Diese Diplomarbeit stellt das Thema prozessorientiertes Projektmanagement am Beispiel der Projektabwicklung im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft vor. Im Rahmen meines Studiums an der Fachhochschule Eberswalde erhielt ich Kenntnisse zur Anwendung der Methode des Projektmanagements und entdeckte mein Interesse für die Thematik der Projektabwicklung. Dieses theoretische Wissen setzte ich daraufhin als Werkstudentin für die Siemens Power Generation AG ein. Durch die aktive Teilnahme als Werkstudentin erkannte ich, dass die Bedeutung des prozessorientierten Projektmanagement im globalen Wettbewerb steigt, denn Deregulierung, Globalisierung oder aber der technologische Fortschritt zwingt ein Unternehmen in seinen verschiedenen Organisationenformen, sich an die veränderten Umwelt- und Marktbedingungen anzupassen. Diese notwendigen Paradigmenwechsel werden vor diesem Hintergrund zunehmend in Form von standortübergreifenden Projekten oder Multi-Projekten durchgeführt.
Dennoch ist nicht jedes Projekt gleich erfolgreich. Laut der CHAOS Studie der Standish Group aus dem Jahr 1994 mussten unter der Anwendung des traditionellen Projektmanagements 31% von den 8.380 beobachteten Projekten abgebrochen werden und 53% waren wesentlich teurer und dauerten länger als ursprünglich geplant. Jim Johnson, Chairman der Standish Group schätzte den Verlust durch verzögerte oder abgebrochene Projekte im Rahmen dieser Studie auf $ 140.000 Mio. Die aktualisierte CHAOS Studie in 2006 zeigt bei der Anwendung eines prozessorientierten Projektmanagements eine deutliche Qualitätssteigerung in der Durchführung von Prozessen. So wurden hier nur noch 19% der gestarteten Vorhaben Komplettausfälle ermittelt und nur 31,1% wiesen Fehlplanungen auf
Die Ursachen für die Qualitätssteigerung liegen in zusätzlichen Aspekten der Prozessorientierung. Daher möchte ich mit meiner Diplomarbeit die Vorteile eines prozessorientierten Projektmanagements aufzeigen.
INHALTVERZEICHNIS
Einführung
A. Theoretische Grundlagen und Ansätze des prozessorientierten Projektmanagements
1. Prozess
1.1 Der formale Prozess
1.2 Der Prozess als Geschäftsprozess
2. Prozessorientierung
3. Projekt
3.1 Zentrale Merkmale eines Projektes
3.2 Projekt versus Prozess
3.3 Projektmanagement
4. Prozessorientiertes Projektmanagement
B. Anwendung des prozessorientierten Projektmanagements im industriellen Anlagengeschäft in der Praxis
1. Projektstart
1.1 Standardbedingungen
1.2 Projektstruktur
1.3 Projektteamentwicklung
1.4 Projekteröffnungsgespräch / Kick-off-Meeting
2. Projektplanung
2.1 Ablaufplanung
2.2 Personaleinsatzplanung
3. Projektcontrolling
3.1 Aufgaben des Projektcontrollings
3.1.1 Führungsunterstützung
3.1.2 Koordination des Informationssystems
3.1.3 Kontrolle
3.1.3.1 Terminkontrolle
3.1.3.2 Kostenkontrolle
3.1.3.3 Qualitätssicherung
3.1.4 Steuerung
3.2. Instrumente der Projektsteuerung
4. Projektabschluss
C. Zusammenfassung und Ausblick
ANHANG
Literaturverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Die Auftragabwicklung eines Geschäftsprozesses
Abbildung 2: Struktur des Geschäftsprozesses
Abbildung 3: Das Phasenmodell des Projektmanagements
Abbildung 4: Zielkonflikt des Projektmanagements innerhalb des magischen Dreiecks
Abbildung 5: Prinzipien prozessorientierter Projektarbeit
Abbildung 6: Phasenmodell der erweiterten Prozessorientierung
Abbildung 7: Projektorganisation im Unternehmen
Abbildung 8: Projektteam in der Projektabwicklung
Abbildung 9: Meilenstein - Trendanalyse
Abbildung 10: Termin- und kapazitätstreue Auslastungsoptimierung
Abbildung 11: Betriebliches Informationssystem
Abbildung 12: Rechtzeitiges Erkennen einer Planabweichung
Abbildung 13: Fertigstellungsgrad der Mitkalkulation
Abbildung 14: Modul des SAP R/3
Abbildung 15: Ermittlung des Preisprojektteils
Abbildungen im Anhang
Abbildung 16: Geschäftsprozesse der traditionellen vertikalen Sichtweise
Abbildung 17: Geschäftsprozesse der horizontalen
prozessorientierten Sichtweise
Abbildung 18: Kundenerwartungen
Abbildung 19: Transformationsprozess im Projekt
Abbildung 20: Zwei unterschiedliche Phasenmodelle
Abbildung 21: Kern- und Unterstützungsprozesse in Industrieunternehmen
Abbildung 22: Reine Projektorganisation
Abbildung 23: Einfluss-Projektorganisation
Abbildung 24: Matrix-Projektorganisation
Abbildung 25: Unterkonten -Bildungsschema
Abbildung 26: Struktur eines Meilensteinplans
Abbildung 27: Struktur eines Balkendiagramms
Abbildung 28: Meilenstein-Trendanalyse
Abbildung 29: Übersicht des Kick off Meetings
Abbildung 30: Arbeitspaketbeschreibung
Abbildung 31: Informationsflüsse im Management
Abbildung 32: Projektsteuerung als Regelkreis
Abbildung 33: Verfügbarkeitsformel mit Beispielen
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: (Geschäfts-)Prozessarten
Tabelle 2: Fertigstellungsgrad der Mitkalkulation
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einführung
Ziel ist es, durch diese Arbeit festzustellen, in wieweit der Paradigmenwechsel von der Funktionsorientierung zur Prozessorientierung, der seit Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in der Organisation vieler Großunternehmen auf revolutionäre Weise seine Spuren hinterlassen hat, in der Projektgestaltung Beachtung findet.
