In der vorliegenden Hausarbeit habe ich mich mit dem Verhältnis von Gegenwarts - und Erinnerungshandlung in Heinrich Bölls Roman "Billard um halb zehn" beschäftigt.
Um das Verhältnis von Erinnerungs - und Gegenwartshandlung zu illuminieren, werde ich zunächst Schicksal und Charakter der Romanfigur Johanna Fähmel betrachten, da sie eine tragende Schlüsselposition innerhalb der Romanhandlung einnimmt. Nach dieser charakterlichen Analyse werde ich erstmals auf Erinnerungs - und Gegenwartshandlung am konkreten Beispiel von Johanna Fähmel eingehen.
Im dritten Teil der Arbeit werde ich dann versuchen, die aus der Betrachtung gewonnenen Erkenntnisse auf den Roman als Ganzes zu beziehen und die daraus resultierenden Ergebnisse im vierten Teil der Arbeit zusammenzufassen.
Die vorliegende Analyse stützt sich auf zwei grundlegende Quellen:: auf die Sekundärliteratur, die mir wichtige Aufschlüsse und Anregungen gegeben hat, und auf subjektive Beobachtungen, die aus der individuellen Rezeption des Werkes entstanden sind..
"Billard um halb zehn" fordert vom Rezipienten ein sehr aufmerksames und analytisches Lesen. Schon aufgrund der schwer durchdringbaren Chronologie, auf die ich in meiner Arbeit noch zu sprechen kommen werde, kann der Roman nicht mit belletristischer Leichtfertigkeit abgehandelt werden, sondern sollte ganz gewiss ( mindestens ) ein zweites Mal rezipiert werden. Denn erst nach intensiver Beschäftigung können die subtileren Verknüpfungen zwischen den Protagonisten nachvollzogen werden, die für ein grundlegendes Verständnis des Werkes unabdingbar sind.
Zur Beschäftigung mit "Billard um halb zehn" gehört meiner Ansicht nach auch, dass man sich im vorab ein genaues Bild über die deutsche Geschichte des vergangenen Jahrhunderts macht, insbesondere über die Zeit zwischen beiden Weltkriegen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
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- 1.1. Das Schicksal der Protagonistin Johanna Fähmel
- 1.2. Johannas "Wahnsinn"
- 1.3. Johannas Gesellschaftskritik
- 1.4. Johanna - Bildnis einer Heiligen?
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- 2.1. Erinnerungs- vs. Gegenwartshandlung am Beispiel von Johanna Fähmel
- 2.2. Der Zeitbegriff als Abgrenzungskriterium von Erinnerungs- und Gegenwartshandlung
- 2.3. Der "Ausbruch" aus der Erinnerungshandlung
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- 3.1. Die Erinnerungshandlung - eine wichtige literarische Komponente in "Billard um halb zehn"
- 3.2. Merkmale der Gegenwartshandlung
- 3.3. Das Zusammentreffen von Erinnerungs- und Gegenwartshandlung
- 4.1. Ergebnisse
- Literaturliste
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Verhältnis von Gegenwarts- und Erinnerungshandlung in Heinrich Bölls Roman "Billard um halb zehn". Um dieses Verhältnis zu beleuchten, wird zunächst das Schicksal und der Charakter der Romanfigur Johanna Fähmel betrachtet, da sie eine tragende Schlüsselposition innerhalb der Romanhandlung einnimmt. Nach dieser charakterlichen Analyse wird erstmals auf Erinnerungs- und Gegenwartshandlung am konkreten Beispiel von Johanna Fähmel eingegangen. Im dritten Teil der Arbeit wird dann versucht, die aus der Betrachtung gewonnenen Erkenntnisse auf den Roman als Ganzes zu beziehen und die daraus resultierenden Ergebnisse im vierten Teil der Arbeit zusammenzufassen.
