Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit kulturelle Unterschiede forciert werden können. Dabei muss zunächst erörtert werden, ob die Kenntnis von Unterschieden überhaupt erst die Feststellung von Unterschieden entstehen lässt. Als Beispiel für meine Untersuchung möchte ich die Ereignisse in Bosnien – Herzegowina heranziehen ohne jedoch explizit auf alle vorherrschenden kulturellen Unterschiede, wie sprachlicher, ethnischer, traditioneller etc. Natur einzugehen. Ebenso wenig werde ich die Ereignisse des Bürgerkrieges explizit erörtern.
Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit die religiös - kulturellen Unterschiede der bosnischen Muslime zu den bosnischen Kroaten und Serben entscheidend zu diesem Konflikt geführt haben oder diesen begünstigt haben und in welchem Ausmaß diese überhaupt existent waren oder sind. Da sich diese jedoch nicht isoliert von allgemeinen kulturellen Unterschieden betrachten lassen, werden auch diese in meine Arbeit mit einfließen.
Des Weiteren möchte ich aufzeigen, welchen Einfluss der Emanzipierungsprozess des dortigen islamischen Glaubens in Bosnien – Herzegowina auf die Ereignisse ausgeübt hat. Hat der bosnische islamische Glaube sich einer „Verwestlichung“ unterworfen oder entzogen? War der Glaube der „Hauptträger“ des Konfliktes oder nur ein „Aufhänger“, um Differenzen zwischen den Volksgruppen in Bosnien darzustellen.
Samuel P. Huntington (1996) schuf mit seinem Buch „Kampf der Kulturen“ eine Ansicht auf zukünftige Konflikte in der Welt, wie sie so zuvor noch nicht gesehen wurden. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Wegfall der ideologisch bipolaren Welt waren Menschen und teilweise auch Wissenschaftler von einer Hegemonialen Weltmacht USA ausgegangen, welche mit dem „Sieg“ des Kapitalismus über den Kommunismus die Weltherrschaft an sich reißen würde. Diese Tatsache wurde zum Teil aber schon am Anfang der neunziger Jahre widerlegt.
Diesen sind jedoch nicht die einzigen Konfliktformen, die nach Meinung von Samuel P. Huntington in Frage kommen. Das Weitern könnten sich „[…] »Hegemonialkriege« zwischen aufsteigenden und absteigenden Staaten […]“ (ebd., S.334) ergeben, welche das Machtgleichgewicht zwischen den Kulturkreisen beinträchtigen könnten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Pragmatismus
2. Bruchlinienkonflikte und Kernstaatenkonflikte
2.1 Strukturen von Zivilisationen
2.2 Das Bosniakentum
2.3 Islamischer Glaube und islamische Identität der Bosniaken
2.4 Die Indigenisieung der Bosniaken
3. Renaissance der Religionen
3.1 Bruchlinienkonflikte der dritten Art
3.2 Überwindlichkeit von kulturellen Unterschieden
3.3 Wer beherrscht wen?
3.4 Westliche Dekadenz und islamische Resurgenz
5. Fazit
Quellenangabe
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit kulturelle Unterschiede forciert werden können. Dabei muss zunächst erörtert werden, ob die Kenntnis von Unterschieden überhaupt erst die Feststellung von Unterschieden entstehen lässt. Als Beispiel für meine Untersuchung möchte ich die Ereignisse in Bosnien – Herzegowina heranziehen ohne jedoch explizit auf alle vorherrschenden kulturellen Unterschiede, wie sprachlicher, ethnischer, traditioneller etc. Natur einzugehen. Ebenso wenig werde ich die Ereignisse des Bürgerkrieges explizit erörtern.
Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit die religiös - kulturellen Unterschiede der bosnischen Muslime zu den bosnischen Kroaten und Serben entscheidend zu diesem Konflikt geführt haben oder diesen begünstigt haben und in welchem Ausmaß diese überhaupt existent waren oder sind. Da sich diese jedoch nicht isoliert von allgemeinen kulturellen Unterschieden betrachten lassen, werden auch diese in meine Arbeit mit einfließen.
Des Weiteren möchte ich aufzeigen, welchen Einfluss der Emanzipierungsprozess des dortigen islamischen Glaubens in Bosnien – Herzegowina auf die Ereignisse ausgeübt hat. Hat der bosnische islamische Glaube sich einer „Verwestlichung“ unterworfen oder entzogen? War der Glaube der „Hauptträger“ des Konfliktes oder nur ein „Aufhänger“, um Differenzen zwischen den Volksgruppen in Bosnien darzustellen.
