Die folgende Arbeit soll sich mit dem Begriff und der Existenz des Altruismus beschäftigen. Wichtig ist es hierzu klar zu definieren was Altruismus ist, da der Begriff des Öfteren missverständlich gebraucht oder gar falsch missbraucht wird. Hauptaugenmerk liegt hierbei auf Edward O. Wilsons Sicht, dass man „strengen“ und „milden“ Altruismus unterscheiden muss. Weitere Fragen sind, wie Altruismus die natürliche Zuchtwahl überstehen konnte, und wie das Verhältnis zwischen Altruismus und Egoismus aussieht. Der Philosoph Georg Simmel sagt, dass am Beginn jeder moralphilosophischen Überlegung die Annahme steht, dass menschliches Handeln immer vom eigenen Egoismus ausgeht. Egoismus und Altruismus könnten laut Simmel nicht ohne das jeweilig andere existieren, daher ist auch ein kurzer Exkurs zum Thema Egoismus von Nöten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff
3. Zur Existenz von Altruismus
4. Altruismus bei Mensch und Tier
4.1 Das Überleben der Altruisten in der Tierwelt
4.2 Das Überleben des Altruismus beim Menschen
5. Warum Altruismus die natürliche Zuchtwahl überstand
5.1 Wechselseitiger Altruismus
5.2 Gruppenselektion
5.3 Verwandtschaftsselektion
6. Altruismus als Prüfstein für Darwins Evolutionstheorie
6.1 Darwins Problem mit dem Altruismus
6.2 Eingeschränkter Egoismus als Basis für Altruismus
7. Altruismus in der Gesellschaft
7.1 Altruismus in verschiedenen Ausprägungen
7.2 Anteil des Altruismus in der Gesellschaft
7.3 Zwischen Quallen und Haien
8. Egoismus, Kooperation und Altruismus
9. Schluss
10. Literatur
1. Einleitung
Die folgende Arbeit soll sich mit dem Begriff und der Existenz des Altruismus beschäftigen. Wichtig ist es hierzu klar zu definieren was Altruismus ist, da der Begriff des Öfteren missverständlich gebraucht oder gar falsch missbraucht wird. Hauptaugenmerk liegt hierbei auf Edward O. Wilsons Sicht, dass man „strengen“ und „milden“ Altruismus unterscheiden muss. Weitere Fragen sind, wie Altruismus die natürliche Zuchtwahl überstehen konnte, und wie das Verhältnis zwischen Altruismus und Egoismus aussieht. Der Philosoph Georg Simmel sagt, dass am Beginn jeder moralphilosophischen Überlegung die Annahme steht, dass menschliches Handeln immer vom eigenen Egoismus ausgeht. Egoismus und Altruismus könnten laut Simmel nicht ohne das jeweilig andere existieren, daher ist auch ein kurzer Exkurs zum Thema Egoismus von Nöten.
2. Der Begriff
Altruismus wurde 1851 durch Auguste Comte so benannt. Comte hielt die Existenz dieses für ihn „höchste aller Tugenden“[1] auch für erwiesen. Diese Existenz ist jedoch umstritten. Kirchenmänner predigen ihn als ethisches Ideal. Unter Philosophen hingegen ist man sich uneinig. Viele sehen hinter gütigen und mitfühlenden Handlungen einen verdeckten Eigennutz, andere wie Platon, Aristoteles oder Spinoza glaubten zwar an ihn, aber ohne ihn genau zu definieren. Eine genaue Definition und vor allem der Versuch eines Nachweises seiner Existenz ließ noch lange auf sich warten.
Wichtig ist es erstmals das Wort Altruismus genau zu definieren, weil es im Sprachgebrauch des Öfteren falsch benutzt wird. Oft wird es benutzt um ein Verhalten zu beschreiben, das in irgendeiner Form anderen Menschen zu Gute kommt. Dies ist aber nicht ausreichend, da es sich nicht um altruistisches Verhalten handelt, wenn man selber auch einen Profit oder einen Nutzen daraus zieht. Daher ist altruistisches Verhalten nur, „ ein Verhalten, das anderen nützt und nicht in Erwartung einer externen Belohnung erfolgt.“[2]
Es werden damit Handlungen ausgeschlossen, die dem eigenen Nutzen ebenso vordergründig zu Gute kommen, wie dem Wohl anderer. Nur der Nutzen anderer und die eigene Erwartung keine Belohnung hierfür zu erlangen kennzeichnen eine wahre altruistische Handlung. In Wilsons Worten ist Altruismus: „Großzügigkeit ohne Hoffnung auf Erwiderung“[3].
