Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sichert jedem einzelnen Kind den Schutz vor Verletzungen seiner Würde und seiner Person. Die UN-Kinderkonvention bekräftigt die Rechte auf Schutz und Förderung seiner Entwicklung. Alle Kinder bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahr genießen einen besonderen rechtlichen Schutz, das ein Diskriminierungsverbot ausdrücklich mit einschließt. Die seit Herbst 2000 geltende Ergänzung nach §1631 Abs. 2 BGB lautet: „Jedes Kind hat ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ (Kasper 2004, S.5)
Der Begriff "Mobbing" ist mittlerweile den meisten Menschen aus den Medien bekannt und wird oft im Zusammenhang mit den Problemen an Schulen verwendet. Doch stellt sich die Frage, was genau eigentlich mit der Bezeichnung "Mobbing" gemeint ist und wie er mit dem Themenbereich "Schule" zusammenhängt. Sollte er vielleicht ein Thema für die Schulpädagogik sein?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Begriff Mobbing
3 Grundsätzliche Theorien
3.1 Das Phasenmodell nach Leymann
3.2 Eine Einschränkung
4 Die Motivation der Mobber
4.1 Familiäre Einflüsse
4.2 Einfluss der Medien
4.3 Konkrete Motive
5 Folgen
5.1 Psychische Auswirkungen
5.1.1 Stress
5.1.2 Schulangst
5.2 Physische Auswirkungen
5.3 Siuzid
6. Mobbing in der Schule
6.1 Fallbeispiele
6.2 Die Entstehung von Mobbing im Klassenzimmer
6.3 Die möglichen Konstellationen
6.3.1 Mobbing unter Schülern
6.3.2 Mobbing unter Lehrern
6.3.3 Schüler mobben Lehrer
6.3.4 Lehrer mobben Schüler
6.4 Auswirkungen
7 Einordnung in die Schulpädagogik
7.1 Der Gegenstand der Schulpädagogik
7.2 Die Schule als pädagogische Institution
7.2.1 Lehrerprofessionalität
7.2.2 Handlungskompetenz
7.3 Präventions- und Interventionsmaßnahmen
7.3.1 Das Arbeitsklima
7.3.2 Interventionsprogramme
7.3.3 Agressionstraining
7.3.4 Schulpsychologen und Sozialpädagogen
7.3.5 Schulkliniken
7.3.6 Die Anti-Mobbing-Strategie
8 Schluss
9 Literatur
1 Einleitung
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sichert jedem einzelnen Kind den Schutz vor Verletzungen seiner Würde und seiner Person. Die UN-Kinderkonvention[1] bekräftigt die Rechte auf Schutz und Förderung seiner Entwicklung. Alle Kinder bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahr genießen einen besonderen rechtlichen Schutz, das ein Diskriminierungsverbot ausdrücklich mit einschließt. Die seit Herbst 2000 geltende Ergänzung nach §1631 Abs. 2 BGB lautet: „Jedes Kind hat ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ (Kasper 2004, S.5)
Der Begriff "Mobbing" ist mittlerweile den meisten Menschen aus den Medien bekannt und wird oft im Zusammenhang mit den Problemen an Schulen verwendet. Doch stellt sich die Frage, was genau eigentlich mit der Bezeichnung "Mobbing" gemeint ist und wie er mit dem Themenbereich "Schule" zusammenhängt. Sollte er vielleicht ein Thema für die Schulpäda-gogik sein?
Diese Arbeit wird zunächst die Herkunft und Bedeutung des Begriffes "Mobbing" darstellen und die grundlegenden Theorien, die mit ihm im Zusammenhang stehen, erläutern. Anschließend werden die beiden Pole des Mobbings genauer untersucht: Die Motivation des Mobbers und die Folgen für den Gemobbten. Nur mit dieser Grundlage ist es möglich, den Themenbereich "Mobbing in der Schule“ bzw. „Mobbing im Klassenzimmer“ fundiert zu betrachten und sich anschließend mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Mobbing ein Thema für die Schulpädagogik sein sollte.
Die Forschung zum Thema „Mobbing“ hat in Deutschland erst 1993 durch die Arbeit von Heinz Leymann begonnen und somit keine lange Tradition. Host Kasper hat 1998 erstmalig in Deutschland den Bezug zwischen den Themenbereichen „Mobbing“ und „Schule“ hergestellt.
Bei der Untersuchung von Mobbing in der Schule werden die Entstehung von Mobbing, die möglichen Konstellationen von Mobbern und Gemobbten in der Schule und die Auswirkungen in den Mittelpunkt gestellt, und anhand von Fallbeispielen illustriert. Anschließend kann die Frage erörtert werden, ob Mobbing ein Thema für die Schulpädagogik sein kann. Dazu wird zunächst der Gegenstand der Pädagogik definiert und die Schule als pädagogische Institution beschrieben. Anschließend werden Lösungsmöglichkeiten dargestellt, die die Schulpädagogik für den Problembereich Mobbing bieten kann.
2 Der Begriff Mobbing
MOBBING – Sicher hat jeder von uns schon diesen Begriff irgendwann einmal gehört. Möglicherweise verbindet die eine oder der andere mit dem Begriff eine negative, vielleicht auch böswillig herbeigeführte Handlung. Auch Schlagwörter wie „jemanden ärgern“ oder „schlecht behandeln“ würden viele mit dem Begriff Mobbing assoziieren. Die Menschen, die mit dem Begriff vertrauter sind oder Erfahrungen mit Mobbing gemacht haben, würden sogar von psychischen Terror und Gewalttaten sprechen. Tatsächlich ist Mobbing eine Form der Gewalt, die psychologisch herbeigeführt wird. Täter quälen ihr Opfer weniger auf körperlicher Art und Weise. Vielmehr werden in intriganter Form Angriffe verdeckt initiiert, hinter Scherzen versteckt oder anonym ausgeführt. Mobbing kann in jeder Umgebung vorkommen, dort wo viele Menschen öfter miteinander zu tun haben, z.B. im Beruf oder in der Schule.
