Die neuen Medien, allen voran das Internet, beeinflussten und veränderten in den letzten beiden Jahrzehnten maßgeblich unsere Gesellschaft. Neue Arbeitsfelder erschlossen sich; die mittlerweile weltweite Vernetzung ermöglicht den schnellen Austausch von Daten und Informationen über Ländergrenzen hinweg. Bereits heute sind Menschen ohne Möglichkeiten der Internetnutzung im sozialen und beruflichen Leben benachteiligt – eine Entwicklung, die sich fortsetzen wird.
Es liegt nicht nur nahe, sondern es besteht die Notwendigkeit, die medialen Neuerungen in den schulischen Unterricht zu integrieren, um neue Lernwege zu beschreiten und die Schüler zu befähigen, aktiv an gesellschaftlichen Prozessen zu partizipieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sinnhaftigkeit der Einbeziehung des Internets in den schulischen Unterricht
2.1 Gesellschaftliche Bedeutung
2.2 Veränderte Lernbedingungen und -formen
2.3 Persönlichkeitsentwicklung
3. Möglichkeiten der Internetnutzung im Unterricht
3.1 Informationserwerb
3.2 Kommunikation
3.3 Veröffentlichung von Informationen
3.4 Veranschaulichung durch Animation
4. Nutzen für die Schüler
4.1 Verändertes Lernverhalten
4.2 Höhere Lerneffizienz
4.3 Verbesserte Fremdsprachenkompetenzen
5. Risiken und Gefahren der Internetnutzung
5.1 Inhaltliche Gefahren
5.1.1 Online-Informationen
5.1.2 Online-Kommunikation
5.2 Mögliche Auswirkungen auf den Nutzer
5.2.1 Psyche, Sozialisation und Physis
5.3 Externe Risiken
5.3.1 Datenschutz und Kosten
6. Möglichkeiten der Eindämmung der Gefahren
6.1 Technische Kontrollmöglichkeiten
6.2 Einbeziehung der Schüler
6.3 Sicherheit durch didaktisches Handeln der Lehrkraft
7. Unterstützung des Religionsunterrichts durch Einbeziehung des Mediums Internet
7.1 Der Lehrplan für das Unterrichtsfach Evangelische Religion
7.1.1 Aufgaben und Lernziele des Religionsunterrichts
7.1.2 Die fünf Lernschwerpunkte
7.1.3 Lehrplanforderungen nach Nutzung des Internets im Religionsunterricht
7.1.4 Möglichkeiten der Bearbeitung der fünf Lernschwerpunkt in der Sekundarstufe I unter Einbeziehung der Internets
8. Bewertungskriterien
8.1 Möglichkeiten und Defizite der kriterienbasierten Bewertung multimedialer Lernprogramme und Informationsangebote
8.2 Kriterienkatalog zur Bewertung religionspädagogisch relevanter Internetangebote
8.2.1 Anbieter und Angebot
8.2.2 Inhalt
8.2.3 Mediale Gestaltung
8.2.4 Bedienbarkeit
8.2.5 Datenschutz
9. Analyse religionspädagogisch relevanter Internetangebote vor dem Hintergrund der Bewertungskriterien
9.1 Reliweb
9.1.1 Angebot und Anbieter
9.1.2 Inhalt
9.1.3 Mediale Gestaltung
9.1.4 Bedienbarkeit
9.1.5 Datenschutz
9.1.6 Zusammenfassung der Untersuchung
9.2 Kirche entdecken
9.2.1 Angebot und Anbieter
9.2.2 Inhalt
9.2.3 Mediale Gestaltung
9.2.4 Bedienbarkeit
9.2.5 Datenschutz
9.2.6 Zusammenfassung der Untersuchung
9.3 Reli-R@llye
9.3.1. Anbieter und Angebot
9.3.2 Inhalt
9.3.3 Mediale Gestaltung
9.3.4 Bedienbarkeit
9.3.5 Datenschutz
9.3.6 Zusammenfassung der Untersuchung
9.4 Auswertung
10. Gesamtbetrachtung
11. Medienverzeichnnis
11.1 Quellen
11.1.1 Besprochene Homepages
11.1.2 Lehrpläne und Schulgesetz
11.2 Verwendete Forschungsmedien
11.2.1 Printmedien
11.2.2 Internetmaterial
12. Anhang
1. Einleitung
Die neuen Medien, allen voran das Internet, beeinflussten und veränderten in den letzten beiden Jahrzehnten maßgeblich unsere Gesellschaft. Neue Arbeitsfelder erschlossen sich; die mittlerweile weltweite Vernetzung ermöglicht den schnellen Austausch von Daten und Informationen über Ländergrenzen hinweg. Bereits heute sind Menschen ohne Möglichkeiten der Internetnutzung im sozialen und beruflichen Leben benachteiligt - eine Entwicklung, die sich fortsetzen wird.
Es liegt nicht nur nahe, sondern es besteht die Notwendigkeit, die medialen Neuerungen in den schulischen Unterricht zu integrieren, um neue Lernwege zu beschreiten und die Schüler zu befähigen, aktiv an gesellschaftlichen Prozessen zu partizipieren.
Bereits 1972 befasste sich der nunmehr emeritierte Professor für Praktische Theologie Wolf-Eckart Failing mit der Bedeutung von Medien in Lernprozessen, welche damals u.a. in Form von Arbeitsblättern, Schallplatten, Fotos, Filmen und Overhead-Folien in Erscheinung traten. Failing wies auf die selektive und standortgebundene Darstellung von Sachverhalten hin, die die Vermittlung von Lerninhalten durch Medien bewirkt und welche er wie folgt begründete: Die Objektivität von Medien ist eingeschränkt, da ihr Produzent auswählt, weglässt und neu akzentuiert. Das dadurch entstandene Produkt wird von der Lehrkraft in Abhängigkeit didaktisch-methodischer Entscheidungen sowie persönlicher Präferenzen erneut selektiert, um schließlich eine letzte Selektion auf Seiten des Schülers zu erfahren, welche sich durch die gesellschaftliche Akzeptanz des jeweiligen Mediums erklärt. Die auf diese Weise vermittelten Lerninhalte sind somit nur ein ausgesuchter Teil einer Wirklichkeitsabbildung.1
Das Internet als eines der heutigen neuen Medien hebt diese im Voraus ausgewählte Informationsdarstellung auf und bietet dem Nutzer eine Vielzahl an Materialien und - zum Teil konträren - Positionen zu einem beliebigen Thema. Gleichzeitig verlangt es seinem Nutzer bestimmte Kompetenzen ab, die ihn zu einem sachgerechten und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Medium befähigen. Die Vermittlung dieser Kompetenzen ist Teil des Erziehungsauftrages der Schule, welcher fächer- und schulstufenübergreifend umgesetzt werden muss.
