`Jungen machen Krach, Staub und Lärm, toben und raufen, sausen mit ihren Paperfliegern quer durch den Gruppenraum…´
Warum nehmen pädagogische Fachkräfte das Spielverhalten von Jungen so verstärkt wie auch häufig als störend wahr? Weil sie es selbst nicht nachvollziehen können? In der Regel sind die Arbeitskräfte in Kindertageseinrichtungen weiblich.
Was bedeutet es für Jungen, wenn Frauen die Wahrnehmung für Jungenthemen und -bedürfnisse weithin fehlt und Männer nach wie vor nur sporadisch in Tageseinrichtungen zu finden sind? (vgl. BLANK-MATHIEU 2006, o.S.) Zu vermuten ist, dass Jungen erheblichen Benachteiligungen ausgeliefert sind. Nachzuvollziehen ist auch, dass diese im Sinne der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen abgebaut werden müssen. Doch wie soll da vorgegangen werden? Wie kann Jungen zu einer positiven Entwicklung verholfen werden?
In der vorliegenden Arbeit wird der Blick zunächst auf die im Spiel gezeigten Verhaltensweisen von Mädchen und insbesondere Jungen gerichtet und anschließend in geschlechtsspezifischen Ursachen begründet. Zusammenhänge von Sozialisationsbedingungen und der Entwicklung der Geschlechtsidentität werden erläutert, so dass folglich ein besseres Verständnis für die Lebenslagen der Jungen entsteht. Bemühen sich pädagogische Fachkräfte dieses Verständnis zu erwerben, geraten die subjektive Erlebniswelt sowie Wahrnehmungs- und Verarbeitungsmuster der Jungen in den Blick der sozialen und erzieherischen Arbeit und sollten schließlich in geschlechtsbezogenen Konzeptionen verankert werden. (vgl. CREMERS/ DROGAND-STRUD 2004, o.S.) Was solch eine Konzeption beinhalten sollte, wie geschlechtsbezogene Pädagogik in Kindertageseinrichtungen konkret stattfinden kann und wann sie erfolgreich ist, soll in der nun folgenden Ausarbeitung geklärt werden.
2. Die Freispielsituation in Kindertageseinrichtungen
Viele pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen berichten davon, wie anstrengend sich die Arbeit mit den Jungen in der Gruppe gestaltet. Häufig ist der Lautstärkenpegel hoch, es wird getobt und gerannt, was zur Folge hat, dass andere Kinder gestört werden und sich in Folge dessen nur selten untereinander ein intensives Spiel entwickeln kann. Diese Verhal-tensweisen, die das Freispiel, sowie den Tagesablauf störend beeinflussten, sollen häufiger bei den Jungen, als bei den Mädchen zu beobachten sein.
Inhaltsverzeichnis
1. Überblick über die Inhalte der Ausarbeitung
2. Die Freispielsituation in Kindertageseinrichtungen
2.1 Kinderspiele als Aufführungsorte von Geschlechterdifferenzen
3. Die Entwicklung der Geschlechtsidentität
3.1 Auswirkungen der Sozialisationsbedingungen
Die Modellfunktion Erwachsener stellt folglich einen Teufelskreis dar, da traditionelle Geschlechtsrollenstereotype von einer Generation an die nächste weitergegeben werden; zunächst durch Beobachtung und Nachahmung bestimmter Verhaltensmuster, später durch Verinnerlichung der diesen Mustern zugrunde liegenden Vorstellungen und Meinungen. (vgl. FRIED 2004, o.S.)