3. Zur Existenz von Altruismus
Die Existenz von Altruismus ist umstritten. Diejenigen, die glauben, dass Menschen von Natur aus egoistisch und selbstsüchtig sind, lehnen die Möglichkeit eines „wahren“, „strengen“ oder „echten“ Altruismus ab. Sie halten altruistisches Verhalten für verborgenen Egoismus, der einen nachträglichen Gewinn für den vermeintlichen Altruisten mit sich bringt.
Philosophen wie John Stuart Mill, der den eigenen Genuss des Menschen als deren Hauptantrieb des Verhaltens ansah, glauben, dass wir anderen nur helfen und Gutes tun um selber dadurch ein Nutzen, wie innere Befriedigung zu ziehen. Die altruistische Tat verursacht uns zwar anfänglich Schmerzen, aber sie wurde nur durch die Erwartung eines späteren größeren Genusses oder Vorteils ausgeübt. Erzbischof Fénelon äußerte im siebzehnten Jahrhundert zu dieser Sicht treffend: „Alle Großmut, alle natürliche Zuneigung, ist nur eine besonders raffinierte, täuschende und teuflische Form der Eigenliebe.“[4]
Laut einer anderen Sicht tun Menschen nur Gutes um ihrer selbst Willen. Sie handeln gut um sich besser zu fühlen. Im achtzehnten Jahrhundert äußerte der Satiriker Bernard de Mandeville, dass, „wenn wir ein kleines Kind davor bewahren, ins Feuer zu fallen, ‚wir uns nur selber einen Gefallen tun, denn es hineinfallen zu sehen und nichts dagegen getan zu haben, hätte uns einen Schmerz bereitet, den zu vermeiden uns schon die Selbsthaltung zwingt.’“[5]
Auch heutzutage wird Altruismus in der Psychologie auf ähnliche Weise erklärt. Egal wie nobel die Tat erst mal aussieht, sehen die meisten zeitgenössischen Psychologen ein starkes Eigeninteresse als Ursache.
Erkennbar ist jedenfalls, dass Kritiker, die nicht an wahren Altruismus glauben, dem Altruisten immer ein eigennütziges Interesse unterstellen, sei es ein späterer Gewinn, eine insgeheim erwartete Gegenleistung, öffentliche Anerkennung oder auch eine Steigerung des Selbstwertgefühls.
Im Gegensatz zu den bisher genannten, gibt es aber auch einige Philosophen, Psychologen und Soziologen, die sich klar für die Existenz des Altruismus aussprechen. Auguste Comte, der Namensgeber des Altruismus hielt seine Existenz für erwiesen, und kirchliche Institutionen preisen ihn als ethisches Ideal.
Wenn es Altruismus beim Menschen gibt, scheint er eher unter Verwandten aufzutreten. Die Mutter, die sich für ihr Kind opfert, der Vater, der seinen Sohn rettet. Jeder Elternteil scheint bereit sich für sein Kind zu opfern. Aus Sicht Darwins und aus der Perspektive der natürlichen Zuchtwahl scheint dies plausibel, denn der Elternteil rettet ja indirekt seine Gene indem er sein Kind rettet. Hier ist altruistisches Verhalten noch vollkommen logisch. Die eigenen Gene leben in den Kindern oder Verwandten weiter, daher scheint der Altruismus krass ausgedrückt sogar eine Form von Gen-Egoismus zu sein, denn wenn ein Mensch sich selbstlos für seine nahen Verwandten opfert sichert er damit vielleicht trotzdem den Fortbestand seiner Gene, während sie andernfalls möglicherweise nicht fortbestehen könnten.
4. Altruismus bei Mensch und Tier
Der altruistische Selbstmord kommt nicht nur beim Menschen vor, sondern auch bei Tieren wie Ameisen oder Bienen. Inwiefern dieses Verhalten jedoch wirklich altruistisch ist, ist fraglich, weil nicht klar ist, ob die Biene die sich für ihre Königin opfert dies bewusst tut, sich also der Konsequenzen klar ist. „Die gemeinsame Fähigkeit zum äußersten Opfer bedeutet nicht, dass der menschliche Geist und der ‚Geist’ eines Insekts (falls es so etwas gibt) in der gleichen Weise arbeiten.“[6]
4.1 Das Überleben der Altruisten in der Tierwelt
Wenn man nun von Darwins Theorie der natürlichen Auslese ausgeht, dann müsste aber die altruistischen Gene allmählich aussterben. Selbstopferung führt zwangsläufig zu einer geringeren Nachkommenschaft, es führt dazu, dass die Helden im Gegensatz zu egoistischen Artgenossen weniger Nachwuchs haben, und somit auch die Gene der altruistisch handelnden nach längerer Zeit aussterben müssten. Demnach müsste die Fähigkeit zu altruistischem Handeln immer mehr verloren gehen.
