Bei den Untersuchungen zu Kalanchoe pinnata in dieser Diplomarbeit kamen viele interessante Sachverhalte zum Vorschein:
War es doch Johann Wolfgang von Goethe, der eine der ersten botanisch-pflanzenmorphologischen Studien an dieser Pflanze durchführte. Außerdem sind unzählige Synonyme in der Literatur gefunden worden und auch eine lange Liste volkstümlicher Namen dieser Pflanze wurden hier aufgezeichnet. Zum Anbau wurden in dieser Arbeit einige Eigenschaften und Ansprüche aufgeführt und auch auf die Vermehrung wird eingegangen. Zur Medizin sind hier unzählige Einsatzgebiete im Volk dokumentiert und viele Studien zur medizinischen Wirkung bei dieser Pflanze angeführt worden. Selbst bei schweren Krankheiten wie Krebs, Leishmaniose und Malaria konnte eine Wirkung festgestellt werden. Es ist zu hoffen, dass Kalanchoe pinnata bei der Bekämpfung dieser und anderer schwerer Krankheiten in Zukunft ein Stück mit beitragen kann.
Im praktischen Teil dieser Diplomarbeit (dem Versuch) kam heraus, dass Gibberellinsäure (GA3) die Jugendphase bei Kalanchoe pinnata aufheben kann. Bei den sechs Monate alten Pflanzen...
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Teil
2.1 Geschichte
2.2 Botanik
2.2.1 Aussehen
2.2.2 Verbreitung
2.2.3 Systematik
2.2.4 Formen, Unterarten und Synonyme
2.2.5 Namen
2.2.6 Besonderheit CAM
2.3 Anbau
2.3.1 Vermehrung
2.3.2 Boden und Substrate
2.3.3 Klimatische Bedingungen
2.3.4 Krankheiten und Schädlinge
2.4 Medizinische Verwendung
2.4.1 Ethnomedizin – volksmedizinischer Einsatz
2.4.2 Schulmedizin – belegte medizinische Wirkungen
2.5 Sonstige Verwendung und Forschung
2.6 Fazit
3 Praktischer Teil
3.1 Versuchsfrage
3.2 Material und Methoden
3.2.1 Anzucht und Kultur
3.2.2 Versuchsaufbau
3.2.3 Zubereitung und Applikation der Lösungen
3.2.3.1 Zubereitung der Gibberellinsäurelösungen
3.2.3.2 Zubereitung der Kokosmilchlösungen
3.2.3.3 Applikation der Lösungen
3.2.4 Kulturmaßnahmen
3.2.5 Festlegung der Boniturkriterien und Messung
3.3 Ergebnisse
3.3.1 Kurztagversuch
3.3.1.1 Boniturkriterium Blüte
3.3.1.2 Boniturkriterium Höhe
3.3.2 Langtagversuch
3.3.2.1 Boniturkriterium Blüte
3.3.2.2 Boniturkriterium Höhe
3.3.3 Sonstige Bemerkungen
3.4 Diskussion
3.4.1 Boniturkriterium Blüte
3.4.2 Boniturkriterium Höhe
3.4.3 Sonstige Bemerkungen
3.5 Fazit
4 Zusammenfassung
5 Anhang
5.1 Tabellen
5.2 Text
5.3 Abbildungsverzeichnis
5.4 Tabellenverzeichnis
5.5 Textverzeichnis
5.6 Abkürzungsverzeichnis
5.7 Literaturverzeichnis.
1 Einleitung
Kalanchoe pinnata ist ein tropischer Vertreter der Crassullaceae. Im Amazonastiefland Ecuadors im Jahr 2005 kam der Autor dieser Arbeit das erste Mal in Kontakt mit ihr. Ein Heiler verabreichte sie ihm als Heilmittel bei einer schlecht heilenden Wunde. Seit diesem Zeitpunkt ist der Autor von dieser Pflanze beeindruckt und neben dem Bekanntwerden weiterer medizinischer Eigenschaften durch die einheimische Bevölkerung, fiel ihm die faszinierende, botanische Eigenart dieser Pflanze auf, sich in erheblichem Maße vegetativ zu reproduzieren.
In Deutschland zurück machte der Verfasser dieser Arbeit alsbald die ersten Pflanzen dieser Art (Kalanchoe pinnata) in den botanischen Gärten aus und begann sich mit der Kultur zu beschäftigen. Durch die Fähigkeit dieser Pflanze sich selbst in großem Maße zu vermehren, stand schon innerhalb weniger Monate genug Pflanzenmaterial zur Verfügung, um einen gartenbaulichen Versuch auszustatten. In einer Studentenübung (WS 06/07), in welcher der Verfasser mitwirkte, wurde versucht, die Pflanze Kalanchoe pinnata zusammen mit der Pflanze Kalanchoe blossfeldiana zur Blüte zu bringen. Bei Kalanchoe blossfeldiana funktionierte dies im Kurztag wie erwartet problemlos, aber bei Kalanchoe pinnata konnten keine Effekte erreicht werden. Nun galt es herauszufinden, wie eine Blüte bei Kalanchoe pinnata erreicht werden kann und eine umfassende Recherche begann.
Neben Veröffentlichungen unter dem Synonym Bryophyllum calycinum mit geschichtlichem Hintergrund sind auch viele Studien zur medizinischen Wirksamkeit dieser Pflanze ans Licht gekommen. Außerdem tauchte ein botanischer Versuch aus Indien auf, welcher 1967 in der Zeitschrift „Planta“ veröffentlicht wurde (WADHI & MOHAN RAM 1967). Dieser beschäftigt sich mit der Blütenbildung an Kalanchoe pinnata. Beim Erfassen dieses Artikels wurde dem Autor dieser Diplomarbeit deutlich, dass eine Jugendphase die Pflanze bislang am Blühen gehindert hatte. Diese Jugendphase wird erst mit einem Alter von zwei Jahren und einer Anzahl von 37 Blattpaaren überwunden (WADHI & MOHAN RAM 1967). Des Weiteren wurde auch von einem Brechen der Jugendphase mittels Gibberellinsäure (GA3) berichtet.