Aber wo kommt der Begriff Mobbing eigentlich her? Und wo findet der Begriff seinen Ursprung?
Der schwedische Psychologe und Psychiater Heinz LEYMANN, einer der wichtigsten Mobbingforscher überhaupt, erzählt in seinem Buch „Mobbing“ aus dem Jahre 1993 dazu eine spannende Geschichte:
„Es war einmal ein kleiner zehnjähriger Junge in Österreich. Sein Name war Konrad und er zeigte große Begeisterung für das Buch „Nils Holgersson“ von der schwedischen Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf. Ein Kapitel hatte es ihm besonders angetan. Es war das Kapitel, in dem der Däumling Nils auf einen Baum vor dem Fuchs flüchtete, der unter dem Baum wartete und danach lechzte ihn bald fressen zu können. Doch bald schon kamen die Gänse und halfen Nils aus der Gefahr. Im Tiefflug starteten sie Scheinangriffe auf den Fuchs – wieder und immer wieder. Wenig später lag der Fuchs völlig erschöpft am Boden, so dass Nils entkommen konnte.“ (vgl. LEYMANN 1995, S.14)
Der kleine Junge, der so große Begeisterung für das Kinderbuch „Nils Holgersson“ zeigte, heißt Konrad LORENZ. Er zeigte schon früh Interesse an das Verhalten von Gänsen und fing an, sich im erwachsenen Alter damit auseinander zu setzen. So wurde in den fünfziger Jahren aus dem kleinen Jungen ein berühmter Verhaltensforscher. Er studierte unter anderem das Aggressionsverhalten von Tieren und Menschen und fand heraus, dass Aggressivität zur Instinkt- und Triebausstattung des Menschen gehört. Aus Beobachtungen an Tieren schloss LORENZ, dass die innerliche Aggression beim Menschen ein echter Instinkt mit eigener endogener Erregungspro-duktion ist und zu einem gefährlich aggressiven Verhalten führen könne. In einem Versuch hatte er das Angriffsverhalten einer Tiergruppe beobachtet, die gegen einzelne Eindringlinge zum Schutz der Gruppe kämpften. Für dieses Verhalten fand er einen Ausdruck und er nannte es „Mobbing“ (vgl. LEYMANN 1995, S.14).
Bevor wir nach einer Begriffsdefinition über Mobbing in einem Lexikon suchen, könnte man annehmen, das Wort stamme etymologisch aus dem Englischen. Der Begriff klingt englisch und die „ing-Form“ mag gerade für die englische Sprache typisch sein. Weshalb LORENZ ausgerechnet diesen Begriff gewählt hat, ist in den Literaturen nicht deutlich zu erkennen. Ich nehme jedoch an, dass der Begriff für das Aggressionsverhalten in einer möglichst internationalen Sprache stehen sollte, um möglichst ein großes Publikum damit anzusprechen. Denn eigentlich stammt das Wort „Mobbing“ etymologisch von dem lateinischen Begriff „mobile vulgus“ ab, was soviel bedeutet wie „aufgewiegelte Volksmenge“, „Pöbel“ oder Gesindel“ (vgl. HABEN 2000, S.11). Das englische Verb „to mob“ wird mit „anpöbeln“, „herfallen über“ (vgl. WEIß 1987, S.626), „jemanden bedrängen“, „belästigen“, „angreifen“ oder „attackieren“ in die deutsche Sprache übersetzt, wie auch „to mob somebody“ mit „jemanden angreifen“, „wegekeln“ oder „zermürben“ (vgl. SCHALLENBERG 2000, S.21). Im angelsächsischen Sprachraum war der Mobbingbegriff trotzdem nahezu unbekannt. Übergriffe wie das Tyrannisieren, Schikanieren oder Hänseln in der Schule wird dort heute noch als „bullying“ bezeichnet, abgeleitet von „bully“, was soviel wie brutaler Mensch oder Tyrann bedeutet. Bullying geht meistens von einzelnen Schülern aus, während bei Mobbing in der Regel mehrere Personen an den Attacken beteiligt sind. Und dann gibt es noch „Bossing“, wobei meistens der Vorgesetzter der Täter ist. Mobbing ist also tatsächlich ein negativ angehauchter Begriff und beschreibt ein angriffslustiges und gewalttätiges Verhalten gegenüber einer anderen Person. Nach LORENZ Einführung des Mobbingbegriffs, verbreitete sich ab den fünfziger Jahren das Thema Mobbing
innerhalb Europa wie ein Lauffeuer und es wurde besonders in den skan-dinavischen Ländern ein hochgeschätztes Thema. Denn in „[...] diesen Ländern gibt es Gesetze, die nicht nur das physische, sondern explizit auch das psychische Wohl der Arbeitnehmer schützen sollen.“ (HUBER 1993, S.7)
1969 übernahm der schwedische Kinderarzt und Schuldirektor Peter-Paul HEINEMANN den Ausdruck in seinen Arbeiten über psycho-soziologische Gewalt unter Kindern (vgl. HABEN 2000, S.11). Er beobachtete nämlich 1968 auf den Schulhöfen Stockholms das Verhalten von Kindern in der Schulpause. Anscheinend müssten sich die Kinder nicht anders verhalten haben, als die von LORENZ beobachtete Tiergruppe, da HEINEMANN die Quälereien, die sich die Kinder untereinander zufügten, denselben Ausdruck für ihr Verhalten gab (vgl. KASPER 2003, S.28/29).