Auf welche Weise dies im Religionsunterricht geschehen und wie der Unterricht davon profitieren kann, ist Teil der vorliegenden Arbeit. Einer allgemeinen Darstellung der möglichen Formen der Internetnutzung im Schulunterricht und der damit verbundenen Risiken folgt die Beschäftigung mit der Internetnutzung im Religionsunterricht vor dem Hintergrund des Lehrplans für evangelische Religion.
Der zweite Teil der Arbeit hat die Erarbeitung eines Bewertungsleitfadens zum Inhalt, mit dessen Hilfe Internetangebote auf ihre Eignung zur Nutzung im Unterricht hin untersucht werden können. Exemplarisch werden im Anschluss drei religionspädagogisch relevante Homepages ausgewertet.
2. Sinnhaftigkeit der Einbeziehung des Internets in den schulischen Unterricht
Heute stellt die Internetnutzung in Freizeit und Beruf keine marginale Erscheinung mehr dar wie noch vor zehn Jahren. Das Internet2 hielt Einzug in fast alle Bereiche des täglichen Lebens, beeinflusst Freizeit und Beruf, schafft neue Arbeitsfelder und ist in einem steten Wandel begriffen. Zur Beschaffung von Informationen zu beliebigen Themen sowie zur Kommunikation zwischen Menschen weltweit ist es nicht mehr wegzudenken und wird von dem Leipziger Journalistikprofessor und Medienexperte der Bertelsmann Stiftung Marcel Machill als „Tor zur Wissensgesellschaft“ bezeichnet3.
Weshalb es Bildungsauftrag der Schule ist und sein muss, Schüler aller Schulformen zum Umgang mit dem Internet zu befähigen, wird in diesem Kapitel gezeigt.
2.1 Gesellschaftliche Bedeutung
Die rasante (Weiter-) Entwicklung neuer Medien verlangt von dem Individuum eine hohe Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, um sich in der sich verändernden Gesellschaft zurechtzufinden und die Forderungen vieler Berufe nach kompetenter Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien zu erfüllen. Aufgabe der Schule ist es seit jeher, die Schüler auf ein selbstständiges und selbstverantwortliches Leben in der Gesellschaft vorzubereiten, sie für eine weitergehende Berufsbidung zu qualifizieren und ihnen die dafür notwendige Allgemeinbildung zukommen lassen. In der Folge ist es unabdingbar, dass die Bildungsziele auf die veränderten Lebensbedingungen ausgerichtet werden und sich an den Bedürfnissen einer Informationsgesellschaft orientieren. Die Schule muss ihre Schüler zum verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet, zu Informationsmanagement und lebenslangem Lernen befähigen, um ihnen die Schlüsselqualifikationen zu vermitteln, die sie im Berufsleben benötigen.
Hierbei kann sich die Schule zu Nutze machen, dass viele Kinder und Jugendliche heute ganz selbstverständlich das Internet in ihrer Freizeit verwenden und es nicht unwesentlich zu ihrer Sozialisation beiträgt.4 Aus einer Veröffentlichung der KidsVerbraucheranalyse 2006 geht hervor, dass bereits 46% der Kinder im Altern von sechs bis 13 Jahren das Internet nutzen. Als die drei wichtigsten Nutzungsarten werden die Informationsbeschaffung für Schule und Freizeit sowie das Schreiben von E-Mails genannt. Weiterhin wird das Internet verwendet, um Online-Spiele zu spielen, zu chatten, Musik, Spiele und Filme herunterzuladen und im Internet einzukaufen.5 Dieses grundsätzliche Interesse und die oftmals schon vorhandenen Vorerfahrungen können und sollten von der Schule aufgegriffen und den Bildungszielen entsprechend in allen Jahrgangsstufen und Schulformen genutzt werden.
2.2 Veränderte Lernbedingungen und -formen
Im Vergleich zum Schulbuch zeichnet sich das Internet durch eine Darbietung aktuellster Informationen zu jedem beliebigen Thema aus, wovon die Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Tagesgeschehen im schulischen Kontext in hohem Maße profitieren kann. So können z.B. plötzliche Ereignisse oder Veränderungen in Politik, Arbeitswelt und Freizeit sowie diesbezügliche Arten der Berichterstattung mit Hilfe des Internets zeitnah analysiert und ausgewertet werden. Zudem erfahren die auf diese Weise gewonnenen Informationen keine von subjektiven Präferenzen geprägte Selektion seitens der Lehrkraft, die die Unterrichtsmaterialien auswählt und in den dafür vorgesehenen Unterrichtsstunden zumeist im geschlossenen Rahmen mit den Schülern des jeweiligen Fachs behandelt.
Die Nutzung digitaler Medien erlaubt weiterhin eine Individualisierung des Lernprozesses und eine Binnendifferenzierung innerhalb der Lerngruppe: Bei adäquater Aufgabenstellung können die Schüler je nach Interesse und Vorkenntnissen selbst entscheiden, welchen Weg sie zur Erreichung des Ziel gehen und sich dementsprechend durch das inhaltliche Angebot navigieren.