1.1. Pragmatismus
Beginnen möchte ich jedoch an einer anderen Stelle. Unter den aus der heutigen Sicht betrachteten Geschehnissen führt mein primärer Verweis auf den Pragmatismus, dem wir alle als Menschen (und auch als Forscher) unterliegen. Die zu Beginn der Hausarbeit dargestellten Theorien (vgl. S. 4 ff.) und die später im Verlauf dargestellten Theorien und Tatsachen machen es zum einen einfacher, die gegebenen Umstände unter einer gewissen Perspektive zu betrachten, jedoch gleichzeitig verwähren sie den Blick auf eine unvoreingenommene Sichtweise:
„Wissen von Tatsachen setzt Wissen von Theorien voraus“.
„Wissen von Theorien setzt Wissen von Tatsachen voraus“.
„Wissen von Tatsachen setzt Wissen von Werten voraus“.
„Wissen von Werten setzt Wissen von Tatsachen voraus“.[1]
(Putnam, Hilary 1996, S. 24)
Unter Berücksichtigung dieser Paradigmen, sowie deren noch heute gültigen Relevanz machte Hilary Putnam eine notwendige Ergänzung, welches seiner Meinung nach das angesprochene „Verständnis – Dilemma“ unter heutigen Gesichtspunkten (1996) bekräftigt:
„Wissen von Tatsachen setzt Wissen von Interpretationen voraus“
„Wissen von Interpretationen setzt Wissen von Tatsachen voraus“
(Putnam, Hilary 1996,S. 28)
Der spätere verweist Putnams darauf, dass es sich um keine „ethischen Fragen“ (Putnam, Hilary 1996, S.26) handelt sondern um „Wertfragen“ (Putnam, Hilary 1996, S.28) bekräftigt seine Ansicht nochmals und damit meinen Hinweis auf die unvermeidliche Subjektivität des Themas.
Gerade auf Grunde der Tatsache, dass das Buch von Samuel P. Huntington „Kampf der Kulturen“ entweder geliebt oder gehasst wird. Die von ihm „geschaffenen“ Feindbilder werden zumeist überinterpretiert und mit weiteren Vorurteilen behaftet bis sie ihre ursprüngliche Aussage verlieren.
Dieser kurze Exkurs in die Welt des Pragmatismus soll eine Sensibilität für den Einfluss von Theorien, Tatsachen oder Wissen und deren Interpretation auch auf die Menschen haben, die mit diesen konfrontiert werden. So wie geschehen in Bosnien, aber ebenso auf der ganzen Welt.
2. Bruchlinienkonflikte und Kernstaatenkonflikte
Samuel P. Huntington (1996) schuf mit seinem Buch „Kampf der Kulturen“ eine Ansicht auf zukünftige Konflikte in der Welt, wie sie so zuvor noch nicht gesehen wurden. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Wegfall der ideologisch bipolaren Welt waren Menschen und teilweise auch Wissenschaftler von einer Hegemonialen Weltmacht USA ausgegangen, welche mit dem „Sieg“ des Kapitalismus über den Kommunismus die Weltherrschaft an sich reißen würde. Diese Tatsache wurde zum Teil aber schon am Anfang der neunziger Jahre widerlegt.
Dabei sieht Samuel P. Huntington zwei generelle Konfliktformen in der Zukunft auf die Welt zukommen. Zum einen:
„Auf der lokalen oder Mikro-Ebene ergeben sich Bruchlinienkonflikte zwischen
benachbarten Staaten aus unterschiedlichen Kulturen, zwischen Gruppen aus
unterschiedlichen unterschiedlichen Kulturkreisen innerhalb ein und desselben
Staates und zwischen Gruppen die, wie in der früheren Sowjetunion und im
früheren Jugoslawien, den Versuch unternehmen, neue Staaten auf den Trüm-
mern der alten zu errichten“ (Huntington 1996, S. 332).