Nun war der Grundstein für diese Diplomarbeit gelegt. Sie beschäftigt sich daher unter anderem mit der Problematik Blütenbildung bei der Pflanze Kalanchoe pinnata. Hier soll nun der Zusammenhang zwischen der Jugendphase, der fotoperiodischen Einwirkung und der Applikation von Phytohormonen herausgefunden werden. Unter Kurztag- und Langtagbedingungen werden verschiedene Konzentrationen Gibberellinsäure (GA3) und Kokosmilch (Cytokinin) auf die Pflanze appliziert um eine Blütenbildung zu untersuchen.
Wie schon weiter oben bemerkt, stieß der Autor bei der Recherche auch auf weitere faszinierende Gegebenheiten. Der geschichtliche Sachverhalt soll in dieser Diplomarbeit genauso bearbeitet werden, wie die botanischen Besonderheiten und die vielfältigen medizinischen Eigenschaften dieser Pflanze. Da nun viele verschiedene Einzelbereiche zur Pflanze Kalanchoe pinnata in der vorliegenden Diplomarbeit behandelt werden, wird diese Arbeit in einen theoretischen Teil mit den Eigenschaften der Pflanze und einem praktischen Teil mit dem Versuch zur Blütenbildung unterteilt. Das Thema dieser Arbeit heißt aus diesem Grund: „Untersuchungen zu Kalanchoe pinnata“.
2 Theoretischer Teil
2.1 Geschichte
Kalanchoe pinnata ist die erste Pflanze ihrer Gattung, welche in Europa eingeführt wurde. Sicher hat sie sich mit der Entwicklung der Seefahrt auch in andere Gebiete der Erde ausgebreitet, aber in dieser Arbeit wird nur der geschichtliche Aspekt in Europa (speziell in Deutschland) behandelt. Außerdem wird ein zeitlicher Abriss der systematischen Einteilung, sowie Informationen der Erscheinung erster Veröffentlichungen im Zusammenhang mit Kalanchoe[1] gegeben. Auch Einflüsse in die Literatur und in allgemeine naturwissenschaftliche Studien sollen hier beleuchtet werden. Die besten Informationen darüber sind aus den zwei Monographien über Bryophyllum calycinum (Synonym von Kalanchoe pinnata, siehe Kapitel 2.2.4 Formen, Unterarten und Synonyme) von BALZER 1949 und STEIGER 1986 bezogen worden. Diese werden in der nachfolgenden Zeittafel (Tabelle 1) nun anschaulich dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Zeitlicher Ablauf der Verbreitung in Europa, der Benennung und Veröffentlichung sowie der Ersten naturwissenschaftlichen Studien durch Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) mit Kalanchoe pinnata
1783 Die erste Benennung der Pflanze als Cotyledon pinnata erfolgt durch den französischen Naturforscher Jean-Baptiste Lamarck (1744-1829).
1800 Einführung des ersten Exemplares aus Kalkutta nach Europa, in den königlich-botanischen Garten Kew in London.
1805 Eine erste nachweisbare Beschreibung und Abbildung dieser Pflanze als Bryophyllum calycinum erscheint von dem Botaniker Richard Anthony Salisbery (1762-1829) in seinem Werk „The paradisus Londinesis“ (siehe Abbildung 1 Seite 6). Außerdem erfolgt in diesem Jahr auch eine Beschreibung als Calanchoe pinnata von Christian Hendrix Persoon (1755-1837) in seinem Buch „Synopsis plantarum, seu enchiridium botanicum“.
1806 Infolge der in diesem Jahr verhängten Kontinentalsperre[2] ist die Weitergabe der Pflanze innerhalb Europas vorerst nicht möglich. Dadurch kommt es nur noch zu mangelhaftem Wissensaustausch zwischen den Wissenschaftlern innerhalb Europas (vor allem zwischen den britischen Inseln und dem Festland Europas). Dem zur Folge entstehen unabhängige Beschreibungen und systematische Einordnungen der Pflanze Kalanchoe pinnata in dieser Zeit.
1811 erscheint eine weitere Beschreibung und Abbildung dieser Pflanze in dem durch den englischen Botaniker William Curtis (1749-1831) gegründeten und von John Sims (1747-1831) und William Jackson Hooker (1785-1865) weitergeführten „Botanical Magazine; or Flower-Garden Displayed“. Dieses Magazin entleiht auch Johann Wolfgang von Goethe (der später naturwissenschaftliche Studien mit dieser Pflanze durchführt) speziell in den Jahren 1818/19 mehrfach aus der großherzoglichen Bibliothek zu Weimar.
1814 erfolgt die Aufhebung der Kontinentalsperre aufgrund der Niederlage Napoleons. Es findet eine Pflanzensendung von Kew an den botanischen Garten in Hannover statt, in welchem die Kalanchoe auch weitervermehrt wird.
1815 erscheint die erste Erwähnung im deutschsprachigen Schrifttum in den „Nachträgen zum vollständigen Lexicon der Gärtnerei und Botanik“ von dem Botaniker Friedrich Gottlieb Dietrich (1765-1850).
1817 In diesem Jahr trifft die erste Pflanze im botanischen Garten zu Belvedere ein, wo auch Goethe mit dieser Pflanze erstmals Kontakt hat.
1818 Goethe beginnt die Beobachtung und Kultur von Kalanchoe pinnata [3]. Seither führt er botanische und morphologische Studien mit dieser Pflanze durch, welche aber nur im Manuskript bestehen bleiben. Ab diesem Jahr kultiviert er bis 1830 acht Generationen der Kalanchoe (STEIGER 1986: 32).
