Die Mediensysteme der Gegenwart sind durch einen großen Strukturwandel, durch enormen
technischen Wandel und die damit verbundene Ausweitung der Informationsquellen
gekennzeichnet. Auf diese Weise kann den Massenmedien ein wesentlicher Einfluss sowohl
auf das politische System eines Landes als auch auf die Meinung der Bürger zugeschrieben
werden.
Schwerpunkt des vorliegenden Essays ist es, den medialen Einfluss auf die politische
Einstellung der Menschen zu untersuchen. Dabei werde ich mich nicht auf die bekannteren
bekannten Konzepte wie Agenda-Setting und Framing konzentrieren. Bewusst werde ich die
Aufmerksamkeit auf das Medien-Priming steuern. Grund dafür ist, dass die drei zweifelsohne
verwandten Konzepte häufig verallgemeinert werden und eine abgegrenzte Untersuchung
vom größeren wissenschaftlichen Interesse ist. Im ersten Teil werde ich in das Thema
Medieneffekte einführen und das Verhältnis zwischen Medien und politischer Einstellung
behandeln. Ziel dabei ist es, einen Überblick über die verschiedenen Medieneffekte zu
gewinnen. Im Hauptteil dieser Untersuchung werde ich versuchen, die Frage zu beantworten,
ob und in welchem Ausmaß Medieneffekte die Einstellung der Bürger zur Politik
beeinflussen. Dabei werde ich mich auf einen bestimmten Effekt konzentrieren, nämlich das
Medien-Priming. Eine Einführung in das Konzept wird zunächst dargestellt, wobei ich
vertieft auf Entstehung und Wirkung eingehen werde. Darauf folgen drei experimentelle
Studien zu konkreten politischen Themen, die die Existenz eines Priming-Effektes
untersuchen. Im Speziellen wird analysiert, wie Priming auf die Einstellung der Bürger
gegenüber politischen Akteuren wirkt und ob die öffentliche Meinung durch Priming
gesteuert werden kann. Im Schlussteil werden die Befunde zusammengefasst und ein
Ausblick gewagt.
Bei der Untersuchung werde ich hauptsächlich Sekundärliteratur benutzen, daher handelt es
sich um eine Sekundärliteraturanalyse.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Medieneffekte und Einfluss der Medien auf die politische Einstellung
3 Second-Level Agenda-Setting: Medien-Priming
3.1 Priming-Effekte bei Wahlen
3.2 Priming am Beispiel der Iran-Contra-Affäre
3.3 Priming am Beispiel des Golfkrieges
3.4 Priming am Beispiel der Bundestagswahl 1990 (Kohl - Lafontaine)
4 Fazit
5 Literatur
1 Einleitung
Die Mediensysteme der Gegenwart sind durch einen großen Strukturwandel, durch enormen technischen Wandel und die damit verbundene Ausweitung der Informationsquellen gekennzeichnet[1]. Auf diese Weise kann den Massenmedien ein wesentlicher Einfluss sowohl auf das politische System eines Landes als auch auf die Meinung der Bürger zugeschrieben werden.
Schwerpunkt des vorliegenden Essays ist es, den medialen Einfluss auf die politische Einstellung der Menschen zu untersuchen. Dabei werde ich mich nicht auf die bekannteren bekannten Konzepte wie Agenda-Setting und Framing konzentrieren. Bewusst werde ich die Aufmerksamkeit auf das Medien-Priming steuern. Grund dafür ist, dass die drei zweifelsohne verwandten Konzepte häufig verallgemeinert werden und eine abgegrenzte Untersuchung vom größeren wissenschaftlichen Interesse ist. Im ersten Teil werde ich in das Thema Medieneffekte einführen und das Verhältnis zwischen Medien und politischer Einstellung behandeln. Ziel dabei ist es, einen Überblick über die verschiedenen Medieneffekte zu gewinnen. Im Hauptteil dieser Untersuchung werde ich versuchen, die Frage zu beantworten, ob und in welchem Ausmaß Medieneffekte die Einstellung der Bürger zur Politik beeinflussen. Dabei werde ich mich auf einen bestimmten Effekt konzentrieren, nämlich das Medien-Priming. Eine Einführung in das Konzept wird zunächst dargestellt, wobei ich vertieft auf Entstehung und Wirkung eingehen werde. Darauf folgen drei experimentelle Studien zu konkreten politischen Themen, die die Existenz eines Priming-Effektes untersuchen. Im Speziellen wird analysiert, wie Priming auf die Einstellung der Bürger gegenüber politischen Akteuren wirkt und ob die öffentliche Meinung durch Priming gesteuert werden kann. Im Schlussteil werden die Befunde zusammengefasst und ein Ausblick gewagt.
Bei der Untersuchung werde ich hauptsächlich Sekundärliteratur benutzen, daher handelt es sich um eine Sekundärliteraturanalyse.