3 Grundsätzliche Theorien
Wie wir bereits gehört haben, kann Mobbing in jeder Umgebung vorkommen. Heinz LEYMANN hat sich über Jahre mit dem Thema „Mobbing am Arbeits-platz“ beschäftigt. Er definierte den Begriff Mobbing als „[...] negative kommunikative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind (von einer oder mehreren anderen) und die sehr oft und über einen längeren Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehung zwischen Täter und Opfer kennzeichnen.“ (vgl. LEYMANN 1993, S.21).
Nach LEYMANNS Theorie würde es sich aber nur um Mobbing handeln, wenn Angriffe gegen eine Person systematisch erfolgt und sehr oft „mindestens einmal die Woche“ und über eine lange Zeit „mindestens ein halbes Jahr“ lang ausgeübt wird (vgl. LEYMANN 1995, S.18). In der Mobbing-Beratung haben solche Kriterien allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung. Hier gilt eher, dass man von vorn herein reagieren sollte, damit es nicht erst zu Mobbing führen kann (vgl. HABEN 2000, S.17).
In einem Versuch hat er 300 Mobbingbetroffene interviewt und eine Liste mit 45 Angriffsformen von Mobbing am Arbeitsplatz zusammengestellt. Daraus hat er feststellen können, dass Mobbing ein psychischer Terror mit festem Ablauf ist und immer nach einem bestimmten Muster verlaufen würde.
Das Phasenmodell zeigt zunächst eine allgemeine Übersicht über den Verlauf von Mobbing und ihre Auswirkung darauf.
3.1 Das Phasenmodell nach Leymann
Anhand zahlreicher Interviews mit Mobbingbetroffenen hat LEYMANN typische Verläufe von Mobbing-Prozessen kennen gelernt und daraufhin das Phasenmodell (siehe Abb.1, S.9) entworfen.
Anhand des Phasenmodells lässt sich gut erkennen, was im Verlauf von Mobbing auf die Betroffenen zukommen kann und in den schlimmsten Fällen auch tatsächlich eintritt. LEYMANN erwähnt, dass die von ihm interviewten Personen all diese Verläufe erlebt und jegliche Mobbingetappen durchlebt hätten und schließlich am Ende des Ausgrenzungsprozesses gelangt wären.
Beim Betrachten des Phasenmodells sollte allerdings beachtet werden, dass nicht jeder Mobbingfall quasi nach diesem Schema abläuft. Nicht jeder Fall von Mobbing muss bei Phase 1 beginnen. Bei manchen fängt Mobbing z.B. gleich bei Phase 3 an, weil, aus irgendwelchen Gründen auch immer, eine Person der Verwaltung einem ein Dorn im Auge ist. Andere halten das Mobb-ing nicht lange aus und reichen die Kündigung ziemlich bald ein (Sprung von Phase 2 nach 5). Wieder andere werden lange Zeit gemobbt, doch können z.B. Rechtsbrüche der Personalverwaltung oder Fehldiagnosen gänzlich wegfallen (Phase 3 und 4 entfallen). Trotzdem könnte das Problem mit Arbeitsunfähig-keit oder Versetzung enden. Auch kommen solche Fälle vor, dass sich Mobb-ingsituationen ohne äußere Hilfe wieder entspannt oder dass Mobbing über Jahre hinweg mit geringer Intensität erfolgt, ohne dass ein Ausschluss aus der Arbeitswelt erfolgt (vgl. ESSER; WOLMERATH 1998, S.22).
Anhand von Abbildung 1 kann man erkennen, dass das Phasenmodell einen extremen Leidensweg der Mobbingopfer darstellt. Axel ESSER und Martin WOLMERATH beziehen in ihren Mobbing-Ratgeber die Stellung, dass das eigentliche Mobben in diesem Modell zu kurz kommen würde. Der Nachteil an das Phasenmodell wäre, dass Mobbing nur über sein Endergebnis definiert werden könne. Erst dann, wenn ein Mensch aufgrund betrieblicher
Abb. 1: Phasenmodell[2]
– Der Weg in die Mobbing - Katastrophe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkungen:
- Das ursprüngliche Phasenmodell enthielt nur vier Phasen. Die Phase 4 »Fehldiagnosen« wurde erst im Mobbing-Report (Leymann 1995) erwähnt.
- In der Spalte »Persönliche Ebene« haben wir den Phasen die in etwa entsprechende psychische, soziale uns somatische Befindlichkeit und Situation des Mobbingbetroffenen zugeordnet. Eine exakte Zuordnung kann nicht erfolgen, weil jeder Betroffene individuell unterschiedlich reagiert und jede Mobbingsituation ebenfalls unterschiedlich ist.
Vorgänge ins Abseits und Krankheit getrieben wird, würde Mobbing erst mit Sicherheit erkannt werden. Auch würden sie an LEYMANNS Aufstellung kritisieren, dass sie nur auf kommunikative Handlungen beschränkt ist und nonverbale Angriffe dagegen zu wenig berücksichtigen werden würden (vgl. ESSER; WOLME-RATH 1998, S.24).
Ein anderer Aspekt, der in der Mobbingdefinition von Leymann noch fehlen würde, wäre nach Gabriele HABENS Erachtens der Aspekt der „Ausgrenzung“. Wo der Streitpunkt bei „normalen“ Konflikten und Streitig-keiten meistens klar erkennbar sein würde, rückt bei Mobbing eine Person ins Zentrum der Auseinandersetzung. Nun würde es darum gehen, die Person zu schwächen, herabzusetzen und aus der Arbeitsgruppe auszugrenzen (vgl. HABEN 2000, S.17).