- Die Rolle der Protagonistin Johanna Fähmel als Schlüsselfigur des Romans
- Die Analyse von Johannas "Wahnsinn" und ihrer Gesellschaftskritik
- Die Unterscheidung zwischen Erinnerungs- und Gegenwartshandlung im Roman
- Die Bedeutung der Zeit als Abgrenzungskriterium zwischen den beiden Handlungsebenen
- Die literarische Funktion der Erinnerungshandlung und ihre Auswirkungen auf die Rezeption des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel wird Johanna Fähmels Schicksal als Schlüsselfigur des Romans beleuchtet. Sie ist die einzige Protagonistin, die vom Schicksal in die völlige Isolation gedrängt wurde. Im ersten Weltkrieg nannte sie den Kaiser öffentlich einen Narren und wollte sich ebenso ungehemmt gegen die Untaten des Faschismus auflehnen. 1941/42 entpuppt sie sich als Märtyrerin und will sich aus Protest gegen die Untaten der deutschen Diktatur mit den jüdischen Menschen "deportieren" lassen. Nach diesem Versuch wird sie für verrückt erklärt und in die Heilanstalt "Denklingen" verwiesen. Hier lebt sie, wie sie selbst sagt, in einer "inneren Emigration".
Das zweite Kapitel widmet sich der Analyse von Johannas "Wahnsinn". Böll gibt keine klaren Antworten auf die Frage, ob sich Johanna Fähmel "rechtmäßig" in der Nervenheilanstalt "Denklingen" befindet. Zwar wird Johannas moralischer Idealismus deutlich hervorgehoben, ihr geistiger Zustand bleibt für den Leser aber ein Mysterium. Johannas Gedanken wirken im Grunde nicht verrückt, sondern eher "entrückt". Böll könnte die Erinnerungsmonologe dazu benutzt haben, um eben dieses "Entrücktsein" zu verschärfen und Johanna Fähmel deutlicher von den übrigen Romanprotagonisten abzuheben.
Im dritten Kapitel wird Johannas Gesellschaftskritik beleuchtet. Auch am 6. September 1958 richtet sich Johannas Kampf gegen die "jetzigen Büffel", die sie als Gefahr für ihre Enkelkinder ansieht. Sie sucht nach den neuen Vertretern des bürgerlichen Ordnungssinns, der in seiner Konsequenz zum Faschismus geführt hat. Den Bonner Minister M. beschreibt Johanna mit den Attributen "dunkel gekleidet, anständig, anständig". Während ihres Aufenthalts in "Denklingen" hat sich an den gesellschaftlichen Verhältnissen grundsätzlich nichts verändert - das System besteht weiter. Die sozialen Widersprüche scheinen auch in der neugeschaffenen Ordnung nicht gelöst worden zu sein.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Frage, ob Johanna Fähmel als Bildnis einer Heiligen interpretiert werden kann. Johanna kämpft gegen ungerechte Privilegien und sündhafte Gewohnheiten der Gesellschaft. Ihre Person impliziert die Position, dass die Zerstörungen unserer Welt nicht nur äußerer Natur sind (die Zerstörung der Abtei), sondern viel tiefer ins Seelenleben der Menschen reichen und es deshalb nicht möglich ist, sie in wenigen Jahren zu heilen.
Das fünfte Kapitel beleuchtet die Unterscheidung zwischen Erinnerungs- und Gegenwartshandlung am Beispiel von Johanna Fähmel. Bernard unterscheidet zwei wesentliche Merkmale der Erinnerungshandlung: Johanna Fähmels "Vorstellendes Erinnern" und ihr "Vorgreifendes Planen". Die psychologischen Wesenseigenschaften der Protagonistin Johanna Fähmel effizieren konkrete Folgen auf die äußere Form des Romans. Ihr "Vorgreifendes Planen" und "Vorstellendes Erinnern" wird in "Billard um halb zehn" als "Erinnerungshandlung" und "Gegenwartshandlung" umgesetzt.
Das sechste Kapitel widmet sich dem Zeitbegriff als Abgrenzungskriterium von Erinnerungs- und Gegenwartshandlung. Nach Bernard bilden "die Überwindung der 'Zeitlosigkeit' und die Rückkehr in die Zeit einen entscheidenden Vorgang in Billard um halb zehn". Dabei erscheine die "Zeitlosigkeit" als unmittelbare Folge der Ausgliederung aus dem Wirklichen.
