"So gibt es politisch einen totalitären Raum, der nicht dem Menschen etwas ausrichtet, sondern der ... den Menschen ausrichtet". Diese Äußerung machte der damalige Berliner Kultursenator Adolf Arndt im Zusammenhang mit der Berliner Philharmonie. Man könnte auch sagen: "Totalitäre Räume richten den Menschen aus, demokratische richten dem Menschen etwas aus". Im Fall der Philharmonie ist es sicherlich die Musik, die dem Menschen ausgerichtet wird. Arndt fand offenbar, daß das Prinzip der Demokratie durch die Philharmonie baulich zur Geltung kommt. Die Philharmonie - ein ideales Gebäude? Die Aussage Arndts setzt zunächst nur voraus, daß er sich einer bestimmten Gesellschaftsform bewußt ist, welche er in der gebauten Umgebung wiederzuerkennen glaubt. Eine ganz andere Frage ist, ob Scharoun als Architekt der Philharmonie tatsächlich bestrebt war, "Demokratie" baulich zu reflektieren und neben einem erstklassigen Konzerthaus auch ein demokratisches Gebäude zu entwerfen.
Wenn es möglich wäre, einzelne Gebäude zu errichten, die ein bestimmtes Weltbild idealisieren - es sei dahingestellt, ob vom Architekten beabsichtigt oder nicht -, gibt es dann auch ganze Städte, bei deren Bau diese Reflexion stattfand? Dieser Frage wird in der vorliegenden Arbeit nachgegangen.
Zunächst wird versucht, den Begriff "Idealstadt" zu definieren und Kriterien dafür zu finden, wann man von einer Idealstadt sprechen kann. Genügt schon das Vorhandensein eines regelmäßigen Stadtgrundrisses oder muß - was die interessantere Fragestellung ist - der Versuch vorliegen, ein bestimmtes Weltbild baulich auf den Punkt zu bringen? Nachdem dieser Frage im ersten Teil der Arbeit nachgegangen wird, werden im zweiten Teil Städte aus verschiedenen Epochen auf ihren Idealstadtcharakter hin untersucht. Im Mittelpunkt stehen dabei die Städte Pienza für die Renaissance sowie Karlsruhe für das Zeitalter des Absolutismus. Abschließend werden Überlegungen angestellt, wie in der heutigen Zeit eine Idealstadt aussehen könnte - wenn es sie überhaupt gibt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was ist eine Idealstadt?
- Geplante oder gewachsene Stadt?
- Was macht eine Stadt zur Idealstadt?
- Zwischenergebnis
- Idealstadtkonzeptionen aus verschiedenen Epochen
- Antike und Mittelalter
- Zwischenergebnis
- Renaissance
- Zwischenergebnis
- Pienza
- Absolutismus
- Staatsaufbau im Absolutismus
- Gesellschaftliche Entwicklung im Absolutismus
- Zwischenergebnis
- Schloß und Stadt Karlsruhe - Ausdruck des absolutistischen Herrschaftsgedankens?
- 20. Jahrhundert
- Howards Gartenstadtidee
- Resumee
- Abbildungsverzeichnis
- Literaturverzeichnis
- Definition der Idealstadt
- Geplante vs. gewachsene Städte
- Die Rolle der Utopie
- Die Bedeutung des Stadtgrundrisses
- Der Ausdruck von Weltbildern und Herrschaftsformen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konzept der „Idealstadt" und untersucht, ob und in welcher Form dieses Konzept in verschiedenen Epochen der Geschichte realisiert wurde. Die Arbeit analysiert die Kriterien, die eine Stadt zur Idealstadt machen, und untersucht anhand von Beispielen aus der Antike, dem Mittelalter, der Renaissance und dem Absolutismus, ob diese Kriterien erfüllt wurden.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Idealstadt ein und stellt die zentrale Frage, ob es tatsächlich Städte gibt, die ein bestimmtes Weltbild oder eine Herrschaftsform idealisieren. Der Begriff „Idealstadt" wird im ersten Kapitel definiert und anhand verschiedener Kriterien analysiert. Dabei wird insbesondere die Unterscheidung zwischen geplanten und gewachsenen Städten beleuchtet, sowie die Rolle der Utopie und der ästhetischen Gestaltung bei der Realisierung einer Idealstadt beleuchtet.
Das zweite Kapitel widmet sich der Analyse von Idealstadtkonzeptionen aus verschiedenen Epochen. Dabei werden die Antike und das Mittelalter als Epochen betrachtet, in denen das Konzept der Idealstadt noch nicht im heutigen Sinne existiert hat. Die Renaissance hingegen wird als die Epoche des „Booms" der Idealstadt betrachtet, da in dieser Zeit die architekturtheoretische Reflexionsebene erreicht wurde, die eine Rückkoppelung zwischen politisch-sozialer Vorstellung und ihrem Ausdruck als Stadt ermöglichte. Das Beispiel Pienzas wird als eine der ersten Idealstädte der Renaissance untersucht und anhand der Kriterien des ständischen Aufbaus der Gesellschaft, des „Dialogs" des Menschen mit seiner Umwelt und der Antikenrezeption analysiert.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Epoche des Absolutismus und untersucht, ob und in welcher Form der absolutistische Herrschaftsgedanke in der Stadtplanung zum Ausdruck kam. Das Beispiel Karlsruhe wird als eine barocke Idealstadt untersucht, die den absolutistischen Herrschaftsgedanken durch die Stadtanlage und die bauliche Stufung zum Ausdruck bringt.
Das vierte Kapitel widmet sich der Gartenstadtidee von Ebenezer Howard, die als ein Denkmodell für eine ideale Stadt des 20. Jahrhunderts betrachtet werden kann. Die Gartenstadtidee entstand als Antwort auf die sozialen Missstände der Industrialisierung und zielte darauf ab, die Vorteile von Stadt und Land miteinander zu vereinen. Die Arbeit untersucht, inwiefern Howards Gartenstadt die Kriterien einer Idealstadt erfüllt und welche Auswirkungen seine Idee auf den Städtebau hatte.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Begriff der Idealstadt, die Planung von Städten, die Rolle der Utopie, die städtebauliche Umsetzung von Weltbildern und Herrschaftsformen, sowie die Analyse von Beispielen aus verschiedenen Epochen der Geschichte. Der Text beleuchtet die Entwicklung des Idealstadtkonzepts von der Antike bis zum 20. Jahrhundert und untersucht die Kriterien, die eine Stadt zur Idealstadt machen. Dabei werden verschiedene Aspekte wie der Stadtgrundriss, die Gestaltung von Gebäuden, die soziale Struktur und die Rolle des Architekten beleuchtet.
- Quote paper
- Diplomingenieur Björn Seewald (Author), 2002, Idealstädte verschiedener Epochen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8780
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