0. Vorwort... S. 1
1. Das Verhältnis von realer und phantasierter Wirklichkeit...S. 2
2. Das realistische und das phantastische Denken...S. 4
3. Phantasie und Selbsterfahrung...S. 6
4. Phantasie und Realität ...S. 8
5. Fazit...S. 13
Literaturverzeichnis...S. 15
0. Vorwort
Die menschliche Erfahrungswelt besteht nicht nur aus sinnlicher Wahrnehmung. Der Mensch benutzt auch andere Erfahrungsarten, beispielsweise Erinnerungen, Projektionen und Phantasie, um seine Welt zu strukturieren und um sich in dieser zurechtzufinden. Die Fähigkeit Dinge und Sachverhalte beliebig oft zu reproduzieren, auch wenn sie zu dem Zeitpunkt gar nicht gegenwärtig sind, stellt eine der bedeutendsten und nützlichsten Arten der menschlichen Erfahrung dar. Erinnerungen helfen uns nie zu vergessen wer wir sind und geben Halt und Orientierungspunkte in der Gegenwart. Projektionen oder Zukunftsdenken hingegen dienen dazu die eigenen Ziele nie aus den Augen zu verlieren und üben somit Einfluss auf unser aktuelles Handeln aus, welches immer bestrebt ist uns voranzubringen. Beides, Erinnerung und Projektion, wird durch die Einbildungskraft möglich gemacht. Die Phantasie hat bei vielen Menschen jedoch den Ruf irrational und daher wirklichkeitsfremd zu sein. Man bezeichnet diese als Hirngespinste und Entwicklungsblockaden. Sie bringen einen nicht voran und sind daher Zeitverschwendung. Menschen, die oft in eine Phantasiewelt abtauchen, werden gerne belächelt, nicht ernst genommen und gelten als introvertiert. Andere, besonders Künstler oder kreativ schaffende Menschen, sehen die Phantasie als Fundus unendlich vieler Ideen und Inspirationsquellen an. (...)
Der Frage wer von den beiden Parteien nun im Recht oder im Unrecht ist, soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Im Vordergrund steht die Argumentation, ob die Phantasie nur eine bloße Fiktion ohne empirischen Inhalts ist oder ob zwischen ihr und der Realität ein größerer Zusammenhang besteht als zunächst vermutet. Was unterscheidet die reale und die phantasierte Wirklichkeit voneinander? Wie verhält es sich zwischen realem und phantastischem Denken? Was sagen Schlaf- und Wachphantasien über uns selbst aus? Und welchen Grad an Wirklichkeit besitzt die Phantasie eigentlich? Diese Fragen gilt es dabei zu beantworten.
Inhaltsverzeichnis
0. Vorwort
1. Das Verhältnis von realer und phantasierter Wirklichkeit
2. Das realistische und das phantastische Denken
3. Phantasie und Selbsterfahrung
4. Phantasie und Realitä
5. Fazit
Literaturverzeichnis
0. Vorwort
Die menschliche Erfahrungswelt besteht nicht nur aus sinnlicher Wahrnehmung. Der Mensch benutzt auch andere Erfahrungsarten, beispielsweise Erinnerungen, Projektionen und Phantasie, um seine Welt zu strukturieren und um sich in dieser zurechtzufinden. Die Fähigkeit Dinge und Sachverhalte beliebig oft zu reproduzieren, auch wenn sie zu dem Zeitpunkt gar nicht gegenwärtig sind, stellt eine der bedeutendsten und nützlichsten Arten der menschlichen Erfahrung dar. Erinnerungen helfen uns nie zu vergessen wer wir sind und geben damit Halt und Orientierungspunkte in der Gegenwart. Projektionen oder Zukunftsdenken hingegen dienen dazu die eigenen Ziele nie aus den Augen zu verlieren und üben somit Einfluss auf unser aktuelles Handeln aus, welches immer bestrebt ist uns voranzubringen. Beides, Erinnerung und Projektion, wird durch die Einbildungskraft möglich gemacht. Die Phantasie hat bei vielen Menschen jedoch den Ruf irrational und daher wirklichkeitsfremd zu sein. Man bezeichnet diese als Hirngespinste und Entwicklungsblockaden. Sie bringen einen nicht voran und sind daher Zeit- verschwendung. Menschen, die oft in eine Phantasiewelt abtauchen, werden gerne belächelt, nicht ernst genommen und gelten als introvertiert. Andere, besonders Künstler oder kreativ schaffende Menschen, sehen die Phantasie als Fundus unendlich vieler Ideen und Inspirationsquellen an. Zudem bietet sie die Möglichkeit sich selbst zu entdecken, bzw. sich selbst kennen zu lernen. Mit Hilfe der Einbildungskraft sehen sie sich und die Welt in einem anderen Licht. Phantasie und Wirklichkeit schließen sich also dann nicht aus, sondern sind vielmehr Verbündete im “Überlebenskampf”. Der Frage wer von den beiden Parteien nun im Recht oder im Unrecht ist, soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Im Vordergrund steht die Argumentation, ob die Phantasie nur eine bloße Fiktion ohne empirischen Inhalts ist oder ob zwischen ihr und der Realität ein größerer Zusammenhang besteht als zunächst vermutet. Was unterscheidet die reale und die phantasierte Wirklichkeit voneinander? Wie verhält es sich zwischen realem und phantastischem Denken? Was sagen Schlaf- und Wachphantasien über uns selbst aus? Und welchen Grad an Wirklichkeit besitzt die Phantasie eigentlich? Diese Fragen gilt es dabei zu beantworten.