3.1.1 Notwendigkeit der Geschlechterrollenstereotype
3.1.2 Konsequenzen der „Unterpräsentation“ der Männer
4. Geschlechtsbezogene Pädagogik in Kindertageseinrichtungen
4.1 Sinn oder Unsinn?
4.1.1 Neue Perspektiven
5. Die aktuelle Praxissituation
5.1 Die Kindertageseinrichtung als weiblicher Raum
5.1.1 Mehr Männer in die Kindertageseinrichtungen!
6. Konkrete Umsetzung geschlechtsbezogener Pädagogik in der Praxis
6.1 Beobachtung, Analyse und Reflektion
6.2 Räume und Alltag bewusst gestalten
6.3 Grundsätze konzeptionell verankern
7. Abschlussbetrachtung
8. Anhang
8.1 Wissenschaftliches Arbeiten: Die Gestaltung der Einleitung einer Seminararbeit
8.1.1 Die Gestaltung der Einleitung der vorliegenden Ausarbeitung
9. Literaturverzeichnis
1. Überblick über die Inhalte der Ausarbeitung
„Jungen machen Krach, Staub und Lärm, toben und raufen, sausen mit ihren Paperfliegern quer durch den Gruppenraum…“
Warum nehmen pädagogische Fachkräfte das Spielverhalten von Jungen so verstärkt wie auch häufig als störend wahr? Weil sie es selbst nicht nachvollziehen können?! In der Regel sind die Arbeitskräfte in Kindertageseinrichtungen weiblich. Was bedeutet es für Jungen, wenn Frauen die Wahrnehmung für Jungenthemen und -bedürfnisse weithin fehlt und Männer nach wie vor nur sporadisch in Tageseinrichtungen zu finden sind? (vgl. BLANK-MATHIEU 2006, o.S.) Zu vermuten ist, dass Jungen erheblichen Benachteiligungen ausgeliefert sind. Nachzuvollziehen ist auch, dass diese im Sinne der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen abgebaut werden müssen. Doch wie soll da vorgegangen werden? Wie kann denn Jungen zu einer positiven Entwicklung verholfen werden?
In der vorliegenden Hausarbeit wird der Blick zunächst auf die im Spiel gezeigten Verhaltensweisen von Mädchen und insbesondere Jungen gerichtet und anschließend in geschlechtsspezifischen Ursachen begründet. Zusammenhange von Sozialisationsbedingungen1 und der Entwicklung der Geschlechtsidentität werden erläutert, so dass folglich ein besseres Verständnis für die Lebenslagen der Jungen entsteht. Bemühen sich pädagogische Fachkräfte dieses Verständnis zu erwerben, geraten die subjektive Erlebniswelt sowie Wahrnehmungs- und Verarbeitungsmuster der Jungen in den Blick der sozialen und erzieherischen Arbeit und sollten schließlich in geschlechtsbezogenen Konzeptionen verankert werden. (vgl. CREMERS/ DROGAND-STRUD 2004, o.S.) Was solch eine Konzeption beinhalten sollte, wie geschlechtsbezogene Pädagogik in Kindertageseinrichtungen konkret stattfinden kann und wann sie erfolgreich ist, soll in der nun folgenden Ausarbeitung geklärt werden.
2. Die Freispielsituation in Kindertageseinrichtungen
Viele pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen berichten davon, wie anstrengend sich die Arbeit mit den Jungen in der Gruppe gestaltet. Häufig ist der Lautstärkenpegel hoch, es wird getobt und gerannt, was zur Folge hat, dass andere Kinder gestört werden und sich in Folge dessen nur selten untereinander ein intensives Spiel entwickeln kann. Diese Verhaltensweisen, die das Freispiel, sowie den Tagesablauf störend beeinflussten, sollen häufiger bei den Jungen, als bei den Mädchen zu beobachten sein.
2.1 Kinderspiele als Aufführungsorte von Geschlechterdifferenzen
Im freien Spiel der Mädchen und Jungen und in der Art und Weise, wie sie mit Räumen und Spielmöglichkeiten umgehen sind unterschiedliche Verhaltensmuster zu beobachten, die sich häufig, aber auch nicht ausschließlich mit geschlechttypischen Vorstellungen der pädagogischen Fachkräfte decken. Untersuchungen haben ergeben, dass Jungen oft „raumgreifend“ spielen, größere Räume als Mädchen kontrollieren und sich weiter aus der Aufsicht der Erwachsenen entfernen. Sie sind häufiger in der Turnhalle und im Außengelände zu finden, haben ein großes Bedürfnis nach Action, bauen und konstruieren gern und bevorzugen grobmotorische Spiele. (vgl. DIEKEN/ ROHRMANN 2003, S.27) „Kampfspiele sind bei Jungen als Ausdrucksweise von körperlichen Lustgefühlen normal und werden selten aggressiv gespielt. (Raufen, Kräfte messen, Wettspiele).“ (BLANK-MATHIEU 1999, o.S.) Mädchen hingegen spielen eher „raumsparend“ in Innenräumen, bevorzugen feinmotorische Spiele, sie basteln und malen gern und lieben Rollenspiele in der Puppenecke. Während im Rollenspiel der Jungen männliche (Medien-)helden überwiegen, werden von Mädchen vorwiegend Szenen aus dem häuslichen Umfeld wiederholt. Phantasiespiele lehnen sich an das weibliche Ideal an, Mädchen spielen Prinzessin oder Krankenschwester. (vgl. BLANK-MATHIEU 1999, o.S.)