Die Einbeziehung des Internets in den Unterricht ermöglicht eine Öffnung desselben, bei der die Schüler mit externen Personen in Kontakt treten und unabhängig von Zeit und (Klassen-) Raum sowie fächerübergreifend und individuell lernen und auf Informationen zugreifen können. Der Lehrkraft kommt dabei nicht mehr der Status des Wissensmonopolisten, sondern zunehmend der des Beraters zu.6
2.3 Persönlichkeitsentwicklung
Als grundlegend für die Identitätsentwicklung eines Menschen sieht die Dortmunder Professorin für Bildungsforschung, Renate Schulz-Zander, das „experimentierende, spielerische Umgehen mit Identitäten und Daseinsentwürfen, das Ausprobieren von sozialen Rollen, das Sammeln von Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen, die Konfrontation mit verschiedenen Sichtweisen und das Erproben von Handlungsentwürfen“7 an und weist darauf hin, dass die neuen Medien hierfür Spielraum geben: Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Weltauffassungen und Denkmustern bei der Kommunikation mit Menschen weltweit und der Vergleich von zum Teil widersprüchlichen Informationen zu einem Sachverhalt kann die Herausbildung kritischen Reflexionsvermögens, die Erweiterung des persönlichen Horizonts und die Festigung von Toleranz fördern.8 Und da es neben der Vermittlung von Wissen ebenfalls im Verantwortungsbereich der Schule liegt, zur Persönlichkeitsentwicklung der Schüler beizutragen, kann zur Erreichung dieses Ziels das Internet herangezogen werden.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Arbeit mit dem Medium Internet im Rahmen des schulischen Unterrichts einen Beitrag zur Zukunftssicherung der Schüler in einer Wissens- und Informationsgesellschaft leistet, neue Möglichkeiten des Lernens eröffnet und, wenn sie verantwortungsvoll von der Lehrkraft angeleitet wird, der Persönlichkeitsentwicklung der Schüler zuträglich sein kann.
Es gilt nun zu erarbeiten, auf welche Weise das Internet in den Unterricht integriert werden kann.
3. Möglichkeiten der Internetnutzung im Unterricht
Der Skizzierung der Möglichkeiten, das Internet in den schulischen Unterricht einzubeziehen, soll der Hinweis vorangehen, dass es unabdingbar ist, dass die Lehrkraft jeweils die Ziele der Internetnutzung reflektiert, bevor sie die Schüler mit dem Medium arbeiten lässt. Sie muss sich darüber bewusst sein, was gelernt werden soll, und begründen können, weshalb für die Erreichung des Lernziels die Beschäftigung mit dem Internet beispielsweise der Arbeit mit dem Schulbuch vorzuziehen ist. Nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass die Internetnutzung tatsächlich einen didaktischen Mehrwert erzielt und der Erfüllung der Lehr- und Lernziele dient.9
Weiterhin ist zu betonen, dass sich das Internet für die alleinige Vermittlung von Grundwissen nicht eignet. Die Fülle an dargebotenen Informationen, ins Netz gestellt von zumeist unbekannten Personen mit unbekannten Absichten und ohne Prüfung ihrer Solidität, erfordert die Präsenz einer Lehrkraft, die den Schülern Wissen vermittelt, welches durch das Internet angereichert, aktualisiert und dynamisiert werden kann.10
3.1 Informationserwerb
Das Internet bietet umfangreiches Material mit einer Aktualität, die Schulbücher in ihrer Eigenschaft als Printmedium nicht aufweisen können. Somit steht dem Internetnutzer ein Medium zur Verfügung, durch das er unbegrenzt Informationen von verschiedenen Autoren unterschiedlicher Nationalität und Meinung sowie in beinahe allen Sprachen der Welt zum jeweiligen Thema erwerben kann.
Für die Recherche nach Internetartikeln zu einem bestimmten Thema kann der Nutzer auf Suchmaschinen zugreifen, die das World Wide Web11 nach Seiten, die das eingegebene Stichwort enthalten, durchsuchen. Die gängigsten Suchmaschinenanbieter sind Google, Yahoo und MSN.12
Mit Hilfe einer solchen Suchmaschine können die Schüler Informationen zu einem bestimmten Thema ausfindig machen und im Unterricht zusammentragen. Alternativ kann die Lehrkraft eine Auswahl einzelner Internetseiten oder ganzer Homepages13 vorgeben, denen die Schüler die dem Thema zugehörigen Angaben entnehmen.
3.2 Kommunikation
Neben der Bereitstellung von Informationen dient das Internet vorrangig der Kommunikation zwischen den Nutzern.14 Gegenüber der herkömmlichen Kommunikation, z.B. mittels Briefen oder Telefonaten, besteht sein Vorteil in der Möglichkeit der schnelleren Verständigung, die zeitgleich mit mehreren Personen und ungeachtet räumlicher Distanzen und kontinentalbedingter Zeitdifferenzen erfolgen kann.
Vor allem im Fremdsprachenunterricht kann davon profitiert werden, indem E- Mail-Kontakte zu Schülern der Zielsprache hergestellt werden. Die Lernenden können auf diese Weise ihre Fremdsprachenkompetenz verbessern und ihren kulturellen Horizont erweitern.
In anderen Fächern können E-Mails z.B. dazu genutzt werden, Experten eines Themas zu kontaktieren und ihnen Fragen zu stellen.
Eine weitere Möglichkeit, mit anderen Personen zu bestimmten Inhalten ins Gespräch zu kommen, bieten Diskussionsforen und Chats. Erstere zeichnen sich dadurch aus, dass die elektronische Unterhaltung wie bei der Kommunikation via E-Mail asynchron stattfindet. Die Nutzer können zu jeder Zeit die schon vorhandenen Beiträge zu einem Thema im Forum lesen und ihre eigene Meinung schreiben. Die gleichzeitige Präsenz anderer Diskussionsteilnehmer ist dafür nicht notwendig.
Die Kommunikation in einem Chat verläuft synchron, das heißt, dass alle Teilnehmer zeitgleich im sog. Chat-Raum anwesend sind und eine Diskussion zu einem bestimmten Thema führen.
Damit die Schüler die verschiedenen Ansichten anderer Personen oder Personengruppen zu einem Thema kennenlernen und mit ihnen in Kontakt treten, kann von der Lehrkraft zu dieser Art der Diskussion angeregt werden.
3.3 Veröffentlichung von Informationen
Die Offenheit des Internet erlaubt jedem Nutzer, eigene Informationen in Text, Bild, Audio und Video im Word Wide Web zu publizieren und somit anderen Nutzern weltweit zugänglich zu machen. Die Möglichkeiten dabei erstrecken sich von der Veröffentlichung eigener Aufsätze zu einem Thema über das Führen eines Online-Tagebuchs (Blog15 ) bis hin zur Erstellung einer eigenen Homepage.