Beispiele für Mobbing-Handlungen nach Leymann
Um beurteilen zu können, ob es sich bei bestimmten Konflikten um Mobbing handelt oder nicht, kann zusätzlich die Liste mit 45 Angriffsformen von Mobbing (siehe Abb.2, S.12) zu Rate gezogen werden, die LEYMANN am Anfang der 80er Jahren aus den 300 Interviews mit Mobbingbetroffenen herausgefiltert hat. Die 45-Liste kann einen ersten Eindruck über die Vielfältigkeit der Möglichkeiten von Mobbing geben. Der Phantasie beim Mobben scheinen kaum Grenzen gesetzt. Nach Definition erfordert Mobbing eine systematische Handlungsabfolge, die oft und über einen längeren Zeitraum erfolgen muss. Ist dies nicht der Fall, wäre zu beachten, dass jede Handlung, die hier aufgestellt ist, zwar sehr unangenehm für den Betroffenen sein kann, aber jedoch nicht um ein ausgereiftes Mobbing handeln muss. Alle aufgelisteten Handlungen sind also keine Richtwerte.
Der 45er Katalog von LEYMANN lässt sich in fünf Kategorien einteilen.
1. Angriffe auf die Möglichkeit sich mitzuteilen
2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen
3. Angriffe auf das soziale Ansehen
4. Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation
5. Angriffe auf die Gesundheit
In vielen konkreten Fällen lässt sich eine solche Ablaufbeschreibung auf vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheidende Lehrer und Schulleiter über-tragen. Man kann stark davon ausgehen, dass dort, wo Mobbing geschieht und schließlich zum Ausschluss aus dem Beruf durch Frühpensionierung oder Berufsaufgabe geführt hat, der Prozess nach diesem Schema verläuft. Rechts-brüche sind in der Schule schon auf der Ebene der Schule möglich und nicht erst bei der Personalverwaltung. Verweigerung des rechtlichen Gehörs ist ein weit verbreitetes Mittel, Betroffene damit zu schädigen. Statt mit dem Grundsatz zu handeln, Gespräche miteinander zu führen und über Beschwerd-en mit den Beteiligten gemeinsam zu sprechen, ist in mehreren Fällen den Lehrern die Auskunft darüber verweigert worden, wer sich zum Beispiel von den Eltern beschwert hätte. Aus den vielen Lehrer-Fall-Beispielen, die KASPER zusammenfasste, kommt in solchen Fällen häufig das Argument der Ausrede, man wolle vermeiden, dass den „armen Kindern“ noch mehr Leid zugefügt wird. Vor allem in Grundschulen und in den unteren Klassen der weiterführenden Schulen ist das Elternargument „Mein Kind hat das sonst nur zu büßen“ ein beliebtes. Es gab sogar Beschwerden, die von den Schulleitern schlicht erfunden wurde, um Wirkung zu erzielen (vgl. KASPER 1989, Bei-spiel „Sonja Ebersberg“, S.77). In diesem Beispiel muss das Gespräch ja unterbleiben, weil sonst der Erfinder der Lüge bloßgestellt werden würde. In mehreren Fällen wurde den Lehrern sogar jeglicher Kontakt zu den Eltern untersagt, zu dem sie von den Dienstvorschriften her verpflichtet sind. Der Rechtsbruch wird gleich doppelt ausgeübt. Rechtsbrüche im schulischen Mobbing-Geschehen können sich daher nicht direkt gegen die Person richten, sondern ihrerseits eine komplexe Wirkung entfalten (vgl. KASPER 1998, S.26 ff.).
Abb. 2: Beispiele für Mobbing – Handlungen[3]
Die »45er-Liste« nach Leymann 1993
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.2 Eine Einschränkung
Nicht jeder Konflikt und jeder Streit ist mit Mobbing gleichzusetzen. Während ein gewöhnlicher Konflikt entsteht und vergeht, wiederholt sich die Feindseligkeit gegen eine einzelne Person beim Mobbing. Wenn jede Gewalt-tätigkeit gleich Mobbing wäre, würden die Besonderheiten des Mobbing gegenüber anderer Gewaltformen nicht deutlich werden.
Der norwegische Gewaltforscher Dan OLWEUS bezeichnete Mobbing als eine besondere Form des Gewaltverhaltens unter Schülern. Nach seiner Definition würde Mobbing nur dann stattfinden, wenn ein Schüler wiederholt oder über einen längeren Zeitraum unter negativen Handlungen eines oder mehrerer Schüler ausgesetzt wäre. Solche negativen Handlungen können z.B. Worte sein, Drohungen, Spott, Hänseln und Beschimpfungen. Auch gewalt-samer Körperkontakt würde darunter fallen, wie etwa Schlagen, Stoßen, Tret-en, Kneifen oder Festhalten (vgl. MAINBERGER 2000, S.37). Allerdings sollte klar zwischen singulären negativen Handlungen und dem Mobbing all-gemein unterschieden werden, damit negative Handlungen wie zum Beispiel Ärgereien, misslungene Scherze, Unhöflichkeiten, Beschimpfungen u. a. von Mobbing differenziert werden können. Die negativen Folgen des Mobbens würden also erst durch systematische Ausübung entstehen, die über einen längeren Zeitraum andauern.
