Die Frage nach der Notwendigkeit der politischen Bildung sowie nach den möglichen Zielen und Methoden der Vermittlung ist Gegenstand dieser Ausarbeitung, die sich schwerpunktmäßig auf die Herausstellung von konsensfähigen Forderungen zur politischen Bildungsarbeit konzentriert.
Um diese Frage beantworten zu können, ist es erforderlich, zuerst die Notwendigkeit, die Grundmuster sowie die verfassungsrechtlichen Vorschriften der politischen Bildung darzustellen, sodann sind die Ziele und Inhalte der politischen Bildung zu analysieren. Anschließend wird der Beutelsbacher Konsens als bedeutender Schritt bei der Formulierung eines Konsenses bezüglich der Methoden der politischen Bildung dargestellt. Hieran anknüpfend zeigt die Ausarbeitung konsensfähige Forderungen zur politischen Bildungsarbeit auf, und analysiert die Relevanz verschiedene Unterrichtsmethoden. Eine abschließende Beurteilung und Stellungnahme bildet den Endpunkt der Arbeit.
Seit der Gründung der Bundesrepublik hat die politische Bildung eine zentrale Funktion in der Entwicklung und Festigung unserer Demokratie übernommen. Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus sollte die politische Bildung als Fundament der Demokratie den Aufbau und die Festigung des deutschen Staates entscheidend unterstützen.
Sander formulierte, dass jede Gesellschaft die Aufgabe hat, die politischen Strukturen den Gesellschaftsmitgliedern, insbesondere der jungen Generation, in Lernprozessen zu vermitteln.
Diese politische Sozialisation, die nicht von dem allgemeinen Sozialisationsprozeß zu trennen ist, beabsichtigt die Vermittlung von Werten, Einstellungen, Überzeugungen, Wissensständen und Handlungsdispositionen, die für die Stabilität der politischen Ordnung einer Gesellschaft erforderlich sind.
Die Politische Bildung im Unterricht hat sich jedoch seit ihrer Einführung in der Bundesrepublik kontinuierlich der institutionellen Dimension der Politik zugewandt. Die Verfassung, die Rechtsordnung, die Institutionen sowie die wechselseitige Abhängigkeit der Institutionen voneinander wurden derart intensiv behandelt, dass hier von einer reinen "Institutionenkunde" gesprochen werden könnte.
Eine Gesellschaft bedarf jedoch nicht nur eines "Minimums" an Grundwissen, sondern auch einer Basis von gemeinsamer Grundüberzeugung ohne die sie nicht existieren könnte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Notwendigkeit der politischen Bildung
3. Grundmuster der politischen Bildung
4. Verfassungsrechtliche Vorschriften zu den Zielen der politischen Bildung
5. Ziele und Inhalte der politischen Bildung
5a. Förderung und Festigung des politischen Bewußtseins
5b. Die Inhalte des politischen Bewußtseins
5c. Mitwirkung als Ziel
6. Beutelsbacher Konsens
6.a. Das Überwältigungsverbot
6.b. Kontroversität
6.c. Analyse- und Entscheidungsfähigkeit
7. Forderungen zur politischen Bildungsarbeit:
7.a. Kontroversität
7.b. Unparteilichkeit
7.c. Indoktrinationsverbot
7.d. Kommunikationsgebot
7.e. Toleranzgebot
7.f. Konsens in Grundrechten
8. Methoden der politischen Bildung
8a. Frontalunterricht
8b. Gruppenunterricht
9. Beurteilung
10. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Diese Ausarbeitung thematisiert die Ziele, Inhalte und Methoden der politischen Bildung.
Die Relevanz des Themas wird in nahezu allen Werken der Literatur entsprechend seiner Bedeutung gewürdigt. Es läßt sich hierbei eine Kontinuität, ausgehend von der Darstellung Rolf Schmiederer, Kurt Gerhard Fischer, Wolfgang Hilligen bis hin zu Hermann Giesecke feststellen.
Hierbei lassen sich sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten in der Akzentuierung bezüglich der Diskussion von Zielen und Methoden der politischen Bildung feststellen. Die neuesten Darstellungen in dem von Wolfgang Mickel und Dietrich Zitzlaff herausgegebenen Handbuch zur politischen Bildung geben eine umfassende Beurteilung der bisherigen Forschungsergebnisse und Einschätzungen. Aus diesem Grund sind sie die wichtigsten Analysen.
Die Frage nach der Notwendigkeit der politischen Bildung sowie nach den möglichen Zielen und Methoden der Vermittlung ist Gegenstand dieser Ausarbeitung, die sich schwerpunktmäßig auf die Herausstellung von konsensfähigen Forderungen zur politischen Bildungsarbeit konzentriert.