1. Das Verhältnis von realer und phantasierter Wirklichkeit
Der Mensch wechselt täglich zwischen dem Wach- und Schlafzustand hin und her. Am Tag ist er normalerweise wach und nachts schläft er. Wenn er schläft, dann löst er sich so weit wie möglich von der Realität ab, das Wachbewusstsein schwindet nun und taucht in eine Traum- oder Phantasiewelt ein, die allein dem Träumer vorbehalten ist. In dieser Welt wird nicht nur die Realität, sondern auch die kollektive Wirklichkeit ignoriert. “Man erfährt etwas, das für andere nicht erfahrbar ist, da man es nicht auf realer Basis in Bild, Wort und Ton darstellt.”1 Das abstrakte Denken wird durch anschauliche Bilder ersetzt und die Gedanken durch Darstellungen wiedergegeben. Die äußere Wirklichkeit wird nun von der inneren abgelöst. Der physische Seinszustand des eigenen Körpers ist einem dann nicht mehr bewusst. Dafür wird das psychische Bewusstsein gegenwärtig. Die Gefühle erhalten nun freien Lauf und können als Traumphantasien erlebt werden. Dennoch sind Traum- und Wachbewusstsein strukturell gleich. Es gibt also keine zwei verschiedenen Typen von Bewusstsein. Das Traumbewusstsein ist nur eine Sublimierung und Verfeinerung des Wachbewusstseins.
Hingegen ist die Art der erlebten Wirklichkeit eine andere. Zwar träumt man meist von bekannten Gegenständen, Orten und Personen, doch weiß man während des Traums nicht, dass man die Wirklichkeit auf zwei verschiedene Weisen erleben kann.
Im Schlafzustand vergisst man, dass der andere Zustand überhaupt existiert. Die Fähigkeit sich mit den beiden Wirklichkeiten auseinandersetzen zu können, ist nur im Wachenzustand möglich.
Obwohl der Mensch, zumindest im Wachzustand, die verschiedenen existierenden Wirklichkeiten prinzipiell kennt, ist es ihm aber nicht möglich mehrere davon gleichzeitig in voller Intensität zu erleben. Zwar greifen die Wirklichkeit und die Phantasiewelt auch inhaltlich ineinander, da man einerseits von realen Dingen träumt und sich andererseits an die Trauminhalte später im Wachzustand wieder erinnern kann, dennoch schließen sich beide gegenseitig aus. Entweder man träumt oder man ist wach. "Denn das Reale und das Imaginäre können ihrem Wesen nach nicht koexistieren"2, wie Sartre treffend formulierte. Die reale und die phantasierte Wirklichkeit schließen sich auch gegenseitig aus, wenn der Mensch von einer der beiden vollständig in Anspruch genommen wird. Dies geschieht beispielsweise beim Träumen im Schlafzustand oder Autofahren. Wenn man träumt, ist schließlich die Außenwelt für uns unerreichbar und beim Autofahren lässt man das Träumen gar nicht erst zu, da jegliches Abgleiten lebensgefährlich werden könnte. Die phantasierte und die reale Wirklichkeit besitzen dann einen Ausschließlichkeitscharakter und sind dann unvereinbar miteinander. Phantasie und Realität sind trotzdem gleichzeitig möglich. Ist dies der Fall, dann befinden wir uns in einer so genannten “Zwischenwelt”, welche ein Bewusstseinszustand zwischen dem Realitäts- und Traumerlebnis schafft. Solch ein Bewusstseinszustand stellt jegliche Art von Erinnerungen, Gedanken, Plänen und Tagträumen bzw. Wachphantasien dar, in denen man einerseits realitätsbezogen ist, aber gleichzeitig Kontakt zur jenseitigen, irrealen Phantasiewelt hat. Dadurch entsteht eine reale Darstellung von Imaginationen, die selber eine Wirklichkeit schafft. Zudem findet eine Verschmelzung von Wissen und Glauben statt. ”Man glaubt nicht nur etwas, weil es wahr ist, sondern etwas ist auch wahr, weil man daran glaubt.”3 Dies trifft sowohl für Ideologien, Moral und Religion zu, als auch für Amulette, Glücksbringer und Totems zu. Diese Vermischung von Glaube und Wissen kann auch das menschliche Handeln beeinflussen. Ein Glückbringer im Auto beispielsweise hat die Funktion die Insassen vor Unfällen zu schützen. Mit dem Wissen, dass dieser Glücksbringer präsent ist, fährt der Fahrer automatisch ruhiger und entspannter, was ihn wiederum wirklich vor Unfällen schützen kann.
