Die vorliegende Arbeit präsentiert einen kurzen Einblick in die Biographie über Emil Heyn, Nestor der wissenschaftlichen Metallkunde und Metallographie, und nimmt Bezug auf 75 Jahre „Heyn-Denkmünze“ der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde (DGM). Erwähnt wird erstmals, dass Heyn ein Nachkomme des deutschen Rechenmeisters und Bergbeamten Adam Ries ist. Gewürdigt werden seine Leistungen der mikroskopischen Metalluntersuchungen, besonders Heyns Befähigung, die Sprache des Kleingefüges von Metallen und Legierungen zu verstehen sowie die Spezifik der Phasenlehre zu kennen. Weiterhin werden seine akribischen Bemühungen um die Lehre, Forschung, Weiterbildung, Praxisbindung, Publikationen, Wissensinstitutionalisierung, Vereinsgründung und -tätigkeit sowie Entwicklung der Technikwissenschaft „Werkstoffwissenschaften“ gewürdigt.
In Erinnerung an die Verdienste von Emil Heyn, um die Metallkunde und Deutsche Gesellschaft für Materialienkunde wurde vor 75 Jahren die Heyn-Denkmünze von der DGM gestiftet [2]. Sie wird seit 1929 an Wissenschaftler der ganzen Welt verliehen, die wesentliche Beiträge auf dem Gebiet der Metallkunde, für die Entwicklung der Nichteisenmetalle in wissenschaftlicher, praktischer oder wirtschaftlicher Hinsicht geleistet haben.
Emil Heyn – der Nestor der Metallkunde und Metallographie, wurde am 5. Juli 1867 als Sohn des Bergmannsschneiders Wilhelm Emil Heyn und seiner Ehefrau Johanna in der 1496 gegründeten sächsischen Bergstadt Annaberg (heute: Berg- und Adam-Riesstadt Annaberg-Buchholz) geboren. Er gehört zu den Nachkommen des deutschen Rechenmeisters und Bergbeamten Adam Ries [3] (auch Adam Riese, um 1492 in Staffelstein (Franken) geborenen, am 30. März 1559 in Annaberg gestorben), der bis etwa 1522 als Rechenmeister in Erfurt tätig war und ab 1523 in Annaberg wirkte, wo er um 1525 eine Rechenschule gründete, unter seinem Sohn Abraham fortbestand. Die schnelle Verbreitung der arabischen Ziffern geht wesentlich auf Ries zurück, der einige Lehrbücher veröffentlichte (u. a. 1518 Rechnung auff der linihen und 1525 Rechenung nach der lenge auff den Linihen und Feldern).
Nach mit Bestnoten am Realgymnasium zu Freiberg abgeschlossen, arbeitete Emil Heyn praktisch in Freiberger Hütten, bevor er am 4. Mai 1886 als 3.440 Student an der 1765 gegründeten Königlich-Sächsischen Bergakademie zu Freiberg inskribiert wurde. Seine Ausbildung als Eisenhüttenkundler erhielt er an dieser ältesten bergbautechnischen Hochschule der Welt beim ersten Ordinarius für Eisenhüttenkunde, Professor Adolf Ledebur, der ihn 1890 mit der ersten Note diplomierte [2].
Danach ging er in die damaligen deutschen Hochburgen des Montanwesens, um alle Verfahrenstechniken vom Eisenerz bis zum Eisen, Stahl, ihren Halbfabriken sowie Fertigprodukten in der Praxis kennen zu lernen. Zuerst war er einige Jahre in einem Labor bei der Friedrich Krupp Aktiengesellschaft im Gussstahlwerk in Essen und folgend arbeitete er als Ingenieur, Chemiker und Konstrukteur wie auch Bauleiter für zwei Hochöfen beim Hörder Bergwerks- und Hüttenverein.
Die ersten Praxisjahre, insbesondere die in den Chemischen Laboratorien der Firma Friedrich Krupp in Essen, deren Gründung bereits in das Jahr 1863 fällt und die erste Einrichtung zur wissenschaftlich-chemischen Untersuchung der Stähle und Rohstoffe war, hatten großen Einfluss auf Emil Heyn hinsichtlich des Innenlebens der Metalle, wie Eisen und Stahl sowie von Legierungen ausgeübt. Eine zweite solche chemische Forschungsstätte der Firma Krupp, die sich vornehmlich mit den chemisch-physikalischen Eigenschaften der Stähle befasste, folgte 1883. Als Emil Heyn da ab Januar 1891 tätig war, hatten diese bereits die außergewöhnliche Leistungsfähigkeit von zirka 21.000 Bestimmungen, d. h. werktäglich rund 70, erreicht. Später, also 1912, wurden in drei der Kruppschen Chemischen Laboratorien 610.000 Bestimmungen, d. h. werktäglich 2030, ausgeführt [4].
Die folgenden praktischen Erfahrungsjahre im Hörder Bergwerks- und Hüttenverein förderten der Weiteren, durch das allumfassende Kennenlernen der Eisen- und Stahlgewinnung sowie deren Materialprüfung in der betrieblichen Laboratoriumspraxis, seinen Wunsch, den Weg von der makroskopischen zur mikroskopischen Untersuchung der Metalle und Legierungen sowohl theoretisch zu finden wie auch praktisch auszuführen.
Aus verschiedenen Verzeichnissen der Hüttenwerke und Gießereien im deutschen Zollgebiet mit den Hoerder Werken geht hervor, dass sich Emil Heyn bewusst für dieses große deutsche Montanunternehmen entschieden haben musste. Im Einzelnen besaß der Hörder Verein: Hochofenwerke, Flusseisenwerke mit Walzwerken, Stahlformgusswerke mit Martinofenbetrieb, Elektro-Stahlwerke, Puddelwerke, Trägerwalzwerke, Schienenwalzwerke, Stabeisenwalzwerke, Bandeisenwalzwerke, Grobblechwalzwerke, Feinblechwalswerke, Drahtwalzwerke, Röhrenwalzwerke Kaltwalzwerke, Röhrengießereien, Eisen- und Stahlgießereien.
Von da aus wechselte er 1894 auf Empfehlung von Adolf Ledebur als Lehrer an die Königliche Ober-Realschule in Gleiwitz O./S. und 1896 an die Königliche Maschinenbau- und Hüttenschule Gleiwitz (Gliwice). Durch eine hohe Lehrbelastung blieb ihm da kein Freiraum für die bereits angeführte Forschung, die Basis für die praktische Erkundung des Mikrogefüges anzugehen. Deshalb hat ihn Professor Adolf Ledebur empfohlen zu Adolf Martens nach Berlin zu wechseln. So nahm Emil Heyn auch ab 1. April 1898 eine ihm von Leiter der Preußischen Königlich Mechanisch-Technischen Versuchsanstalten der Königlichen Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, Professor Adolf Martens, angebotene Stelle an.
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- Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Ing, Dr. Wolfgang Piersig (Author), 2006, Emil Heyn. Zum Nachfahren von Adam Ries, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84013