Dazu möchte ich zuerst die theoretischen Hintergründe und Zusammenhänge aufzeigen, um deren Umsetzung im praktischen Teil zu verdeutlichen. Im theoretischen Teil werden die Anforderungen an das Projektmanagement erörtert. Dazu werde ich zuerst einen Blick auf die Historie des Projektmanagement werfen, um als eine der Hauptfehlerquellen die unterschiedlichen Begriffsauslegungen von Prozess, Prozessorientierung, Projekt und Projektmanagement auseinanderzusetzen. Hierbei werde ich analysieren, welche Begriffsauslegung am Besten zum prozessorientierten Projektmanagement für die Projektabwicklung im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft passt.
Um den Praxisbezug zu gewährleisten, werde ich im zweiten Teil die einzelnen Phasen des prozessorientierten Projektmanagement anhand des Beispiels - Projektabwicklung im Bereich Service für das Industrielle Anlagengeschäft - darstellen. Ich habe dieses Beispiel gewählt, da sich dieses Thema als ein in der Praxis besonders bewährtetes Erkenntnisobjekt etabliert hat. Das traditionelle Projektmanagement, bestehend aus vier Phasen, hat sich um die sechs Prinzipien der Prozessorientierung ergänzt. Diese Prinzipien setzen sich im gesamten Projekt durch. Dabei habe ich versucht, die Auswirkungen jedes einzelnen Prinzips der Prozessorientierung in einer bestimmten Projektphase zu verdeutlichen.
Die Voraussetzung für den Projektstart in der Projektabwicklung im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft ist, dass der Kunde dem Unternehmen den Auftrag zur Durchführung des prozessorientierten Projektmanagement erteilt.
Ziel des Projektstarts ist es die Geschäftbedingungen mit dem Kunden festzulegen, das Projekt in den einzelnen Projektphasen zu strukturieren, die einzelnen Aufgabenbereiche zu definieren, um diese mit den entsprechenden Fachkompetenzen der Projektmitglieder zu besetzen. Der Projektstart legt den Grundstein für die Durchführung eines kundenorientierten Projektes gemäß des Prinzips der Prozessorientierung. Ein wichtiges Element des Projektstarts ist die Projektteambildung, denn das Team bildet die Ausgangbasis für ein erfolgreiches prozessorientiertes Projektmanagement, indem es sich zu einem lernenden Projekt entwickelt. Sind die Ausgangbedingungen im Projektstart gesetzt, wird das Kick off Meeting genutzt, um die Projektplanung einzuleiten.
Die Projektplanung beschränkt sich aufgrund der umfangreichen Thematik auf die Ablaufplanung und die Personalplanung. Ziel dieses Kapitels ist es, die Auswirkungen der funktionalen Planung als ein prozessorientiertes Prinzips darzustellen. Dazu werden als Instrumente der Ablaufplanung, die Meilenstein und Balkendiagramm Methode dargestellt. Die Ressourcenplanung umfasst nicht nur die Ablauf- und Terminplanung, sondern auch die Personalplanung. Hier werden die jeweiligen Aufgabenbereiche mit den Projektmitgliedern besetzt. Da die Literatur selten eine strikte Trennung des Aufgabenbereiches für den Projektleiter und Projektcontroller vornimmt, möchte ich in dieser Arbeit die Vorteile einer Aufgabenteilung aufzeigen, um eine funktionale Steuerung zu ermöglichen.
Nachdem die Planung erfolgreich gestaltet wurde, muss das Projekt in der Durchführungsphase überwacht und gesteuert werden. Aufgaben des Controllings sind die Führungsunterstützung, Koordination, Kontrolle und Steuerung. Das Projektcontrolling ist eine Spezifizierung des Controllings. Die Führungsunterstützung erfolgt im Projektcontrolling auf den Ebenen des Projektmanagements. Diese setzt sich zum Ziel das gesamte Führungssystem mit dem Ziel des Projektes zu koordinieren, um eine optimale Leistungserfüllung zu erreichen.
Die Aufgabe der Führungsunterstützung nimmt das Projektcontrolling in Form der quantitativen und qualitativen Koordinationsverbesserung wahr. Hauptbereiche der Koordination sind Planung, Kontrolle und Informationsversorgung. Neben den Planungs- und Kontrollaufgaben, die klären wer, bis wann, welche Aufgaben erfüllt, benötigt der Projektleiter vor allem die notwendigen Informationen, um das Projekt erfolgreich durchzuführen. Daher lege ich den Schwerpunkt meiner Untersuchung in der Koordinationsverbesserung auf die Informationssysteme.
Die Aufgabe der Kontrolle nimmt das Projektcontrolling im Wesentlichen in Form der Terminkontrolle, Kostenkontrolle, Ressourcenkontrolle und Qualitätssicherung wahr. Somit gewährleistet das Projektcontrolling mit der Qualitätssicherung ein wesentliches Prinzip der Prozessorientierung. Durch die zeitgerechte Kontrolle und Analyse können Projektplanabweichungen so früh wie möglich erkannt werden, um Projektziele zu erreichen. Da die Projektsteuerung in der Praxis häufig durch EDV-Tools unterstützt wird und dies auch einen Erfolgsfaktor darstellen kann, möchte ich das SAP® R/3 -Tool als ein Instrument der Projektsteuerung das Modul Controlling für den Faktor Kosten anhand einer praktischen Beispielaufgabe erläutern. Die Umsetzung der prozessorientierten Sichtweise auf das Projektmanagement in der Phase der Projektsteuerung erfolgt mittels Rückkoppelung im Planungsprozess und zum Kunden, so dass die erforderliche Maßnahmen in allen Prozessen des Projektes adaptiert werden, um so eine funktionale Steuerung zu gewährleisten.