1820 verfasst Goethe ein Diktat, welches für einen Aufsatz in den „Nova Acta Physico-Medica Academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae Naturae Curiosorum“ gedacht war (nachzulesen im Anhang bei Anhang Text 1 auf Seite 7).
1825 Goethe beobachtet erstmals die Blütenbildung bei einer seiner dreijährigen Pflanzen.
1826 führt Goethe weitere botanische und morphologische Studien zur Vermehrung und Entwicklung von Kalanchoe durch (zweiter Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Beschäftigung dieser Pflanze). Es entsteht sein zweiter größerer Aufsatzentwurf über Kalanchoe (Anhang Text 2 auf Seite 7).
1829 findet eine Blumenausstellung des „Vereins für Blumistik und Gartenanlagen“ in Weimar statt, auf der erstmals blühende bzw. blühreife Kalanchoe der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Diese stammen wahrscheinlich aus den von Goethe gezogenen Beständen (STEIGER 1986: 39).
1831 findet sich die letzte nachweisbare Beschäftigung Goethes mit Kalanchoe pinnata.
1876 wird die erste Spezialmonographie zu Kalanchoe mit dem Thema: „Zur Entwicklungsgeschichte von Bryophyllum calycinum“ in Form einer Doktorarbeit von Hermann Berge (1845-1891) publiziert. Dies geschieht aber ohne Kenntnis der Studien Goethes (da Goethe seine Beobachtungen nur im Manuskript belassen hat).
1877 werden die ersten Briefe Goethes (Briefwechsel zwischen Goethe und Marianne von Willemer) veröffentlicht, in denen Bezüge zum Kalanchoe deutlich werden.
1887 erscheint die umfassende wissenschaftliche Gesamtausgabe der Werke Goethes, die sogenannte Weimarer Ausgabe. In der Ausgabe 1891 werden ebenfalls unvollständig die Manuskripte Goethes zum Thema Kalanchoe (in allen Werken Goethes als Synonym Bryophyllum calycinum) publiziert.
1947 ab dieser Zeit erscheinen Goethes „Schriften zur Naturwissenschaft“.
1949 Georg Balzer´s Buch „Goethes Bryophyllum – Ein Beitrag zu seiner Pflanzenmorphologie“ (BALZER 1949) wird herausgegeben. Dieses Buch enthält erstmals eine systematische Auswertung und Zusammenstellung der Schriften Goethes zur Pflanzenmorphologie und speziell zu den Studien Goethes mit der Pflanze Kalanchoe pinnata.
Quelle: aus BALZER 1949 und STEIGER 1986
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: älteste europäische Abbildung von Kalanchoe pinnata in dem Werk „The paradisus Londinesis“ aus dem Jahre 1805
Quelle: aus STEIGER 1986: 21
2.2 Botanik
2.2.1 Aussehen
Kalanchoe pinnata ist eine mehrjährige Pflanze. Sie ist kahl, krautig und bis zu 2 m hoch. Der Stamm ist rund und glatt. Die Stammfarbe ist grün-braun, mit purpurnen Streifen. Die Blätter sind erst einfach, dann 3-5 fach gefiedert. Sie stehen gegenständig und fallen bei älteren und/oder blühenden Pflanzen von unten herauf ab. Die Blätter sind 2,5-12 cm (17 cm) lang und 1,5-8 cm (13 cm) breit. Die Blattfläche besitzt eine satt-grüne bis olivgrüne Farbe. Der purpurrot gefärbte Blattrand besitzt rundliche Zähne, an deren Einkerbungen bei älteren Blättern neue Brutpflanzen entstehen können. Wenn die Pflanze in der Blütephase ist, erscheinen die Blätter im oberen Bereich schlanker bzw. länger und spitzer eingekerbt, als bei nicht blühenden Pflanzen. Außerdem tritt an den besagten Blättern an kleinen Öffnungen (Drüsen) blattunter- und blattoberseits eine klare, flüssige und klebrige Flüssigkeit ähnlich wie Honigtau aus. Die Blüten erscheinen an Seitentrieben, die aus den Nodien der gegenständigen Blätter entspringen. An diesen Trieben treten die Blüten entweder direkt an einem Blattstiel, oder weiter verzweigt an weiteren Seitentrieben hervor. Die Blüten hängen relativ locker in reichblütigen, mehrstöckigen Blütenständen (Trugdolden). Die Herabhängenden, oben zylindrischen und nach unten vierkantigen, spitz zulaufenden Knospen können einen Durchmesser von bis zu 2 cm und einer Länge von 4,5 cm aufweisen. Sie haben eine gelbgrüne Farbe und sind oben an der Verbindungsstelle zum Blattstiel purpur gecheckt. Die orangerot bis weinrote Blütenröhre selbst, welche aus dem Inneren der Knospe entspringt, ist bis 3 cm lang. Die Blütenblattzipfel sind ein wenig auseinander zeigend. In Abbildung 2 auf Seite 7 ist noch eine Blüte dargestellt, welche sich gerade geöffnet hat.
Abbildung 2: frisch geöffnete Blüte der Kalanchoe pinnata
2.2.2 Verbreitung
Die Pflanze Kalanchoe pinnata stammt ursprünglich aus Madagaskar (OJEWOLE 2005), ist aber mittlerweile in nahezu allen tropischen und subtropischen Gegenden der Welt beheimatet. Man kann sie in Asien, Afrika, Australien sowie als einzige Pflanze der Gattung Kalanchoe auch in den Tropen des amerikanischen Kontinents finden. Als Länderbeispiele der wilden Verbreitung ist hier Australien (GWEHENBERGER et al. 2004), Indonesien (SUPRATMAN et al. 2000), China (DA SILVA et al. 1995), die Philippinen (YADAV & DIXIT 2003), Indien (WADHI & MOHAN RAM 1967), die Seychellen (BÄR et al. 2000), Madagaskar (EGGLI & HARTMANN 2003), Nigeria (AKINPELU 2000), Brasilien (TORRES-SANTOS et al. 2003), Peru (SCHULTES & RAFFAUF 1990), Ecuador (Beobachtung des Autors 2005), Kolumbien (CARO 2004) und Cuba (BEYRA et al. 2004) zu nennen. Außerdem gebührt ihr auch eine hohe Stellung in den Gärten tropischer Breiten als Zierpflanze (Beobachtung des Autors in Ecuador 2005 und Teneriffa 2007).