Um diese Frage beantworten zu können, ist es erforderlich, zuerst die Notwendigkeit, die Grundmuster sowie die verfassungsrechtlichen Vorschriften der politischen Bildung darzustellen, sodann sind die Ziele und Inhalte der politischen Bildung zu analysieren. Anschließend wird der Beutelsbacher Konsens als bedeutender Schritt bei der Formulierung eines Konsenses bezüglich der Methoden der politischen Bildung dargestellt. Hieran anknüpfend zeigt die Ausarbeitung konsensfähige Forderungen zur politischen Bildungsarbeit auf, und analysiert die Relevanz verschiedene Unterrichtsmethoden. Eine abschließende Beurteilung und Stellungnahme bildet den Endpunkt der Arbeit.
2. Notwendigkeit der politischen Bildung
Seit der Gründung der Bundesrepublik hat die politische Bildung eine zentrale Funktion in der Entwicklung und Festigung unserer Demokratie übernommen. Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus sollte die politische Bildung als Fundament der Demokratie den Aufbau und die Festigung des deutschen Staates entscheidend unterstützen.[1]
Sander formulierte, dass jede Gesellschaft die Aufgabe hat, die politischen Strukturen den Gesellschaftsmitgliedern, insbesondere der jungen Generation, in Lernprozessen zu vermitteln.[2]
Diese politische Sozialisation, die nicht von dem allgemeinen Sozialisationsprozeß zu trennen ist, beabsichtigt die Vermittlung von Werten, Einstellungen, Überzeugungen, Wissensständen und Handlungsdispositionen, die für die Stabilität der politischen Ordnung einer Gesellschaft erforderlich sind.[3]
Die Politische Bildung im Unterricht hat sich jedoch seit ihrer Einführung in der Bundesrepublik kontinuierlich der institutionellen Dimension der Politik zugewandt. Die Verfassung, die Rechtsordnung, die Institutionen sowie die wechselseitige Abhängigkeit der Institutionen voneinander wurden derart intensiv behandelt, dass hier von einer reinen "Institutionenkunde" gesprochen werden könnte.[4]
Eine Gesellschaft bedarf jedoch nicht nur eines "Minimums" an Grundwissen, sondern auch einer Basis von gemeinsamer Grundüberzeugung ohne die sie nicht existieren könnte.[5]
Zudem ist unbestreitbar, dass gerade eine ihren eigenen Grundsätzen und Prinzipien nach demokratische Gesellschaft in hohem Maße auf demokratiefördernde Bewußtseinsinhalte der Gesellschaftsmitglieder angewiesen ist, weil die Demokratie ihrem Wesen nach nicht allein durch Institutionenwissen und Rechtskunde garantiert werden kann, sondern insbesondere auch auf der aktiven Mitwirkung und Unterstützung eines relevanten Anteils der Bürger beruhen muß.[6]
Gerade angesichts der Auflösung traditioneller Werte gewinnt die Politische Bildung zunehmend an Bedeutung. Aus den Individualisierungstendenzen der deutschen Informationsgesellschaft erwächst die zunehmende Verantwortung des mit solidem Grundlagenwissen ausgestatteten und interaktionsfähigen Individuums. Politische Bildung hat somit zur Aufgabe politischem Desinteresse entgegenzuwirken und die Bereitschaft für aktives eigenverantwortliches politisches Handeln sowie für die Beteiligung und Mitwirkung an demokratischen Entscheidungsprozessen zu wecken und zu fördern.[7]
3. Grundmuster der politischen Bildung
In der Geschichte Deutschlands lassen sich zahlreiche negative Beispiele der politischen Bildung aufzeigen. Politische Bildung fand regelmäßig in der Geschichte ihr Selbstverständnis und ihre Funktion in der Anpassung an die bestehenden Staatsvorstellungen.[8]
Es muß hierbei zwischen drei Grundmustern der politischen Bildung als Ziel der Bildungsarbeit unterschieden werden, nämlich der "Herrschaftslegitimation", der "Mission" und der "Mündigkeit". Die "Herrschaftslegitimation" fand als Aufgabenbestimmung sowohl im Kaiserreich, im Nationalsozialismus als auch in der DDR in unterschiedlichem Ausprägungsgrad Anwendung.[9]
In demokratischen Staaten muß zwischen zwei Ausprägungen der politischen Bildung unterschieden werden: die Missions- oder die Mündigkeitserziehung. Die "Mission" dient als Instrument zur Verbesserung gesellschaftlich-politischer Zustände, oftmals im Sinne eines vorgegebenen politischen Programms. Diese Vorstellung impliziert den Gedanken, dass Lernende das Objekt einer Belehrung sind, während die Lehrenden im Besitz der gültigen Wahrheit seien, welche die Lernenden lediglich nachzuvollziehen haben.[10]
