Einleitung
Die einhundert Jahre von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis weit ins 13. Jahrhundert, die durch die Regierungszeit der staufischen Kaiser charakterisiert werden, sind zum Inbegriff des deutschen Hochmittelalters geworden. Besondere Prägung durch das Geschlecht der Staufer erfuhr das Reich in der Zeit Friedrich I. Barbarossas, Heinrich VI. und Friedrich II.. Diese drei staufischen Kaiser standen für den Willen, die Idee des Kaisertums in die Wirklichkeit umzusetzen und den entgegenwirkenden Kräften der römischen Kurie und der italischen Kommunen den Boden zu entziehen. So ist der Kampf zwischen der Kirche und den Staufern bei einer Beschäftigung mit dem Thema ständig präsent. So auch in dieser Arbeit, denn die Authentica „Habita“ taucht, soweit heute bekannt, auf Barbarossas erstem Romzug in der Geschichte auf.
Friedrich Barbarossa, der zur Symbolfigur abendländischen Rittertums wurde, reihte sich im Jahre 1155 selbst in die Linie der weströmischen Kaiser seit Augustus ein und versuchte diesen Anspruch auf verschiedene Weise zu dokumentieren und legalisieren. Eines der dafür genutzten Mittel ist die demonstrative Herstellung einer Kontinuität zwischen der Gesetzgebung Friedrichs und dem Codex Justinianus. Die 1155 entstandene Authentica „Habita“, ein Schutzbrief für alle (reisenden) Studierenden, ist hierfür ein gutes Beispiel. Während ihre inhaltliche Hauptaufgabe darin bestand, den Scholaren des Reiches gewisse Privilegien einzuräumen, erfüllte sie auch die Funktion der Verknüpfung zwischen fridericianischem und römischem Recht. Wie in der „Habita“ diese beiden Aufgaben gelöst wurden, soll Thema dieser Arbeit sein. Den Umständen der Entstehung der Urkunde wird zunächst eine Einführung in die Geschichte der Rechtsschulen Bolognas und damit der Universität bis zum Zusammentreffen der Gelehrten mit Friedrich Barbarossa vorangestellt, um die Notwendigkeit der Schaffung eines solchen Dokumentes aufzuzeigen. Darauf folgt eine Darstellung des Weges Friedrichs bis etwa zu demselben Zeitpunkt, um die Situation einzuschätzen, in welcher er sich um 1155 befand. In der anschließenden Analyse der „Habita“ sollen Aufbau und Inhalt thematisiert und die Frage beantwortet werden, inwiefern sowohl der Ruf der Scholaren nach Schutz beantwortet werden konnte, als auch die Eingliederung in Römisches Recht bewerkstelligt wurde, um Friedrichs Kaiseridee zu unterstützen.[...]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Ein kurze Geschichte der Universität Bologna
2. Die Situation Barbarossas um 1155
3. Das Treffen mit den Gelehrten Bolognas – Die Entstehung der Authentica „Habita“
4. Die Authentica „Habita“ – Anmerkungen zu Aufbau und Inhalt
Fazit
Bibliographie
Anhang
Einleitung
Die einhundert Jahre von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis weit ins 13. Jahrhundert, die durch die Regierungszeit der staufischen Kaiser charakterisiert werden, sind zum Inbegriff des deutschen Hochmittelalters geworden.[1] Besondere Prägung durch das Geschlecht der Staufer erfuhr das Reich in der Zeit Friedrich I. Barbarossas, Heinrich VI. und Friedrich II.. Diese drei staufischen Kaiser standen für den Willen, die Idee des Kaisertums in die Wirklichkeit umzusetzen und den entgegenwirkenden Kräften der römischen Kurie und der italischen Kommunen den Boden zu entziehen. So ist der Kampf zwischen der Kirche und den Staufern bei einer Beschäftigung mit dem Thema ständig präsent. So auch in dieser Arbeit, denn die Authentica „Habita“ taucht, soweit heute bekannt, auf Barbarossas erstem Romzug in der Geschichte auf.
Friedrich Barbarossa, der zur Symbolfigur abendländischen Rittertums wurde,[2] reihte sich im Jahre 1155 selbst in die Linie der weströmischen Kaiser seit Augustus ein und versuchte diesen Anspruch auf verschiedene Weise zu dokumentieren und legalisieren. Eines der dafür genutzten Mittel ist die demonstrative Herstellung einer Kontinuität zwischen der Gesetzgebung Friedrichs und dem Codex Justinianus. Die 1155 entstandene[3] Authentica „Habita“, ein Schutzbrief für alle (reisenden) Studierenden, ist hierfür ein gutes Beispiel. Während ihre inhaltliche Hauptaufgabe darin bestand, den Scholaren des Reiches gewisse Privilegien einzuräumen, erfüllte sie auch die Funktion der Verknüpfung zwischen fridericianischem und römischem Recht.[4] Wie in der „ Habita “ diese beiden Aufgaben gelöst wurden, soll Thema dieser Arbeit sein. Den Umständen der Entstehung der Urkunde wird zunächst eine Einführung in die Geschichte der Rechtsschulen Bolognas und damit der Universität bis zum Zusammentreffen der Gelehrten mit Friedrich Barbarossa vorangestellt, um die Notwendigkeit der Schaffung eines solchen Dokumentes aufzuzeigen. Darauf folgt eine Darstellung des Weges Friedrichs bis etwa zu demselben Zeitpunkt, um die Situation einzuschätzen, in welcher er sich um 1155 befand. In der anschließenden Analyse der „ Habita “ sollen Aufbau und Inhalt thematisiert und die Frage beantwortet werden, inwiefern sowohl der Ruf der Scholaren nach Schutz beantwortet werden konnte, als auch die Eingliederung in Römisches Recht bewerkstelligt wurde, um Friedrichs Kaiseridee zu unterstützen.
