle politische und gesellschaftliche Ereignisse in Italien, die maßgeblich von der Kirchenpolitik beeinflusst worden sind, näher beleuchtet werden.
Diese Arbeit versteht sich nicht als bloße historische Abhandlung, sondern soll auch kritisch Stellung nehmen. Die katholische Kirche, die immer wieder versucht ist sich in die nationale Politik einzumischen, spaltet Volk und Regierung und löst heftige innenpolitische Debatten aus.
In keinen anderen Staat Europas ist die Geschichte des Landes so eng mit der Kirchenfrage verbunden wie in Italien. Die politische Rolle der katholischen Kirche war nicht minder beeinflusst durch das politische System, welches gerade aktuell war. Vom risorgimento bis zur Krise des liberalen Staates nach dem 1. Weltkrieg konnte sich die Kirche nicht in den nationalen Staat integrieren. Erst mit der Machtübernahme durch Mussolini und dem Beginn des Faschismus in Italien, wendete sich das Blatt: die Politik Mussolinis war autoritär ausgerichtet, beharrte aber dennoch in der Einhaltung aller römischer Traditionen, zu denen auch im starken Maße die katholische zählte. Sein Regime beruhte auf Dauer angelegte Kompromissen mit der Kirche, denn er respektierte deren kulturelle und soziale Wertvorstellungen und sah sie nicht in der Rolle des Feindes, sondern vielmehr in der Rolle eines Partners, mit dem man zusammen arbeiten musste. Mussolini äußerte sich dazu 1934 in einem Artikel:
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Kirchengeschichte von Mussolini bis zur Gegenwart
2.1 Die Rolle der katholischen Kirche im faschistischen Italien
2.2 Die Kirche und ihr Wirken nach Kriegsende
3 Tendenzen in der Gegenwart – Die Rolle der katholischen Kirche im politischen und gesellschaftlichem Umfeld Italiens
3.1 Das Verhältnis der Italiener zur Kirche
3.2 Aktuelle Ereignisse
3.3 Die katholische Kirche und der Fall Welby
4 Fazit
5 Quellenverzeichnis
5.1 Literatur
5.2 Internetquellen
5.3 Zeitschriften
1 Einleitung
Nicole De Maio schrieb einmal in einem Essay im Florence Newspaper: „From an outsider´s perspective, Catholicism and Italian society appear to be closely connected with each other […][and] they are interwoven with another.”[1] Kein europäisches Land ist so eng mit dem Katholizismus verwurzelt und kein Land wird so maßgeblich von ihrer Religion geprägt wie Italien. Diese Arbeit soll sich also mit dem Einfluss der katholischen Kirche auf die italienische Gesellschaft beschäftigen und dabei insbesondere auf die geschichtliche Entwicklung eingehen. Angefangen von der Lösung der „Römischen Frage“[2] mit den Lateranverträgen 1929 bis zur Rolle der Kirche in den Nachkriegsjahren und in den darauffolgenden Jahrzehnten. Des Weiteren sollen aktuelle politische und gesellschaftliche Ereignisse in Italien, die maßgeblich von der Kirchenpolitik beeinflusst worden sind, näher beleuchtet werden.
Diese Arbeit versteht sich nicht als bloße historische Abhandlung, sondern soll auch kritisch Stellung nehmen. Die katholische Kirche, die immer wieder versucht ist sich in die nationale Politik einzumischen, spaltet Volk und Regierung und löst heftige innenpolitische Debatten aus.