1.1 Medieneffekte und der Einfluss der Medien auf die politische Einstellung
Zweifelsohne besteht zwischen Medien und Politik ein wechselseitiges Verhältnis, das oft als spannungsreich in der Diskussion angeführt wird.[2] Den Medien wurde in den letzten Jahrzehnten eine enorme Macht zugesprochen. Aufgrund ihrer Kontrollfunktion gegenüber der Politik wird sie neben der Legislative, der Exekutive und der Judikative häufig als die „vierte Gewalt“ bezeichnet, was die Dramatik dieses Verhältnisses veranschaulicht. Die Medien bestimmen heutzutage mehr denn je die politische Tagesordnung. „All I know is just what I read in the newspapers.“[3] oder anders formuliert, die Öffentlichkeit wird über Politik hauptsächlich durch die Medien informiert. Worüber nicht berichtet wird, findet für das Publikum nicht statt. Eine direkte Interdependenz zwischen den beiden Akteuren Politik und Bevölkerung ist wenig plausibel. Grund dafür ist, dass die Menschen selten über persönliche Erfahrungen im politischen Leben verfügen. Die Beziehung läuft vielmehr vermittelt durch Tageszeitungen, Fernsehnachrichten, Radiosendungen oder Internet.[4] So gesehen bestimmen Medien die öffentliche Meinung zu Themen aus der Politik beziehungsweise die politische Einstellung der Menschen. Dies geschieht in der Regel durch die Verwendung von medialen Instrumenten oder so genannten Medieneffekten.
Es wurden in der Tat viele verschiedene Arten von Medienwirkungen erforscht und wissenschaftlich nachgewiesen, die aber für die vorliegende Arbeit weniger von Bedeutung sind. Auf diese Weise konzentriert sich die Untersuchung auf den Bereich der Agenda-Setting-Effekte und genauer auf ein spezifisches Element des Agenda-Setting-Prozesses: das Konzept des Medien-Primings.
Tatsächlich gestalten die Medien zumindest in Teilbereichen die gesellschaftliche Realität mit. Die unterschiedliche Gewichtung von Themen in den Medien beeinflusst direkt die Gewichtung der Themen in der Bevölkerung.[5] Diese Art von Medienwirkung bezeichnet man als Agenda-Setting-Funktion der Medien und ist in der Wissenschaft am weitesten geforscht. Grundsätzlich handelt es sich dabei um ein Instrument der Medien, das die Wahrnehmung und die Einstellung der Bürger nicht verändert, sondern lediglich vorhandene Meinungen verstärkt. Das geschieht durch Akzentsetzung auf bestimmte Themen, und durch die häufige Fokussierung auf eben diese. Man begrenzt damit die Reichweite der für die Medien, aber nicht der für die Bevölkerung verfügbaren Informationen. So werden Themen, die in den Medien als wichtig erscheinen, genauso wichtig auch von dem Publikum wahrgenommen.[6] Somit gelingt es den Medien eine Thematisierungsfunktion zu entwickeln, auf deren Grundlage sich jeder einzelne seine Themen bildet. Generell wird dabei der Frage nachgegangen, ob es den Massenmedien gelingt, ihren Rezipienten durch die Schwerpunktsetzung auf bestimmte Themen in ihrer Berichterstattung vorzugeben, worüber sie nachdenken (sollen?). Eine Menge experimenteller Studien verbindet man mit Agenda-Setting-Prozessen, unter anderem die von Krosnick und Kinder[7] sowie Iyengar und Kinder[8]. Eine erste Auseinandersetzung mit dem Thema versuchen Mc Combs und Shaw mit ihrer Chapel-Hill-Studie von 1972[9]. Durchgängig hat die Forschung gezeigt, dass Rezipienten sich bei der Beurteilung aktueller gesellschaftlicher und politischer Probleme normalerweise auf die Themen und Ereignisse beziehen, die auch „in der Abendschau“ behandelt werden.[10] Dabei haben Merkmale wie Platzierung der Themen innerhalb der Nachrichtensendung oder der Zeitungsausgabe sowie die „Lebendigkeit“ der Beiträge einen wesentlichen Einfluss auf die Wahrnehmung der Rezipienten. Experimentelle Studien von Iyengar und Kinder haben diese Effekte eindeutig bestätigt.[11] Die von den Medien gesetzten Themenschwerpunkte werden aber nicht von allen Rezipienten gleichermaßen übernommen. Im Zuge der weiteren Entwicklung der Agenda-Setting-Forschung hat sich herausgestellt, dass vor allem Personen mit geringer Bildung, politischem Interesse und politischer Beteiligung besonders anfällig für Thematisierungseffekte sind.[12] Höchstwahrscheinlich verfügen solche Personen nicht über vorher gewonnene Informationen, mit deren Hilfe sie die „Botschaften“ der Nachrichtenbeiträge unter Zweifel stellen könnten.