1. Ein kurze Geschichte der Universität Bologna
Die Universität Bologna behauptet von sich, die älteste Europas zu sein, jedoch ist eine genaue Datierung der Gründung nicht möglich. Als offizielles Gründungsjahr wird 1088 angegeben. Auch wenn aber die Universität Bologna als Universität noch nicht diese postulierten 900 Jahre alt ist, so zählt sie doch zu den ältesten in Europa und war lange Zeit die wichtigste Juristenuniversität des Abendlandes.[5] Nachweislich gab es seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts in Bologna private Rechtsschulen, die noch ohne festen Ort funktionierten und aus Abmachungen zwischen einem Magister und seinen Schülern bestanden, mit denen jener sich traf und der für sein vermitteltes Wissen eine Bezahlung erhielt. Die Beziehung zwischen den Lehrenden (Doktoren/Magister = dominus) zu ihren Schülern (= socii) war eng.
Diesem Verhältnis von dominus zu socii suchte Kaiser Friedrich Barbarossa in der Authentica „Habita“ von 1158 auf Bitten der Bologneser Doktoren[6] durch das Scholarenprivileg eine solide Basis zu geben. Die Scholaren wurden damit vor den Übergriffen der Stadtbewohner in Schutz genommen und der Jurisdiktion ihres Dominus bzw. des Bischofs von Bolognas unterstellt.
Dennoch hatten sie viele Konflikte mit den Bewohnern Bolognas auszustehen. Um die Lehrer dennoch zu halten und zu verhindern, dass sie aufgrund der Streitigkeiten Bologna verließen, verlangte die Stadt einen Eid von den Lehrenden: Sie mussten versichern, an keiner anderen Stadt zu unterrichten. Zur Wahrung der eigenen Interessen entstanden mit der Zeit Zusammenschlüsse – sowohl die Lehrer, als auch die Studenten taten sich zusammen, um ihre Meinungen und Interessen vertreten und letztendlich auch durchsetzen zu können. Die Rechtslehrer bildeten das collegium doctorum legum sowie das collegium doctorum decretorum und die Studenten schlossen sich anfangs zu nationes zusammen, aus denen sich dann zwei unterschiedliche universitates bildeten: Einmal für die Italiener (universitas citramontanorum) und einmal für die Ausländer (universitas ultramontanorum).[7] Deshalb ist für die Anfangszeiten der Begriff „Universität“ im Singular nicht ganz korrekt, da diese zwei universitates bestanden, mit jeweils einem eigenen Rektor. Nach außen hin allerdings trat die Universität in der Regel, repräsentiert von der doppelten Rektoren-Spitze, als Einheit auf.[8]
Gegen Ende des 13., Anfang des 14. Jahrhunderts kam die dritte universitas dazu, die universitas artistarum – dort kamen die Artes- und Medizin-Studenten zusammen, eine Untergliederung in nationes fehlte hier jedoch. Theologie und Philosophie fanden nur am Rande Platz, in Bologna widmete man sich hauptsächlich der „vornehmsten und im Spätmittelalter wichtigsten Wissenschaft, der Jurisprudenz.“[9] Römisches Zivilrecht wurde (neben dem kanonischen Kirchenrecht) anhand des justinianischen Corpus iuris civilis erforscht und gelehrt.[10] Bologna wurde zum Zentrum dieser Studien.[11]
Der Ausspruch Bologna docet – Bologna lehrt – wurde im Hoch- und Spätmittelalter zum geflügelten Wort. Das Ansehen der Rechtsuniversität war europaweit unbestritten und auch viele deutsche Studenten genossen die anerkannte Ausbildung Bolognas.
2. Die Situation Barbarossas um 1155
Friedrich wurde um 1125 in Waiblingen geboren. Den Namen Barbarossa erhielt er von den Italienern wegen seines rotblonden Bart- und Haupthaares.