Dieser Aspekt spielte insbesondere in der Gründungsphase der Bundesrepublik eine entscheidende Rolle. Ein Dokument der amerikanischen Erziehungskommission vom 20.9.1946 ist hierfür ein eindeutiger Beleg: "Schon die Erhaltung einer Demokratie fordert von jedem einzelnen Bürger Wissen und klares soziales Zielbewußtsein. (...) Das einzige und beste Werkzeug, in Deutschland eine Demokratie zu errichten, ist die Erziehung."[11]
Mit dem Stichwort "Mündigkeit" läßt sich ein konträres Denkmuster bezeichnen, das die heutige Vorstellung der politischen Bildung widerspiegelt. Hier dient politische Bildung einer eigenständigen Auseinandersetzung der Lernenden mit der Politik, ohne dass die Ergebnisse der Auseinandersetzung vorweggenommen werden.[12]
Politische Bildung ist demnach keine politische Werbung, sie will keine emotional beeinflußten Loyalitäten erzeugen oder festigen. Unkritische Anpassung an das Gegebene oder vorbehaltlose Vereinnahmung stehen danach im Widerspruch zu den Zielen der politischen Bildung, da diese den Lernenden von - auch unbewußt wirkenden und affektiv gesteuerten - Abhängigkeiten, Interessen und Konstellationen befreien soll. "Bildung als Widerspruch zur Herrschaft" ist ein heute gültiges Motto der politischen Bildung in Deutschland.[13]
4. Verfassungsrechtliche Vorschriften zu den Zielen der politischen Bildung
Der Staat steht vor dem Problem, aus der Interpretation der Verfassung, aus vorgegebenen Wertvorstellungen und aus der wissenschaftlichen Diskussion, Erziehungsziele zu destillieren, die den Schülern als Inhalte der politischen Bildung vermittelt werden sollen.[14]
Das Grundgesetz gibt jedoch keine politischen Erziehungsziele vor. Die Artikel des Grundgesetzes bezeichnen lediglich inhaltliche und weltoffene Verfahrensregeln, Institutionssicherungen und Kompetenz- zuweisungen, jedoch keine normativen Staatsziele, die als Ziele der politischen Bildung zu verstehen sind.[15]
Die Schüler sollen daher lediglich in die Grundwerte, Grundideen und Grundzüge der Bundesrepublik und der internationalen Beziehungen eingeführt werden. Der Schwerpunkt liegt hierbei in der Vermittlung der ersten Artikel des Grundgesetzes, der Würde des Menschen und seiner persönlichen Freiheit und den in ab Artikel 20 GG folgenden Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und ihrer konkreten Ausformungen.[16]
Es läßt sich also festhalten, dass in der politischen Bildung keine politische Instanz das verfassungsmäßige Recht auf Verkündung einer Gesinnung hat, und dass kein Mensch zu irgendeiner politischen Haltung gezwungen werden kann.[17]
[...]
[1] Henkenborg 1997, S.241.
[2] Sander 1997, S.5.
[3] Sander 1997, S. 5.
[4] Rohe 1978, S. 63.
[5] Schiele 1988, S. 72.
Erst unter dem Einfluß der didaktischen Konzeption Hermann Gieseckes versuchten Lehrer in den 60er und 70er Jahren, den Konflikt und damit die Dimension "Prozeß" des Politischen in den Mittelpunkt des Unterrichts zu rücken. Giesecke 1965. Gegenwärtig ist eine Entwicklung zu einer stärkeren Problemorientiertung zu beobachten. Inhalt des Unterrichts bilden das Ausmaß und die Elemente des Problems sowie die Aufgaben der Politik, welche sich daraus ergeben. Ackermann 1994, S.56.
[6] Greven 1994, zit. nach: Reinhardt, Sibylle: Moral- und Werterziehung, in: Handbuch politische Bildung, Sander, Wolfgang (Hg.), Bonn 1997.
[7] Künzel 1997, S. 528.
[8] Diese Beeinflussung fand durch Wissensvermittlung, durch Verhaltenslehre oder durch Gesinnungsbildung statt. Fischer 1973, S.10.
[9] Sander 1997, S.7.
[10] Sander 1997, S. 9.
[11] zit. nach Sander 1989, S. 87.
[12] Sander 1997, S.9.
[13] Claußen 1994, S.21
[14] Wehling 1977, S. 178.
[15] Weiler 1988, S.103.
Mehr als das Prinzip der "Aufsicht des Staates über das gesamte Schulwesen" bestimmt Art. 7 Abs. 1 GG nicht. Der Staat hat kein Recht, die politische Gesinnung oder das politische Verhalten "erzieherisch" verbindlich zu normieren. Weiler 1988, S. 104.
[16] Nitzschke 1997, S. 180.
[17] Fischer 1988, S.43.
- Citation du texte
- Dr. Marc Oprach (Auteur), 1998, Ziele, Inhalte und Methoden der politischen Bildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87811
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