Die Wirklichkeit wird also aus innerer und äußerer Erfahrung gebildet. Sinne und Phantasie müssen sich gegenseitig stimulieren. Der Mensch befindet sich eigentlich permanent in einem Zustand, in welchem sich Objektivität und Subjektivität vermischt. Realität allein ist kaum fassbar, weil diese selbst nur ein kurzer Moment der Gegenwart ist. Versucht man hingegen Vergangenes oder Zukünftiges präsent zu machen wird bereits die Einbildungskraft benötigt. Absolute Realitätsbezogenheit ist daher kaum möglich, außer man ist in der Lage Erinnerung und Antizipation zu illuminieren. “Weil der Mensch aber seinen zwischenmenschlichen Zustand braucht, sind solche totale Realitätserlebnisse normalerweise nur von kurzer Dauer; denn das alltägliche Leben verlangt, dass durch Erinnerung und Antizipation die zukünftige Realität und Gegenwart wenigstens teilweise vorausbestimmt wird, um zu überleben”.4
2. Das realistische und das phantastische Denken
Mit dem ständigen Pendeln zwischen den “zwei Welten” ändert sich auch stets der jeweilige Bewusstseinszustand. Im Wachzustand ist das Bewusstsein nach außen gerichtet und im Traumzustand nach innen und bewegt sich dann im Jenseits. Beim wachbewussten Erleben ist das Denken realistisch, beim traumbewussten phantastisch. Beide sind in ihrem Wesen und Inhalt unterschiedlich. Ihre einzige Gemeinsamkeit ist nur das subjektive Zentrum, also die jeweilige Person. Inwiefern sich realistisches und phantastisches Denken voneinander unterscheiden, soll im Folgenden dargestellt werden.
Das realistische Denken kommt primär im Alltagsleben zum Einsatz. Dort werden die persönlichen Bedürfnisse und Wünsche der äußeren Realität untergeordnet. Jegliche Gedanken und Wahrnehmungen, die im Alltag gebildet werden, aber in der Wirklichkeit nicht haltbar sind, werden dort überdacht und geändert. Das realistische Denken ist aus dem Grund ein abmessendes, rechnerisches und rational logisches Denken. Es ist systematisch an einem realen Bestand orientiert und verfährt streng gesetzlich. Man hat immer eine aktuelle Situation, welche auch konkret sichtbar ist.
Das realistische Denken ist an den Wachzustand gebunden. Aufgrund der Bindung an das Reale und wirklich Bestehende ist es so zusagen “unfrei”. Es kann das Irdische nicht verlassen und nur auf die dort gegebenen Gegenstände zurückgreifen. Innerhalb des realistischen Denkens siedelt sich das schlussfolgernde Denken an. Diese Denkform wird bei der systematischen Problemlösung, welche im Alltag etwas bewirken soll, bevorzugt eingesetzt. Man versucht dabei logisch Problemen auf den Grund zu gehen und schließlich Lösungen dafür zu finden. Das realistische Denken ist weiterhin jene Art des Denkens, welches für das eigene Überleben am essentiellsten ist. Im Leben gibt es schließlich unzählige Situationen, in denen schnelles und effektives Handeln lebensnotwenig ist, beispielsweise im Straßenverkehr.