Als Zimmerpflanze kommt sie auch gelegentlich vor (ANONYM 2007a). In einigen Foren im Internet ist das Brutblatt allgemein im Thema, wobei hier des Öfteren die Art Kalanchoe pinnata mit der Art Kalanchoe daigremontiana verwechselt wird (ANONYM 2005).
Die Pflanze wurde auf den vielen Reisen der letzten Jahrhunderte oft mitgeführt, wobei dies ein Grund für die weite Verbreitung sein dürfte. Unter anderem bekam sie so einen Platz im ´Jardin Botanico` in Puerto de la Cruz, einen über 200 Jahre alten botanischen Garten auf der Insel Teneriffa. Der Garten ist ursprünglich zur schrittweisen Gewöhnung tropischer Pflanzen an subtropisches bzw. gemäßigtes Klima angelegt worden (weiterführend siehe BERGHAHN et al. 2006: 309 f.). Dort konnten im März 2007 einige Fotos aufgenommen werden, wobei eines in Abbildung 3 zu sehen ist.
Abbildung 3: Blühender Bestand der Kalanchoe pinnata im botanischen Garten (Jardin Botanico) von Puerto de la Cruz – Teneriffa
2.2.3 Systematik
Die Pflanze Kalanchoe pinnata gehört zur Familie der Dickblattgewächse, der Crassulaceae, welche wiederum in die Ordnung Saxifragales (steinbrechartige Gewächse) eingeordnet werden. Die Crassulaceae sind eine umfangreiche Familie mit 35 Gattungen und 1500 Arten (EGGLI 1994). Sie sind annähernd weltweit verbreitet, wobei die Schwerpunkte in den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel, in Mexiko sowie im südlichen Afrika und da vor allem in Madagaskar liegen. Pflanzen dieser Familie sind meist ausdauernd und krautig, nur wenige sind verholzt. Fast alle Vertreter dieser Familie weisen Blattsukkulenz auf, wenige Stammsukkulenz. Somit sind sie in der Lage in den Blättern (oder ggf. Stämmen) Wasser zu speichern, womit diese Pflanzen der Crassulaceae auch an trockenen Stellen überlebensfähig sind. Viele Pflanzen der Dickblattgewächse sind in der Lage den CAM-Mechanismus (Crassulaceae-Acid-Metabolism) durchzuführen. Dazu mehr in Absatz 2.2.6 auf Seite 7.
Die Gattung Kalanchoe besitzt etwa 150 Arten tropischer, fleischiger und mehrjähriger Pflanzen (EGGLI & HARTMANN 2003). Die konkrete Einteilung dieser Pflanze in die Gattung Kalanchoe oder Bryophyllum ist noch nicht vollständig geklärt, denn unter beiden botanischen Namen Bryophyllum pinnatum und Kalanchoe pinnata wurde und wird viel veröffentlicht. Eine systematische Einordnung nach dem Stand der Blüte bezogen aus EGGLI 1994 (S. 198) soll die genannte Problematik noch verdeutlichen:
„…5 Blüten hängend, Kelchblätter basal meist auffällig verwachsen: Bryophyllum
-Blüten aufrecht; Kelchblätter meist völlig frei, schlank zugespitzt:
6 Wurzelstock nicht caudiciform[4] ; Blütenblätter röhrig verwachsen: Kalanchoe…“
Gemäß diesem Zitates würde man die Pflanze nach der Studie des Kapitels 2.2.1 eher der Gattung Bryophyllum zuordnen als der Kalanchoe, da die Blüten bei der Kalanchoe pinnata hängen. Die Autorin des Werkes von dem gerade genannten Zitat folgte diesem auch. Trotz dieser Tatsache wird bei der Anführung des Namens dieser Pflanze im Folgenden weiterhin das Synonym Kalanchoe pinnata benutzt.
