Welches ist die richtige Lebensweise? Diese Frage beschäftigt die Menschen seit jeher, so ist zumindest anzunehmen. Wohl kaum kann der Mensch „richtig“ leben, ohne selbst sich zu fragen, wie er dies tun könne, auf welche Art undWeise. Zahlreiche Nebenfragen sind mit dieser einen, „großen“ Frage verbunden; allein sie zu nennen wäre schon ein bemerkenswerter Aufwand.
Dies jedoch ist nicht Zweck der vorliegenden Arbeit. Ziel ist es vielmehr, die Antworten von Philosophen der griechischen Antike auf die „Hauptfrage“ darzustellen;
und zwar sowohl diejenigen, welche in Form geistiger Ergüsse sich entwickelten und
womöglich niedergeschrieben wurden – dies ist das (theoretische) Denken –, als auch
die gelebten Antworten dieser Philosophen – dies ist ihr (praktisches) Handeln1. Anschließend werden die dargelegten Antworten auch vom Autor in kurzer Form bewertet, um endlich mit einer zusammenfassenden Bemerkung zu schließen.
Inhaltsverzeichnis
Zu Beginn: Einleitende Bemerkungen
Welches ist die richtige Lebensweise? — Antworten griechischer Philosophen
Kritische Bewertung dieser Ansichten
Zusammenfassende Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zu Beginn: Einleitende Bemerkungen
Welches ist die richtige Lebensweise? Diese Frage beschäftigt die Menschen seit jeher, so ist zumindest anzunehmen. Wohl kaum kann der Mensch „richtig“ leben, ohne selbst sich zu fragen, wie er dies tun könne, auf welche Art und Weise. Zahlreiche Nebenfragen sind mit dieser einen, „großen“ Frage verbunden; allein sie zu nennen wäre schon ein bemerkenswerter Aufwand.
Dies jedoch ist nicht Zweck der vorliegenden Arbeit. Ziel ist es vielmehr, die Antworten von Philosophen der griechischen Antike auf die „Hauptfrage“ darzustellen; und zwar sowohl diejenigen, welche in Form geistiger Ergüsse sich entwickelten und womöglich niedergeschrieben wurden - dies ist das (theoretische) Denken -, als auch die gelebten Antworten dieser Philosophen - dies ist ihr (praktisches) Handeln[1]. Anschließend werden die dargelegten Antworten auch vom Autor in kurzer Form bewertet, um endlich mit einer zusammenfassenden Bemerkung zu schließen.
Welches ist die richtige Lebensweise? - Antworten griechischer Philosophen
Die griechischen Philsophen boten mit ihren Antworten auf die Frage nach der „richtigen“ Lebensweise eine Gedankenwelt, welche sich neben jene von Religion und Mythus gesellte (vgl. Burckhardt 1908, S. 372). In Athen waren Reden und Zuhören ohnehin Gewohnheit, sodass Einzelne - zudem relativ frei - mit ihren Lehren und Offenbarungen an die Öffentlichkeit treten konnten (vgl. Burckhardt 1908, S. 370). So entwickelte sich die Philosophie zu einem Element des öffentlichen Lebens, „Philosoph“ wurde ein Lebensberuf, und es bestand eine konkurrierende Vielzahl der Philosophen wie auch ihrer Lehren nebeneinander, aus welcher der Polis-Bewohner wählen konnte, falls er mochte (vgl. Burckhardt 1908, S. 371f.). Die durchaus zahlreichen Philosophen, welche sich also im antiken Griechenland tummelten und von denen einige nahmhafte Persönlichkeiten waren bzw. wurden, distanzierten sich von dem alltäglichen öffentlichen Leben zuweilen etwas und zielten in ihrem Streben insbesondere auf eine „freie, unabhängige Betrachtung des Geistigen“ (Burckhardt 1908, S. 373). Welche geistigen Leistungen erbrachten sie aber nun, und wie hielten sie es mit der Vereinbarung von Idee und Handlung?