Im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft wird ein Projekt mit Hilfe des Projektabschlusses, bestehend aus Projektabschlussanalyse, Erfahrungssicherung und Auflösung der Projektorganisation, beendet. Auch in der Phase des Projektabschlusses zeigt sich des Prinzips der Kundenorientierung in einen für den Kunden angefertigten Projektabschlussbericht.
Nach der Darstellung der einzelnen Projektphasen und prozessorientierten Prinzipien möchte ich die aktuellen Trends des prozessorientierten Projektmanagements vorstellen. Dieses zeigen, wie die bereits umgesetzte Steigerung des Unternehmenswerts durch die Anwendung des prozessorientierten Projektmanagements im Rahmen der Chaos-Studien weiter ausgebaut werden kann. Zum Abschluss werde ich die wesentlichen Informationen und Ergebnisse meiner Arbeit zusammenfassen.
A. Theoretische Grundlagen und Ansätze des prozessorientierten Projektmanagements
Ende der fünfziger Jahre entstand das Projektmanagement im Bereich der Technik[1]. Ab den achtziger Jahren nahmen die Projekte, insbesondere im industriellen Anlagengeschäftbereich, große Ausmaße an, sodass ein Projektmanagement entwickelt wurde. Hier wurde die Methode hauptsächlich für die Prozessgestaltung in industriellen Unternehmen verwendet.[2]
Zu den Begründern des Projektmanagements gehören vor allem der Wirtschaftstheoretiker Dr. Michael Hammer, Dipl. –Volkswirt. Max L.J.Wolf, Dr. Rudolf Mlekusch, Prof. Dr. C. Schwickert und Prof. Dr. Helmut Krcmar. Ziel dieser Begründer war es vor allem die Neueinführung von Prozessschritten zu vereinfachen. In der Literatur sind eine Vielzahl von Methoden des Projektmanagements zu finden, die in der Realität in unterschiedlichen Ausprägungen und angepasst an die jeweiligen Projekte zur Anwendung kommen.[3]
So sieht sich nicht nur im Prozessmanagement, sondern auch im Projektcontrolling, der Anwender mit Begriffen konfrontiert, die keiner festen Definition unterliegen. Da in der unterschiedlichen Interpretation der Begriffe eine große Fehlerquelle liegt, möchte ich zuerst die unterschiedlichen Sichtweisen gegenüberstellen, um die optimale Auslegungsvariante für das prozessorientierte Projektmanagement im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft zu finden.[4]
Im Folgenden werde ich auf die Begriffe Prozess, Prozessorientierung, Projekt und Projektmanagement eingehen.
1. Prozess
Die Grundlage des Projektmanagement bildet der Prozess. Der Begriff des Prozesses hat seinen Ursprung im lateinischen Wort „processus“. Dieses kann mit Fortschritt oder Fortgang übersetzt werden. Der Begriff des Prozesses, der erste Mal in der französischen industriellen Revolution entstand, lebte in der englischen industriellen Revolution im Jahr 1827 wieder auf. In der Zeit der englischen Revolution wuchs die Bevölkerung stark an. Durch den Einsatz neuer Technologien und Innovationen wurde gewährleistet, dass immer Nahrung produziert werden konnte. Weiterhin führte diese Entwicklung auch zu einem Überschuss an Arbeitskräften. Die soziale Klasse konnte die nötigen Güter nicht selber erzeugen. Somit entstand eine große Güternachfrage, die von der Gesellschaft verlangte, dass sie ihrer Arbeitstätigkeit in spezialisierte Arbeitschritte zerlegte.[5]
Aus dieser Situation heraus war der Beginn einer Prozessbildung gegeben. Der Vorteil in der Prozessbildung liegt in der Konzentration auf die einzelnen Aufgaben. Da sich diese Methode im Geschäftsprozess bewährt hat, wird sie zunehmend auch in den Bereichen Gesellschaft, Kunst, Recht, Naturwissenschaft, Technik sowie insbesondere in der Betriebswirtschaftslehre verwendet.[6]
So wurde im Zuge der industriellen Revolution von Großbritannien Ende des 18. Jahrhundert die Idee des Prozesses begründet. Mit der Ausweitung der Revolution über West-, Mitteleuropa und der USA Ende 19. Jahrhunderts und der Ausweitung über Russland und Japan gegen Ende des 20. Jahrhunderts verbreitete sich diese Methode zunehmend.[7]
Auf Grund dieser historischen Entwicklung und der verschiedenen Anwendungsbereiche stehen sich unterschiedliche Auslegungen des Begriffes gegenüber. Um die für das Projektmanagement passende Begriffsauslegung zu finden, möchte ich die Vor- und Nachteile der Definition im Allgemeinen nach Hammer mit der von Wolf/Mlekusch, sowie im Speziellen die Definition von Schwickert mit der von Krcmar vergleichen. Dabei soll die Prozessdefinition über den formalen Prozess hinaus bis hin zur Geschäftsprozessdefinition geführt werden. Die Ziele der Prozessorientierung können nicht ohne die ausführliche Definition des Prozesses dargestellt werden.
