Franz Grillparzers Erzählung "Der arme Spielmann" (Erstveröffentlichung: 1848) ist in erster Linie die fiktive Geschichte des bewegten Lebens eines Geigers und damit der Problematiken der bürgerlichen Existenz dieser Zeit.
Der Brigittenkirchtag und das damit verbundene Wiener Bürgerfest ist - wie der Lebenslauf des armen Spielmannes - im Gegensatz zu den oft hochstehenderen Erzählanlässen früherer Novellen wie zum Beispiel von Arnims märchenhafter Erzählung "Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau" (1817) auf den ersten Blick eher unspektakulär und alltäglich gehalten. Die Aufmerksamkeit des Erzählers geht bald über auf den armen Bettelmusikanten Jakob, einem recht unheldenhaften Protagonisten, der am Rande der Gesellschaft steht.
Entgegen der allgemeinen Kritik an der fehlenden Größe des Werkes war Adalbert Stifter einer der wenigen Zeitgenossen Grillparzers, die den "Spielmann" als ein Meisterwerk verstand:
"Hier ist menschliche Größe in dem schwächsten zerbrechlichsten Gefäße, und wenn
andere ihre Helden recht groß machen, oder überhaupt ihr sogenanntes Großes
schildern wollen, so können sie nicht genug Gebirgszüge von Kröpfen und Höckern
anbringen, und nicht schnell genug den Menschenverstand über Bord werfen, damit es
nicht alltäglich und klein sei."1
Nicht nur inhaltlich, auch strukturell ist die Erzählung recht unscheinbar und einfach gehalten. Sie lässt sich unkompliziert in die eigentliche Binnenhandlung, die aus der Sicht des Spielmannes erzählt wird und in ein äußeres Rahmengerüst mit einem in die Handlung einführendem Ich-Erzähler einteilen. Am Ende der Geschichte laufen beide Handlungsebenen inhaltlich sowie formal zusammen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung in die Erzählung „Der arme Spielmann“
- 1.1 Die Rahmenhandlung als Erzählanlass für die Lebensgeschichte des Spielmanns
- 1.2 Die Binnenhandlung: die Erzählung des Spielmannes als Geschichte in der Geschichte
- 2. Entstehungsgeschichte und Hintergründe der Erzählung
- 2.1 Biedermeierzeit, Restauration und Vormärz
- 2.2 Autobiographisches im „Spielmann“
- 3. Charakteristik - Der Spielmann
- 3.1 Jakobs Verhältnis zu Barbara
- 3.2 Jakobs Verhältnis zum Erzähler
- 4. Zusammenhang von Kunst, Religion und Leben
- 4.1 Grillparzers Musikästhetik in der Erzählung
- 4.2 Mythischer Realismus
- 5. „Der arme Spielmann“ – eine Novelle?
- 5.1 Unerhörte Begebenheit
- 5.2 Realismus und Wahrheitsanspruch
- 5.3 Wendepunkt
- 5.4 Dingsymbol
- 5.5 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert Franz Grillparzers Novelle „Der arme Spielmann“, indem sie die Entstehungsgeschichte, die Charakteristik der Hauptfigur und den Zusammenhang von Kunst, Religion und Leben beleuchtet. Die Arbeit untersucht die Erzählstruktur und die Frage nach der Einordnung des Werkes als Novelle.
- Die Erzählstruktur der Rahmenhandlung und Binnenhandlung
- Die Charakterisierung des Spielmanns und seiner sozialen Lage
- Das Verhältnis von Kunst, Musik und Religion im Leben des Protagonisten
- Die Einordnung des Werkes in den Kontext der Biedermeierzeit
- Die Frage nach der Genreeinordnung als Novelle
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung in die Erzählung „Der arme Spielmann“: Die Einleitung präsentiert Grillparzers „Der arme Spielmann“ als Geschichte eines Geigers und seiner Problematiken im bürgerlichen Leben des 19. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu den oft hochstehenden Erzählanlässen anderer Novellen, beginnt diese mit einem alltäglichen Ereignis – dem Brigittenkirchtag. Der Fokus liegt auf Jakob, dem unheldenhaften Protagonisten, dessen scheinbar einfache Existenz den Erzähler neugierig macht. Die Erzählung wird in eine Rahmenhandlung (der Erzähler beobachtet Jakob) und eine Binnenhandlung (Jakobs Lebensgeschichte) geteilt, die am Ende zusammenlaufen. Die Diskrepanz zwischen Jakobs äußerer Armut und seinem scheinbar hohen Bildungsstand treibt den Erzähler an, Jakobs Geschichte zu erkunden.
2. Entstehungsgeschichte und Hintergründe der Erzählung: Dieses Kapitel kontextualisiert „Der arme Spielmann“ historisch und biographisch. Es untersucht die Einflüsse der Biedermeierzeit, der Restauration und des Vormärzes auf das Werk. Außerdem wird der autobiographische Aspekt der Erzählung erörtert, der den persönlichen Erfahrungen Grillparzers Rechnung trägt. Die Analyse betrachtet die gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, die die Lebenswelt des Protagonisten prägen und somit die Handlung und Thematik beeinflussen. Der Fokus liegt auf der Verbindung von persönlichem Schicksal und historischem Kontext.
3. Charakteristik - Der Spielmann: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Hauptfigur, Jakob, und seine Beziehungen zu anderen Charakteren. Die Analyse seines Verhältnisses zu Barbara und zum Erzähler verdeutlicht seine Persönlichkeit und seine soziale Isolation. Es werden die Motivlagen des Protagonisten erforscht, seine inneren Konflikte analysiert und der Einfluss der sozialen und gesellschaftlichen Umstände auf seine Lebensführung untersucht. Die Charakterisierung Jakobs als komplexer und vielschichtiger Protagonist steht im Mittelpunkt.