„Diese hellenischen Philosophen haben nun namentlich eine Eigenschaft entwickelt, und das ist, daß sie arm sein konnten. Schon ob man gegen Bezahlung lehren dürfe, war eine große Frage.“ (Burckhardt 1908, S. 373; Hervorhebung: im Original) Sieht man von den Sophisten ab, welche in der Beherrschung der Redekunst eine zu erstrebende Fähigkeit sahen um Erfolg zu erlangen (vgl. Böhm 2004, S. 14), die also „lehrten, wie man durch den klugen Gebrauch der Sprache andere beeindrucken, matt setzen und notfalls auch übertölpeln konnte“ (Jacoby 2004, S. 23), und welche für ihre Lehren auch Honorar nahmen, so haben die meisten griechischen Philosophen dieser Zeit an sich auf Honorar für ihre Lehrtätigkeit verzichtet (vgl. Burckhardt 1908, S. 373). Die Sophisten grenzten sich insbesondere durch ihre eher pragmatische Sicht auf die Dinge ab, und sie unterschieden daher auch Wahrheitsinteresse von Wirkungsinteresse:
Damit geht fast unvermeidlich ein erkenntnistheoretischer Relativismus und ein ethischer Unilateralismus einher. Der eine setzt die menschliche Erkenntnis der Gefahr der Beliebigkeit aus (,Wahr ist, was sich bewährt‘); der andere unterwirft das moralisch Gute der Maxime von Gewinn und Verlust (,Gut ist, was nützt‘). (Böhm 2004, S. 15)
Wie jedoch angesprochen, so war diese Denkweise nicht die aller anderen Philosophen. Viele verzichteten freiwillig auf Vermögen wie auch auf Macht, sie lebten gerne in Armut (vgl. Burckhardt 1908, S. 373f.), wovon gewiss auch die für gewöhnlich sehr bescheidenen Lokalitäten für Zusammenkünfte, Dozieren, Bibliotheken und dergleichen zeugen. Zwar sei es für die Philosophen ein Leichtes, Vermögen anzuhäufen und reich zu werden, wie Thales von Milet dies auch zeigte, „nur sei das eben nicht der Gegenstand ihres Strebens“ (Burckhardt 1908, S. 374). Nein, der Philosoph sei sein Leben lang auf der Suche nach sich selbst, was „an das Delphische ,Erkenne dich selbst' erinnert“ (Burckhardt 1908, S. 274). Und sich selbst erkennen wollen heißt, philosophieren müssen. Wohl auch deswegen schrieben viele Philosophen Literatur meist für sich und selten in der Absicht, diese zu verkaufen.
Die frühern Philosophen und Forscher sind [meist] noch [...] Ratgeber und Bürger bestimmter Städte; die spätern dagegen behandeln den Staat an sich, schreiben Politiken und Utopien und kümmern sich dabei um die konkrete Polis, in welcher sie leben, meist nichts mehr; der Gedanke bietet ihnen ein inneres Glück, das von dem zerrütteten Staat unabhängig ist [...]. Die Welt aber ist dem Weisen überhaupt eine Fremde, das Leben nur eine Herberge, der Leib ein Grab; daher die Resignation gegen Armut, Exil und andere Schläge des Schicksals. (Burckhardt 1908, S. 375; Auslassungen und Einfügung: F. R.)
Die Philosophen verzichteten zumeist auf politische Macht, waren gewissermaßen „apolitisch“, auch wohl nur selten im Militär gewesen; und sie emanzipierten sich gleichfalls von ihrer Heimat, was sich beispielsweise in den zahlreichen Reisen der Philosophen zeigt, denn viele waren „Wanderer“ und sahen sich überall als Fremde (vgl. Burckhardt 1908, S. 375/393).
Eine deutliche Ausnahme bildete jedoch Sokrates.
Diese merkwürdige Gestalt [...] war nicht nur ein Vorbild der Frömmigkeit, Selbstbeherrschung, Uneigennützigkeit und Charakterfestigkeit, sondern ein höchst eigentümliches Individuum und wirkte als solches [...]; jeder der großen Männer heutiger Zeit lasse sich mit einem großen Manne der Vergangenheit vergleichen, [so meinte Platon], nur Sokrates nicht. (Burckhardt 1908, S. 379; Auslassungen und Einfügung: F. R.)