Im Schulunterricht kann davon auf vielfältige Weise Gebrauch gemacht werden: Die Schüler können im Unterricht erarbeitetes Material auf einer Homepage veröffentlichen, die eine Mitgestaltung durch die Nutzer vorsieht, oder Erfahrungen von Klassenfahrten oder -ausflügen in einem Blog niederschreiben und mit Fotos veranschaulichen. Auch die Partizipation mehrerer Klassen an einer Schulhomepage ist möglich.
3.4 Veranschaulichung durch Animation
Da das Internet in der Lage ist, nicht nur Text und Bild, sondern ebenfalls Animationen, also bewegte Bilder, darzustellen, kann es im Unterricht für die Veranschaulichung bestimmter Sachverhalte genutzt werden. Beispielsweise ist es möglich, die für eine Sportdisziplin wesentlichen Bewegungsabläufe mit Hilfe einer Computeranimation im Einzelnen zu erfassen und somit die Gesamtbewegung nachzuvollziehen.16 Die Schüler haben auf diese Weise die Möglichkeit, die animierten Bewegungen unabhängig vom Sportunterricht jederzeit wieder aufzurufen und zu üben.
Weiterhin werden Animationen oftmals verwendet, um Museen und Gebäude virtuell besuchbar zu machen. Der Internetnutzer steuert seinen Rundgang durch Benutzung der Maus oder entsprechender Tasten zumeist selbst, kann sich je nach Grad der Animation Besonderheiten durch Heranzoomen genauer ansehen und Informationen dazu in Form von Text oder Sprache erhalten. Solch ein virtueller Besuch kann einen realen Museumsbesuch zwar nicht ersetzen, jedoch eine Alternative sein, wenn z.B. die räumliche Distanz eine Exkursion dorthin nicht zulässt. So könnte im Kunst- oder Französischunterricht ein virtueller Rundgang durch den Louvre in Paris unternommen werden17.
Es wird deutlich, dass das Internet diverse Möglichkeiten zur Einbeziehung in den schulischen Unterricht bietet. Die genannten Vorschläge und Hinweise auf Internetseiten sind als exemplarisch, die Angabe der Unterrichtsfächer als zufällig anzusehen, da sich ebenfalls für andere Fächer Anregungen zur Internetnutzung für finden lassen.
4. Nutzen für die Schüler
Neben der Berücksichtigung der bildungspolitischen Forderung nach Vermittlung von Medienkompetenz soll ebenfalls beleuchtet werden, welch konkreten Nutzen die Schüler erfahren können, wenn das Internet Bestandteil des Unterrichts wird. Hierbei ist darauf zu achten, welchen Einfluss die Nutzung des Internets einerseits auf das Lernverhalten der Schüler und andererseits auf das Lernen an sich nimmt.
4.1 Verändertes Lernverhalten
Schulz-Zander erwähnt in ihrem Aufsatz „Lernen mit neuen Medien“ die positiven Ergebnisse einer im Jahre 2000 abgeschlossenen wissenschaftlichen Evaluation des Projekts „Schulen ans Netz“, bei der die „pädagogische Bedeutung des Computers und Internets und Veränderungen durch ihren Einsatz“18 untersucht wurden. Der Betrachtung der Ergebnisse geht ein kurzer Exkurs zum Projekt „Schulen ans Netz“ voran.
1996 rief das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom AG den Verein „Schulen ans Netz“ ins Leben. Ziel zum damaligen Zeitpunkt war es, Schulen in Deutschland den Zugang zum Internet zu ermöglichen, um in den Folgejahren Lehrende und Lernende über die Risiken und Chancen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien aufzuklären und ihnen Möglichkeiten der zielgerichteten Nutzung neuer Medien im Bildungsprozess aufzuzeigen.19 Heute bietet das Themenportal seinen Nutzern virtuelle Arbeits- und Kommunikationsräume, digitale Lehr- und Lernmaterialien, Fortbildungen, Publikationen und Recherche-Angebote.20
Laut Schulz-Zander ergab die Evaluation, dass sich die Nutzung von Computer und Internet aus Sicht von Schul- und Projektleitung sowie von Lehrkräften und Schülern überwiegend positiv auf das Lernklima auswirkt.21
Eher stillere Schüler profitieren von der Computer- und Internetnutzung, da diese im Vergleich zu traditionellen Lernformen mehr selbstständiges Lernen zulässt und somit zu einer stärkeren Schülerzentrierung und Handlungsorientierung des Unterrichts führt. Auch insgesamt ist eine geringere Passivität des einzelnen Schülers festzustellen.22
Unterschiedliche Vorerfahrungen im Umgang mit dem Internet und in Gruppen zu bearbeitende Aufgaben fördern die Teamfähigkeit der Schüler, welche ebenso wie der sichere Umgang mit den neuen Medien im späteren Berufsleben von ihnen erwartet wird.
4.2 Höhere Lerneffizienz
Nicht nur das Lernverhalten, sondern auch die Art und Effizienz des Lernens kann positiv von der Nutzung des Computers und Internets beeinflusst werden. Die Möglichkeit des entdeckenden und teils spielerischen Lernens wirkt sich motivierend auf die Lernbereitschaft der Schüler aus und führt damit zu einem stärkerem Interesse am Unterrichtsstoff. Zudem ist bekannt, dass die explorative Aneignung von Wissen ein tieferes Verständnis des Sachverhalts und der damit verbundenen Zusammenhänge bewirkt.23 Ein in dieser Beziehung großer Vorteil des Internets im Vergleich zu herkömmlichen Unterrichtsmaterialien wie dem Schulbuch ist die oftmals gebotene Interaktivität. Im Bereich der Multimedia wird Interaktivität verstanden als die Möglichkeit des Nutzers, das vorhandene Material in seiner Art und Darstellung seinen Bedürfnissen entsprechend zu verändern.24 Auf diese Weise erfolgt eine effizientere Aneignung von Lerninhalten, da die Schüler individuell Einfluss auf ihren Lernweg nehmen und sich in der Interaktivität erschlossene Sachverhalte besser einprägen können. Die Medienpsychologin Nicola Döring verweist vor dem Hintergrund des didaktischen Modells des Konstruktivismus´ darauf, dass „es insbesondere dann zu einer Aneignung der Lerninhalte kommt, wenn wir subjektiv bedeutungsvolle Werke erschaffen“25. Im Rahmen des Unterrichts kann dies z.B. durch das Publizieren von Schüleraufsätzen im Internet geschehen.