4. Zusammenhang von Kunst, Religion und Leben: Dieses Kapitel untersucht das Zusammenspiel von Kunst, insbesondere Musik (Grillparzers Musikästhetik), Religion und dem Leben des Spielmanns. Die Analyse erörtert die Rolle der Musik im Leben Jakobs, ihre Bedeutung für seine Identität und seine Beziehung zur Welt. Die Verbindungen zu religiösen Motiven und der Frage nach dem Sinn des Lebens werden im Detail erforscht. Das Konzept des „Mythischen Realismus“ wird hier im Hinblick auf die erzählerische Gestaltung und ihre Wirkung untersucht.
5. „Der arme Spielmann“ – eine Novelle?: Der fünfte Teil befasst sich mit der Frage der Genreeinordnung der Erzählung. Es werden Merkmale des Novellengenres an der Erzählung analysiert, wie zum Beispiel die unerhörte Begebenheit, der Realismusanspruch, der Wendepunkt, die Verwendung von Dingsymbolen und schließlich die Einordnung des Werks durch eine abschließende Betrachtung der Ergebnisse der vorhergehenden Kapitel.
Schlüsselwörter
Franz Grillparzer, Der arme Spielmann, Novelle, Biedermeierzeit, Erzählstruktur, Rahmenhandlung, Binnenhandlung, Charakteristik, Jakob, Musik, Religion, Kunst, soziale Isolation, bürgerliches Leben, Autobiographie, Genreeinordnung.
Häufig gestellte Fragen zu Franz Grillparzers "Der arme Spielmann"
Was ist der Inhalt dieser Seminararbeit?
Diese Seminararbeit analysiert Franz Grillparzers Novelle "Der arme Spielmann". Sie beleuchtet die Entstehungsgeschichte, die Charakteristik der Hauptfigur (Jakob, der Spielmann), den Zusammenhang von Kunst, Religion und Leben in der Erzählung und die Frage, ob das Werk als Novelle einzuordnen ist. Die Arbeit untersucht die Erzählstruktur (Rahmenhandlung und Binnenhandlung) und den historischen Kontext (Biedermeierzeit).
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: 1. Einführung in die Erzählung, 2. Entstehungsgeschichte und Hintergründe, 3. Charakteristik des Spielmanns, 4. Zusammenhang von Kunst, Religion und Leben, und 5. "Der arme Spielmann" – eine Novelle?. Jedes Kapitel fasst die wichtigsten Aspekte des jeweiligen Themenbereichs zusammen.
Wie ist die Erzählstruktur aufgebaut?
Die Erzählung verwendet eine Rahmenhandlung, in der ein Erzähler Jakob, den Spielmann, beobachtet, und eine Binnenhandlung, Jakobs Lebensgeschichte. Diese beiden Handlungsebenen werden analysiert und ihre Bedeutung für das Gesamtverständnis der Novelle erläutert.
Wer ist die Hauptfigur und welche Bedeutung hat sie?
Die Hauptfigur ist Jakob, der arme Spielmann. Die Arbeit analysiert seine Charaktereigenschaften, seine Beziehungen zu anderen Figuren (insbesondere Barbara und dem Erzähler) und seine soziale Isolation. Jakobs Lebensführung und seine inneren Konflikte werden im Kontext der gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen des Biedermeier untersucht.
Welche Rolle spielen Kunst, Religion und Musik in der Erzählung?
Die Arbeit untersucht das Zusammenspiel von Kunst (insbesondere Musik und Grillparzers Musikästhetik), Religion und dem Leben des Spielmanns. Die Bedeutung der Musik für Jakobs Identität und seine Beziehung zur Welt wird analysiert, ebenso wie die Verbindung zu religiösen Motiven und der Frage nach dem Sinn des Lebens. Das Konzept des "Mythischen Realismus" wird in Bezug auf die erzählerische Gestaltung untersucht.
Ist "Der arme Spielmann" eine Novelle?
Das fünfte Kapitel widmet sich explizit der Frage der Genreeinordnung. Es werden typische Merkmale der Novelle an Grillparzers Werk angelegt (unerhörte Begebenheit, Realismusanspruch, Wendepunkt, Dingsymbole etc.), um die Einordnung als Novelle zu prüfen und zu begründen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Franz Grillparzer, Der arme Spielmann, Novelle, Biedermeierzeit, Erzählstruktur, Rahmenhandlung, Binnenhandlung, Charakteristik, Jakob, Musik, Religion, Kunst, soziale Isolation, bürgerliches Leben, Autobiographie, Genreeinordnung.
Welchen historischen Kontext beleuchtet die Arbeit?
Die Arbeit beleuchtet den historischen Kontext der Biedermeierzeit, der Restauration und des Vormärzes und untersucht deren Einfluss auf die Entstehung und die Thematik der Novelle. Der autobiographische Aspekt der Erzählung und die Verbindung von persönlichem Schicksal und historischem Kontext werden ebenfalls analysiert.
Welche Zielsetzung verfolgt die Seminararbeit?
Die Seminararbeit analysiert "Der arme Spielmann" umfassend, indem sie die Entstehungsgeschichte, die Hauptfigur und den Zusammenhang von Kunst, Religion und Leben beleuchtet. Die Einordnung des Werkes als Novelle wird kritisch hinterfragt.
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- Roman Seda (Author), 2002, Franz Grillparzer: "Der arme Spielmann", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8757