Konservativ, deutschgläubig, deutsch, christlich-konservativ, völkisch, deutsch-national, nationalistisch, rechts, rassistisch, antisemitisch, antibolschewistisch, ... - lang ist die Liste der Selbst- und Fremdzuschreibungen, mit denen versucht wird, einen bestimmten Sektor Konzepte der Erziehung und Bildung zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Blick zu nehmen. Unumstritten gibt es kaum ein Thema, dass von der historischen Bildungs- und Erziehungsforschung so ausführlich behandelt wurde wie das der problematischen Rolle der Erziehung im Nationalsozialismus.
In Bezug auf die genannten Charakteristika spielen die Nationalsozialisten in der Erziehung und Bildung eine ganz besondere Rolle. Unter ihrer Herrschaft änderte sich alle erziehungs- und bildungstechnischen Aspekte maßgeblich. Der Nationalsozialismus verstand sich selbst als „Bewegung“, sozusagen als Erziehungsvorgang, an der ganzen Nation. Was dies im Einzelnen bedeutet und wo genau die Besonderheiten der „NS-Schule“ liegen, soll im Verlauf dieser Arbeit erörtert werden.
Die Wissensvermittlung wurde stark in den Hintergrund gedrängt. Stattdessen war die Ideologievermittlung das Hauptlehrziel. In Bezug dazu nahm die Schule, und auch das Elternhaus, jedoch als Bildungsstätte keine führende Position ein. Sie standen gleichrangig mit der Hitlerjugend zueinander, die als „Ideologievermittler“ der deutschen Jugend fungierte. Die Ideologie besagte, die jungen "Arier" zu gehorsamen "Volksgenossen" zu erziehen, da diese Aufgabe dem Elternhaus nicht zugetraut wurde. Der nationalsozialistische Staat hatte sich zum Ziel gemacht, die deutsche Jugend zu bedingungslosem gehorsam zu erziehen. Hierbei lagen Erziehungsansätze vor, die in Deutschland an den Universitäten und Schulen während der NS-Herrschaft entwickelt und angewendet wurden, um die nationalsozialistische Weltanschauung bei den Schülern durchzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Pädagogische Vorstellungen im NS-Staat
2.1 Hitlers Erziehungsvorstellungen
2.2 Die verschiedenen Schulformen im Nationalsozialismus
3. Die Schule im Dritten Reich
3.1 Die „Umerziehung“ der Lehrer
3.2 Lehrmaterial und Lehrpläne im NS-Regime
4. Die Schule im Nationalsozialismus und ihre Kontinuität zur Weimarer Republik
4.1 Die Vereinheitlichung des Schulsystems
4.2 Parallelen und Unterschiede zwischen der nationalsozialistischen und der Schule in der Weimarer Republik
5. Schluss
Literaturverzeichnis
Anlagen
1. Einleitung
Konservativ, deutschgläubig, deutsch, christlich-konservativ, völkisch, deutsch-national, nationalistisch, rechts, rassistisch, antisemitisch, antibolschewistisch, ... - lang ist die Liste der Selbst- und Fremdzuschreibungen, mit denen versucht wird, einen bestimmten Sektor Konzepte der Erziehung und Bildung zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Blick zu nehmen.[1] Unumstritten gibt es kaum ein Thema, dass von der historischen Bildungs- und Erziehungsforschung so ausführlich behandelt wurde wie das der problematischen Rolle der Erziehung im Nationalsozialismus.[2]
In Bezug auf die genannten Charakteristika spielen die Nationalsozialisten in der Erziehung und Bildung eine ganz besondere Rolle. Unter ihrer Herrschaft änderte sich alle erziehungs- und bildungstechnischen Aspekte maßgeblich. Der Nationalsozialismus verstand sich selbst als „Bewegung“, sozusagen als Erziehungsvorgang, an der ganzen Nation.[3] Was dies im Einzelnen bedeutet und wo genau die Besonderheiten der „NS-Schule“ liegen, soll im Verlauf dieser Arbeit erörtert werden.
Die Wissensvermittlung wurde stark in den Hintergrund gedrängt. Stattdessen war die Ideologievermittlung das Hauptlehrziel. In Bezug dazu nahm die Schule, und auch das Elternhaus, jedoch als Bildungsstätte keine führende Position ein. Sie standen gleichrangig mit der Hitlerjugend zueinander, die als „Ideologievermittler“ der deutschen Jugend fungierte. Die Ideologie besagte, die jungen "Arier" zu gehorsamen "Volksgenossen" zu erziehen, da diese Aufgabe dem Elternhaus nicht zugetraut wurde.[4] Der nationalsozialistische Staat hatte sich zum Ziel gemacht, die deutsche Jugend zu bedingungslosem gehorsam zu erziehen. Hierbei lagen Erziehungsansätze vor, die in Deutschland an den Universitäten und Schulen während der NS-Herrschaft entwickelt und angewendet wurden, um die nationalsozialistische Weltanschauung bei den Schülern durchzusetzen.[5]
Was die Quintessenz der nationalsozialistischen Bildung ausmachte und wie ihre Lehrziele gesetzt waren soll im Verlauf dieser Arbeit hervorgehen. Welche Erziehungsvorstellungen stellte Adolf Hitler an die deutsche Jugend und was waren die Vorraussetzungen für einen Schulbesuch? Des weiteren wird darauf eingegangen welche Lehrpläne und Richtpläne und welches Lehrmaterial im NS-Regime vorlagen und inwiefern eine Umerziehung der Lehrer erfolgte. Dies bezüglich wird ein Vergleich zwischen der Bildung in der Weimarer Republik und der Bildung im „Dritten Reich“ vorgenommen. Unterschiede und Parallelen sollen so herausgearbeitet werden. Wie groß ist der Anteil pädagogischer Prinzipien, Denkweisen und Praktiken, die aus der „Weimarer Pädagogik“ in die NS-Pädagogik übernommen wurde?