Neben der Dauerhaftigkeit des Prozesses sind noch andere Faktoren von Bedeutung. Wie lange genau Angriffe erfolgen müssen, bevor von Mobbing die Rede ist, ist zeitlich schwer festzulegen. Manche Autoren sprechen von einem Zeitraum ab drei Monaten (vgl. KINDLER 2002, S.20), einige von sechs Monaten (vgl. HABEN 2000, S.17; LEYMANN 1993, S.22). Zeitlich schwer festzulegen ist ebenfalls das schulische Mobbing, da die Intensität ebenfalls eine große Rolle spielt und Mobbing bei Kindern und Heranwachsenden noch eher psychische Folgen hervorrufen kann.
Bei der Definition von Mobbing ist auch darauf zu achten, dass es sich hier um ein Muster handelt, welche die Beziehung von Täter und Opfer bestimmt. Wenn zum Beispiel ein Schüler, der sonst in der Klasse akzeptiert wird, immer wieder wegen seiner Brille als „Brillenschlange“ gehänselt wird, in der Klassengemeinschaft aber sonst keine Ausgrenzung erfährt, würde es sich in diesem Fall nicht um Mobbing handeln. Eine solche Einschränkung des Begriffsverständnisses ist im Alltag und im Umgang mit schulischen Konflikten nötig, damit man nicht voreilig als humorlos, übertreibend und moralisierend etikettiert wird. Sonst könnten gerade diejenigen, die andere aggressiv ausgrenzen, leichter mit wirkungsvollem Spott kontern. Zudem werden so auch schnell Schüler zu Opfern gemacht, die eigentlich keine sind. Dadurch könnten Stigmatisierungen hervorgerufen werden können, die für die Betroffenen schädlich sind. Eine Ausweitung des Begriffes auf unterschied-liche Formen unsozialen Handelns, durch die jedes Brechen von Verhaltens-regeln dramatisiert wird, würde zudem wirkliches Mobbing nur verharmlosen (vgl. KINDLER 2002, S.20).
4 Die Motivation der Mobber
Ursachen für Mobbing sind vielfältigster Natur. Eine klare Ursache für das Entstehen von Mobbing konnte jedoch bisher niemand herausfinden. Es sollte aber jeden klar sein, dass ein Kind nicht selbst schuld ist, wenn es gemobbt wird. Jedes Kind kann unter bestimmten Rahmenbedingungen zum Mobbing-opfer werden, sowie es jeden Erwachsenen treffen kann. Es gibt auch keine bestimmten Eigenschaften, die jemanden zum Mobbingopfer macht. Gemobbt wird, wo die Atmosphäre nicht von Wertschätzung geprägt ist und wo das „Anderssein“ nicht geachtet wird!
Da werden Kinder angegriffen, die aufgeweckt sind und Spaß am Lernen haben. Wer zu gut ist, wird in einer eher faulen Klasse als „Streber“ abgestempelt. Wer in einer aktiven und leistungsstarken Klasse nicht mit-kommt, ist dort falsch und wird schnell zum Außenseiter. Auch eine besonders helle oder dunkle Haut, eine besondere Haarfarbe oder andere körperliche Merkmale sind keineswegs Ursache für Mobbing (vgl. KASPER 2003, S.40). Sie müssen aber oft als Begründung herhalten, um die wirklichen Motive der Mobber zu verdecken. Viele fühlen sich auch durch die Macht bedroht, die die Täter ausstrahlen. Also werden sie meistens zu Mitläufer der mobbenden Redensführer. Somit geschieht aktives Mobbing auch durch Gruppenzwang. Neben schulischen Zwängen, die Einfluss auf Mobbinghandlungen haben, kann die Familie ein zusätzlicher Einflussfaktor sein, sowie die Medien.
4.1 Familiäre Einflüsse
Die Qualität des familiären und auch nachbarschaftlichen Umfeldes ist in hohem Maße verantwortlich dafür, ob ein Kind gewalttätig wird oder nicht. Kinder neigen dazu zu glauben, sie seinen die Ursache der negativen Gefühle der Eltern oder der Lehrer. Das gilt besonders für Kinder mit wenig Selbst-vertrauen. Projizieren Eltern oder ein Elternteil Angst, Gewalt, Wut, etc. auf das Kind, können solche negativen Gefühle auf das Kind mit einwirken. Kinder, die oft geschlagen werden, fühlen sich selbst schuldig und neigen eher dazu, Schläger zu werden. Sie sehen ihre Eltern als Vorbilder und tragen negative Verhaltensmuster mit in die Schule.
In OLWEUS Untersuchungsergebnisse aus Österreich zum Thema „Gewalt an der Schule“ wurde nachgewiesen, dass Angst, Pessimismus und negative Prägung durch die eigene Familie als Indikatoren für Gewalt-handlungen aufgelistet sind (vgl. Pädagogische Impulse – Heft 01/2005, S.12). Dazu sagt der Erziehungswissenschaftler STRUCK, dass schon auf neun von zehn Kindern die familiäre Gewalt abfärbt. Die Hälfte von dem, was die kindliche Persönlichkeit ausmacht, sei durch das Erbgut bestimmt, und von der anderen Hälfte würden etwa 70% in den ersten drei Lebensjahren weichenstellend geprägt, weitere 20% ereignen sich ungefähr bis zum zehnten Lebensjahr. In den ersten Lebensjahren können Eltern also ausgesprochen viel richtig oder auch viel falsch machen (vgl. STRUCK 2001, S.35)
Wenn mit Kindern gleich am Anfang viel gesprochen wird und ihnen stets zugehört wird, wenn Eltern das vorleben, was sie sich an Werten und Verhaltensweisen vom Kind wünschen, wenn sie dem Kind freie Tore öffnen, sich entscheiden, wehren, behaupten und durchsetzen zu können, dann gelingt das Kind gewaltloser, als wenn die Eltern selbst gewalttätig sind.