4.3 Verbesserte Fremdsprachenkompetenzen
Ein bei der Entscheidung für oder gegen die generelle Einbeziehung des Internets in den Schulunterricht vermutlich nicht ausschlaggebender, aber dennoch an dieser Stelle zu erwähnender Aspekt ist die mögliche Verbesserung von Fremdsprachenkompetenzen. Nicht nur bei der Internetnutzung im Fremdsprachenunterricht, sondern beispielsweise auch bei der Recherche nach Internetartikeln zu einem aktuellen Thema kann die Beschäftigung mit fremdsprachlichen Aufsätzen neue Sichtweisen eröffnen und nebenbei vorhandenes Vokabelwissen anreichern.
Resümierend ist festzustellen, dass der einzelne Schüler situativ sowie längerfristig davon profitieren kann, wenn das Internet als Lernmedium in den Unterricht miteinbezogen wird. Gleichzeitig muss bedacht werden, dass mit der Internetnutzung Risiken verbunden sind und ein vorbehaltloser unreflektierter Gebrauch des Mediums Folgen haben kann. Deren Ausprägungen aufzuzeigen, ist Aufgabe des folgenden Kapitels.
5. Risiken und Gefahren der Internetnutzung
Die stetige und rasante Weiterentwicklung des Internets, dessen Datenmenge sich alle vier26 bis sechs Monate verdoppelt27, führt zu einer Fülle an Informationen, die auf Grund ihres Umfangs und ihres kaum kontrollierbaren Inhalts neben den aufgezeigten Nutzen gleichermaßen Risiken in sich birgt. Hildebrand stellt die Gefahren der Internetnutzung in Form einer Tabelle28 dar, welche diesem Kapitel als inhaltliche Basis zu Grunde liegt.
5.1 Inhaltliche Gefahren
5.1.1 Online-Informationen
Hinsichtlich der Rezeption von Online-Informationen sollten folgende Aspekte als Risiken der Internetnutzung wahrgenommen werden:
1.) Unter Punkt 3 wurde positiv dargestellt, dass das Internet von Schülern genutzt werden kann, um eigene (Text-) Produktionen zu veröffentlichen und auf diese Weise weltweit verfügbar zu machen. Die Möglichkeit, dass jeder, der über die notwendigen technischen Mittel verfügt, Informationen im World Wide Web anderen Menschen zugänglich machen kann, führt dazu, dass der genauen und kritischen Auseinandersetzung mit den Inhalten eine große Bedeutung zukommt, um einen tatsächlichen Nutzen aus der Arbeit mit dem zu ziehen.
Eine professionell erscheinende Seite mit aufwendigen Animationen kann allerdings den ungeübten Nutzer zu unkritischer Rezeption der Inhalte verleiten. Das beeindruckende Layout täuscht über eventuelle inhaltliche Defizite hinweg und der Nutzer verzichtet auf die unerlässliche Überprüfung des Informationswertes und der Quelle. Die auf diese Weise gewonnenen Informationen können fehlerhaft oder gar unbrauchbar sein.
2.) Die unbegrenzten, miteinander verlinkten Datenmengen im World Wide Web sind für den Nutzer, der beispielsweise mittels einer Suchmaschine einen Begriff ausfindig machen möchte, nicht überschaubar und er sieht sich, je nach Genauigkeit des eingegebenen Begriffs, mit einer Unmenge an Seiten konfrontiert, die diesen zwar enthalten, ihn aber vermutlich nur zu einem geringen Teil in dem gewünschten Kontext darstellen. Schnell ist er angesichts der Informationsflut überfordert und unfähig, das Angebot effektiv und mit übersichtlichem Zeitaufwand auf (Un-) Brauchbarkeit hin zu prüfen.
3.) Eine weitere, besonders bei der Nutzung des Internets im schulischen Kontext unbedingt zu beachtende Gefahr ist die Möglichkeit der Konfrontation mit pornographischen, links- bzw. rechtsextremen, verfassungsfeindlichen oder auf andere Art ungewollten Inhalten.
Ein unverfänglicher Suchbegriff kann unbeabsichtigt auf jugendgefährdende Seiten führen oder es können auf Grund nicht einheitlicher Gesetze Seiten, die in einem Land verboten sind, legal von anderen Ländern aus abgerufen werden.29 Versuche, entsprechende Seiten zu zensieren, erwiesen sich oftmals als erfolglos und waren von den Nutzern unerwünscht, so dass diese Gefahr auch in Zukunft bestehen bleiben und als eine der Hauptrisiken bei der Internetnutzung an Schulen angesehen werden wird.
5.1.2 Online-Kommunikation
Gefahren bei der Online-Kommunikation können unterteilt werden in das Versenden unangemessener Nachrichten sowie das Empfangen ebensolcher.30 Hildebrand verzichtet auf diese Unterscheidung und befasst sich ausschließlich mit erstgenanntem Aspekt. Da die möglichen Gefährdungen beim Empfangen von Nachrichten in der Kommunikation mit fremden Personen überwiegend mit dem im vorangegangenen Absatz genannten Gesichtspunkt des Jugendschutzes übereinstimmen, wird sich dem Vorgehen Hildebrands angeschlossen.
Bei der Kommunikation zwischen Internetnutzern gilt die sog. Netiquette, welche als überwiegend einheitliche Regeln gewünschte Umgangsformen im Netz benennt. Sie beziehen sich sowohl auf den Umgangston, der von Höflichkeit und Respekt geprägt sein sollte, als auch auf die schriftliche Ausdrucksform, z. B. das Beachten von Grammatik- und Syntaxregeln, Groß- und Kleinschreibung und gute Leserlichkeit.31
Bei der Online-Kommunikation muss trotz des Bestehens der Netiquette mit gelegentlich rücksichtslosem, beleidigendem Verhalten gerechnet werden, die durch die im Internet weitestgehend gegebene Anonymität begünstigt wird. Der Nutzer muss weniger mit Konsequenzen rechnen als in der direkten Kommunikation mit einem Gegenüber. Somit besteht die Gefahr, dass Schüler im Kontakt mit anderen Internetnutzern ein problematisches Verhalten an den Tag legen oder mit diesem konfrontiert werden.