1.1 Der formale Prozess
Da der Begriff des Prozesses sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich in verschiedenen Anwendungsbereichen auftritt, möchte ich zuerst die unterschiedlichen Ansätze in der Allgemeindefinition gegenüberstellen. In der Praxis wird die Allgemeindefinition gern als formaler Prozess bezeichnet, da der formale Prozess nicht einem bestimmten Anwendungsbereich zugeordnet ist.[8]
Wesentlicher Vertreter in der Begriffsauslegung des formalen Prozesses ist der Wirtschaftstheoretiker Dr. Michael Hammer. Als Begründer des Business Reengineering der Prozesszentrierung entwickelte er eine Methode zum fundamentalen Überdenken und radikalen Redesign von Unternehmen oder wesentlichen Unternehmensprozessen. Als wichtigsten Aspekt des Business Reengineering definierte Dr. Michael Hammer in seinem Werk Business Reengineering den Prozess als eine Gruppe verwandter Aufgaben. Er vereinfachte weiter, dass der Unterschied zwischen einem Prozess und den einzelnen Aufgaben, die diesen Prozess ausmachen, mit einem Endprodukt und dessen Einzelteilen verglichen werden kann. Deshalb ist zu erkennen, dass seine Definitionen den Schwerpunkt im etwaigen Aufgabenfeld des Projektes bilden. Die Vorteile dieser Definition liegen in der strukturierten Herangehensweise und in der zielgerichteten Realisierung. Nachteilig ist, dass der Faktor Mensch inklusive seiner subjektiven Bedürfnisse und Herangehensweisen ausgeschlossen wird.[9]
Im Gegensatz zu Dr. Michael Hammer legen Dipl. Volkswirt. Max L. J. Wolf und Dr. Rudolf Mlekusch den Schwerpunkt im Prozess auf den Menschen. Dieser Ansatz resultiert aus seiner Projektarbeit in einer Papierfabrik zum Thema „Projektmanagement live“. Ziel dieser Projektarbeit war es, die verschiedenen Projektbegriffe zu konkretisieren, präzisere Einblicke in die Abläufe zu erlangen, um ein entscheidendes Instrument zu entwickeln, das die Kundennähe und Qualität sicher stellt, die Durchlaufzeit verkürzt und die Kosten senkt. Im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Dipl. Volkswirt Max L.J.Wolf und Dr. Rudolf Mlekusch die Definition Prozess als das von Menschen gestaltete Heranreifen von Ereignissen/Ergebnissen. Dieser Ansatz bewirkt eher eine dynamische Betrachtungsweise, da die individuelle Herangehensweise der beteiligten Akteure zu variierenden Wegen der Realisation führt. Die Vorteile dieser Definition liegen im kreativen Ansatz und in der individuellen Umsetzung. Beiden Definitionen fehlen für eine strukturierte Herangehensweise an das Projektmanagement grundsätzliche Regeln und vereinheitlichende Ansätze.[10]
Daher hat Prof. Dr. C. Schwickert Rahmenbedingungen, im Zuge seiner Forschungsarbeit als Universitätsprofessor für BWL und Wirtschaftsinformatik an der Justus-Liebig Universität, für den so genannten formalen Prozess festgelegt. Diese dienen, im Gegensatz zum Geschäftsprozess, als Grundlage für generell strukturiertes Arbeiten. Der Prozess transformiert einen Anfangszustand in einen Folgezustand, wobei der Anfangszustand genau definiert ist. Eine einzelne Berechnung kann als Teilprozess des Prozesses angesehen werden. Die Transformation[11] läuft nach genau definierten bzw. bestimmten Regeln ab (Aktionsfunktion). Der Prozess bricht ab, wenn ein bestimmter Endzustand erreicht wird. Der Prozess sowie der Prozessablauf sind direkt abhängig von dem Zustandsraum, in dem der Prozess abläuft.[12]
So hat Prof. Dr. C. Schwickert eine Definition für den formalen Prozess festgelegt, die so formuliert ist, dass sie für jeden Anwendungsbereich geeignet ist. Dies gilt somit auch für den Geschäftsprozess. Dennoch möchte ich nun Begriffsauslegungen gegenüberstellen, die sich speziell auf den Geschäftsprozess beziehen, um die optimale Begriffsauslegung für prozessorientiertes Projektmanagement im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft zu finden.
1.2 Der Prozess als Geschäftsprozess
Mit der Bedeutungszunahme des Projektes im industriellen Anlagengeschäft in den 80er Jahren wurde der Geschäftsprozess als eine Unterklasse des formalen Prozesses abgeleitet. Ein Geschäftsprozess hat die Erreichung einer auf das Unternehmensziel ausgerichteten Leistung zum Inhalt.[13] Diese Einstellung gewann erst mit der Veröffentlichung verschiedener Werke zum Thema Prozessmodellierung und Prozessorientierung von Dr. Michael Hammer, Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer und Prof. Dr. Michael Gaitanides an Bedeutung. Diese Arbeiten lenken den Fokus der Betriebswirtschaft weg von der Gestaltung der Aufbauorganisation hin zur Qualität im Unternehmen. Grundlage der hier entworfenen Modelle hat Adam Smith bereits 1776 mit „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ gelegt[14].
Meine beruflichen Erfahrungen im prozessorientierten Projekt-management im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft haben gezeigt, dass der Prozess aus der betriebswirtschaftlichen und der technischen Perspektive betrachtet werden muss.