4.2 Einfluss der Medien
„Ich gucke gern Action- und Horrorfilme ... wie die dann aussehen, wie in Scream, erstechen und so, dass sieht immer richtig geil aus ...“
(Yasmin, 10 Jahre)
„Am besten sind noch so Szenen, wo die voll krass kämpfen und einem so das Genick brechen – voll cool!“
(Mario, 11 Jahre)[4]
Ein weiterer Faktor neben der Familie sind die Medien, insbesondere die elektronischen Medien, die an der gewaltreichen Entwicklung eines Kindes Einfluss haben können. Wegen der immer stärker werdenden Mediatisierung des Alltags gewinnt diese Instanz immer mehr an Bedeutung.
Heutzutage findet man in unzähligen Kinder- und Jugendzimmern Filme und Videospiele, wo Gewalt nur so strotzt. Auch das Fernsehen hat große Einwirkungen auf die Zuschauer. Wer mit Mickey Maus, Heidi, und Winnetou aufgewachsen ist, müsste sich fremd fühlen in der heutigen Fernsehwelt für Kinder mit Figuren wie digitalen Monster oder monsterähnlichen Superhelden, die mit Mächten der Gewalt gegen bösartige Schurken um die Weltherrschaft kämpfen. Wirft man nachmittags einen Blick ins Kinderprogramm, die z.B. auf den Privatsendern RTL2 oder Super RTL zu sehen sind, wird man von grellen, lauten und gewalttätigen animierten Bildern überflutet. Japanische Trickfilme sind bei den Kindern, vor allem im Grundschulbereich, total an-gesagt. Viele Kampf-Szenen werden zu Hause, vor allem von Jungs, in der Schule bzw. auf dem Schulhof nachinszeniert. Die Kinder leben in diesen Moment in einer anderen vollkommen fantasiereichen Welt, aber nur ganz wenige machen in der Realität wahr, was sie zuvor virtuell gespielt oder gesehen haben. Ebenso sorgen auf fast allen Schulhöfen und in fast allen Klassenzimmern TV-Shows wie „Big Brother“ oder „Deutschland sucht den Superstar“, die im Abendprogramm laufen, für regen Gesprächsstoff, hier vor allem bei den Mädchen.
Jörg SOMMER und Gerit KOPIETZ sprechen in ihren Erziehungs-Ratgeber, dass das Fernsehen die Entwicklung der Kinder beeinflusst wie kein zweiter Faktor. Rund ein Drittel aller Kinder zwischen 6 und 14 Jahren übersteigt der Anteil an Sprache, die im Fernsehen gehört wird, den Anteil, der von Eltern und Geschwistern zu hören ist. Unbestritten ist die Tatsache, dass zu früh und zu viel Fernsehen den Kindern schadet. Welche Risiken das Konsumieren von Fernsehsendungen mit sich bringt, zeigt die Zusammen-stellung einiger grobe Richtwerte von SOMMER und KOPIETZ[5]:
Zu häufiges Fernsehen hat negative Auswirkungen:
- auf die Konzentration: Nach übermäßig vielen, rasch wechselnden Sinneseindrücken fällt es schwerer, sich mit »langweiligen« Dingen wie Hausaufgaben abzugeben.
- auf das Gedächtnis: Wer übermäßig viele Fernseheindrücke speichern und verarbeiten muss, hat keinen Platz mehr für andere Dinge.
- auf die Motivation: Fernsehen macht träge und lustlos. Der graue Alltag kann mit der bunten Glitzerwelt nicht konkurrieren.
- auf die Geduld: Wer ein Buch liest oder spielt, muss sich mehr anstrengen und länger warten, bis Spannungskurve und Adrenalin-spiegel steigen. Mit Fernsehen geht es ruck zuck und ohne Anstreng-ung. Daran kann man sich gewöhnen.
- auf die Sprache: Aussprache und Wortschatz müssen in wechselseitiger Kommunikation entwickelt und gefördert werden. Die Fernsehsprache ist nicht nur eine ungeeignete, einseitige Kommunikation, sondern zusätzlich oft primitiv und fehlerhaft.
- auf die Selbstdisziplin: Wer beim Fernsehen nicht nein sagen und ver-zichten kann, tut sich auch in anderen Bereichen schwer damit.
- auf das Sexualleben: Kinder haben heute im Durchschnitt bereits mit vier-zehn Jahren Hunderte von Vergewaltigungen und sexuellen Per-versionen im Fernsehen gesehen und sich auf dieser Basis eigene Vorstellungen aufgebaut. Wie soll sich auf dieser Weise ein gesundes Sexualverhalten entwickeln können?
Wir könnten uns also fragen, weshalb manche Kinder und Jugendliche trotz des Konsums von gewaltverherrlichenden Filmen und Videospielen kaum gewalttätig reagieren, während auf andere der negative Einfluss abfärbt. Entwicklungsgeschichten dieser Kinder und Jugendlichen, ihre Elternhäuser, ihre Geschwister und ihr weiteres soziales Umfeld spielen da hingehend eine wichtige Rolle. Kinder und Jugendliche, die zu Hause Liebe, Beziehung und Geborgenheit erfahren und aus einem funktionierenden sozialen Umfeld kommen, sind in der Regel gegen den schlechten Einfluss der Medien wider-standsfähiger, während emotional zu kurz gekommene und sozial benach-teiligte Kinder stärker auf bestimmte Medieninhalte ansprechen.
