In der versicherungswirtschaftlichen Praxis ist es legitim, dass ein Versicherungsunternehmen vor, bzw. während des Abschlusses eines Versicherungsvertrages Informationen vom Versicherungsnehmer zu dessen individuellen Risikoeigenschaften verlangt, um auf Basis dieser Informationen die Versicherungsprämie zu kalkulieren.
Dem Versicherungsnehmer hingegen obliegt es gemäß §16 i.V.m. §17 VVG , diese Informationen wahrheitsgemäß an das Versicherungsunternehmen auszuhändigen, da ansonsten im Schadenfall unter Umständen keine Leistungspflicht des Versicherers besteht.
Die obige Erklärung zeigt, wie in der Praxis das Problem asymmetrischer Information zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmern auf Versicherungsmärkten behandelt werden kann. Mit der vorliegenden Arbeit soll der theoretische Hintergrund zu diesem Problem dargestellt werden. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen hierbei die berühmten Erkenntnisse von ROTHSCHILD und STIGLITZ auf diesem Gebiet, die ein Versicherungsgleichgewicht auf kompetitiven Versicherungsmärkten bei asymmetrischer Information entwickelt haben.
In Kapitel 2 sollen zunächst Grundlagen zum Problem asymmetrischer Information auf Versicherungsmärkten vermittelt werden, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere auf Moral Hazard und Adverse Selection eingegangen wird. Daran anschließend befasst sich Kapitel 3 mit dem von ROTHSCHILD und STIGLITZ entwickelten Separationsgleichgewicht, das nach einer Darstellung der zu Grunde liegenden modelltheoretischen Annahmen, sowie einer Gleichgewichtssituation bei vollständiger Information, vorgestellt wird. Ihren Abschluss findet diese Arbeit in einer Schlussbetrachtung, die die wesentlichsten Ergebnisse zum Separationsgleichgewicht kurz zusammenfasst.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen asymmetrischer Information auf Versicherungsmärkten
2.1 Moral Hazard
2.2 Adverse Selection
3. Das Separationsgleichgewicht von ROTHSCHILD und STIGLITZ
3.1 Grundmodell und Modellannahmen
3.1.1 Nachfrage nach Versicherungsschutz
3.1.2 Angebot an Versicherungsschutz
3.2 Gleichgewicht bei vollständiger Information (First-Best)
3.3 Gleichgewicht bei asymmetrischer Information (Second-Best)
4. Schlussbetrachtung
ANHANG
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entscheidungsmatrix
Abbildung 2a: Indifferenzkurve bei niedriger Schadenwahrscheinlichkeit
Abbildung 2b: Indifferenzkurve bei hoher Schadenwahrscheinlichkeit
Abbildung 3: Versicherungsoptimum
Abbildung 4: First-Best-Optimum bei vollständiger Information
Abbildung 5: Separationsgleichgewicht bei asymmetrischer Information
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In der versicherungswirtschaftlichen Praxis ist es legitim, dass ein Versicherungsunternehmen vor, bzw. während des Abschlusses eines Versicherungsvertrages Informationen vom Versicherungsnehmer zu dessen individuellen Risikoeigenschaften verlangt, um auf Basis dieser Informationen die Versicherungsprämie zu kalkulieren. Dem Versicherungsnehmer hingegen obliegt es gemäß §16 i.V.m. §17 VVG[1], diese Informationen wahrheitsgemäß an das Versicherungsunternehmen auszuhändigen, da ansonsten im Schadenfall unter Umständen keine Leistungspflicht des Versicherers besteht.
Die obige Erklärung zeigt, wie in der Praxis das Problem asymmetrischer Information zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmern auf Versicherungsmärkten behandelt werden kann. Mit der vorliegenden Arbeit soll der theoretische Hintergrund zu diesem Problem dargestellt werden. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen hierbei die berühmten Erkenntnisse von ROTHSCHILD und STIGLITZ[2] auf diesem Gebiet, die ein Versicherungsgleichgewicht auf kompetitiven Versicherungsmärkten bei asymmetrischer Information entwickelt haben.
In Kapitel 2 sollen zunächst Grundlagen zum Problem asymmetrischer Information auf Versicherungsmärkten vermittelt werden, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere auf Moral Hazard und Adverse Selection eingegangen wird. Daran anschließend befasst sich Kapitel 3 mit dem von ROTHSCHILD und STIGLITZ entwickelten Separationsgleichgewicht, das nach einer Darstellung der zu Grunde liegenden modelltheoretischen Annahmen, sowie einer Gleichgewichtssituation bei vollständiger Information, vorgestellt wird. Ihren Abschluss findet diese Arbeit in einer Schlussbetrachtung, die die wesentlichsten Ergebnisse zum Separationsgleichgewicht kurz zusammenfasst.
2 Grundlagen asymmetrischer Information auf Versicherungsmärkten
Versicherungsmärkte sind gekennzeichnet durch Principal-Agent-Beziehungen zwischen Versicherungsschutz anbietenden Versicherungsunternehmen (Principale) und Versicherungsschutz nachfragenden Versicherungsnehmern (Agenten), deren Beziehungen generell schriftlich in bindenden Versicherungsverträgen fixiert werden.[3] Mit Abschluss eines Versicherungsvertrages überträgt der Versicherungsnehmer das Risiko eines Schadeneintritts gegen Zahlung einer Prämie auf das Versicherungsunternehmen, das sich im Gegenzug durch Abgabe eines Versicherungsschutzversprechens dazu verpflichtet, im Schadenfall Zahlungen an den Versicherungsnehmer zu leisten.[4] Problematisch ist bei diesem Vertragsverhältnis, dass das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Versicherungsnehmer bzgl. dessen Eigenschaften einen Schaden zu verursachen, bzw. die Höhe eines Schadens zu beeinflussen, nur unzureichend informiert ist.[5] Dieses Informationsdefizit, auch bezeichnet als asymmetrische Informationsverteilung zwischen Principal und Agent, muss das Versicherungsunternehmen bei der Gestaltung von Versicherungsverträgen berücksichtigen.[6] Von besonderer Bedeutung sind dabei insbesondere die beiden Fälle Moral Hazard und Adverse Selection als Formen asymmetrischer Information, die in den folgenden Kapiteln 2.1 und 2.2 näher beschrieben werden.