Die Betriebswirtschaft befriedigt, unter der Voraussetzung des Rationalprinzips, die Bedürfnisse nach materiellen und immateriellen Gütern. Der Betrieb als ein fortwährender Prozess in einer ununterbrochenen Leistungskette wird von Dr. Hammer als ein schwarzer Kasten gesehen. In diesen werden die Produktionsfaktoren Arbeitskräfte, Betriebsmittel und Werkstoffe in den Umwandlungsprozess kombiniert, um das Endprodukt im Sinne von Angebot und Nachfrage anzubieten. Auf diesen schwarzen Kasten wirken vorgegebene interne und externe Rahmenbedingungen, die einen direkten Einfluss auf die Durchführung des Geschäftsprozesses haben.[15]
Als Beispiel für einen betriebswirtschaftlichen Prozess möchte ich die Auftragsabwicklung einer bestellten Ware an folgender Grafik verdeutlichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Auftragabwicklung eines Geschäftsprozesses[16]
Am Anfang steht der Auftrag des Kunden, in dem ein Bedarf beschrieben wird. Am Ende befinden sich die gewünschten Erzeugnisse in den Händen des Kunden.[17]
Somit kann ein Prozess eindeutig über In- und Output beschrieben werden und für ihn können Anfangs- und Endzeitpunkt (Erreichen des Endzustandes) bestimmt werden. Um dieses Beispiel zu verdeutlichen, ist in der Abbildung 1 die Ablauflogik des Prozesses einer Auftragsabwicklung dargestellt. Hier werden die einzelnen, anonymen Teilprozesse aus der logisch Kette (siehe Abbildung 2) zu realen Tätigkeiten und Funktionen zusammengefasst.[18]
Diese Darstellung visualisiert wie ausgehend von den Kundenwünschen und unter Einbeziehung mehrerer Fachabteilungen ein Produkt für den Kunden gefertigt wird. Dafür sind auf der horizontalen Achse die involvierten Organisationseinheiten oder Fachabteilungen und auf der vertikalen Achse die einzelnen Tätigkeiten oder Aktivitäten als Teilprozesse in chronologischer Reihenfolge aufgetragen. Die einzelnen Kästchen ordnen den Teilprozessen die Verantwortung zu. Der Fluss von Teilergebnissen und Informationen wird durch die Pfeile verdeutlicht. In diesem Beispiel erstreckt sich der Geschäftsprozess der Auftragsabwicklung von der Marktbearbeitung bis hin zur Lieferung des Produktes einschließlich Rechnungslegung.[19]
Die Betriebswirtschaft sieht im Sinne des Marketings den Kunden als zentrales Element des Geschäftsprozesses. Daher kann jeder Teilbereich für sich genommen einen Wert erzeugen. Die Wertschöpfung findet erst durch die Kombination der Einzelaktivitäten statt. In der Literatur wird der betriebswirtschaftliche Geschäftsprozess oft in die folgenden drei Prozesstypen (Organisationseinheiten, Gestaltungsobjekt des Prozesses und Tätigkeiten) gegliedert. Hintergrund dieser Einteilung sind unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze, auf die ich aufgrund der Komplexität der Thematik hier nicht näher eingehen möchte.[20]
Tabelle 1: (Geschäfts-)Prozessarten[21]
Prozessdimension / -typ Beispiel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Meine praktischen Erfahrungen haben gezeigt, dass der Vorteil der betriebswirtschaftlichen Sichtweise im Rahmen der Ablauf- und Aufbauorganisation liegt. Der Gedanke des Geschäftsprozesses geht vom Kunden aus. Sämtliche zusammengehörende Aufgaben werden integriert und zusammengefasst. Im Gegensatz zur technischen Sichtweise stellt die Betriebswirtschaft die Komplexität des Produktes daher nicht in den Mittelpunkt. So werden Fragen, wie die Beschaffenheit, die Normierung oder die Methode der Qualitätssicherung stärker in den Fokus der technischen Begriffsauslegung verlagert.
Das Ziel der technischen Betrachtung eines Prozesses besteht in der Unterstützung des betriebswirtschaftlichen Wertschöpfungsprozesses. Dabei wird jedes Phänomen, das zeitlich- räumlichen Veränderungen unterworfen ist, als ein Prozess aufgefasst bei dem die Umformung, Speicherung und/oder der Transport von Materie, Energie und/oder Information erfolgt. Ein technischer Prozess ist aus der Sicht des Benutzers als Aktivitätsträger bzw. Ausführungseinheit charakterisiert.[22]
Daher beschrieb Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, der Pionier in der Prozessmodellierung, als eine Abfolge von Ereignissen und Funktionen. Dabei ist ein Ereignis der Auslöser für eine Funktion oder auch Tätigkeit. Als Ausgang und Ende des Geschäftsprozesses steht eine Leistung, die von einem internen oder externen Kunden angefordert und abgenommen wird. Die übergeordneten Unternehmensziele wie Qualitätssicherung, Kundenzufriedenheit oder/und Gewinnerzielung werden durch die Gesamtheit aller Geschäftsprozesse erfüllt.[23]
So dient auch der technische Geschäftsprozess als eine zusammengehörige Abfolge von Unternehmensverrichtungen mit dem Ziel der optimalen Leistungserstellung.[24]
Um den Unterschied zum betriebswirtschaftlichen Geschäftsprozess zu verdeutlichen, möchte ich das bereits aus betriebswirtschaftlicher Sicht erläuterte Beispiel, die Auftragsabwicklung einer bestellten Ware, nun als technischen Geschäftsprozess im Sinne des Wirtschaftsinformatikers Prof. Dr. Scheer erläutern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Struktur des Geschäftsprozesses[25]
Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer spricht von einem zeitpunktbezogenen Indikator für das Eintreten eines definierten Zustands. Das heißt, bevor die Transformation in Form des Geschäftsprozesses beginnen kann, muss der Kunde die Forderung nach einem Produkt/Ware in Form eines Auftrages, den externen Trigger anstoßen. Dieser Trigger wird durch das Zusammenwirken bestimmter Ereignisse, wie den Konditions-/ Preis-/ Produkt-/ Kommunikations-/ Distributionsvorstellungen des Kunden versus des Unternehmens beeinflusst.[26]
Der Prozess richtet sich also nach dem Produkt, das als Input in den Prozess eingeht und verschiedene Aktivitäten auslöst. Diese Aktivitäten, wie z.B. das Entwerfen, Modellieren, Montage und der Auslieferung des Produktes im industriellen Anlagengeschäft, deren Ablauf durch vorgegebene Regeln (auch Business Rules) eingeschränkt wird, wandelt das Objekt bzw. das Produkt/Ware in einen bestimmten Zustand um, in dem es den Prozess als Output wieder verlässt. Unterstützt werden die einzelnen Aktivitätsphasen durch die verschiedenen unternehmerischen Organisationseinheiten, z.B. die IT-Organisation.[27]
Die Abfolge der verschiedenen Aktivitäten innerhalb des Geschäftsprozesses beruht nicht nur auf den logischen Beziehungen der Aktivitäten untereinander, sondern wird auch durch die räumlichen und zeitlichen Dimensionen bestimmt. Besonders auf die Rolle der Zeit wird in vielen Fachbüchern eingegangen. Dabei wird einerseits das zeitliche Nach- oder Nebeneinander verschiedener Aktivitäten bestimmt, andererseits kann die zeitliche Dauer einzelner Aktivitäten oder des Gesamtprozesses anhand des messbaren Abstandes zwischen Anfangs- und Endzeitpunkt bestimmt werden. Die Dauer eines Prozesses wird als Durchlaufzeit bezeichnet.[28]
Beispiele zur zeitlichen Planung des Geschäftsprozesses finden sich im praktischen Teil zum Thema 2.1 Zeitplanung.