Das phantastische Denken kommt hingegen primär in Träumen oder traumähnlichen Zuständen zum Einsatz. Aufgrund der Abgeschnittenheit von der “wirklichen Realität” wird in diesem Seinszustand eine “phantastische Realität” produziert. Kognitiven Fähigkeiten, wie Denken und bewusstes Erinnern treten dabei weitgehend in den Hintergrund. Anders als das realistische Denken kann es sich von seinem primären Bewusstseinszustand lösen, sodass es auch im Alltag auftreten kann. Im Gegensatz zum realistischem Denken werden beim phantastischen Denken die eigenen Bedürfnisse und Wünsche explizit in den Vordergrund gestellt. Man versucht diese durch das Schaffen einer illusionären Welt, in der alles so ist, wie man es selbst gerne hätte, zu verwirklichen. Träume oder Schlafphantasien entstehen jedoch “unbewusst”, d.h. der Träumende steuert die erlebten Bildmomente nicht absichtlich, sondern diese werden allein vom Unterbewusstsein bestimmt. Die Wachphantasien oder Tagträume sind dagegen “bewusste“ Szenarien. Der Mensch lenkt diese nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Wünschen in eine bestimmte Richtung und hat daher einen unmittelbaren Einfluss auf sie. Er selbst entscheidet, was er sich vorstellen möchte. Das phantastische Denken ist aus diesem Grund eine Art “beflügeltes Denken” und zudem nicht an moralische Werte und Normen gebunden. Es wägt nicht, wie das realistische Denken, das Für und Wider ab, sondern nimmt sich die Freiheit alles, wenn auch nur imaginär, geschehen zu lassen. Mit dem phantastischen Denken sind deshalb eigene kreative Überlegungen möglich. Es ist eine dynamische, uneingeschränkte und ingeniöse Geistestätigkeit und wird deshalb auch autistisches Denken genannt. Diese Art des Denkens ist auch maßgeblich an jeglichem schöpferischen Handeln beteiligt. Dabei spielt es jedoch eine Rolle welche Art des phantastischen Denkens gerade aktiv ist, denn die sich daraus ergebenen imaginären Szenarien besitzen immer die gleiche synthetische Leistung, nämlich die der Vermittlung von Wirklichem und Unwirklichem. So bildet die Phantasie das Vermögen, die Einheit von Möglichem und Wirklichem utopisch zu entwerfen. Auf diese Weise ergänzt es als offener Horizont alles Bestehende, dem Wirklichem die Rubrik des Denkbaren und schafft neue Gestalten, welche aber auch gleichzeitig kontrolliert und reguliert werden können.
3. Phantasie und Selbsterfahrung
Die Fähigkeit sich selbst erkennen zu können, ist notwendig, um in der wirklichen Welt Halt zu haben. Vielmehr noch, ohne einen gewissen Grad an Selbsterkenntnis ist generell keine Identitätsbildung möglich. Auch kann der Mensch “als physisch schwaches, aber intelligentes Wesen nur mit Hilfe seiner Intelligenz, wozu manuelles Geschick, vernünftige Überlegung, Erinnerungsfähigkeit und auch Phantasie gehören, überleben”.5 Somit ist Erinnerung und Phantasie auch immer ein Akt der Selbsterfahrung. Die Charakterbildung ist sehr eng mit der Gestalt der Selbsterfahrung und derer bewussten und unbewussten Verarbeitung verbunden. “Wie man sich gibt, spricht, handelt und wie man sein Leben führt, hängt vom Feedback ab, das man in den zwischenmenschlichen Beziehungen erhält, das man bei der Pflege seines Äußeren im Spiegel erfährt, aber auch vom Feedback der Imaginationen, die man tagsüber und nachts produziert.”6 Neben der Darstellungsfunktion bietet die Vorstellungskraft somit auch die Möglichkeit sich selbst zu erfahren. Einsame Menschen, denen das Feedback von anderen fehlt, versuchen oftmals mit Hilfe von Gedanken, Phantasien, Selbstgesprächen und Tagträumen sich selbst zu finden.
Zudem bedarf es der Phantasie wenn es darum geht nach seiner eigenen Vergangenheit zu fragen. Ein Foto oder ein Souvenir beispielsweise haben an und für sich noch nichts mit der Vergangenheit zu tun. Erst die dazu gehörende Erinnerung an jene Zeit stellt dann eine Beziehung zu dieser her. Daher können Dinge wie Fotos etc.
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1 Christoph Cunz: „Die Wirklichkeit der Phantasie“, Funk Helio Service Bern, 1979, S.6 2
2 Jean Paul Sartre, L'Imaginaire ; zit. nach R. D. Laing, a.a.O., S. 72
3 Christoph Cunz: „Die Wirklichkeit der Phantasie“, Funk Helio Service Bern, 1979, S.7
4 ebda. S.10
5 A. Gehlen:“ Der Mensch“ , Frankfurt a. M., 1979
6 Christoph Cunz: „Die Wirklichkeit der Phantasie“, Funk Helio Service Bern, 1979, S. 106
- Quote paper
- Juliane Heise (Author), 2007, Das Verhältnis von Phantasie und Realität - ein Beitrag zur Konstruktion von Wirklichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87096
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