Es sollte ebenfalls bedacht werden, dass die Anonymität unter Umständen zu einer leichtfertigen Kontaktaufnahme mit fremden Personen verleiten kann, deren mögliche Konsequenzen der Nutzer bzw. im schulischen Kontext der Schüler nicht einschätzen lässt.
5.2 Mögliche Auswirkungen auf den Nutzer
5.2.1 Psyche, Sozialisation und Physis
Vielfach werden negative Auswirkungen auf Psyche, Sozialisation und Physis als Grund für die Skepsis gegenüber der Internetnutzung genannt. In der Literatur wird dieses Argument mehrheitlich als Vorurteil bezeichnet und entkräftet, indem betont wird, dass die Beschäftigung mit dem Internet einen Menschen zwar in verschiedener Hinsicht beeinflussen kann, nicht jedoch ursächliches Problem für psychosoziale Veränderungen ist. Diese sind vielmehr als Ausdruck von tiefer liegenden Schwierigkeiten zu begreifen.32
Da, diesem Gedankengang folgend, die negativen Auswirkungen des Internetgebrauchs auf ihnen zu Grunde liegende Probleme verweisen können, sollen sie an dieser Stelle Erwähnung finden, um zum Einen als mögliche Risiken der Internetnutzung wahrgenommen zu werden und zum Anderen als Ausdruck von zu Grunde liegenden Problemen erkannt werden zu können.
Der exzessive Nutzer, dessen Bekanntschaften und interpersonale Beziehungen sich überwiegend auf virtuelle Kontakte beschränken, kann zu einem Außenseiter werden, der immer mehr in einer nicht real existierenden, sondern in einer Scheinwelt lebt. Gesprächspartner aus Chats, Emails und Foren können zu Freunden werden, denen er in den meisten Fällen niemals gegenüber stehen wird; seine Fähigkeit zu einer zwischenmenschlichen Kommunikation, wie sie bei Gesprächen von Angesicht zu Angesicht stattfindet, kann abnehmen.
In diesem Fall ist anzunehmen, dass das Internet eine schon vorhandene Tendenz zur Isolation auf Seiten des Nutzers verstärkt.33
Die Möglichkeit sich via Internet mit Menschen auszutauschen, zur Weiterbildung Online-Kurse zu belegen und Museen und Städte virtuell zu besuchen, erfordert in vielen Fällen nicht mehr notwendigerweise die Präsenz des Individuums vor Ort. Medial vermittelte Erfahrung kann in vielen Lebensbereichen an die Stelle von Primärerfahrung treten und den Menschen um wichtige Eindrücke und sinnliche Erlebnisse bringen, die durch das Medium Internet nicht vermittelt werden können.34
Hildebrand weist darauf hin, dass die maßlose Nutzung des Internets bzw. des Computers im Allgemeinen auf längere Sicht körperliche Auswirkungen haben kann. Rückenprobleme durch eine schlechte Körperhaltung am PC sowie brennende Augen, verursacht durch einen flimmernden Bildschirm und eine geringere Aktivität des Augenlids, sind als häufigste Beschwerden anzuführen.
5.3 Externe Risiken
5.3.1 Datenschutz und Kosten
Die letzten beiden von Hildebrand genannten Punkte „Datenschutz“ und „Kosten“ werden vermutlich keine ausschlaggebenden Argumente darstellen, wenn Lehrer vor der Entscheidung stehen, ob sie das Internet zur qualitativen Bereicherung in ihren Unterricht integriert sollen oder ob sie die damit verbundenen Risiken als zu hoch einschätzen.
Der Vollständigkeit halber soll dennoch angemerkt werden, dass ein mit dem Internet verbundener Computer von externen Angriffen in Form von Viren, Trojanern u.ä. sowie von unerlaubten Zugriffen von sog. „Hackern“ betroffen sein kann. Während die Schulcomputer durch entsprechende Software so gut wie möglich gesichert sein sollten, sind die Schüler über diesen Gefahrenpunkt aufzuklären, da sie aller Wahrscheinlichkeit nach zu Hause das Internet in ihrer Freizeit oder für die Schule nutzen.
Ähnlich verhält es sich mit den entstehenden Internetkosten. Schulen verfügen im Allgemeinen über eine Internetflatrate, mit der die monatlichen Kosten durch eine Pauschale abgedeckt sind und auch viele Privathaushalte haben sich bereits eine solche Flatrate zugelegt. Da hiervon jedoch nicht ausgegangen werden kann, sollten die Schüler auf die anfallenden Gebühren bei der Internetnutzung hingewiesen werden.
Es wird deutlich, dass der Gebrauch der Internets diverse und unterschiedlich stark zu gewichtende Risiken in sich birgt, mit denen der Nutzer konfrontiert werden kann. Vor allem die Gefahren des Missbrauchs im Zusammenhang mit dem Jugendschutz werden derzeit in der Öffentlichkeit thematisiert. So befasste sich z.B. der „Schulspiegel“ im Mai 2007 mit einer neuen Entwicklung an einigen amerikanischen Schulen, in Folge derer die Computer- und Internetnutzung im Rahmen des Unterrichts nach mehreren Jahren nun wieder stark reduziert oder ganz abgeschafft wird. Umfragen nach nutzten nur wenige Schüler den Computer bzw. das Internet für den Unterricht, sondern griffen illegal auf Firmenseiten zu und luden pornographisches Material herunter. Die Lehrer und Verantwortlichen der jeweiligen Schulen kamen zu der Ansicht, dass die Nachteile der Internetnutzung im schulischen Kontext gravierender sind als die Vorteile und der Verzicht auf das Internet letztlich einen effektiveren Unterricht zulasse.35
Dass es durchaus Möglichkeiten gibt, die Risiken auf ein geringes Maß zu beschränken und die Internetnutzung im Unterricht daher keine grundsätzliche Ablehnung erfahren muss, wird im folgenden Kapitel erarbeitet.
6. Möglichkeiten der Eindämmung der Gefahren
Es liegt in der Verantwortung der jeweiligen Lehrkraft, die oben angeführten Risiken der Internetnutzung ernst zu nehmen. Ihre Diversität sollte jedoch keine generellen Ablehnung des Internetgebrauchs im oder für den Unterricht zur Konsequenz haben, da Lehrer den Gefahren nicht hilflos gegenüberstehen. Eine Reihe von Maßnahmen kann ergriffen werden, die bei reflektierter und nicht nur partieller, sondern miteinander kombinierter Anwendung die negativen Aspekte bestmöglich beschränken können.
