„Man hat zu aller Zeit von dem absolutnotwendigen Wesen geredet, und sich nicht so wohl Mühe gegeben, zu verstehen, ob und wie man sich ein Ding von dieser Art auch nur denken könne, als vielmehr dessen Dasein zu beweisen“ (KrV:A592/B620) schreibt Kant in der Kritik der reinen Vernunft.
Schon immer machen sich Menschen Gedanken über das höchste Wesen, d.i. Gott, fragen nach seinen Eigenschaften und versuchen ihn bildlich darzustellen. Doch nicht nur die Vorstellung von Gott beschäftigte und beschäftigt heute noch die Menschen. So wurde immer wieder versucht, wie Kant im einleitenden Zitat schreibt, Gottes Dasein zu beweisen. Der Glaube an und die Vorstellung von Gott schien den Menschen nie ausreichend zu sein. Die Frage nach der Existenz Gottes stellt sich zuallererst als eine theologische. Denn wo könnte man nach dem Dasein Gottes besser fragen als in dem Fach, das sich mit der Religion beschäftigt. Doch schon seit Anbeginn der Philosophie wird diese Frage auch hier behandelt. So haben viele Philosophen versucht einen Beweis für Gott zu erbringen und daraus entstanden unterschiedliche Gottesbeweise. Dazu gehört z.B. der kosmologische Gottesbeweis, der von der unbedingten Notwendigkeit eines Wesens, das außerhalb unseres Universums liegt, schließt. Der physikotheologische Beweis, der die Erfahrung zugrunde legt und der kausale Gottesbeweis, bei dem von einer ersten unbedingten Ursache ausgegangen wird, auf die alles zurückzuführen ist. Doch bisher fanden sich immer wieder Kritiker und keiner der Beweise konnte überzeugen.
In der vorliegenden Arbeit wird der ontologische Gottesbeweis behandelt. In einem ersten Schritt wird er kurz dargestellt und anschließend folgt ein Vergleich zweier wichtiger Philosophen, von denen er bearbeitet wurde: René Descartes und Immanuel Kant. Descartes versucht in Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, das erstmals 1641 erschien, in sechs Meditationen darzustellen, wie sichere Erkenntnis möglich ist. In der dritten und fünften Meditation bringt er seine Gottesbeweise, wobei für einen Vergleich mit Kant vor allem der ontologische Beweis aus der fünften Meditation wichtig ist.
Inhalt
Einleitung
1. Der ontologische Gottesbeweis
2. Der ontologische Gottesbeweis bei Descartes und Kant – ein Vergleich
2.1 Zur Definition Gottes
2.2 Das Beispiel mit dem Dreieck
2.3 Trennung von Gott und Dasein
2.4 ‚Gott existiert’ als synthetischer und analytischer Satz
2.5 ‚Sein’ – logisches oder reales Prädikat?
3. Zusammenfassung
4. Literatur
Einleitung
„Man hat zu aller Zeit von dem absolutnotwendigen Wesen geredet, und sich nicht so wohl Mühe gegeben, zu verstehen, ob und wie man sich ein Ding von dieser Art auch nur denken könne, als vielmehr dessen Dasein zu beweisen“ (KrV:A592/B620) schreibt Kant in der Kritik der reinen Vernunft.
Schon immer machen sich Menschen Gedanken über das höchste Wesen, d.i. Gott, fragen nach seinen Eigenschaften und versuchen ihn bildlich darzustellen. Doch nicht nur die Vorstellung von Gott beschäftigte und beschäftigt heute noch die Menschen. So wurde immer wieder versucht, wie Kant im einleitenden Zitat schreibt, Gottes Dasein zu beweisen. Der Glaube an und die Vorstellung von Gott schien den Menschen nie ausreichend zu sein. Die Frage nach der Existenz Gottes stellt sich zuallererst als eine theologische. Denn wo könnte man nach dem Dasein Gottes besser fragen als in dem Fach, das sich mit der Religion beschäftigt. Doch schon seit Anbeginn der Philosophie wird diese Frage auch hier behandelt. So haben viele Philosophen versucht einen Beweis für Gott zu erbringen und daraus entstanden unterschiedliche Gottesbeweise. Dazu gehört z.B. der kosmologische Gottesbeweis, der von der unbedingten Notwendigkeit eines Wesens, das außerhalb unseres Universums liegt, schließt. Der physikotheologische Beweis, der die Erfahrung zugrunde legt und der kausale Gottesbeweis, bei dem von einer ersten unbedingten Ursache ausgegangen wird, auf die alles zurückzuführen ist. Doch bisher fanden sich immer wieder Kritiker und keiner der Beweise konnte überzeugen.