2 Die Kirchengeschichte von Mussolini bis zur Gegenwart
2.1 Die Rolle der katholischen Kirche im faschistischen Italien
„Möglich ist nur entweder die volle Trennung beider Mächte, der Staat ignoriert die Kirche, oder er regelt mit ihr die gemeinsamen Sachen“[3] Mussolini
In keinen anderen Staat Europas ist die Geschichte des Landes so eng mit der Kirchenfrage verbunden wie in Italien. Die politische Rolle der katholischen Kirche war nicht minder beeinflusst durch das politische System, welches gerade aktuell war. Vom risorgimento[4] bis zur Krise des liberalen Staates nach dem 1. Weltkrieg konnte sich die Kirche nicht in den nationalen Staat integrieren. Erst mit der Machtübernahme durch Mussolini und dem Beginn des Faschismus in Italien, wendete sich das Blatt: die Politik Mussolinis war autoritär ausgerichtet, beharrte aber dennoch in der Einhaltung aller römischer Traditionen, zu denen auch im starken Maße die katholische zählte. Sein Regime beruhte auf Dauer angelegte Kompromissen mit der Kirche, denn er respektierte deren kulturelle und soziale Wertvorstellungen und sah sie nicht in der Rolle des Feindes, sondern vielmehr in der Rolle eines Partners, mit dem man zusammen arbeiten musste. Mussolini äußerte sich dazu 1934 in einem Artikel:
„[…] ein Kampf gegen die Religion ist ein Kampf gegen das Nichtergreifbare, gegen das Nichtberührbare; es ist ein offener Krieg gegen den Geist in seiner tiefsten und intimsten Sphäre; es ist nun schon bewiesen worden, dass die Waffen, über die der Staat bei einem solchen Kampf verfügen kann, keine Macht haben, die Kirche tödlich zu verwunden, die beständig aus den heftigsten Konflikten als Sieger hervorgeht.“[5]
Die enge Verbindung zwischen italienischer Nationalkultur und katholischer Kirche, die seit Jahrthunderten bestand, sah Mussolini als nationale Chance. Er zielte daher auf eine auf Dauer angelegte Verständigung mit dem Papsttum, die auch gesetzlich festgelegt sein sollte:
1929 unterzeichneten Mussolini und der Kardinalsstaatssekretär Gasparri in Rom die Lateranverträge.[6] Der Katholizismus wurde damit zur Staatsreligion Italiens erhoben und
die Souveränität des Heiligen Stuhls bestätigt. Die Verträge garantierten der katholischen Kirche die freie Ausübung ihrer Jurisdiktion und ihrer Verkündung sowie freie, sofern nicht politische Tätigkeiten der katholischen Aktion und ihrer Organisationen. Dafür verpflichtete sich der Papst zu strikter Neutralität und erklärte die „Römische Frage“ für endgültig beigelegt. Das Konkordat setzte auch voraus, dass sich die Kirche aus jeglichen politischen Angelegenheiten rauszuhalten habe, was sich aber besonders in den Folgejahren durch die zunehmende Annäherung Mussolinis an Hitler als schwierig gestaltete, da sich der Papst zu einer kritische Stellungnahme verpflichtet fühlte.
Mit den Lateranverträgen begann für Italien und die katholische Kirche eine neue Ära – sie beendeten das 60 Jahre währende gespannte Verhältnis zwischen Papsttum und italienischem Staat, denn das Vertragswerk sah auch eine staatliche Unabhängigkeit des Vatikan vor. Die Lateranverträge legten auch einen finanziellen Grundstock für den Kirchenstaat, denn der Staat übertrug dem Vatikan umgerechnet 81 Millionen Dollar[7], so dass das Finanzsystem des Vatikanstaates sich schnell in die italienischen und internationalen Finanzmärkte integrieren konnte. Des Weiteren wurde der Vatikan durch die italienische Einigung 1870 erlittenen Gebietsverluste entschädigt.
Sowohl der faschistische Staat, als auch die Kirche profitierten von dem 1929 geschlossenem Konkordat: die katholische Kirche wurde als Staatsreligion akzeptiert und erhielt dadurch auch Rechte, sich politisch und gesellschaftlich mehr zu integrieren. Sie gab dem Regime enormen Rückhalt und stärkte damit auch Mussolinis gesellschaftliches Ansehen, denn wenn er mit der Kirche paktiere, hatte er einen großen Teil der italienischen Bevölkerung hinter sich, „[…] das Prestige Mussolinis erreichte – national und international – seinen Höhepunkt.“[8]