Die zu ergreifenden Maßnahmen lassen sich in drei Gesichtspunkte aufgliedern und beziehen sich auf technische Möglichkeiten zur Wahrung des Jugendschutzes und zur Vorbeugung von Missbrauch, auf die Einbeziehung der Schüler, bei der sie selbst in die Verantwortung genommen werden, und auf das didaktische Vorgehen der Lehrkraft.
6.1 Technische Kontrollmöglichkeiten
Wird davon ausgegangen, dass den Schülern zur Nutzung des Internets im Rahmen des Unterrichts ein Computerraum zur Verfügung steht, in dem sie je nach Ausstattung alleine oder in Kleingruppen an einem PC arbeiten können, so kann zunächst eine bestimmte, z.B. hufeisenförmige Anordnung der Computer im Raum einer konsequenten Bearbeitung der Aufgabenstellung zuträglich sein und der Gefahr entgegenwirken, dass Schüler ziellos bzw. mit unterrichtsfremden Zielen im Internet surfen. Von der Lehrkraft gut einsehbare Computer erhöhen die Arbeitseffektivität und erleichtern die Aufsicht.36
Um im Nachhinein zu prüfen, ob Schüler bei der Arbeit im Computerraum unerlaubte Internetseiten aufgerufen haben, können sog. Log-in-System für den Internetzugang eingerichtet werden. Für die Herstellung einer Verbindung mit dem Internet meldet sich der Schüler mit seinem Benutzernamen und einem Kennwort an. Alle von ihm besuchten Seiten werden gespeichert und können ihm nachher zweifelsfrei zugeordnet werden.
Filtersysteme machen es möglich, dass der Zugriff auf unerwünschte Seiten schon im Voraus verhindert werden kann. Die Verantwortlichen, im Bereich der Schule also die Lehrer bzw. die Schule selbst, können bestimmte Internetadressen auf die „schwarze Liste“ setzen; die Anwahl dieser Seiten wird automatisch abgebrochen. Auch einzelne Begriffe können gesperrt werden. Hildebrand weist an diesem Punkt allerdings darauf hin, dass manche Filterprogramme automatisch auch ähnliche Begriffe nicht mehr zulassen: Ist das Wort „nude“ gesperrt, verläuft unter Umständen ebenfalls die Suche nach dem Begriff „Nudel“ erfolglos.37
Als effizient sieht der Autor die Filterprogramme „Cyberpatrol“38, „Net Nanny“39 und „CyberSitter“40 an, die als kostenlose Testversionen für eine Dauer von maximal 15 Tagen heruntergeladen werden können. Sie speichern die aufgerufenen Internetseiten, verfügen über eine „schwarze Liste“, die vom Benutzer erweitert werden kann, und ermöglichen eine zeitliche Zugangsbegrenzung.
Hildebrand warnt jedoch gleichzeitig vor zu starker und einseitiger Kontrolle, die sich im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv auswirken und die technisch oftmals versierten Schüler dazu animieren kann, die Sicherheitsprogramme zu „knacken“.
Auch in den Medien sind Bemühungen festzustellen, von übertriebenen Kontrollen abzuraten. So befasste sich beispielsweise der Kinder- und Familienpsychologe Wolfgang Bergmann im Juni dieses Jahres mit diesem Thema in einem Artikel in der Tageszeitung „Frankfurter Rundschau“. In seinem Aufsatz mit dem Titel „Das kontrollierte Kind“41 kritisierte er scharf die in seinen Augen überzogenen Kontrollen seitens Eltern und Pädagogen, die nicht nur uneffektiv seien, sondern dem Kind auch sein im Laufe der vergangenen 30 Jahre erstrittenes Recht auf Geheimnisse nehme. Es ist jedoch sehr fragwürdig, ob eine „überängstliche[...] Pädagogik ... nur Risiken sieht, wo ein kleines, nicht ganz normgerechtes Abenteuer lauert“42, wie Bergmann es formuliert. Zuzustimmen ist ihm in dem Punkt, dass Verbote und Sicherheitsmaßnahmen einen erhöhten Reiz auf Kinder ausüben und nicht selten das Ziel verfehlen.
Bei der Nutzung der aufgeführten technischen Möglichkeiten zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sollte also ein sinnvolles Maß gefunden werden, um einerseits zu gewährleisten, dass die Schüler vor jugendgefährdenden Inhalten geschützt werden, sie aber andererseits nicht dem Gefühl einer permanenten Kontrolle und Zensur unterliegen.
6.2 Einbeziehung der Schüler
Den Schülern sollten in einer allgemeinen Einführung die potenziellen Gefahren bei der Arbeit mit dem Medium Internet sachgerecht transparent gemacht werden, ohne die Risiken zu verharmlosen oder zu dramatisieren.
Gemeinsam sollte die im Internet als Verhaltenskodex geltenden Netiquette43 besprochen und eine darüber hinausgehende verbindliche Benutzerordnung erstellt werden. Auch die Konsequenzen bei Verstößen gegen selbige können mit den Schülern zusammen festgelegt werden.
Machill und Camier heben hierbei die bedeutsame Funktion eines „dialogorientierten“ Handelns hervor. Werden die Schüler in die Überlegungen zur Erstellung einer Zugangsregelung mit einbezogen und können aktiv an ihrer Gestaltung mitarbeiten, anstatt „Objekt derselben“ zu sein, so entsteht für sie eine sehr viel größere Verbindlichkeit und sie empfinden die Regeln nicht lediglich als oktroyierte Einschränkung.44
6.3 Sicherheit durch didaktisches Handeln der Lehrkraft
Während Filterprogramme und andere Technologien für die Wahrung des Jugendschutzes geeignet sind, kann die verantwortliche Lehrkraft vor allem dafür Sorge tragen, dass die Schüler zu einem effektivem Umgang mit dem Internet befähigt werden und sich nicht mit einer Unmenge an Daten konfrontiert sehen, durch die sie handlungsunfähig gemacht werden. Auch der Gefahr einer sozialen Vereinsamung kann durch entsprechende Maßnahmen entgegengesteuert werden. Zunächst sollte die Nutzung des Internets stets als Ergänzung des üblichen Präsenzunterrichts verstanden und gehandhabt werden. Das Internet ist ein Medium neben anderen, um Lerninhalte vermitteln und erfahrbar machen zu können und sollte auf eine Weise eingesetzt werden, die die Kommunikation und Kooperation der Schüler untereinander fördert. Ebenso kann und darf es keinen Ersatz von Primärerfahrungen darstellen.45
Hinsichtlich der drohenden Informationsflut gilt es, die Schüler dazu zu befähigen, aus dem Internet gewonnene Informationen kritisch selektieren, auf ihre Brauchbarkeit und Solidität hin prüfen und mit anderen Quellen vergleichen zu können46 sowie sie zu einem verantwortungsbewusstem Umgang mit dem Internet anzuleiten. Mertin spricht bei diesem für die schulische Internetnutzung essenziellen Lernziel von der Vermittlung „kulturhermeneutischen Grundwissens“47 ; gebräuchlicher ist der Begriff „Medienkompetenz“, welcher verschiedene Fertigkeiten im Umgang mit Medien beschreibt.