In der vorliegenden Arbeit wird der ontologische Gottesbeweis behandelt. In einem ersten Schritt wird er kurz dargestellt und anschließend folgt ein Vergleich zweier wichtiger Philosophen, von denen er bearbeitet wurde: René Descartes und Immanuel Kant. Descartes versucht in Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, das erstmals 1641 erschien, in sechs Meditationen darzustellen, wie sichere Erkenntnis möglich ist. In der dritten und fünften Meditation bringt er seine Gottesbeweise, wobei für einen Vergleich mit Kant vor allem der ontologische Beweis aus der fünften Meditation wichtig ist. Denn diesen greift Kant in seinem Werk Kritik der reinen Vernunft auf, deren erste Originalauflage 1781 erschien. Kants Ziel ist es herauszufinden, was die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis sind. Seine Frage lautet, wie sind synthetische Urteile a priori möglich? Neben der Darstellung des ontologischen (sowie auch des kosmologischen und physikotheologischen) Gottesbeweises versucht Kant vor allem zu zeigen, dass solch ein Beweis unmöglich ist.
1. Der ontologische Gottesbeweis
Der Begriff Ontologie leitet sich vom griechischen ontos = das Seiende ab. Die Ontologie ist damit die Lehre vom Seienden. Beim ontologischen Gottesbeweis fragt man nach dem Wesen Gottes, d.h. nach seinen Eigenschaften und Merkmalen und schließt dann vom Wesen Gottes auf sein Dasein.
Zum ersten Mal taucht dieser Beweis bei Anselm von Canterbury auf. In seinem Werk Proslogion versucht er aus der Vollkommenheit Gottes dessen Existenz zu beweisen. Gott ist Anselm nach etwas, worüber nichts größeres gedacht werden kann (Proslogion, Kap.2). Und somit muss Gott existieren. Die Vorstellung von Etwas, das auf jeden Fall existiert, ist möglich. Würde man Gott ein Dasein absprechen, würde dieses andere Etwas, das auf jeden Fall existiert, allerdings größer sein als Gott selbst. Da aber Anselm zufolge nichts größeres als Gott gedacht werden kann, muss Gott existieren.
Neben Anselm von Canterbury formulierten u.a. auch René Descartes und Immanuel Kant den ontologischen Gottesbeweis. In der fünften Meditation seines Buches Meditationen über die Grundlagen der Philosophie nimmt Descartes den ontologischen Beweis auf und schließt von der Vollkommenheit Gottes auf dessen Dasein. Denn wie könnte etwas vollkommen sein, wenn es nicht existieren würde? Vollkommenheit schließt für Descartes ein Dasein mit ein. Das heißt, da Gott ein vollkommenes Wesen ist, muss er notwendigerweise auch existieren.
In der Kritik der reinen Vernunft stellt Kant neben dem kosmologischen und dem physikotheologischen Gottesbeweis auch den ontologischen dar, ohne sich jedoch ausdrücklich auf Anselm oder Descartes zu berufen. Sein Ziel ist, neben der Darstellung des Gottesbeweises, vor allem das Zeigen der Unmöglichkeit eines solchen.