2.2.4 Formen, Unterarten und Synonyme
Die erste botanische Bezeichnung dieser Pflanze erfolgte 1783 durch Lamarck. Er nannte sie Cotyledon pinnata (RIST et al. 2006: 298). Die drei heute wichtigsten verwendeten Synonyme für diese Pflanze sind aber: Kalanchoe pinnata (Lamarck) Persoon (1805), Bryophyllum pinnatum (Lamarck) Oken (1841) und Bryophyllum calycinum Salisbury (1805). Des Weiteren gab es zwischenzeitlich viele andere Einordnungen in die Systematik aufgrund verschiedener Verbreitungsorte und anhand anderer Differenzen. Der Vollständigkeit halber werden diese jetzt nachfolgend angeführt:
„Incl.[5] Crassula pinnata Linné fil. (1782); ≡[6] Cotyledon pinnata Lamarck (1786) ≡ Vereia pinnata (Lamarck) Sprengel (1825) ≡ Bryophyllum pinnatum (Lamarck) Oken (1841); incl. Bryophyllum calycinum Salisbury (1805) ≡ Cotyledon calycina (Salisbury) Roth (1821); incl. Kalanchoe pinnata var. floripendula Persoon (1805); incl. Cotyledon calyculata Solander ex De Candolle (1828) (nom. inval., Art. 34.1c); incl. Bryophyllum germinans Blanco (1837); incl. Kalanchoe floripendula Steudel (1840); incl. Crassuvia floripendia Commerson ex Hiern (1869) (nom. illeg.); incl. Kalanchoe pinnata var. brevicalyx Hamet & H. Perrier (1915) ≡ Kalanchoe brevicalyx (Hamet & H. Perrier) Boiteau ex Allorge-Boiteau (1995) (nom. inval., Art. 33.2); incl. Kalanchoe pinnata var. genuina Hamet (1915) (nom. inval., Art. 24.3); incl. Kalanchoe pinnata var. calcicola H. Perrier (1928) ≡ Kalanchoe calcicola (H. Perrier) Boiteau ex Allorge-Boiteau (1995) ≡ Bryophyllum calcicola (H. Perrier) Byalt (2000); incl. Sedum madagascarium Clusius ex Fröderström (1936) (nom. inval., Art. 34.1c); incl. Kalanchoe macrodon hort. ex H. Jacobson (1954) (nom. inval., Art. 34.1c); incl. Kalanchoe madagascarium Allorge-Boiteau (1995) (nom. inval., Art. 32.1c).” (zit. nach EGGLI & HARTMANN 2003: 169)
2.2.5 Namen
Einleitend soll die Bedeutung der wissenschaftlichen Namen kurz angeführt werden, nachfolgend eine Auswahl der volkstümlichen Bezeichnungen. Bei der Bedeutung der wissenschaftlichen Namen wird sich hier auf die drei häufigsten Synonyme von Kalanchoe pinnata beschränkt: Kalanchoe pinnata, Bryophyllum calycinum und Bryophyllum pinnatum.
Kalanchoe, der Gattungsname dieses Dickblattgewächses, ist ein chinesischer Volksname (SCHUBERT & WAGNER 2000). Pinnata kommt von „pinnátus“ aus dem Lateinischen. Dies bedeutet gefiedert, was auf die 3-5 fach gefiederten Blätter der Pflanze hinweist (ebenda). Bryophyllum stammt aus dem Griechischen, von „brýein“, was Sprossen bedeutet und „phýllon“, dessen Bedeutung Blatt ist. Dies meint Sprossblatt oder eben Brutblatt (ebenda). Calycinum ist Lateinisch und bedeutet mit einem Kelch versehen. Dies ist eine Anspielung auf die Form der Blüte (ebenda).
Pinnatum hat ihren Ursprung in „pinnatus“ und bedeutet wie oben gefiedert.
Die weite Verbreitung dieser Pflanze wird in der Vielfalt volkstümlicher Namen deutlich. Eine umfassende Darstellung der verschiedenen Bezeichnungen (sowie auch anderen Eigenschaften wie Medizin, usw.) bietet das Werk von Leslie Taylor (TAYLOR 2005). Hier sind Namen wie: Air Plant, Coirama und Hoja de Aire zu nennen. Die im deutschsprachigen Raum genutzten Bezeichnungen sind z.B: Brutblatt, Keimzumpe, Lebenszweig, Kindlipflanze, Goethepflanze, u.a. (RIST et al. 2006). Insgesamt waren in der Literatur 103 volkstümliche Namen zu finden. Die Bedeutung dieser im Einzelnen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, somit sind die Benennungen im Anhang unter Anhang Tabelle 1 auf Seite 7 aufgelistet.
2.2.6 Besonderheit CAM
CAM (Crassulaceae-Acid-Metabolism), der Crassulaceen-Säure-Stoffwechsel, ist ein Stoffwechsel, welcher ein Überleben von Pflanzen an heißen und trockenen Standorten ermöglicht. Er kommt aber nicht nur bei seinen Namensgebern den Crassulaceen vor, sondern auch bei 27 weiteren Familien (Dikotyledonen und Monocotyledonen, sogar bei sukkulenten Farnen) des Pflanzenreiches (STRASBURGER et al. 1998). Um den Vorgang des CAM etwas näher zu bringen, sei der folgende Exkurs in die Ökologie der Pflanze angebracht:
Während der Atmung der Pflanzen (welche zu CAM befähigt sind) in der Nacht wird das gebildete CO2 nicht wie üblich an die Atmosphäre abgegeben, sondern es wird nach einer lichtunabhängigen Fixierung in Form von Malat (Salz der Apfelsäure) gespeichert. Bei der steigenden Einstrahlung und höher werdenden Temperatur am Tage werden die Spaltöffnungen (Stomata) geschlossen um den Wasserverlust hierüber einzuschränken. Da so das für die Fotosynthese benötigte CO2 nicht mehr aus der Luft gewonnen werden kann, wird nun das Malat herangezogen. Dies wird unter Bildung von CO2 zerlegt. Somit kann die Fotosynthese auch bei geschlossenen Spaltöffnungen durchgeführt werden (nach HEß 1999: 140f.).
2.3 Anbau
2.3.1 Vermehrung
„Was erst still gekeimt in Sachsen,
Soll am Maine freudig wachsen.
Flach auf guten Grund gelegt,
Merke wie es Wurzeln schlägt!
Dann der Pflanzen frische Menge
Steigt in lustigem Gedränge.
Mäßig warm und mäßig feucht
Ist, was ihnen heilsam deucht.
Wenn du´s gut mit Liebchen meinst,
Blühen sie dir wohl dereinst.“
Quelle: Brief Goethes aus Weimar am 12. November 1826 an Marianne von Willemer nach Frankfurt am Main mit einem Blatt der Kalanchoe pinnata (zitiert nach STEIGER 1986: 18).
Wie in dem obigen Zitat von Goethe deutlich wird, ist die vegetative Vermehrung der Pflanze mittels einem Blatt sehr einfach. Entweder sie treiben schon an der Pflanze (ab einem bestimmten Alter) oder sie entwickeln sich (wie im Zitat) bei Bodenkontakt aus den Einkerbungen der Blätter. Die Vermehrung funktioniert in so einem großen Maße, dass man den Bestand innerhalb weniger Wochen um ein Vielfaches potenzieren könnte. In Abbildung 4 auf Seite 7 ist diese Brutpflanzenbildung aus dem Blatt zu sehen.