Warum dies nicht der Fall ist, ist im Fall der Insekten wie Termiten, Ameisen und Bienen leicht zu klären. „Die natürliche Auslese wurde verallgemeinert und umfasst die Verwandtschaftsauslese.“[7] Die Biene oder Termite, die sich für ihren Stamm opfert, schützt damit nicht nur die Kolonie, also ihre Geschwister, sondern auch ihre Königin, und damit die Mutter des sozialen Insekts. Sein Tod lässt demnach seine Geschwister bzw. seine Mutter weiter Nachwuchs zeugen, und diese neugeborenen Geschwister, Neffen oder Nichten tragen auch seine Gene weiter, und damit auch die altruistischen Gene.
Wilson glaubt nun, dass es sich das beim Menschen ähnlich abspielen könnte. Ähnlich sahen das auch Richard Dawkins und Mark Ridley. Jedoch ist es sehr zweifelhaft diesen Schluss von Tier auf Mensch zu ziehen. Der sogenannte Altruismus, der bei den Tieren vorkommt, „hat nichts mit Mitleid, Güte oder dem Wunsch zu tun, einem anderen Lebewesen etwas Gutes zu tun; vielmehr ist er eine Instinktregung, die, da sie dem Tier optimale Chancen für die Erhaltung seiner Gene sicherte, bei der Zuchtwahl begünstigt wurde.“[8] Der Vergleich von Mensch und Tier hinkt, denn wenn ein Mensch altruistisch handelt, dann handelt er absichtsvoll, hingegen ein Tier handelt in der Regel nach instinktiv, und daher ohne Absicht.
4.2 Das Überleben des Altruismus beim Menschen
Die Ursache, warum das altruistische Verhalten bei Tieren überleben konnte, scheint damit geklärt. Darwins Theorie der natürlichen Zuchtwahl greift und macht die Vererbung und das Talent altruistische Taten ausüben zu können plausibel.
Beim Menschen ist die Sache jedoch um einiges schwieriger. Viele Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von dem „Altruismus-Gen“[9], womit nicht ein einzelnes für den Altruismus notwendiges Gen gemeint ist, sondern die angeborenen „Instinktreaktionen auf die Not anderer Menschen, die die Grundlage des altruistischen Verhaltens sind.“[10]
Die Annahme, altruistisches Verhalten könnte durch eine Gen vererbt werden, und dieses Gen wäre allein verantwortlich für das altruistische Handeln, ist nicht plausibel, denn ein so komplexes Verhalten kann kaum genetisch kodiert sein.
„Was aber kodiert sein könnte, sind die Grundvoraussetzungen, auf denen Neigung und Fähigkeit zum Altruismus beruhen. Der wichtigste Beweis dafür ist der durch neuere Forschungen erhärtete Tatbestand, dass es kleine Kinder, lange bevor sie (...) Altruismus begreifen können, selber unglücklich macht, wenn sie bei anderen Menschen Unglück (...) erleben, und dass sie ihnen sogar ansatzweise zu helfen versuchen.“[11]
Dies zeigt, dass altruistisches Handeln überlebt. Die Frage ist, warum und wie, denn warum sollte bei der Evolution die Möglichkeit eines solchen Verhaltens begünstigt worden sein, wo es beim Menschen doch die Arterhaltungschancen der altruistischen Person stark reduziert. Eine Eliminierung des Altruismus-Gens wäre daher auf den ersten Blick plausibler gewesen.
[...]
[1] Hunt, Morton: Das Rätsel der Nächstenliebe. Der Mensch zwischen Egoismus und Altruismus. Frankfurt/New York 1992. S. 25.
[2] ebd. S. 16.
[3] Wilson, Edward O.: Altruismus. In: Bayertz, Kurt: Evolution und Ethik. Stuttgart 1993. S.133.
[4] Hunt, Morton: Das Rätsel der Nächstenliebe. Der Mensch zwischen Egoismus und Altruismus. Frankfurt/New York 1992. S.21.
[5] ebd. S.21.
[6] Wilson, Edward O.: Altruismus. In: Bayertz, Kurt: Evolution und Ethik. Stuttgart 1993. S.137.
[7] Wilson, Edward O.: Altruismus. In: Bayertz, Kurt: Evolution und Ethik. Stuttgart 1993. S.137.
[8] Hunt, Morton: Das Rätsel der Nächstenliebe. Der Mensch zwischen Egoismus und Altruismus. Frankfurt/New York 1992. S.39.
[9] ebd. S.43.
[10] ebd. S.44.
[11] Hunt, Morton: Das Rätsel der Nächstenliebe. Der Mensch zwischen Egoismus und Altruismus. Frankfurt/New York 1992. S.44.
- Citar trabajo
- Luc Wildanger (Autor), 2006, Altruismus - Der Mensch zwischen Altruismus und Egoismus in unserer Gesellschaft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85350
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