Beide Geschlechter suchen gern Möglichkeiten zum Rückzug und Nischen auf. Insbesondere Kinder, die bald eingeschult werden, sondern sich gern von der Gesamtgruppe ab, wobei Jungen häufiger vorziehen unter sich zu bleiben. Mädchen sind dagegen stärker interessiert, in der Nähe der Erzieherin zu spielen und sich mit ihr zu unterhalten. (vgl. ROHRMANN/THOMA 1998, S. 156). Sie spielen weniger konkurrenzorientierte Spiele, „bevorzugen kooperative Spiele und selbstgesetzte Ziele. Jungen haben Interesse an geregelten Wettkämpfen mit festgesetzten Zielen und erklärten Siegern.[...]Mädchenspiele enthalten als Spielsinn, Gemeinsamkeiten zwischen den Spielerinnen herzustellen, Jungenspiele bringen die Teilnehmer gegeneinander.“ (FAULSTICH-WIELAND 2001, S. 8)
Das Spielverhalten von Mädchen und Jungen ist nicht als vollkommen gegensätzlich anzusehen. Jungen und Mädchen zeigen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede in ihren Spielinteressen. In vielen Verhaltensbereichen ist davon auszugehen, dass es keine generellen Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen gibt. Dennoch unterscheiden sich ihre Spielwelten, und sie bevorzugen unterschiedliche Spielorte. In der Literatur heißt es, dass „der Rollenspielraum und die Mal- und Bastelecke beliebte Orte der Mädchen, der Bauraum und der Werkraum bevorzugte Orte der Jungen sind. Dabei treffen Jungen und Mädchen am ehesten beim Malen und Basteln, bei Rollenspielen und bei Regelspielen aufeinander.“ (ROHRMANN/THOMA 1998, S.155 f.)
Warum gibt es denn nun diese geschlechtlichen Unterschiede im Spielverhalten?
3. Die Entwicklung der Geschlechtsidentität
Als „typischer“ Junge oder „typisches“ Mädchen wird niemand geboren. Jungen und Männer, sowie Mädchen und Frauen sind nicht einfach so, sie werden so. Die Behauptung geschlechtstypisches Verhalten sei ausschließlich genetisch vorgegeben ist nicht korrekt. Die heutige Gehirnforschung betrachtet zwar z.B. „Aussagen als wissenschaftlich erwiesen [...], dass Jungen und Mädchen durch die Einwirkung von Geschlechtshormonen eine unterschiedliche Gehirnstruktur bekommen“ (BLANK-MATHIEU 2002a, o.S.), aber neben den biologischen Vorraussetzungen und Entwicklungsprozessen haben noch äußere Einflüsse durch Erziehung und Gesellschaft, sowie die inneren Bedürfnisse und Entwicklungsprozesse signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der Geschlechtsidentität. (vgl. ROHRMANN 1997, o.S.) Bis heute ist es jedoch immer noch ungewiss, in welchem Ausmaß die Geschlechterunterschiede angeboren oder durch die Umwelt bedingt sind.
In unserer westlichen Kultur wird davon ausgegangen, dass es genau zwei Geschlechter gibt: das männliche und das weibliche. Beide sind unveränderbar und deutlich voneinander abzugrenzen. An das Wissen über diesen Geschlechterdualismus sind Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit gebunden, die jeweils einen ganzen Kanon von Eigenschaften, Verhaltensweisen, Ambitionen und Emotionen umfassen. Die männlichen Attribute stellen dabei einen Gegenpol der weiblichen Attribute dar. Adjektive wie stark, hart, groß, rational, zielorientiert sind an das männliche Geschlecht geknüpft. Folglich werden Adjektive wie schwach, weich, klein, emotional, prozessorientiert dem weiblichen Geschlecht zugeordnet.
Ein Mädchen ist nur dann ein „richtiges“ Mädchen, wenn ihr soziales Geschlecht dem biologischen entspricht. Diese Ordnung des Geschlechterdualismus, anders ausgedrückt der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit, wird durch ein Wertesystem aufrechterhalten, welches abweichendes Verhalten negativ sanktioniert. Vielfalt und Ambivalenzen werden folglich nicht zugelassen. (vgl. DROGAND-STRUD/RAUW 2005, S.169 f.)