Der Vorteil des technischen Ansatzes von Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer liegt in einer besseren Planung und Steuerung wirklicher Prozesse, da die einzelnen Geschäftprozesse abstrahiert werden, um sie als Abbild eines relevanten Abschnittes darzustellen.[29]
Meine praktischen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Vorteile der technischen Sichtweise auf der Fokussierung der Qualität des Produktes liegen. Der Kunde erwartet heutzutage nicht nur hohe Produktqualität, sondern auch Service- und Kommunikationsqualität[30].
Daher sollte der betriebswirtschaftliche Geschäftsprozess nicht von dem technischen Geschäftsprozess getrennt werden. Prof. Dr. Michael Gaitanides gilt in der Literatur als Unternehmenspraktiker, da er mit seinem Buch „Prozessmanagement“ mehrere Projekte zur prozessorientierten Reorganisation in verschiedenen Unternehmen durchgeführt hat. Er lehnt ebenfalls die Trennung des betriebswirtschaftlichen und technischen Geschäftsprozesses ab, da die Abgrenzung von Prozessen ein Entscheidungsproblem und der subjektiven Problemsicht des Betrachters entspringt. Dabei müssen sie einerseits zur Abgrenzung gegenüber anderen Prozessen aus dem Prozessgeflecht herausgelöst werden, andererseits werden Prozesse nach innen in Teilprozesse zerlegt, um ihre logischen Beziehungen darzustellen.[31]
Geschäftsprozesse sind also Teile eines Systems. welches im Unternehmen wirkt. Aber auch jeder einzelne Geschäftsprozess selber ist ein System in den Teilprozesse als Aktivitäten wirken. Innerhalb eines Systems können Prozesse als Teil eines Prozessgeflechtes parallel und nacheinander wirken.[32]
Somit liegt die optimale Begriffsauslegung des Geschäftsprozesses, als ein Element des Projektmanagements, in der Kombination der betriebswirtschaftlichen und der technischen Sichtweise. Damit wird die traditionelle vertikale Sichtweise der Betriebswirtschaft im Rahmen der Ablauf-/ Aufgabenorganisation, wie zum Beispiel der Top Down oder Button Up Organisation, durch die horizontale prozessorientierte Sichtweise abgelöst.[33]
Vergleiche hierzu auch die Abbildungen 16 und 17 der traditionellen vertikalen Sichtweise mit der horizontalen prozessorientierten Sichtweise im Anhang Seite 1.
2. Prozessorientierung
Mit Prozessorientierung wird in der Fachliteratur in erster Linie das Fokussieren der Unternehmen auf die Gestaltung der Prozesse beschrieben. Dr. Michael Hammer nennt auch den Begriff der Prozesszentrierung. Ihren Ursprung haben diese Überlegungen in den späten 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Damals wurde erkannt, dass die Probleme der Zeit- und Budgetdefizite, unter denen die Organisationen litten, nicht die einzelnen Aufgaben betrafen, sondern vielmehr die gesamten Prozesse. Die Auswirkungen dieser Erkenntnis werden im praktischen Teil B Kapitel 1.2 Projektstruktur und Kapitel 1.3 Projektteamentwicklung im Hinblick auf die Prozessorientierung verdeutlicht.[34]
Der veränderte Wettbewerb durch die Globalisierung, in der eine länderübergreifende Aufgabenerfüllung gefordert ist, die Zeit als Wettbewerbsfaktor, die schnellere und flexiblere Aufgabenerfüllung zum Ziel hat und nicht zuletzt ein neues Qualitätsverständnis, das qualitativ hochwertige Aufgabenerfüllung bedingt, zwangen die Unternehmen neue Gestaltungsmaßnahmen im Sinne der Prozessorientierung durchzuführen.[35]
Ziele und Ansatzpunkte der Prozessorientierung
Die Gestaltungsmaßnahmen im Sinne der Prozessorientierung haben sich nach Prof. Dr. C. Schwickert das Ziel gesetzt, die Leistungsfähigkeit und die Flexibilität des Unternehmens, sowie deren Beherrschbarkeit zu erhöhen. Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit zeigt sich in der verbesserten Fähigkeit, individuelle Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Indikatoren dafür sind insbesondere die Zeit, Kosten, Qualität, Produktivität und Kundenzufriedenheit. Die gesteigerte Flexibilität zeigt sich in dem unternehmerischen Handeln, das schneller, situationsgemäßer und kostengünstiger an den Veränderungen des Marktes vorausschauend angemessen reagiert. Die bessere Beherrschbarkeit der Geschäftsprozesse und Geschäftsteilprozesse erfolgt transparenter und nachvollziehbarer um unerwünschte Nebenwirkungen oder unproduktive Eigendynamiken zu verhindern. So werden zum Beispiel Machtkämpfe zwischen den funktionalen Abteilungen verhindert.[36]
Die Methode zur Umsetzung der Gestaltungsmaßnahmen im Sinne der Prozessorientierung wird als Geschäftsprozessmanagement bezeichnet. Ziel des Geschäftsprozessmanagements ist die Entwicklung, Ausführung und Steuerung des Geschäftsprozesses.[37]
Im Rahmen seiner Ausarbeitung des Themas „Geschäftsprozessmanagement in der Praxis“ legte Prof. Dr. Schmelzer fest, dass es sich bei dem Geschäftsprozessmanagement um ein integriertes Konzept von Führung, Organisation und Controlling handelt. Dieses ermöglicht eine zielgerichtete Steuerung der Geschäftsprozesse und richtet das Unternehmen auf die Erfüllung der Bedürfnisse der Kunden und weiterer Interessengruppen, wie den Mitarbeitern, Kapitalgebern, der Gesellschaft, den Lieferanten oder Partnern aus.[38]
So integriert das Konzept zum Beispiel sämtliche Maßnahmen zur Organisationsentwicklung, zur Unternehmensgestaltung und Informationssystementwicklung in dem Geschäftsprozess. Damit setzt sich das Geschäftsprozessmanagement den Geschäftsprozess als Fokus, um die genannten Ziele zu erreichen.[39]