Im Folgenden möchte ich nun einen Vergleich zwischen Descartes und Kants Darstellung des ontologischen Gottesbeweises ziehen. Darüber hinaus verdeutliche ich Kants Kritik daran. Bei Literaturangaben im Text verwende ich die Abkürzung Med. mit Kapitel und Absatz für Descartes Meditationen über die Grundlagen der Philosophie und KrV mit Seitenzahlen der Originalauflagen A und B bei Kants Kritik der reinen Vernunft.
2. Der ontologische Beweis bei Descartes und Kant – ein Vergleich
2.1 Zur Definition Gottes
In der dritten Meditation, die mit Über das Dasein Gottes überschrieben ist, geht Descartes der Überlegung nach, wie sichere Erkenntnis möglich ist. So stellt er gleich zu Beginn die Regel auf, dass alles das wahr ist, was ganz klar und deutlich eingesehen werden kann (Med:III,2). Um den Begriff eines Gottes einordnen zu können, teilt er zunächst die Gedanken in bestimmte Klassen ein (Med:III,5). So gibt es unter ihnen die Vorstellungen/Ideen, welches Bilder sind, die ich mir in meinen Gedanken vorstelle. Zu ihnen gehört z.B. die Vorstellung eines Menschen, des Himmels, eines Engels oder die Vorstellung von Gott. Eine andere Klasse sind die Willensakte oder Gemütsbewegungen. Das heißt, der Mensch, als denkendes Wesen will, verneint, wünscht und hofft. Und die Urteile als dritte Klasse, in der als einzige der drei Klassen Irrtum möglich ist. Gott wird von Descartes in die Klasse der Ideen/Vorstellungen eingeteilt (und ist somit frei von jedem Irrtum).
Descartes definiert Gott als „eine Substanz, die unendlich, unabhängig, allwissend und allmächtig ist und von der (er) selbst geschaffen (ist) ebenso wie alles andere Existierende“ (Med:III,22). Da dies alles so vorzüglich ist und dessen Abstammung aus einem menschlichen Wesen allein unmöglich erscheint, folgert er, „dass Gott notwenig existiert“ (Med:III,22). Begründet wird dies dadurch, dass der Mensch durchaus eine Vorstellung von Unendlichkeit hat (diese Unendlichkeit ist Gott), aber er selbst (der Mensch) endlich ist. Der Mensch begreift die Unendlichkeit dadurch, dass er selbst zweifelt, dass er wünscht und dass es ihm an gewissen Dingen mangelt. Er sieht ein, dass er nicht vollkommen ist. Das bedeutet, dass das Ich, genauso wenig wie jedes andere endliche Ding, die Ursache Gottes sein kann. Denn wie kann etwas Unendliches aus etwas Endlichem entspringen? Um sich dessen bewusst zu werden, muss er aber eine Vorstellung von etwas Vollkommenen haben, sonst hätte er nichts, womit er sich vergleichen könnte und er würde sich seiner Unvollkommenheit nicht bewusst werden. Um sich ein vollkommenes und somit unendliches Wesen vorstellen zu können, muss dieses folglich wahrhaftig existieren. Die Vorstellung Gottes ist dem Menschen angeboren (Med:III,38).
Während Descartes von Gott immer als einem vollkommenen Wesen spricht, benutzt Kant hierfür den Ausdruck des absolutnotwendigen Wesens (KrV:A592/B620) oder des allerrealsten Wesens. Für ihn stellt der Begriff eines absolutnotwendigen Wesens einen reinen Vernunftbegriff dar, also eine Idee, die eigentlich zum Ziel hat, den Verstand zu begrenzen (KrV:A592/B620). Denn würde die Idee solch eines Wesens fehlen, würde der Verstand immer weiter nach einer Ursache fragen. Um diesem Umstand ein Ende zu machen, setzt die Vernunft die Idee eines letzten und absolutnotwendigen Wesens, welches als Ursache aller Ursachen angesehen wird. Dieses Wesen liegt außerhalb unserer Sphäre des Verstandes.
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- Citation du texte
- Sabrina Lasar (Auteur), 2007, Der ontologische Gottesbeweis bei Descartes und Kant, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85283
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