Drei Dimensionen umfasst das Bildungsziel Medienkompetenz nach Garbe48: Die Schüler sollen in der Lage sein,
- mit neuen Medien zu kommunizieren, Informationen zu recherchieren und auszuwerten sowie mit Hilfe der neuen Medien zu arbeiten und Arbeitsergebnisse zu präsentieren (Handlungsdimension),
- Informationen und ihre Quelle hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu bewerten und Informationen für den eigenen Lernprozess auszuwählen und zu nutzen (kritisch-konstruktive Dimension),
- die Rolle von Medien in der Informationsgesellschaft zu analysieren und zu bewerten sowie als Teil dieser Gesellschaft Medien in Kommunikationsprozessen zu nutzen (partizipativ-demokratische Dimension).
[...]
1 Vgl. Failing: Medien in Lernprozessen, S. 227f.
2 Für eine Begriffserklärung siehe Glossar S. 87.
3 Vgl. Machill / Camier: Internet-Verantwortung, S. 29. 6
4 Vgl. Stangl: Die Informationsgesellschaft, S. 132.
5 Vgl. www.ehapamedia.de/pdf_download/KVA06_Praesentation.pdf, S. 30 [Stand 13.10.2007]. 7
6 Vgl. Schulz-Zander: Lernen mit neuen Medien, S. 108ff.; siehe auch Dörr /Strittmatter: Multimedia aus pädagogischer Sicht, S. 37.
7 Schulz-Zander: Lernen mit neuen Medien, S. 108.
8 Vgl. Döring: Computergestützter Unterricht, S. 125. 8
9 Vgl. Dörr / Strittmatter: Multimedia aus pädagogischer Sicht, S. 34.
10 Vgl. Mertin: Internet im Religionsunterricht, S. 15.
11 Für eine Begriffserklärung siehe Glossar S. 87.
12 Vgl. www.searchenginewatch.com/showPage.html?page=2156451 [Stand 13.10..2007]. 10
13 Für eine Begriffserklärung siehe Glossar S. 87.
14 Deshalb wird das Internet auch als Informations- und Kommunikationstechnologie bezeichnet.
15 Für eine genauere Begriffserklärung siehe Glossar S. 86.
16 Beispiele für animierte Lehrbildreihen zu verschiedenen Sportarten finden sich unter www.sportpaedagogik-online.de/animation.html [Stand 13.10.2007].
17 Siehe www.louvre.fr/llv/musee/visite_virtuelle.jsp?bmLocale=fr_FR [Stand 13.10.2007].
18 Schulz-Zander: Lernen mit neuen Medien, S. 114.
19 Vgl. www.schulen-ans-netz.de/ueberuns/derverein/geschichtedesvereins/entwicklung.php [Stand 13.10.2007].
20 Vgl. www.schulen-ans-netz.de/ueberuns/ziele/zielgruppen.php [Stand 13.10.2007].
21 Vgl. Schulz-Zander: Lernen mit neuen Medien, S. 114.
22 Vgl. Hildebrand: Internet in der Schule, S. 165.
23 Vgl. Schubert: Entwicklung von Medienkompetenzen, S. 94.
24 Vgl. ebd., S. 94.
25 Döring: Computergestützter Unterricht, S. 126.
26 Zahlen bis einschließlich zwölf werden im Folgenden ausgeschrieben.
27 Vgl. Grigoleit: Internet und Schule, S. 150.
28 Vgl. Hildebrand: Internet-Ratgeber Teil 1, S. 96.
29 Vgl. Stangl: Die Informationsgesellschaft, S. 135.
30 Vgl. Machill / Springford: Länderbericht Großbritannien, S. 178f.
31 Für weitere Informationen siehe www.rechtspraxis.de/netiquette.htm [Stand 13.10.2007].
32 Vgl. Hildebrand: Internet in der Schule, S. 160.
33 Vgl. Hildebrand: Internet in der Schule, S. 160.
34 Vgl. Mertin: Internet im Religionsunterricht, S. 137.
35 Vgl. www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,481086,00.html [Stand 13.10.2007].
36 Vgl.: Machill / Camier: Empfehlungen, S. 22.
37 Vgl.: Hildebrand: Internet-Ratgeber Teil 1, S. 18.
38 www.cyberpatrol.com/ [Stand 13.10.2007].
39 www.netnanny.com/ [Stand 13.10.2007].
40 www.cybersitter.com/ [Stand 13.10.2007].
41 Vgl: Bergmann: Das kontrollierte Kind, S. 12.
42 Bergmann: Das kontrollierte Kind, S. 12.
43 Für nähere Informationen siehe www.rechtspraxis.de/netiquette.htm [Stand 13.10.2007].
44 Vgl. Machill / Camier: Internet-Verantwortung an Schulen, S. 44f. 24
45 Vgl. Döring: Computergestützter Unterricht, S. 124ff.; siehe auch Theissmann: Schulaufsicht, S.36.
46 Diese anzustrebenden Kompetenzen werden unter dem Begriff Informationsmanagement zusammengefasst.
47 Vgl. Mertin: Internet im Religionsunterricht, S. 16.
48 Vgl. Garbe: Medienentwicklungsplanung, S. 239. 25
- Quote paper
- Birte Hundhammer (Author), 2007, Internet im Religionsunterricht , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86989
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