Auch die Vermehrung über Stecklinge ist bei dieser Pflanze leicht zu bewerkstelligen. Bei der Jungpflanzenaufzucht für den Versuch - welcher in dieser Arbeit noch behandelt wird (Kapitel 3 Praktischer Teil) - ließen sich probehalber gesteckte Kopfstecklinge innerhalb von 2 Wochen ohne Ausnahme und ohne Einsatz von Bewurzelungshormonen zur Wurzelbildung anregen. In Abbildung 5 auf Seite 7 ist dieser Sachverhalt noch einmal dargestellt.
Abbildung 4: Brutpflanzenbildung an den Einkerbungen der Blätter
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Wurzelbildung am Kopfsteckling von Kalanchoe pinnata
Die generative Vermehrung oder Blütenbildung ist bei Kalanchoe pinnata nicht leicht zu erreichen. Laut WADHI & MOHAN RAM 1967 ist diese von einem Überwinden der juvenilen Phase abhängig. Dies beschreibt auch Goethe, in dem er 1825 die Blütenbildung bei einer seiner Pflanzen beobachtet. Diese war drei Jahre alt (STEIGER 1986: 38). Das Erreichen der Blüte bei dieser Pflanze ist aber auch von anderen Einflüssen wie der Tageslänge abhängig.
Zur generativen Vermehrung wird bei dem Versuch im Kapitel Praktischer Teil ab Seite 7 noch ausführlicher eingegangen.
2.3.2 Boden und Substrate
Der Boden sollte gut durchlässig sein, da die Pflanze Staunässe nicht verträgt. Handelsübliche Substrate kann man verwenden.
Insgesamt ist darüber nicht viel in der Literatur zu finden, was auf einen weiteren Forschungsbedarf hinweist. Dies könnte auch in der relativ anspruchslosen Kultur dieser Pflanze begründet sein. Informationen zu pH-Wert und Zusammensetzung der Substrate würden für eine effiziente und wirtschaftliche Kultur dieser Pflanze erforderlich sein. Angaben zu anderen Kalanchoe- und Bryophyllumarten können gute Anhaltspunkte geben.
2.3.3 Klimatische Bedingungen
Kalanchoe verträgt keinen Frost. Sonst kann sie bei allen Temperaturen über dem Gefrierpunkt gezogen werden. Als optimal gelten Temperaturen um die zwanzig Grad. „K. pinnata gedeiht und blüht auch besser, wenn es nicht zu kühl, d. h. nicht unter 12 bis 15 °C, steht“ (zit. aus DIPNER 1969: 873). Sie kann ganzjährig im klimatisierten Haus gehalten, oder im Sommer ins Freiland gepflanzt werden. Durch die Fähigkeit den CAM-Stoffwechsel durchzuführen, ist sie auch unter trockeneren Bedingungen kultivierbar.
2.3.4 Krankheiten und Schädlinge
In der Literatur ist zum Zeitpunkt der Bearbeitung dieses Kapitels nichts über Krankheiten und Schädlinge im Bezug mit dieser Pflanze zu finden. Aus der Erfahrung des Autors - in dem Versuch, welcher im Rahmen dieser Diplomarbeit durchgeführt wird – können dennoch einige Erfahrungen mit Schädlingen geschildert werden. Hier ist von einer Topfkultur im Gewächshaus auf Tischen mit Vliesbewässerung auszugehen (weitere klimatische und sonstige Daten des Gewächshauses sind im Kapitel 3 Praktischer Teil aufgeführt).
Der Befall der Wurzeln mit Larven der Trauermücke kann mit einem Einsatz parasitierender Nematoden (Steinernema feltiae) gut bekämpft werden. Blattläusen kann mit der Florfliege (Chrysoperia carnea) und mit der Schlupfwespe (z. B. Lysiphlebus testaceipes) erfolgreich entgegenarbeitet werden. Wollläuse, welche auch an Kalanchoe pinnata auftreten können, kann man mit dem Präparat Promanal® Neu zu Leibe rücken. Auch der Nützlingseinsatz mit dem australischen Marienkäfer (Cryptolaemus montrouzieri) ist in diesem Falle erfolgreich.
2.4 Medizinische Verwendung
2.4.1 Ethnomedizin – volksmedizinischer Einsatz
„…Ethnomedizin beschäftigt sich mit den Definitionen und Interpretationen von Gesundheit und Krankheit in unterschiedlichen Kulturen sowie mit den daraus resultierenden kulturspezifischen Heil- und Behandlungsweisen … Sie beschäftigt sich mit traditionellen medizinischen Systemen im Kulturvergleich sowie mit der medizinischen Entwicklungshilfe … Ziel ist es, medizinische Kenntnisse und Praktiken in den verschiedenen Kulturen zu erfassen, kulturübergreifende und -vergleichende Studien anzustellen und das kulturelle Erbe der Volksmedizin in vielen Ländern der Welt zu bewahren…“ (zit. nach ANONYM 2007c).
Es sind sehr viele medizinische Einsatzgebiete der Pflanze Kalanchoe pinnata in der Bevölkerung bekannt geworden. In manchen Regionen wird Kalanchoe „Allheilmittel“ und „Wunderpflanze“ genannt, da sie vielfältige Heilwirkungen aufweist und selbst bei einigen schweren Erkrankungen helfen kann. Als Beispiele kann der Einsatz gegen eine bestimmte Form von Krebs in Peru (TAYLOR 2005: 337), die vielfache Verwendung bei bakteriellen und pilzlichen Erkrankungen in Brasilien und Nigeria (ebenda) oder auch der Einsatz dieser Pflanze bei Durchfall und als desinfizierendes und trocknendes Wundmittel (Erfahrung des Autors in Ecuador 2005) genannt werden. In vielen anderen Ländern und Kulturen sind Anwendungen dieser Pflanze bekannt. Als Hauptverwendungsgebiete kann man unter anderem verschiedene Hautkrankheiten, bakterielle oder pilzliche Infektionen und Endzündungen nennen.