Die Idee des integrierten Konzepts aus dem Jahr 1996 setzte sich bereits bei der Definitionsfindung des Deutschen Instituts für Normung im Jahre 2000 durch. So definiert die DIN Norm EN ISO 9004:2000 das Geschäftsprozessmanagement als eine Methode, die eine Leitung einer Kultur schafft, die in Zukunft die Organisation und die Zufriedenheit interessierter Parteien unterstützen. Zur Umsetzung sollen die Personen aktiv in die Suche nach Möglichkeiten für Leistungsverbesserung von Prozessen, Tätigkeiten und Produkten einbezogen werden.[40]
Diese Definition geht davon aus, dass eine Prozessverbesserung keinen stabilen Anfangs- bzw. Endpunkt hat. Sie ist ein immer währender, fortlaufender Vorgang aus Schwachstellenanalyse, Lösungsalternativenuntersuchung und Umsetzung, Wirksamkeits-untersuchung und Anpassung. Ziel ist es, nach der erfolgreichen Eliminierung von Schwachstellen, weitere neue Schwachstellen zu eliminieren. So sollten die Impulse für die Prozessverbesserung im Idealfall von den Mitarbeitern selbst initiiert werden, indem sie während ihrer täglichen Arbeit die auftretenden Probleme erkennen, eigenständig Lösungen erarbeiten und diese umsetzen. Somit wird die Prozessverbesserung in relativ großen Zeitintervallen durchgeführt.[41]
In akuten Krisensituationen des Unternehmens reicht die Prozessverbesserung nicht mehr aus. Manchmal wird hier eine Prozesserneuerung im Sinne des Business Reengineering nötig. Dieses hat ein fundamentales Überdenken und radikales Redesign von Unternehmen oder wesentlichen Unternehmensprozessen zum Grundsatz.[42]
So werden Prozesserneuerungen durch das Top – Management angeregt und in verhältnismäßig kurzer Zeit umgesetzt. Dabei werden bestehende Aufbau- und Ablaufstrukturen bewusst ignoriert.[43]
Es ist zu beachten, dass die Neugestaltung bestehender Organisationen ein erhebliches Risiko birgt. Studien haben gezeigt, dass bis zu 70 Prozent der durchgeführten Business Reengineering - Projekte nicht den gewünschten Erfolg erzielen. Außerdem muss beachtet werden, dass einmalige Verbesserungen, mögen sie auch noch so drastisch sein, praktisch nutzlos sind, da der einmaligen Prozesserneuerung kontinuierliche Prozessverbesserungen folgen müssen.[44]
Die Kombination aus Prozesserneuerung und Prozessverbesserung führt zur Erreichung der erhöhten Leistungsfähigkeit, Flexibilität und Beherrschbarkeit des Unternehmens. Die Ausnutzung der optimalen Effektivität und Effizienz führt zum deutlich erhöhten Leistungsniveau des Unternehmens. Es werden also, besonders bei großen zeitlichen, personellen und monetären Aufwendungen die richtige Dinge und die Dinge richtig getan.[45]
Nachdem ich herausgefunden habe, welche Begriffsauslegung des Geschäftsprozesses als Element des prozessorientierten Projektmanagement im Bereich Service für das industrielle Anlagengeschäft am besten passt, hebt die Prozessorientierung die Bedeutung der Fokussierung auf die Gestaltung der Prozesse im Unternehmen hervor. Ziel ist es, mit Hilfe der Prozessorientierung dem Problem des Zeit- und Budgetdefizites, welches auf der Fokuszierung der einzelnen Aufgaben beruht, entgegen zu wirken. Die Umsetzung der Prozessorientierung erfolgt im Rahmen des Projektmanagements mit Hilfe des Geschäftsprozessmanagements. Die Gestaltungsmaßnahmen des Geschäftsprozessmanagements werden im Rahmen der Erläuterung des prozessorientierten Projektmanagements beschrieben.[46]
3. Projekt
Nicht alles, was Menschen planen und organisieren, ist ein Projekt. Der Begriff des Projektes hat seinen Ursprung im lateinischen Wort proicere (pro = vor, für, icere = werfen). Die Weiterentwicklung erfolgte im 17. Jahrhundert. Es entstand das Substantiv Proiectus (das nach vorne Geworfene). Der Projektbegriff gehört zu jenem Ausdruck, den jedermann versteht und zu kennen glaubt, deren präzise Festlegung jedoch Schwierigkeiten aufwirft. So tritt der Begriff als einfacher Entwurf, über die Verwendung als Modewort bis hin zur Anwendung für alle Vorhaben, die dem Unternehmen wichtig sind, auf. Mit der Umschreibung des Projektes werden in der heutigen Zeit Vorhaben von der klassischen Anwendung in Organisationen bis in die Welt der Künste bezeichnet. So wird bei der Einführung eines neuen Projektes innerhalb eines Unternehmens ebenso von einem Budget gesprochen, wie bei der Inszenierung eines Bühnenstückes am Theater oder der Oper.[47]
Projekte werden also in der Praxis für ganz unterschiedliche Ziele eingesetzt. Projekte dienen der Leistungserstellung, wie das Erbringen von materiellen Leistungen, z.B. im Hoch- und Tiefbau, Anlagenbau, Maschinenbau, der Forschung und Entwicklung, sowie das Entwickeln neuer Produkte oder Verfahren, z.B. ein neues Medikament, ein neues Herstellungsverfahren für Chemikalien oder neue Software und die Veränderungsprojekte, wie das Einführen neuer Produkte oder Verfahren, z.B. Einführung eines Projektmanagements und Reengineering.[48]
Neben dem Geschäftsprozess ist das Projekt das zweite wesentliche Element im Projektmanagement[49]. Auf Grund der umgangssprachlichen Anwendung des Projektes und den daraus resultierenden vielfältigen Definitionen möchte ich mich in dieser Arbeit auf die standardisierte Begriffsauslegung des deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN), die beschränken.