Nach dem Tode seines Vaters wurde er der dritte Herzog von Schwaben und im Jahre 1152 wählten die Fürsten ihn, mit dem Einverständnis der Welfen, einstimmig zum König.[12]
Friedrich versuchte, sowohl als König und als Herzog, Schwaben ein höheres Maß an politischer Eigenständigkeit zu verleihen. Unter Barbarossa waren das Elsass und die spätere Rheinpfalz das „Herz des Reiches“.[13]
Friedrich war in der Erwartung gewählt worden, dass damit die Kämpfe der Hohenstaufen mit den Welfen, die bürgerkriegsähnliche Ausmaße angenommen hatten, beseitigt würden[14] - denn Friedrichs Mutter Judith war eine Welfin. Dieser Ausgleich gelang Friedrich bald, besonders dadurch, dass er das Herzogtum Bayern dem Welfen Heinrich dem Löwen zuerkannte und auch mit weiteren Maßnahmen dessen Einfluss stärkte (hauptsächlich in Norddeutschland)[15].
Die daraus entstandene welfisch-babenbergischen Auseinandersetzung um Bayern löste er 1156 durch das Privilegium minus, in dem die Babenberger auf ihre Ansprüche auf Bayern verzichteten. Im Gegenzug wurde die Markgrafschaft Österreich des Babenbergers Heinrich Jasomirgott zum Herzogtum erhoben. Es dauerte annähernd vier Jahre bis es Barbarossa gelang, dieses Ziel auf diplomatischem Wege zu erreichen[16].
Heinrich der Löwe schuf sich aber durch eine expansive Auslegung seiner Rechte und durch seine schroffe Art viele Feinde unter den deutschen Fürsten. Friedrich nahm es hin, dass Heinrich im Norden praktisch wie ein zweiter König regierte, da er dessen Unterstützung für seine Italienpolitik benötigte[17].
Die oberitalienischen Städte waren durch rege Handelstätigkeit reich und selbstbewusst geworden; sie wählten eigene Oberhäupter (consules) an Stelle der geistlichen Stadtherren und eigneten sich Reichsrechte und Reichsgüter (die Regalien) einfach an. Die meisten Städte der Lombardei, der Emilia und auch der Toskana verwalteten sich zu Anfang des 12. Jahrhunderts mehr oder weniger selbst.[18]
Der Ausbau der weltlichen Herrschaft der Päpste Anastasius III. und Hadrian IV. führte zu Gegenbewegungen in der römischen Bevölkerung, die unter der Führung Arnold von Brescias die Unabhängigkeit vom Papst forderten[19]. Im Jahre 1143 hatte sich Rom zu einem unabhängigen, von einem Senat regierten Gemeinwesen konstituiert. Arnold von Brescia, als entschiedener Gegner der weltlichen Macht des Papsttums, sorgte mehrfach dafür, dass Eugene III. und Hadrian IV. die Stadt verlassen mussten.[20]
[...]
[1] Gloger, Bruno: Kaiser, Gott und Teufel. Friedrich II. von Hohenstaufen in Geschichte und Sage, Berlin 1982, S. 7
[2] Pleticha, Heinrich im Vorwort von: Pleticha, Heinrich (Hrsg.): Deutsche Geschichte, Bd. 3: Die staufische Zeit 1152 – 1254. Gütersloh 1993, S. 11
[3] Zur Datierungsproblematik siehe Stelzer, Winfried: Zum Scholarenprivileg Friedrich Barbarossas (Authentica „Habita“). In: Deutsches Archiv zur Erforschung des Mittelalters 34 (1978), S. 146ff.
[4] Stelzer, S. 154
[5] Schmutz, Jürg: Juristen für das Reich. Die deutschen Rechtsstudenten an der Universität Bologna 1265-1425, Bd. 1. Basel 2000, S. 40
[6] Stelzer, S. 123
[7] Schmutz, S. 41
[8] Schmutz, S. 41
[9] Borst, Arno: Lebensformen im Mittelalter. Frankfurt/Main; Berlin 1995, S. 557
[10] Borst, S. 557
[11] Stelzer, S. 132
[12] Uehli, Ernst: Die drei großen Staufer. Friedrich I. - Heinrich VI. - Friedrich II. Wiesbaden 1997, S. 102
[13] Gloger, S. 23
[14] Wies, Ernst: Kaiser Friedrich Barbarossa. Mythos und Wirklichkeit. München 1999, S. 41
[15] Löwe, S. 23
[16] Appelt, Heinrich: Privilegium minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich. Graz 1976, S. 35
[17] Löwe, S. 23
[18] Ganshof, François Louis: Das Hochmittelalter. In: Propyläen Weltgeschichte. Frankfurt/Main; Berlin 1963, S. 432
[19] Glanz, Johannes: Friedrich Barbarossa – Staufische Politik in Deutschland und Italien. In: Pleticha, Heinrich (Hrsg.): Deutsche Geschichte, Bd. 3: Die staufische Zeit 1152 – 1254. Gütersloh 1993, S. 24
[20] Ganshof, S. 433
- Citation du texte
- Andy Schalm (Auteur), 2008, Die Authentica „Habita“ Friedrich Barbarossas von 1155/58 – Ihre Entstehung und die Folgen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86848
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