Der italienische Faschismus unter Mussolini war ein auf römisch-italienische Traditionen gegründetes autoritäres System, welches den Liberalismus und den Sozialismus ablehnte. Diese Grundeinstellung kam der Kirche entgegen, die selbst eine Ablehnung gegen einen liberalen Staat hegte. Das Bündnis mit den Faschisten beruhte also auch von Seiten der Kirche aus auf gemeinsamen politischen Interessen: die Ablehnung eines liberalen Staates und der Antimarxismus. Die Furcht der Kirche vor den Kommunisten war groß, denn diese vertraten ein antiklerikales Weltbild, was sich besonders zu Zeiten des Kalten Krieges zeigte. Das Verhältnis von Kirche und faschistischem Staat war also rein instrumenteller Natur, beide Seiten versprachen sich durch dieses Bündnis bestimmte Vorteile. So heißt es auch bei Rudolf Lill: „Papst Pius XI. […] erwartete von dieser Verständigung für den HI. Stuhl die definitive Bestätigung seiner internationalen Stellung und für Italien die Garantie institutionalisierter, hierarchisch gelenkter Kirchlichkeit […]. Für den Duce bedeuteten die Lateranverträge den Höhepunkt seiner Politik der Kompromisse mit den vorfaschistischen Eliten.“[9]
Doch die Politik Mussolinis führte des Öfteren zu Konflikten zwischen der Kirche und dem Staat: 1938 kam es zum ersten Dissens, als Mussolini den Antisemitismus ins Regierungsprogramm aufnahm. Pius XI. war schon länger über die ideologische Annäherung Mussolinis an Hitler besorgt und fand in den Rassendekreten einen Anlass, der seine Besorgnis bestätigte. Die Einführung der Rassendekrete war ein radikaler Bruch mit der bisherigen Politik gegenüber den Juden. Noch 1930/31 waren Gesetze erlassen worden, die den jüdischen Gemeinden den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechtes gewährten und ihre Finanzierung durch eine Kultussteuer regelten.[10] Doch die antisemitischen Tendenzen waren nicht zu übersehen, was sich besonders darin zeigte, dass es Mussolinis Ziel war, einen neuen Menschentypen zu schaffen – kämpferisch, antibürgerlich und imperial – der sich an die totalitäre Diktatur von Hitler annäherte. Schon 1937 folgte eine allmähliche Entfremdung von den Juden, was 1937 in einer Pressekampagne mit heftig antisemitischen Schriften gipfelte. Doch war der Antisemitismus Mussolinis nicht grundlegend mit dem von Hitler zu vergleichen: denn die 1938 erlassenen Gesetzesdekrete wurden nicht wie in Deutschland mit rassischer, sondern mit national-kultureller Begründung erlassen, was wenigstens nicht zu Deportation oder physischer Vernichtung führen konnte.[11] Pius XI. war durch diese Entwicklung zutiefst besorgt und verwarf diesen rassischen Antisemitismus, weil er weder zur katholischen noch zur italienischen Tradition passe. Doch Mussolini beharrte auf seinen Rassengesetzen und drohte mit dem Bruch der bis dahin guten Beziehungen zur Kirche. Der Streit ist nicht weiter eskaliert, da Pius XI 1939[12] starb und sein Nachfolger Pius XII eine weitaus zurückhaltendere Position gegenüber dem Regime einnahm. Einerseits wollte dieser eine direkte Konfrontation mit Italien vermeiden, andererseits „[…] weil der neue Papst über Mussolini noch eine Verständigung zwischen Deutschland und den Westmächten zu vermitteln oder wenigstens Italien aus dem Krieg herauszuhalten suchte.“[13] Die guten Beziehungen zur faschistischen Regierung waren für die Neutralitätspolitik des Papstes unerlässlich und bestanden auch bis 1943. Auch als es zum Kriegseintritt kam, brach die Kirche nicht mit dem Regime und sie billigte auch den Kolonialkrieg in Äthiopien, vermutlich deshalb, da sie sich dadurch neue Möglichkeiten der Mission versprach.
[...]
[1] Aus: http://florencenewspaper.it/vediarticulo.asp?news=a7.05.30.12.49 vom 17.09.2007
[2] entstanden als Folge der Säkularisierung des Kirchenstaates 1870, Konflikt um die weltliche Machtbasis des Papstes (Quelle: Familienlexikon, S. 1152)
[3] Zitiert aus: Lill, R.: Die katholische Kirche im faschistischen Italien, S. 207
[4] politische und soziale Bewegungen zwischen 1815 und 1870 nach dem Wiener Kongress; die eigenstaatlichen
Fürstentümer strebten einen unabhängigen Nationalstaat Italien an
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Risorgimento vom 22.09.2007)
[5] Zitiert aus: Lill, Rudolf: Die katholische Kirche im faschistischen Italien, S. 208
[6] Vgl.: http://www.stern.de/politik/historie/?id=520093 vom 17.09.2007
[7] Vgl. http://www.hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/BEITRAG/TAGBER/kirchit.html vom 14.09.2007
[8] zitiert aus: LILL, R.: Die katholische Kirche im faschistischen Italien, S. 212
[9] zitiert aus: LILL, R.: Die katholische Kirche im faschistischen Italien, S. 210f.
[10] Vgl.: ebd., S. 213
[11] Vgl. ebd., S. 214
[12] Vgl. ebd., S. 215
[13] zitiert aus: LILL, R.: Die katholische Kirche im faschistischen Italien, S. 215
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- Ulrike Neumann (Author), 2007, Die Rolle der katholischen Kirche in Italien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87871
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