Er nahm nicht aktiv am Staatswesen teil, ist hingegen dennoch beim Militär gewesen. Sokrates war Optimist, und er hatte sich zum Ziele gesetzt, die Menschen „besser“, tugendhaft zu machen, ihr ethisches Bewusstsein zu wecken und sie zum Weiterdenken sowie zur eigenverantwortlichen Gestaltung des Lebens zu motivieren bzw. zu erziehen:
Die Erziehung beginnt mit der Ironie, die den Menschen zum Wissen des Nichtwissens, also in die Aporie und in die Fragwürdigkeit führt; nur die Ironie schafft jene aporetische Gesprächssituation, in der sich ein forschender und bildender Dialog entfalten kann. Den zweiten Schritt leistet die Dialektik als das auf Wahr und Falsch gezielte Streitgespräch, welches die Partner in die Situation des prüfenden Entscheidens drängt. Den dritten Schritt stellt die Mäeutik (Hebammenkunst) dar, die [...] durch kunstvolles Fragen im Lernenden selbst das produktive Denken und das schöpferische (Er-)Finden ,entbindet‘. (Böhm 2004, S. 20; Hervorhebungen: im Original, Auslassung: F. R.)
Er philosophierte mit jedem, wann und wo er Gelegenheit dazu hatte.
Aber, indem er bei Leuten aller Stände herumging und allen Einzelnen, die in irgend einem Fache etwas verstanden, bewies, daß sie im übrigen nicht weise seien, mußte er doch auch vielen tüchtigen und tätigen Leuten zuwider werden. (Burckhardt 1908, S. 382)
Sokrates wurde denn angeklagt, und indem er gleichmütig den eigenen, staatlich angeordneten Tode der Verbannung vorzog - im Gegensatz zu anderen Philosophen ist er lieber in der Heimat geblieben als zu reisen -, sich in sein Schicksal ergab und so „zum Märtyrer für die Wahrhaftigkeit“ (Jacoby 2004, S. 27) wurde, stellt er nicht nur das Idealbild einer freien Persönlichkeit dar, sondern verkörpert zugleich seine Philosophie: Denn „gegen den egoistischen Individualismus [...] argumentierte er, dass niemand glücklich werden könne, der nicht im Einklang mit den Grundwerten der staatlichen Gemeinschaft handle“ (Jacoby 2004, S. 26; Auslassung: F. R.).
Es handelt sich, wie bereits erwähnt, bei Sokrates um eine Ausnahmeerscheinung, die gleichsam Vorbild für viele andere Philosophen wurde. Jeder wollte originär und geistig souverän sein, die Menschen intellektuell beeinflussen oder gar „bessern“, doch damit einher geht auch ein gesteigertes Selbstwertgefühl dieser Philosophen, vielleicht gar Arroganz oder Hochmut, was manchen bei Kränkung denn auch in den Suizid treiben konnte (vgl. Burckhardt 1908, S. 376). Empedokles beispielsweise hatte eine erstaunliche Eitelkeit an den Tag gelegt, indem er in die Städte mit einem goldenen Kranz auf dem Haupte und delphischen Priesterbinden in den Händen einzog, wünschend, daß sich über ihn eine Meinung bilde, als wäre er ein Gott (Burckhardt 1908, S. 376).
Viele erlangten auch persönliche Geltung, wurden bewundert, weil sie ins öffentliche Leben traten (vgl. Burckhardt 1908, S. 377). Trotzdem gab es auch solche, die eher unabhängig vom Urteil anderer sein wollten, wie beispielsweise Epikur, welcher das Motto „Lebe im Verborgenen“ präferierte:
[S]o, dass man immer Freunde hat, so, dass man nicht vom Neid anderer gefährdet wird, so, dass man seinen Leib dabei schont. Richtig genießen [und also richtig leben] heißt in Maßen genießen, still vergnügt, ohne zu großen Ehrgeiz nach Macht und Ruhm. (Jacoby 2004, S. 60; Anpassung und Einfügung: F. R.)
Dies erforderte neben einem Verzicht auf Rhetorik freilich ein hohes Maß an Entsagung, an Einfachheit, an Gleichgültigkeit und an Zurückgezogenheit: Epikurs
[...]
[1] Textgrundlage ist hierbei gemäß Aufgabenstellung das Kapitel „Die freie Persönlichkeit“ aus Burckhardt (1908, S. 369 - 410). Allerdings wird teilweise zur detaillierteren Darstellung auch auf Böhm (2004) sowie Jacoby (2004) zurückgegriffen.
- Citar trabajo
- Frank Reichert (Autor), 2006, Welches ist die richtige Lebensweise? Antworten von Philosophen der griechischen Antike, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84977
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