In Tabelle 2 werden einige weitere Beispiele aufgelistet, welche außer zwei Ausnahmen in Ecuador, alle aus der Veröffentlichung von TAYLOR 2005 stammen und keinesfalls als vollständig anzusehen sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ebenfalls erforscht die Ethnomedizin die Art der Applikation eines Heilmittels: Bei Kalanchoe pinnata benutzt man für die innere Anwendung eine Tasse der Abkochung aus den Blättern zwei Mal täglich gegen z.B. Infektionen der oberen Atemwege, Husten und Fieber (TAYLOR 2005). Auf Wunden kann man das zerdrückte Blatt direkt aufbringen, um die desinfizierenden und wundheilungsfördernden Eigenschaften dieser Pflanze einzusetzen (ebenda). Auch sind ein Erwärmen und das nachfolgende Zerdrücken eines Blattes gebräuchlich, dessen austretende Flüssigkeit nachfolgend in infizierte Augen und Ohren gebracht werden kann (mündliche Mitteilung an den Autor in Ecuador 2005).
2.4.2 Schulmedizin – belegte medizinische Wirkungen
Mit dem Auswerten der ethnobotanischen Forschungen treten nun Untersuchungen nach potenziell aktiven Inhaltstoffen in den Vordergrund. GAIND & GUPTA 1979 z.B. untersuchten die Pflanze chromatografisch und stießen hier auf verschiedene Alkane, Alkanole, Triterpene und Sterole. Diese Forschungen wurden fortgesetzt und weitere Untersuchungen zur medizinischen Wirkung entdeckter Inhaltsstoffe erfolgten. YAMAGISHI et al. 1989 z.B. führte mit Bryophyllin B (ein Bufadienolid, welches aus der Kalanchoe extrahiert wurde) erfolgreiche Tests auf die Aktivität gegen Tumorzellen durch. Nachfolgende Untersuchungen mit den Bufadienoliden gegen Tumorzellen stellten unter anderem SUPRATMAN et al. 2001 an.
Seither fanden viele In vitro (mittels Erreger im Labor) und In vivo Tests (mittels lebender Organismen z. B. Ratte oder Mensch) mit Auszügen oder Inhaltsstoffen aus der Pflanze Kalanchoe pinnata statt. Eine Wirkung gegen Bluthochdruck (OJEWOLE 2002) und Leber schützende Eigenschaften (YADAV & DIXIT 2003) sind herausgefunden worden. Auch eine endzündungshemmende Wirkung, sowie positive Funktionen beim Einsatz bei Diabetes konnten in einem Laborversuch ausgemacht werden (OJEWOLE 2005). Antimikrobielle Eigenschaften (AKINPELU 2000, AQIL & AHMAD 2003) sowie muskelentspannende und beruhigende Wirkungen auf das Nervensystem sind bekannt geworden (YEMITAN & SALAHDEEN 2005). Schweizer Wissenschaftler erforschten außerdem Effekte auf die Wehentätigkeit und die Gebärmutterkontraktion zur Geburtserleichterung bei schwangeren Frauen (GWEHENBERGER et al. 2004, PLANGGER et al. 2006, MANDACH & RIST 2005 und RIST et al. 2006). Eine schmerzlindernde Wirkung (IGWE & AKUNYILI 2005) sowie eine Aktivität gegen die Bildung von Geschwüren wurden erforscht (PAL & CHAUDHURI 1991). Ein weiteres bemerkenswertes Einsatzgebiet von Kalanchoe ist die Bekämpfung der Leishmaniose (TORRES-SANTOS et al. 2003, DA SILVA et al. 1995, DA SILVA et al. 1999a, MUZITANO et al. 2006a, MUZITANO et al. 2006b). Leishmaniose ist eine Krankheit, welche durch chronische Hautverletzungen gekennzeichnet ist. Übertragen wird diese Protozoonen-Infektion (Leishmania sp.) durch die Sandfliege (Phlebotomus sp.). Leishmaniose stellt ein großes Problem in vielen Entwicklungsländern dar, da keine Impfung möglich ist (TORRES-SANTOS et al. 2003: 801) und die Behandlung zurzeit nur mit Nebenwirkungsreichen, Teuren und wenig Effektiven (da die Erreger schnell resistent werden) Medikamenten stattfindet (DA SILVA et al. 1995: 201). Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Malaria, da die Kalanchoe eine fiebersenkende Wirkung besitzt (WILLCOX & BODEKER 2004: 1157).
Diese Aufzählung kann noch weiter fortgeführt werden, so viele Untersuchungen werden und wurden durchgeführt. Eine weiterführende Übersicht der erforschten Eigenschaften dieser Pflanze kann im Anhang eingesehen werden (Anhang Tabelle 2). Bei dem breiten Anwendungsgebiet in der Ethnomedizin und vor allem bei den vielfältigen belegten Wirkungen in Laboruntersuchungen ist der medizinische Wert dieser Pflanze nur hervorzuheben.
2.5 Sonstige Verwendung und Forschung
Neben den schon behandelten bzw. erwähnten Untersuchungen mit der Pflanze Kalanchoe pinnata (morphologisch, geschichtlich, systematisch, ethnologisch, medizinisch, chemisch bzw. pharmazeutisch) wurden noch drei weitere nennenswerte Forschungen bei der Recherche gefunden:
· Der mögliche Einsatz der Pflanze bzw. Auszüge aus ihr als Insektizid erforschte SUPRATMAN et al. 2000. Hier wurden Wirkungen der extrahierten Inhaltsstoffe Bryophyllin A und Bryophyllin C gegen Seidenraupen im 3. Larvenstadium deutlich.