Es lässt sich also die These aufstellen, dass Jungen und Mädchen in Bezug auf die Entwicklung der Geschlechtsidentität eine weitgehend passive Haltung einnehmen, da sie von ihrer Biologie gesteuert werden oder aber Opfer ihrer Sozialisationsbedingungen sind. Die neuere Geschlechterforschung betont allerdings einen anderen Blickwinkel, nämlich, dass Mädchen und Jungen ihre Geschlechtsidentität und das Verhältnis der Geschlechter aktiv entwickeln und gestalten. In den Vordergrund treten individuelle Unterschiede und Vielfältigkeiten beider Geschlechter, sowie „Konstruktionsprozesse“, mit denen geschlechtsbezogene Zuordnungen im Alltag von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen selbst „hergestellt“ werden. (vgl. ROHRMANN 2005b, o.S.)
Demnach stellt die Inszenierung der eigenen Geschlechtsidentität erstens einen praktischen Gestaltungsprozess dar, welcher lebenslang bearbeitet und definiert werden muss. Geschlechtsidentität ist somit nicht klar, eindeutig, selbstverständlich, wie sie es früher zu sein schien. - Sie muss neu gedacht werden: kontingent, fluid, nur zeitweise fixiert. Zweitens bedeutet dies auch, dass Geschlechtsidentitäten nicht mehr auf die zwei Polaritäten „weiblich“ und „männlich“ reduziert, sondern in unzähligen Mustern produziert werden. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang von einer „Pluralität in der Geschlechterdualität“ gesprochen (vgl. ROSE 2005, S. 154), welche die individuellen Unterschiede und Vielfältigkeiten der beiden Geschlechter erklärt, vor Pauschalisierungen bewahrt und überraschende Verhaltensweisen bei Mädchen und Jungen zulässt (vgl. ROHRMANN 2006, S. 8).
Die Durchsetzung der aktiven Gestaltung der Geschlechtsidentität, welche die „Pluralität in der Geschlechterdualität“ mit sich bringt, hat sich bisher jedoch noch nicht, bzw. nur ansatzweise vollzogen. Sie stellt also einen Idealentwurf für die Zukunft dar, wie in der folgenden Ausarbeitung noch deutlich wird.
3.1 Auswirkungen der Sozialisationsbedingungen
Jungen und Mädchen unterscheiden sich zunächst durch äußere Geschlechtsmerkmale, welche schon ab der 17. bis 20. Schwangerschaftswoche erkannt werden können. Mit diesem möglicherweise frühzeitigen Wissen um das Geschlecht des Kindes werden bei beiden Elternteilen Phantasien und unbewusste Vorstellungen in Gang gesetzt. Spätestens nach der Geburt wird das Kind, ob Junge oder Mädchen, von den individuellen Wünschen und Vorstellungen seiner Eltern begeleitet. Vater und Mutter haben Männerbilder und Frauenbilder im Kopf und diese Erwartungshaltungen bestimmen ihr Verhalten gegenüber ihrem Kind. „Nach Untersuchungen von Spitz wurden männliche Säuglinge als stark, durchsetzungsfähig und kräftig wahrgenommen, während dieselben Säuglinge, wenn sie als Mädchen präsentiert wurden als zart und hilflos erlebt wurden.“ (BLANK-MATHIEU 1999, o.S.) Tatsächliche Verhaltensweisen, die das Kind zeigt, werden dann geschlechtsspezifisch verstärkt oder abgeschwächt.
Auch wenn heute die Entwicklung zu beobachten ist, dass Eltern zunehmend ähnliche Erwartungen an Mädchen und Jungen stellen und sich in erster Linie wünschen, dass ihr Kind klug, zärtlich, mutig, einigermaßen durchsetzungsfähig und angstfrei ist, hat sich gezeigt, dass die Erwartungshaltung der Erwachsenen sowie das, was sie nach außen hin vertreten weniger Einfluss auf das kindliche Verhalten nimmt, als ihre eigene Modellfunktion. Und diese orientiert sich vorwiegend noch an traditionellen Rollenmustern (vgl. KASÜSCHKE 2001., o.S.) beziehungsweise Geschlechterrollenstereotypien, also an den als angemessen betrachteten, kulturell erwarteten oder vorgeschriebenen Verhaltensweisen, Fähigkeiten, Einstellungen und Persönlichkeitseigenschaften, welche typisch für Frauen oder Männer gelten.
