Die vorliegende Ausarbeitung setzt sich mit der Programmatik der ältesten deutschen Partei sowie ihrer historischen Entwicklung auseinander. Eingegliedert in den historischen Kontext werden die sieben Grundsatzprogramme von 1875-2007 untersucht. Anhand der Programme wird die politische Orientierung der Partei aufgezeigt und ihr Weg von der Arbeiterpartei zur allgemeinen Volkspartei. Sowie die Rückorientierung von der Politik der „Neuen Mitte“ zum linken Teil des Parteienspektrums.
Inhaltsverzeichnis
1. Problemexposition
2. Geschichtliche Entwicklung der Partei und ihrer Programme
2.1. Gründungsgeschichte
2.1.1 Gothaer Grundsatzprogramm von 1875
2.2. Die SAP unter der Sozialistengesetzgebung Bismarcks
2.2.1. Erfurter Grundsatzprogramm von 1891
2.3. Kaiserreich
2.3.1. Görlitzer Programm von 1921
2.3.2. Heidelberger Programm von 1925
2.4. Weimarer Republik und Nationalsozialismus
2.5. Der bundesdeutsche Neubeginn
2.5.1. Godesberger Grundsatzprogramm von 1959
2.6. Die SPD in der Regierungsverantwortung
2.7. Erneute Opposition während der Ära Kohl
2.7.1. Berliner Grundsatzprogramm von 1989
2.8. Rot-Grüne Koalition
2.8.1. Hamburger Grundsatzprogramm von 2007
3. Fazit
4. Literaturverzeichnis
5. Abkürzungsverzeichnis:
1. Problemexposition
Die vorliegende Ausarbeitung setzt sich mit der Programmatik der ältesten deutschen Partei sowie ihrer historischen Entwicklung auseinander. Eingegliedert in den historischen Kontext werden die sieben Grundsatzprogramme von 1875-2007 untersucht. Anhand der Programme wird die politische Orientierung der Partei aufgezeigt und ihr Weg von der Arbeiterpartei zur allgemeinen Volkspartei. Sowie die Rückorientierung von der Politik der „Neuen Mitte“ zum linken Teil des Parteienspektrums.
2. Geschichtliche Entwicklung der Partei und ihrer Programme
Da eine Analyse der Grundsatzprogramme nur Sinn ergibt, wenn man sie unter den politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten ihrer Zeit betrachtet, setzt sich der Hauptteil dieser Ausarbeitung mit der deutschen Geschichte auseinander und der Rolle der SPD.
2.1. Gründungsgeschichte
Die Geschichte der Sozialdemokratie in Deutschland beginnt mit der Gründung des „ Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins “ (ADAV) unter Ferdinand Lassalle. Der ADAV schließt sich 1875 mit der „ Sozialdemokratischen Arbeiterpartei “ (SDAP) zusammen, die ihrerseits 1869 von August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründet worden ist. Aus diesem Zusammenschluss entsteht auf dem Gothaer Vereinigungsparteitag die „ Sozialistische Arbeiterpartei “ (SAP) und das erste Grundsatzprogramm wird beschlossen.[1]
2.1.1 Gothaer Grundsatzprogramm von 1875
Das erste Grundsatzprogramm orientiert sich an der Auslegung der marxistischen Lehre. Die SAP ist neben der parlamentarischen Arbeit auch außerparlamentarisch engagiert. Das Parlament diente als Bühne zur Darstellung der eigenen Wertevorstellungen und Ideale. So wird im ersten Grundsatzprogramm die kapitalistische Gesellschaft kritisiert, ebenso wie die Ausnutzung der Arbeiterschaft und deren Abhängigkeit von den Großkapitalisten. Die Brisanz dieser Thematik liegt in der Tatsache, dass die Industrialisierung im Deutschen Reich eine Phase des immensen Wachstums erreicht hat und die Arbeitsbedingungen teilweise katastrophal anmuten. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Kohleförderung und Stahlerzeugung im Wirtschaftsraum „Ruhrgebiet“.[2]
Die SAP befürwortet eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die „Befreiung der Arbeiterklasse“. Zentrale Forderungen sind ein freier Staat und eine sozialistische Gesellschaft, die Abschaffung der Lohnarbeit und Aufhebung der Ausbeutung, die Beseitigung aller politischen und sozialen Ungleichheit sowie die allgemeine Verbesserung der Situation für die Arbeiterklasse.