Das siebte Kapitel beschreibt den "Ausbruch" aus der Erinnerungshandlung. Doch Johanna Fähmel bricht mit der sie umgebenden "Zeitlosigkeit". Sie will nicht mehr "Blindekuh spielen" und stößt auf das "Signal zur Rückkehr in die Zeit, ins Leben, zum Handeln". Wie oben deutlich gemacht wurde, kennt die Gegenwartshandlung im Unterschied zur Erinnerungshandlung kein "Verschwimmen" der Zeit, sondern ist durch eine klare chronologische Fixierung definiert.
Das achte Kapitel beleuchtet die Erinnerungshandlung als eine wichtige literarische Komponente in "Billard um halb zehn". Wie es anhand der Protagonistin Johanna Fähmel gezeigt worden ist, besteht ein großer Teil des Romans aus "Erinnerungshandlung". Durch die Erinnerungshandlung wird das Wesentliche der Handlung verstärkt. Details und subjektive Eindrücke (das immer wiederkehrende Bild des Keilers) rücken deutlicher in den Vordergrund und werden wie durch eine Linse verstärkt.
Das neunte Kapitel beschreibt die Merkmale der Gegenwartshandlung. Den Gegensatz zur Erinnerungswelt bildet die "Gegenwartshandlung", also der 6. September 1958, der 80. Geburtstag Heinrich Fähmels. Das "Medium", mit dessen Hilfe sich die Erinnerungshandlung von der Gegenwartshandlung abgrenzt, ist die Zeit. Wie es anhand der Figur "Johanna Fähmel" deutlich geworden ist, "verschwimmt" die Zeit in der Erinnerungshandlung. Im Gegensatz dazu besitzt die Gegenwartshandlung eine klare zeitliche Fixierung.
Das zehnte Kapitel befasst sich mit dem Zusammentreffen von Erinnerungs- und Gegenwartshandlung. Wie bis jetzt gezeigt worden ist, stehen sich im Roman zwei abgegrenzte Welten gegenüber. Die Erinnerungshandlung, die mittels der Zeitlosigkeit charakterisiert wird und die Gegenwartshandlung, der 6. September 1958. Im ersten Teil des Romans überwiegt deutlich die Erinnerungshandlung. Mit dem Erscheinen Schrellas im siebten Kapitel bekommt die Gegenwartshandlung mehr Gewicht. Als sich Schrella im letzten Kapitel mit Robert Fähmel im Billardzimmer aufhält, schreibt Böll: "Und doch erschien es Hugo, als wäre der Rhythmus der Kugeln gestört, die Präzision der Figuren geringer, war es Schrella, der die ständige Gegenwärtigkeit der Zeit mitgebracht, den Zauber gelöst hatte: das war hier, das war heute, war achtzehnuhrvierundvierzig, am Samstag, den 6. September 1958."
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Verhältnis von Erinnerungs- und Gegenwartshandlung, die Rolle der Protagonistin Johanna Fähmel, den "Wahnsinn" der Protagonistin, die Gesellschaftskritik des Romans, den Zeitbegriff als Abgrenzungskriterium, die literarische Funktion der Erinnerungshandlung und die Analyse der Romanhandlung in "Billard um halb zehn" von Heinrich Böll. Die Arbeit beleuchtet die psychologischen Wesenseigenschaften der Protagonistin Johanna Fähmel und ihre Auswirkungen auf die äußere Form des Romans. Der Text analysiert die "Zeitlosigkeit" der Erinnerungshandlung und die "Gegenwärtigkeit" der Gegenwartshandlung. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Erinnerungshandlung und ihrer Bedeutung für die Rezeption des Romans.
- Citar trabajo
- Andre Käswurm (Autor), 2001, Erinnerungs - und Gegenwartshandlung in Heinrich Bölls Billard um halb zehn anhand der Protagonistin Johanna Fähmel, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8412
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