3 Second-Level Agenda-Setting: Medien-Priming
Während Agenda-Setting-Prozesse den Einfluss der Medienberichterstattung auf die Bedeutungszuweisung des Publikums betreffen, ist inzwischen auch die Wirkung auf Einstellungen und Verhalten der Rezipienten in das Konzept integriert. In diesem Zusammenhang wird von Second-Level Agenda-Setting gesprochen. Der Schwerpunkt auf dieser zweiten Ebene der Agenda-Setting-Forschung liegt in der Betrachtung der einzelnen Themenattribute.[13] Zu dieser Ebene gehört auch das Konzept Medien-Priming. Grundsätzlich ist Priming, das eine Sonderform des psychologischen Konzeptes des allgemeinen Primings darstellt, ein kognitiver Medieneffekt.[14] Aus dieser Sicht sieht eine Definition folgendermaßen aus: Priming ist der Prozess, in dem massenmedial vermittelte Informationen (Primes) verfügbare Wissenseinheiten im Gedächtnis des Rezipienten temporär leichter zugänglich machen.[15] Da Priming ein allgemeiner Prozess ist, werden in der Forschung zum Medien-Priming unterschiedliche thematische Schwerpunkte untersucht. Peter teilt diese in vier Bereiche ein: politisches, unterhaltungsbezogenes, gewaltbezogenes und persuasives Medien-Priming.[16] Auf politischer Ebene wird eine breitere Definition aufgefasst und zwar, dass Medien-Priming als der Einfluss der Medien auf die Beurteilung von Politikern verstanden wird.[17] Dieses Konzept erweitert insofern die Agenda-Setting-Theorie, da es auch den politischen Entscheidungsprozess beeinflusst. Ganz allgemein bedeutet das, dass je mehr ein Thema in dem Informationsstrom hervorgehoben wird desto größere Bedeutung es bei politischen Entscheidungen haben wird.[18]
[...]
[1] Blöß, Timo: Diplomarbeit: Der Einfluss der Medien auf Wahlkampfführung und Wahlkampfverlauf bei Wahlen in Bundesländern. Untersucht am Beispiel er Ereignisse vom 11. September 2001, Freie Universität Berlin, Berlin 2003, S. 13.
[2] Dams, Andreas: Zweitstimme ist Kanzlerstimme! Die Abhängigkeit der Kanzlerpräferenz von Fernsehnachrichten und Wirtschaftslage. Eine zeitreihenanalytische Untersuchung am Beispiel der Bundestagswahl 1994 auf der Basis täglicher Messungen, Berlin 2003, S. 5.
[3] McCombs, Maxwell: Setting the Agenda: The Mass Media and Public Opinion, Cambridge 2004, S. 1.
[4] Dams: Zweitstimme, S. 8.
[5] Iyengar, Shanto: Wie Fernsehnachrichten die Wähler beeinflussen: Von der Themensetzung zur Herausbildung von Bewertungsmaßstäben. In: Wilke, Jürgen: Öffentliche Meinung,. Theorie, Methoden, Befunde, Freiburg/München 1992, S. 123.
[6] Iyengar: Wie Fernsehnachrichten die Wähler beeinflussen, S 123.
[7] Krosnick, Jon/ Kinder, Donald: Altering the Foundations for Support of the President Through Priming. In: American Political Science Review, H. 84, Washington 1990, S. 497 - 512.
[8] Iyengar, Shanto/ Kinder, Donald: News that Matters, Chicago 1987.
[9] McCombs, Maxwell/ Shaw, Donald: The agenda-setting function of mass media. In: Public
Opinion Quarterly 36 1972, S. 176-187.
[10] Iyengar: Wie Fernsehnachrichten die Wähler beeinflussen, S 126.
[11] Vgl. Iyengar, Shanto/ Kinder, Donald: News that Matters, Chicago 1987.
[12] Iyengar: Wie Fernsehnachrichten die Wähler beeinflussen, S 127.
[13] Kunczik, Michael/ Zipfel, Astrid: Publizistik. Ein Studienhandbuch, 2., durchgesehene und aktual. Auflage, Köln u.a. 2005, S. 370.
[14] Peter, Jochen: Medien-Priming – Grundlagen, Befunde und Forschungstendenzen. In: Publizistik, Jg. 47, H. 1 2002, S. 22.
[15] Ebd.
[16] Ebd., S. 24.
[17] Vgl. Iyengar: Wie Fernsehnachrichten die Wähler beeinflussen, S 128.
[18] Iyengar: Wie Fernsehnachrichten die Wähler beeinflussen, S 129.
- Citar trabajo
- Alexander Mihaylov (Autor), 2007, Medieneffekte und ihr Einfluss auf die politische Einstellung am Beispiel von Medien-Priming, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84330
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