Damit einhergehend sind Forderungen nach einer geregelten Arbeitszeitpolitik, einem Schutz der Arbeiter und einem Verbot von Kinderarbeit erhoben worden. Weitere politische Forderungen sind ein allgemeines, gleiches, direktes Wahl- und Stimmrecht, das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie einer allgemeinen Volkserziehung und Schulpflicht.[3]
2.2. Die SAP unter der Sozialistengesetzgebung Bismarcks
Die SAP wird im Zuge der Sozialistengesetzgebung 1878 in ganz Deutschland verboten. Im Zuge dessen kommt es zu Verhaftungen und einer strukturellen Zerschlagung, welche die Partei jedoch nicht zerbrechen lässt, sondern letztendlich ihre Basis festigt. Auf Grund des Persönlichkeitswahlrechts kann die Reichstagsfraktion der SAP ihre Politik unbehelligt fortsetzen, erreicht bei den Reichstagswahlen 1890 20% der Wählerstimmen und wird erstmalig stärkste Fraktion im Parlament. Im selben Jahr wird das Sozialistengesetz aufgehoben und die SAP kann ihre regionalen Strukturen wieder aufbauen und reorganisieren. Am 18. Okt. 1890 hält die Partei ihren ersten legalen Parteitag nach den Sozialistengesetzen in Halle ab.[4] Auf diesem Parteitag wird die Umbenennung in „ Sozialdemokratische Partei Deutschlands “ (SPD) beschlossen.[5]
2.2.1. Erfurter Grundsatzprogramm von 1891
Auf dem Parteitag der SPD in Erfurt 1891 wird das „Erfurter Grundsatzprogramm“ verabschiedet. Dieses gilt als die Rückkehr zur reinen marxistischen Lehre. War das Programm von 1875 durch den ADAV stark geprägt, der eine abweichende Einstellung zum Marxismus eingenommen hat, stellt das neue Programm einen Wendepunkt dar. Das „Erfurter Programm“ setzt auf einen dogmatischen Marxismus, gegen die sozialreformistischen Ideale der freien Gewerkschaften.[6]
Der Kampf der Arbeiterklasse gegen die kapitalistische Ausbeutung wird als politischer Kampf definiert, was terroristische Aktionen gegen den Staat und das Gesellschaftssystem ausschließt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass keine Berufung auf das Programm der SPD bei Anschlägen auf die Strukturen des Kaiserreichs möglich ist.
Nicht nur die Befreiung der Arbeiterschaft wird propagiert. Vielmehr wird damit geworben, dass eine gesellschaftliche Veränderung Vorteile für alle Bevölkerungsschichten mit sich bringen würde.
Viele der zentralen Forderungen aus Gotha sind übernommen worden. So werden weiterhin eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine gerechte Lohnpolitik eingefordert. Neue Forderungen sind hingegen die Unentgeltlichkeit der Rechtspflege und des Rechtsbeistandes, die Unentgeltlichkeit der ärztlichen Hilfeleistungen, eine direkte Gesetzgebung durch das Volk, die Weltlichkeit der Schulen sowie eine strikte Säkularisierung.[7]
2.3. Kaiserreich
1912 stellt die SPD erstmals die mitgliederstärkste Fraktion im Reichstag. Ihre Wähler rekrutieren sich hauptsächlich aus der konfessionslosen Arbeiterschaft sowie aus dem Mittelstand. Am 4. Aug. 1914 billigt die SPD die „Kriegskredite zur Landesverteidigung“ und schließt wie die anderen Reichstagsparteien den so genannten „Burgfrieden“, der einen „parlamentarischen Waffenstillstand“ bedeutet. Kritik am Krieg und der parteiinternen Haltung führen 1917 zur Spaltung der SPD. Der linke Flügel gründet sich als „ Unabhängige Sozialdemokratischen Partei “ (USDP) neu und orientiert sich politisch an der linken „ Kommunistischen Partei Deutschlands “ (KPD). Die SPD benennt sich im Zuge dessen in „ Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands “ (MSDP) um und stellt 1918 erstmals zwei Staatssekretäre. Einer von ihnen ist Phillip Scheidemann, der am 9. Nov. 1918 die Republik ausruft[8]. Mit Friedrich Ebert wird erstmals ein Sozialdemokrat zum Reichskanzler.[9]
[...]
[1] Vgl. Potthoff/Miller, 2002, S.31ff.
[2] a.a.O., S.41ff
[3] Vgl. Wortlaut des Programms: http://www.marxists.org/deutsch/geschichte/deutsch/spd/1875/gotha.htm Zugriffsdatum: 13.12.2007 15:53
[4] Vgl. Noß/Brill/Müller, 2004, S. 22
[5] Vgl. Potthoff/Miller, 2002, S. 48ff
[6] a.a.O., S. 54ff.
[7] Vgl. Wortlaut des Programms: http://www.marxists.org/deutsch/geschichte/deutsch/spd/1891/erfurt.htm Zugriffsdatum 13.12.2007 15:58
[8] Vgl. Noß/Brill/Müller, 2004, S. 64
[9] Vgl. Potthoff/Miller, 2002, S. 74ff.
- Citar trabajo
- Tobias Meints (Autor), 2007, Die Programmatik der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands eingebettet in den historischen Kontext von 1875-2007, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87009
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