Zum weiteren sozialen Umfeld gehört ebenfalls die Schule. Damit die Schule auf die Schüler besser eingehen kann, sollte sie nicht nur informativ lehrreich sein, sie sollte auch, wenn auch kritisch, auf die Interessen der Schüler eingehen. Da viele Lehrer nicht auf primitive Fernseh-Unterhaltung zurückgreifen, verspielen sie sich dadurch die Chance, mit den Kindern in der
Schule über etwas zu reden, was sie interessiert und angeht und damit zugleich die Chance, so etwas wie Medienkompetenz zu vermitteln. Sie könnten den Kindern die Mechanismen solch einer Serie aufzeigen, wie dort planmäßig Gefühle erzeugt werden, wie Werbung ins Programm eingebaut wird, wie hier niedere Instinkte, wie Neid, Aggression, Voyeurismus oder Schadenfreude ausgebeutet werden und das Ganze publizistisch begleitet von verschiedenen Zeitungen und Klatschblättern (vgl. GERSTER 2004,S.22/23).
4.3 Konkrete Motive
Im Grunde könnte man sagen, dass Mobber und Gemobbte in einem Aspekt gleichbedeutend sind. Beide versuchen auf einer Weise mit Schwäche umzugehen, nur unterscheiden sie sich dabei im Umgang wie im Verhalten voneinander.
Täter schwächen nämlich durch ihre Angriffe nicht nur das eigene Opfer, sondern sie legen auch gleichzeitig ihre eigenen Ängste und Schwächen offen (vgl. BECKERS; MERTZ 1998, S.144).
Betrachten wir die Liste mit den 45 häufigsten Mobbinghandlungen (siehe Abb. 2, S.12), könnte man die Motive der Täter in zwei Kategorien zusammenfassen. Einerseits geht es ihnen um „Macht“ und andererseits, so paradox das auch klingen mag, um „Beziehungen“. Obwohl Sie nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Respekt suchen, mobben sie und das zu Lasten anderer.
Wir können davon ausgehen, dass Mobbing von dem Menschen durch seine schlechten Gefühle angetrieben wird, sei es durch Angst, Neid, Eifersucht, Enttäuschung, mangelnder Erfolg, Gier, Feindseligkeiten, Selbstgerechtigkeit und einiges mehr. So gesehen, drehen sich um diese Motive alle Mobbinghandlungen. Betrachten wir die Motive der Mobber in der Schule:
Kinder können verschiedene Gelegenheiten zum Anlass nehmen, um andere Schüler zu mobben.
Sie mobben, weil:
- es Spaß macht, andere Menschen unter Druck zu setzen,
- es Erwachsene auch tun und sie Vorbilder sind,
- es einem selbst Bestätigung und Respekt in der Schulklasse verschafft,
- es Stark und Überlegen macht,
- es Selbstbewusstsein gibt,
- es ein besseres Gefühl hergibt,
- es aus Gruppenzwang passiert,
- die Angst größer ist, selbst als Opfer dazustehen.
Den Druck, den das Opfer durch Mobbing erfährt, kann zu weit reichenden psychischen Problemen führen. Die ständigen seelischen Verletzungen gehören ebenso dazu, wie der Verlust an Selbstwertgefühl oder im schlimmsten Fall, der Absturz in Depressionen. Eltern und Lehrer sollten immer die Augen aufhalten, wie und warum ein Kind in Gewalttaten wie Mobbing verwickelt wird. Denn nur wer die Ursache für das inakzeptable Verhalten eines Kindes kennt, kann ihm helfen.
5 Folgen
Täglicher Psycho-Terror zerrt an den Nerven und führt mit zunehmender Dauer zu katastrophalen Zuständen. Mobbing kann von körperlichen und seel-ischen Beschwerden bis hin zu Suizid führen.
Die Folgen von Mobbing beginnen gewöhnlich mit dem psychisch traumatischen Erlebnis. „Ein psychisches Trauma entsteht, wenn ein Erlebnis eine derart schockartige Wirkung hat, daß es von den normalen, alltäglich wirkenden psychischen Kräften nicht mehr gemeistert werden kann. Das Erlebnis hat dann eine so starke Wirkung, daß weitgehende psychische Überlebensängste entstehen, die der Betroffene nicht mehr ohne weiteres bewältigen kann.“ (LEYMANN 1995, S.42)
Psychisch traumatische Erfahrungen werden vor allem durch Stress hervorgerufen. Da der Körper sich in einer Angstsituation befindet, wird durch Ausschüttung des Adrenalins das Reaktions- und Entscheidungsvermögen ge-steigert. Im folgenden Punkt soll ausführlicher erläutert werden, wie sich in einer Mobbingsituation Stress im Körper auswirkt.
5.1 Psychische Auswirkungen
5.1.1 Stress
Mobbing ist immer stets mit Stress verbunden. Der Stress steht heute in dem schlechten Ruf, ein wichtiger Krankheitsfaktor zu sein. Das trifft sicher zweifellos zu, aber wir dürfen hierbei nicht vergessen, dass der Stress ganz selbstverständlich zu unserem Leben gehört. Er ist für den Menschen lebensnotwendig, denn Stressmangel wirkt sich sogar selbst als starker, schädlicher Stressfaktor aus. Das hängt entscheidend davon ab, um welche Art von Stress es sich handelt, wie lange er andauert und wie er verarbeitet wird. Positiver Stress kann den Menschen zu Höchstleistungen bringen, wobei negativer Stress von zu langer Dauer zu zahlreichen körperlichen und seelischen geistigen Störungen führen würde. Weiterhin wird zwischen physischen und psychischen Stress unterschieden. Im physischen Bereich können Lärm Hitze, Kälte, chemische Substanzen, wie z.B. Smog oder Infekt-
ionen als schädlicher Stress wirken (KASPER 1998, S.31). Eine besonders schwere Belastung ist für jeden Menschen jedoch der psychische Stress. Diese Hochspannung kann dem Menschen in der Regel nur kurzzeitig zugemutet und von ihm verkraftet werden, wie es bei Mobbing der Fall ist. Unter den psychischen Belastungen können unter anderem fallen:
- anstehenden Prüfungen,
- hohe Anforderungen bei der Arbeit,
- Leistungsdruck in Schule und Beruf,
- Isolierung am Arbeitsplatz,
- soziale Diskriminierung.