Die Modellfunktion Erwachsener stellt folglich einen Teufelskreis dar, da traditionelle Geschlechtsrollenstereotype von einer Generation an die nächste weitergegeben werden; zunächst durch Beobachtung und Nachahmung bestimmter Verhaltensmuster, später durch Verinnerlichung der diesen Mustern zugrunde liegenden Vorstellungen und Meinungen. (vgl. FRIED 2004, o.S.)
Inzwischen erfahren Kinder, dass sich das traditionelle Geschlechterrollenverhältnis teilweise im Umbruch befindet und dass folglich in manchen Fällen eine eindeutig voneinander abzugrenzende weibliche oder männliche Rolle nicht mehr existiert. Frauen erobern zunehmend männliche Domänen, so dass die Männer gezwungen sind umzudenken und sich neu orientieren müssen. Es ist jedoch so, dass in der Gesellschaft immer noch feste Vorstellungen von Mann- und Frausein existieren, die (wie oben erläutert) tief verankert sind und aufgrund dessen die Entwicklung in Richtung Abwendung von traditionellen Rollen behindern. (vgl. BLANK-MATHIEU 2006, o.S.) Besonders die Medien tragen zu einer Verfestigung überkommener Rollenvorstellungen bei. „Egal, ob es sich um Reklame im Fernsehen, um die Darstellung von Männer und Frauen in Zeitschriften, um Erzählungen und Geschichten, die von Kindern auf Kassette oder CD gehört werden. Welche Rolle darin von Frauen und Männern, Jungen und Mädchen übernommen werden, prägt auch das eigene Rollenbild.“ (BLANK-MATHIEU 2006, o.S.)
3.1.1 Notwendigkeit der Geschlechterrollenstereotype
Was die Eltern schon möglicherweise bei einem Besuch beim Frauenarzt erfahren, nämlich welchem Geschlecht der Fötus angehört, wird dem Kind im Alter von etwa zwei Jahren bewusst. Laut Literatur lernen Kinder die Unterscheidungen zwischen weiblich und männlich in einem komplexen Prozess, in welchem die Selbstkategorisierung ebenfalls eine Rolle spielt. Es wird davon ausgegangen, dass sie auf dem Weg der primären Sozialisation zunächst ein festes Fundament (Geschlechtsrollenstereotypen) erwerben, auf dem sie schließlich als Individuum ihre eigene Stellungnahme abgeben. Dies kann im Kindergarten beobachtet werden: Kinder malen Männer und Frauen als stereotype Wesen, Männer bekommen z.B. Muskeln, Frauen werden mit Schönheitsidealen bestückt. In Gesprächen mit Kindern wird jedoch deutlich, dass sie Frauen und Männer durchaus real wahrnehmen, z.B. genau wissen, dass die Erzieherin kurze Haare, sowie Hosen trägt. Der Stereotyp bildet ein Raster, an dem sich dann neue Erfahrungen ausrichten können. (vgl. BLANK-MATHIEU 1999, o.S.) Es ist davon auszugehen, dass Kinder zunächst die Geschlechtsrollenstereotype benötigen, und anhand dieser ihre eigene Geschlechtsidentität entwickeln, sowie ihre Rolle in der Gesellschaft ausloten. Dabei geht es dann um die Fragen: Wer bin ich als Mädchen oder Junge? Wie sehen mich andere in meiner Mädchen- oder Jungenrolle? Welche Eigenschaften schreiben mir die anderen zu? Wie soll ich mich nach Meinung anderer verhalten? Auf der Suche nach der eigenen Position orientiert sich das Kind am Verhalten von anderen Mädchen/Frauen und Jungen/Männer. Dabei entwickelt das Kind mit der Zeit eigene Vorstellungen von sich selbst, wie es sein möchte und wie es sein darf. Mit etwa drei bis dreieinhalb Jahren besitzen Kinder, wenn sie in den ersten Jahren verlässliche Bezugspersonen erleben, stabile Bilder von Mutter, Vater und sich selbst. (Vgl. KASÜSCHKE 2001, o.S.)
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1 „Sozialisation ist nach Duden : `Einordnung des (heranwachsenden) Individuums in die Gesellschaft und die damit verbundene Übernahme gesellschaftlich bedingter Verhaltensweisen´“ (MUCK 2005, o.S.)
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- Corinna Kühn (Autor), 2006, Geschlechtsbezogene Pädagogik in Kindertageseinrichtungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85978
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