Das Interesse an der Forschung der Geschichte des „Dritten Reiches“ und seines Untergangs ist in der Forschung nach wie vor ungebrochen. Hierzu zählt ebenfalls der Aspekt der Erziehung und Bildung im NS-Regime, der sowohl für die Pädagogen als auch für die Historiker noch immer interessant ist, da die Erziehung und Bildung der Nationalsozialisten ein besonderer Gegenstand der historischen und pädagogischen Wissenschaft ist und ein Unikat der Lehrvermittlung schlechthin ist.
Zum Thema „Erziehung und Bildung im Nationalsozialismus“ gibt es zahlreiche Veröffentlichungen, die auf der Aussage von Zeitzeugen basieren. Zu nennen sind hier: Literatur und Erziehung im Nationalsozialismus. Deutschunterricht als Körperkultur von Norbert Hopster und Ulrich Nassen, Das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht und seine Leiter. Zur Pädagogik zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus von Günther Böhme, Hitlers pädagogische Maximen. „Mein Kampf“ und die Destruktion der Erziehung im Nationalsozialismus von Hubert Steinhaus oder auch Die Adolf – Hitler – Schulen. Pädagogische Provinz versus ideologische Zuchtanstalt von Barbara und Wolfgang Feller.
An neueren Forschungen sind besonders hervorzuheben: Fremdsprachige Volksteile und deutsche Schule. Schulpolitik für die Kinder der autochthonen Minderheiten in der Weimarer Republik von Marianne Krüger-Potratz, Dirk Jasper und Ferdinande Knabe oder Körperformationen. Fotoanalysen zur Formierung und Disziplinierung des Körpers in der Erziehung des Nationalsozialismus von Adrian Schmidtke.
Es scheint jedoch an einer Abhandlung zu fehlen, die konkret die Rolle der nationalsozialistischen Unterrichtsvermittlung und deren Lerninhalt im Vergleich zu der Bildung in der Weimarer Republik untersucht. Die vorliegende Arbeit versucht daher, hier ihren Schwerpunkt zu legen.
2. Pädagogische Vorstellungen im NS-Staat
2.1 Hitlers Erziehungsvorstellungen
Hitler forderte eine „totale Erziehung“ der Jugend. Vor allem wollte er, dass in den Schulen die rassistische Ideologie verbreitet werden sollte. Die „totale Erziehung“ beinhaltete auch, dass bei der „Erziehung im Nationalsozialismus“ auch jegliche Form von Propaganda vorkommen durfte.[6] Das Hauptziel war jedoch, die Jugend zu „rassebewussten Volksgenossen“ zu erziehen und den „jugendlichen Körper zu stählen“.[7] Erst an zweiter Stelle stand die geistige Erziehung, und dort vor allem die Erziehung zu Willens- und Entschlusskraft, zur Verschwiegenheit, Verantwortungsfreudigkeit und zum Aushalten von Strapazen. Erst an letzter Stelle stand die wissenschaftliche Bildung, sie wurde von Hitler in “Mein Kampf” mit größter Geringschätzung behandelt.[8] Das gesamte Deutsche Reich sollte sich demnach nicht auf das „Einpumpen bloßen Wissens“ einstellen, sondern auf das „Heranzüchten kerngesunder Körper“. Erst an zweiter Stelle steht die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten.[9] An der Spitze aber stand die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, erst als letztes die wissenschaftliche Schulung.[10] Der völkische Staat muss dabei von der Voraussetzung ausgehen, dass ein zwar wissenschaftlich wenig gebildeter, aber körperlich gesunder Mensch mit gutem, festem Charakter, erfüllt von Entschlussfreudigkeit und Willenskraft, für die Volksgemeinschaft wertvoller ist als ein geistreicher Schwächling.[11] Für jede Form der NS-Eliteerziehung gab die SS das Vorbild ab.[12]
Mit dem Tage seiner „Machtergreifung“ begann Hitler planmäßig die Schule in den Dienst der völkischen Erziehung zu stellen. Seine „Gleichschaltung der Schule“ beinhaltete die Abschaffung der Kulturhoheit der Länder und die damit verbundene Errichtung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Mit dieser Einrichtung war Hitler also ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem er seine völkischen Erziehungsgrundsätze in den Schulen des gesamten Reichsgebietes zur Herrschaft bringen konnte. Zahlreiche Erziehungseinrichtungen, vom Kindergarten bis zur Universität, wurden in die Hände der Nationalsozialisten gelegt.[13]