Zum anderen:
„Auf der globalen oder Makro-Ebene ergeben sich Kernstaatenkonflikte
zwischen den großen Staaten unterschiedlicher Kulturkreise. Gegenstand
dieser Konflikte sind die klassischen Streitfragen der internationalen Politik.“
(ebd., S.332)
Diesen sind jedoch nicht die einzigen Konfliktformen, die nach Meinung von Samuel P. Huntington in Frage kommen. Das Weitern könnten sich „[…] »Hegemonialkriege« zwischen aufsteigenden und absteigenden Staaten […]“ (ebd., S.334) ergeben, welche das Machtgleichgewicht zwischen den Kulturkreisen beinträchtigen könnten. Dies trifft ebenso auf anstrebende Kernstaaten innerhalb eines Kulturkreises zu. Kulturkreise sind nach Auffassung von Samuel P. Huntington der Westen, der Hinduismus, die Orthodoxie, der Islam und der Konfuzianismus, sowie Japan als ein eigenständiger autarker Kulturkreis. Dabei sei die Rolle der Kernstaaten bis auf den Islam klar verteilt. Im Islam sei hingegen noch ein hoher Grad an interner Konfliktbereitschaft zu bewältigen sowie, ökonomisch betrachtet, die Kernstaatenfrage noch weitgehend ungeklärt (vgl. ebd., S. 336).
In der folgenden Hausarbeit geht es primär um die Mirko-Ebene und somit die Bruchlinienkonflikte am Beispiel des früheren Jugoslawien. Insbesondere werde ich mich mit dem Konflikt in Bosnien - Herzegowina beschäftigen, wobei mein besonderes Augenmerk auf der Rolle der bosnischen Muslime liegt. Dabei lässt sich jedoch die Makro-Ebene der Kernstaatenkonflikte nicht ausblenden, da sie in diesem eigentlich innereuropäischen Konflikt die eigentliche Konfliktlinie der Kulturkreise implizit darstellt.
2.1 Strukturen von Zivilisationen
Ebenfalls wird in Samuel P. Huntington Buch „Kampf der Kulturen“ die Struktur von Zivilisationen bzw. Kultur beschrieben, welche zwar nicht am Beispiel des ehemaligen Jugoslawien dargestellt wird, aber dennoch in diese transferiert werden kann. Dabei stellen für Samuel P. Huntington
„Zivilisationen und Kultur […] die gesamte Lebensweise eines Volkes [dar];
eine Zivilisation ist eine Kultur in großem Maßstab […]. Beide implizieren
die Werte, Normen, Institutionen und Denkweisen, denen aufeinanderfolgende
Generationen einer gegebenen Gesellschaft primär Bedeutung beigemessen
haben“ (ebd., S. 54).
Am Beispiel Bosnien – Herzegowina ist diese Definition besonders interessant, da sich die Unterscheidung auf die Konfession reduzieren lässt. Wenn man weitere Merkmale von Samuel P. Huntington heranzieht, in denen er zum Beispiel noch„[…] Blut, Sprache, Lebensweise […]“ (ebd., S.54) als signifikant anbringt, wird umso deutlicher, dass eine gleiche oder ähnliche Zivilisation nicht mit Kultur gleichzusetzen ist. So kann man am Beispiel Bosniens zwar davon ausgehen, dass eine gleiche (oder ähnliche) Kultur vorhanden ist, aber dennoch ein differenziertes religiöses Fundament ein Unterscheidungskriterium darstellt. Zwar bildet Religion für Samuel P. Huntington das größte Unterscheidungsmerkmal, aber davon mal abgesehen teilen im Beispiel Bosnien - Herzegowina sowohl Serben, Kroaten als auch muslimische Bosnier seit dem letzten Eroberungsversuch der Türken das gleiche Schicksal. Sie standen bis zu den 1990er Jahren unter Fremdherrschaft oder wurden von verschiedenen Großmächten (z.B. Österreich-Ungarn) der damaligen Zeit besetzt oder später ideologisch regiert (vgl. Jäger 2001). Vielleicht haben auch nur die Umstände zu einer Assimilation der verschiedenen Kulturen in Bosnien – Herzegowina geführt, jedoch war aus der Perspektive der Struktur einer Zivilisation ein Unterschied, bis auf die Religion gesehen, nicht vorhanden. Die Bewohner von Bosnien – Herzegowina sprechen eine gemeinsame Sprache (serbokroatisch), „Mischehen“ spielten eine große Rolle und wurden ohne Rücksicht auf den Glauben eingegangen. Selbst der unterschiedliche Glaube war sekundär, da es sich meist um konvertierte Muslime handelte und nicht, um aus den islamischen Ländern des Orients immigrierte Muslime.
[...]
[1] Churchmans Paradigmen gehen auf A.E.Singer zurück
- Citation du texte
- Stefan Spriestersbach (Auteur), 2007, Bosnien – Herzegowina: Zusammenprall der Kulturkreise?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84929
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