3.1 Zentrale Merkmale eines Projektes
Das Projekt im Rahmen des Projektmanagements besteht aus prozessorientierten Geschäftsprozessen, die die Teilprozesse eines Projektes darstellen. Daher möchte ich nun die zentralen Merkmale eines Projektes erläutern.
Das deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) definiert ein Projekt in seiner Norm 69901 als „Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, z.B. durch Zielvorgabe, durch zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen, durch Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben und durch projektspezifische Organisation“[50].
Aus Untersuchungen weiterer Projektdefinitionen lassen sich folgende zentrale Merkmale von Projekten festlegen.
- Zielorientierung,
- Zeitliche Begrenzung,
- Einmaligkeit und Neuartigkeit,
- Komplexität,
- Aufgabenbezogenes Budget,
- Rechtlich-organisatorische Zuordnung und
- Interdisziplinarität.[51]
Wesentliches Element des Projektes ist die Zielvorgabe. Ein Projektauftrag setzt immer eine Zielvorgabe voraus. Die zeitliche Begrenzung durch den Projektstart und Projektabschluss sind eindeutige Merkmale. Ein Projekt zeichnet sich durch seine Einmaligkeit aus. Diese ist an seiner azyklischen Vorgehensweise erkennbar. Bei einem Projekt treten also keine Routineaufgaben in festgeschriebenen zeitlichen Abständen wiederholt auf. Das Projekt ist komplex. Dieses Kriterium zeigt das Maß der Interdependenzen, also der gegenseitigen Abhängigkeiten der Leistungen aller an der Durchführung beteiligten Organisationseinheiten innerhalb und auch außerhalb des Unternehmens.[52]
[...]
[1] Vgl. Bartsch-Beuerlein, 2000, S.13
[2] Vgl. Hammer, 2001, S.4
[3] Vgl. Bea/Schnaitmann, 2003, S.4
[4] Vgl. Pfitzinger, 2003, S.11
[5] Vgl. Allweyer, 2007
[6] Ebd.
[7] Vgl. Wales, 2007
[8] Vgl. Hammer, 2001, S.21
[9] Vgl. Hammer, 2001, S.22
[10] Vgl. Wolf/Mlekusch, 2006, S.270
[11] Transformation entspricht der Anwendung einer Aktion
[12] Vgl. Schwickert, 2007
[13] Vgl. Rosenkranz, 2005, S.20
[14] Vgl. Wales, 2007
[15] Vgl. Hammer, 2001, S.25
[16] Vgl. Osterloh/Frost, 2006, S.103
[17] Vgl. Hammer, 2001, S.25
[18] Vgl. Rosenkranz, 2005, S.12
[19] Vgl. Pfitzinger, 2003, S.14
[20] Vgl. Hammer, 2001, S.23
[21] Vgl. Schwickert, 2007
[22] Vgl. Schneider / Werner, 2004, S.177, 619, 637
[23] Vgl. Scheer, 2002, S.3
[24] Vgl. Scheer, 2002, S.27
[25] Vgl. Schwickert, 2007
[26] Vgl. Scheer, 2002, S.14
[27] Vgl. Scheer, 2002, S.27
[28] Vgl. Schmelzer/Sesselmann, 2006, S.84
[29] Vgl. Scheer, 2002, S.5
[30] Vgl. Freimuth, 2006, S.23
[31] Vgl. Gaitanidis, 2006, S.64
[32] Vgl. Mayrshofer/Kröger, 2002, S.11
[33] Vgl. Mayrshofer/Kröger, 2002, S.26
[34] Vgl. Hammer, 2001, S.21
[35] Vgl. Krcmar, 2005, S.14 & 15
[36] Vgl. Schwickert, 2007
[37] Vgl. Mayr, 2005, S.25
[38] Vgl. Schmelzer/Sesselmann, 2006, S.5
[39] Vgl. Schwarz/Krcmar, 2004, S.7
[40] Vgl. DIN EN ISO 9004:2000, S.79
[41] Vgl. Schwarz/Krcmar, 2004, S.7-8
[42] Vgl. Hammer, 2001, S.33
[43] Vgl. Hammer, 2001, S.33
[44] Vgl. Hammer, 2001, S.34
[45] Vgl. Hammer, 2001, S.36
[46] Vgl. Mayrhofer/Kröger, 2002, S.20
[47] Vgl. Schelle, 2004, Kapitel 1.2, S.2
[48] Vgl. Schelle, 2004, Kapitel 1.2, S.3
[49] Vgl. Jankulik/ Kuhlang/ Piff , 2005, S.26
[50] Vgl. Mayrshofer/Kröger, 2002, S.13
[51] Vgl. Mayrshofer/Kröger, 2002, S.14
[52] Vgl. Litke, 2004, S.18
- Quote paper
- Lan Arndt (Author), 2007, Prozessorientiertes Projektmanagment, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85079
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