2.2 Die verschiedenen Schulformen im Nationalsozialismus
Ab 1937 wurden die Schulen von den Nationalsozialisten „gleichgeschaltet“. Das gemeinsame Unterrichten von Jungen und Mädchen wurde abgeschafft (Koedukation).[14] Das Schulsystem wurde komplett umstrukturiert: anstelle der „Gymnasien“ oder „Lyzeen“ trat der allgemeine Name „Oberschule“.[15] Damit der Oberschüler schnell ein „nützliches Glied der Volksgemeinschaft“ würde, hatte die Oberschule –statt 9- nur noch 8 Schuljahre. Die Mittelschulen wurden im Jahre 1940 nach österreichischem Vorbild in Hauptschulen, die sogenannten „Pflichtschulen der Begabten“, umbenannt, ihre Schulzeit wurde von 6 auf 4 Jahre verringert. Private oder kirchliche höhere Schulen wurden vielfach entschädigungslos enteignet und zumeist in staatseigene Schulen umgewandelt.[16]
1938 war nämlich das Reichsschulpflichtgesetz in Kraft getreten, das beinhaltete, dass für das gesamte „Großdeutsche Reich“ die Volksschulpflicht auf 8, die Berufsschulpflicht auf 3 Jahre festgelegt war.[17] So war jeder Jugendlicher mindestens 11 Jahre hindurch im Einflussbereich der „völkisch“ ausgerichteten Schule.[18]
Die NS-Eliteerziehung sollte so früh wie möglich einsetzen.[19] Zu diesem Zweck gründeten die Nationalsozialisten besondere NS-Erziehungsanstalten, die von unterschiedlichen Flügeln des Nationalsozialismus getragen werden: z.B. die ‘Nationalpolitischen Erziehungsanstalten’ (NPEA, volkstümlich “Napola”), Adolf-Hitler-Schulen (AHS), die Reichsschule der NSDAP, SS-Junkerschulen und die weiterführenden Ordensburgen.[20] Innerhalb dieser Eliteschulen ließ sich aufgrund des Internatsbetriebes und der strengen Abschirmung sowohl die körperliche Schulung wie auch Charaktererziehung und die Ausbildung eines Elitebewusstseins im Sinne der NS-Ideologie weitaus besser und effektiver realisieren als innerhalb der staatlichen (Halbtags-) Schule.[21]
[...]
[1] Vgl. Nicole Hoffmann, „ Erziehung zum deutschen Menschen“. Völkische und nationalkonservative Erwachsenenbildung in der Weimarer Republik
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=918 (Stand: 26.11.2005, Abruf: 19.6.2007).
[2] Vgl. Adrian Schmidtke, Körperformationen. Fotoanalysen zur Formierung und Disziplinierung des Körpers in der Erziehung des Nationalsozialismus (Münster: Waxmann Verlag), 2007. S. 13.
[3] Vgl. Hubert Rhode, Der Nationalsozialismus im zeitgeschichtlichen Unterricht, Freiburg/Basel/Wien: Herder Verlag, 1965. S. 5.
[4] Vgl. Norbert Hopster, Ulrich Nassen, Literatur und Erziehung im Nationalsozialismus. Deutschunterricht als Körperkultur, Dietrich Boucke u. a. (Hrsg.), (Paderborn, u. a.: Ferdinand Schöningh Verlag), 1983. S. 12 ff.
[5] Ebd. S. 22 f.
[6] Ebd. S. 24 f.
[7] Ebd. S. 14.
[8] http://www.nationalsozialismus.de/lexikon/erziehung-im-nationalsozialismus (Abruf: 13.6.2007).
[9] Vgl. Rhode, a. a. O. S. 32.
[10] Vgl. Benno Hafenger, Alle Arbeit für Deutschland. Arbeit, Jugendarbeit und Erziehung in der Weimarer Republik, unter dem Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit (Köln: Bund-Verlag, 1988), S. 209
[11] Rhode, a. a. O., S. 33.
[12] Vgl. Schmidtke, a. a. O., S. 56.
[13] Vgl. Rhode, a. a. O., S. 96.
[14] Vgl. Hafenger, a. a. O. S. 274 ff.
[15] Vgl. Rhode, a. a. O. S. 102.
[16] Rhode, ebd.
[17] Vgl. Hafenger, a. a. O., S. 281.
[18] Vgl. Rhode, a. a. O., S. 102 f.
[19] Vgl. Schmidtke, a. a. O., S. 56.
[20] Ebd. S. 57 ff.
[21] Vgl. Wolfgang Keim, Erziehung unter der Nazi-Diktatur. Bd 2: „Kriegsvorbereitung, Krieg und Holocaust (Darmstadt: Herder Verlag), 1997. S. 107 f.
- Arbeit zitieren
- Katrin Schulte-Hobein (Autor:in), 2007, Die Schule im Nationalsozialismus und ihre Kontinuität , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87838
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