2.1 Moral Hazard
Für Versicherungsunternehmen besteht das Problem, dass das Verhalten der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss nicht mehr beobachtet werden kann bzw. eine Überwachung der Versicherten als unwirtschaftlich angesehen wird.[7] Somit können Versicherer nur schwer zwischen zufällig aufgetretenen Schäden und Schäden, die auf mangelnde Sorgfalt der Versicherten zurück zu führen sind, unterscheiden.[8] In der Gewissheit versichert zu sein, ergeben sich seitens der Versicherten dadurch entsprechende Anreize, nach Abschluss des Versicherungsvertrages das eigene Verhalten zum Nachteil der Versicherer zu ändern. Dies wird auch als Moral Hazard (moralisches Risiko) bezeichnet.[9]
Zwischen den Ausprägungen von Moral Hazard auf Versicherungsmärkten lässt sich weiter differenzieren zwischen ex ante und ex post Moral Hazard.[10] Mit dem in der Literatur am häufigsten diskutierten ex ante Moral Hazard werden verborgene Verhaltensweisen der Versicherten vor Schadeneintritt beschrieben. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um unterlassene Schadenverhütungs- und Schadenminderungsmaßnahmen, wodurch sich zum einen die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens vergrößert und zum anderen die Schadenhöhe im Schadenfall zunimmt.[11] Ex post Moral Hazard liegt dagegen vor, wenn nicht sichtbar für den Versicherer nach Schadeneintritt die Schadenhöhe durch den Versicherungsnehmer erhöht wird.[12]
Die Moral Hazard-Problematik hat Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung der Versicherungsunternehmen und führt letztlich dazu, dass nur noch Verträge angeboten werden können, die eine Selbstbeteiligung der Versicherten im Schadenfall enthalten. Auf diese Weise wird der Versicherungsnehmer durch den Vertrag zur Einhaltung einer gewissen Sorgfalt bewegt.[13]
2.2 Adverse Selection
Mit Moral Hazard werden für Versicherungsunternehmen nicht beobachtbare Verhaltensweisen der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss beschrieben. Adverse Selection als weitere Form asymmetrischer Information umfasst dagegen Situationen vor Vertragsschluss, in denen Versicherer nicht vollständig über die Risikoeigenschaften der Versicherungsnehmer informiert sind und insofern eine Unterteilung der Versicherungsnehmer in unterschiedliche Risikoklassen nicht möglich ist.[14] Die Versicherungsnehmer kennen hingegen ihre Risikoeigenschaften, verbergen diese jedoch vor den Versicherern.[15]
[...]
[1] §16 des Versicherungsvertragsgesetzes behandelt die vorvertragliche Anzeigepflicht und §17 die möglichen Konsequenzen bei einer unrichtigen Angabe.
[2] Vgl. Rothschild, M., Stiglitz, J. (1976), S. 629-649.; Stiglitz wurde hierfür im Jahr 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geehrt.
[3] In der Literatur wird meistens davon ausgegangen, dass die Versicherungsunternehmen als Principale und die Versicherungsnehmer als Agenten auftreten, aber auch der umgekehrte Fall ist möglich. Vgl. dazu Hellwig, M. (1988), S. 1074f.; Vgl. auch Zweifel, P., Eisen, R. (2000), S. 292.
[4] Vgl. Farny, D. (2006), S. 21f.
[5] Vgl. Hellwig, M. (1988), S. 1065.
[6] Vgl. Jost, P.-J. (2001), S. 21.
[7] Vgl. Zweifel, P., Eisen, R. (2000), S. 292.
[8] Vgl. Spremann, K. (1990), S. 571.
[9] Vgl. Jost, P.-J. (2001), S. 26.; Oftmals ist als Synonym für Moral Hazard auch der Begriff Hidden Action (versteckte Handlung) gebräuchlich. Vgl. dazu Varian, H. R. (2004), S. 836.
[10] Vgl. Graf von der Schulenburg, J.-M. (2005), S. 282f.; Einfaches Beispiel für unterlassene Schadenverhütungsmaßnahmen ist bspw. eine riskantere Fahrweise in der Gewissheit, eine Kfz-Versicherung zu haben. Unter unterlassene Schadenminderung fällt z.B bei einer Feuerversicherung ein Verzicht auf eine Installation von Feuerlöschern.
[11] Vgl. Zweifel, P., Eisen, R. (2000), S. 293f.
[12] Vgl. ebenda, S. 310ff.; Z.B. wenn der Versicherte nach einem Unfall eine möglichst teure Werkstatt aufsucht.
[13] Vgl. Varian, H. R. (2007), S. 836.
[14] Vgl. Zweifel, P., Eisen, R. (2000), S. 318.; An dieser Stelle sei auf die legendäre Arbeit von George AKERLOF hingewiesen, der das Problem der Adverse Selection anhand eines Gebrauchtwagenmarktes untersuchte. Vgl. dazu Akerlof, G. (1970), S. 488-500.
[15] Vgl. Jost, P.-J. (2001), S. 28.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Volkswirt Stefan Hienzsch (Autor:in), 2007, Gleichgewicht auf kompetitiven Versicherungsmärkten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85345
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