· Auch Forschungen zur Allelopathie fanden mit der Kalanchoe statt (BÄR et al. 2000). Allelopathie ist die Ausscheidung organischer Verbindungen über die Wurzeln von Pflanzen, um andere Organismen zu unterdrücken. In diesem Falle bremsten die Ausscheidungen der Kalanchoe pinnata jüngere Pflanzen der Kalanchoe tubiflora, dass diese sie nicht überwuchern.
· Außerdem wurde der CAM-Stoffwechsel bei der Kalanchoe untersucht. Hier werden Forschungen zur Chemie dessen und auch u.a. Auswirkungen und Funktionsweise des Tag-Nachtzyklus sowie Effekte von Stress auf den CAM-Stoffwechsel einbezogen (WINTER et al. 1982 und LÜTTGE 1990).
2.6 Fazit
Im vorliegenden theoretischen Teil ist viel über die Pflanze Kalanchoe pinnata recherchiert worden. Es sind interessante Fakten in der Geschichte ans Licht gekommen. J. W. Goethe war einer der ersten Forscher in Deutschland, der sich ausführlich mit der Kalanchoe beschäftigte. Im Kapitel Botanik sind viele Eigenschaften angeführt worden. Neben klassischen Abhandlungen wie Aussehen und Systematik wurden weiterhin die volkstümlichen Namen angeführt und die botanischen Bezeichnungen erklärt. Darüber hinaus ist zum Crassulacea-Acid-Metabolism (CAM) ein kleiner Exkurs unternommen worden, da auch die Kalanchoe pinnata dazu befähigt ist. Zum Anbau wird nur kurz eingegangen, da nicht viel darüber in der Literatur publiziert wurde und die Pflanze in der Regel pflegeleicht ist. Hervorzuheben ist bei diesem Kapitel noch, dass die Kalanchoe sehr leicht und effizient vegetativ vermehrt werden kann. Im Punkt Medizinische Verwendung wird deutlich, welchen Stellenwert diese Pflanze in der Medizin einnimmt. Neben zahlreichen volkstümlichen Anwendungsbereichen (Ethnomedizin) sind auch viele medizinische Eigenschaften in Labortests bestätigt worden (Schulmedizin). Hierzu soll noch bemerkt werden, dass der Verfasser keine medizinischen Qualifikationen besitzt. Die Informationen hierzu beziehen sich ausschließlich aus recherchierten Literaturquellen, welche meist aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt worden.
Bei den erstaunlichen geschichtlichen Gesichtspunkten und der breiten medizinischen Einsatzfähigkeit der Kalanchoe pinnata ist zu wünschen, dass die Kultur dieser Pflanze allgemein einen höheren Stellenwert einnimmt. Dank der vielen medizinischen Eigenschaften ist sie auch ein Hoffnungsträger bei der Bekämpfung vieler gefährlicher Krankheiten vor allem in der sogenannten „3. Welt“.
3 Praktischer Teil
3.1 Versuchsfrage
Im WS 2006/07 fand im Fach spezieller Zierpflanzenbau des Studienganges Gartenbau an der HTW-Dresden eine Studentenübung statt, welche sich mit dem Verhalten der Pflanzen Kalanchoe blossfeldiana und Kalanchoe pinnata im Langtag (LT – 16 h) sowie im Kurztag (KT – 10 h) befasste. Diesen Versuch führte u.a. der Autor dieser Arbeit durch. Wie erwartet reagierte die Pflanze Kalanchoe blossfeldiana schon nach kurzer Zeit im KT mit Blütenbildung. Bei Kalanchoe pinnata trat kein Übertritt in die generative Phase ein. Nun war es dem Autor wichtig zu klären, warum die Blütenbildung nicht eintrat und unter welchen Umständen diese induziert werden kann.
Nach längerer Literaturrecherche fand sich ein Artikel in der Zeitschrift „Planta“, welcher sich mit genau dieser Problematik beschäftigt (WADHI & MOHAN RAM 1967). Beim Lesen dieses Artikels wurde deutlich, dass die Kalanchoe[7] erst eine bestimmte Jugendphase von etwa zwei Jahren überwinden muss, um in die generative Phase zu gelangen. Außerdem wird hier von dem erfolgreichen Aufheben dieser Phase durch den Einsatz von Gibberellin (GA3) berichtet. Auch PENNER 1960 berichtet von einem Aufheben oder Verkürzen dieser Phase durch Gibberellineinsatz.
Des Weiteren ist dem Autor dieser Diplomarbeit auch ein Gebrauch von Alternativen wichtig, in diesem Falle ein alternativer Einsatz der Phytohormonquelle. Nach der Recherche in verschiedenen Werken (NEUMANN 1995 und EICHORN et al. 2000), wurde entschieden, Kokosmilch
[...]
[1] Diese Bezeichnung wird weiterführend ggf. für Kalanchoe pinnata benutzt.
[2] Eine von Napoleon erstmalig am 21. November 1806 verhängte Wirschaftsblockade über die britischen Inseln.
[3] In dieser Arbeit immer mit diesem Synonym beschrieben, aber in einigen folgenden Zitaten auch Bryophyllum gennant.
[4] Entspricht wasserspeichernd.
[5] Kennzeichnung verschiedener Basynonyme (Ableitung des Synonyms eines gültigen wissenschaftlichen Namens).
[6] Kennzeichnung der Synonyme innerhalb eines Basynonyms.
[7] In dieser Arbeit benutzt als Bezeichung für Kalanchoe pinnata.
- Citar trabajo
- Dipl. Ing. (FH) Gartenbau René Glöckner (Autor), 2007, Untersuchungen zu Kalanchoe pinnata, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86476
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