(vgl. SCHALLEN-BERG 2000, S.30; KASPER 1998, S.31). Zu den häufig-sten negativen Stressfaktoren der Kindheit und Jugend gehören familiäre Konflikte, soziale Probleme in der Klasse und bzw. oder mit den Lehrern, Überforderung durch den Unterricht in einer falschen Schule, zu hoher Leistungsdruck des Elternhauses, persönlicher übertriebener Ehrgeiz, aber auch der Wechsel der Schule z.B. durch einen Umzug (vgl. LEIBOLD 1986, S.33). Solche und andere Stressfaktoren führen natürlich nicht allein zu Störungen der Konzentrations- und Lernfähigkeit, sondern können auch noch zahlreiche andere Symptome verursachen. Unter anderem gehören dazu Angstzustände, depressive Verstimmungen und seelische verursachte körperliche psychosomatische Funktionsstörungen, die vor allem die Verdauungsorgane und das Herz-Kreislauf-System betreffen. Auf den Aspekt komme ich aber später noch zu sprechen. Stress hat sich im Laufe der menschlichen Entwicklungsgeschichte herausgebildet, um den Menschen vor Gefahren zu schützen. Der Körper aktiviert ein umfassendes Notfallprogramm, das wir uns nun anschauen werden:
Was bei Stress im menschlichen Körper passiert[6]
- Die Nebennieren schütten das Stresshormon Adrenalin aus.
- Das Adrenalin unterdrückt im Gehirn das Schmerzempfinden und steigert das Reaktions- und Entscheidungsvermögen.
- Das Sehvermögen verschärft sich.
- Die Sauerstoffaufnahme steigt durch schnelleres Atmen, damit Gehirn und Muskeln besser mit Sauerstoff versorgt werden.
- Es wird zusätzlich Energie bereitgestellt.
- Herz und Blutdruck arbeiten auf Hochtouren, damit Sauerstoff und Energie schneller im Körper verteilt werden.
- Verdauung und Immunsystem werden gestoppt, um Energie zu sparen.
Läuft dieses Programm zu häufig in unserem Körper ab, können das Abwehrsystem, Gehirn und Herz geschädigt werden. Gereiztheit und Depress-ionen nehmen bei längerer Ausschüttung der Stresshormone zu. Das Infekt-ionsrisiko steigt, da das Immunsystem unterdrückt wurde. Magen und Darm werden krankheitsanfälliger, Herz und Kreislauf werden geschädigt (vgl. SCHNEIDER 2001, S.24). Wie wir sehen, kann der menschliche Körper zur Höchstleistung bereit sein, wenn es darauf ankommt. In der heutigen modernen Zeit befinden sich viele Menschen jedoch im Dauerstress. Die meisten von uns tun aber nichts dafür, den Stress abzubauen. Die ungenutzten Treibstoffe schädigen den Körper und machen wiederum aggressiv. In vielen Fällen führt diese Dauerbelastung zu einer ganzen Reihe unterschiedlicher Folgeerscheinungen. Vorherrschend sind hier vor allem Angst, Hilflosigkeit und Überforderung. (vgl. SCHNEIDER 2001, S.24; SCHALLENBERG 2000, S.30/31). Solche Folgeerscheinungen machen es für ein Schulkind unmöglich, die Anforderungen in der Schule zu bestehen. Es wird ein Gefühl des Unwohlseins entwickeln, das sich durch ständige Unruhe und durch häufig auftretenden Kopfschmerzen bemerkbar machen kann. Mit fortschreitender Mobbingdauer ist damit zu rechnen, dass sich die Symptome verschlimmern werden und in weitere psychische und physische Erkrankungen münden.
5.1.2 Schulangst
Ein weiteres Stresssymptom, das durch Mobbing auftreten kann, ist das „Angstsyndrom“, welches bei einer unveränderten Situation chronisch wird. Angst ist ein innerer Spannungszustand, der durch eine tatsächliche oder vermeintliche Gefahr ausgelöst wird. Sie kann sich individuell verschieden äußern und unterschiedliche Ausprägungsgrade annehmen. Eine Angstreaktion ist ein sinnvolles Warnsignal und bewirkt eine Schutzreaktion. In riskanten Situationen kann das Warnsignal uns dazu bringen wegzulaufen oder im wahrsten Sinne des Wortes vor Angst erstarren zu lassen.
In der Schule sprechen wir dann von „Schulangst“. Dennoch ist Schulangst nicht gleich Schulangst. Wir wollen zwischen der „normalen“ Schulangst, die jeder Schüler kennt, wenn die Hausaufgaben nicht erledigt sind oder die Klassenarbeit schlecht vorbereitet wurde, und der „neurotischen“ Schulangst unterscheiden (vgl. LEIBOLD 1986, S.17).
Wenn ein Schüler in der Klasse gemobbt wird, ist dies stets mit einem Gefühl des Unwohlseins verbunden. Dieses Unwohlsein kann sich derart steigern, dass es Ängste entwickelt wiederholt gemobbt zu werden. Wie mir scheint, entsteht Angst nicht aus einem Grund. Ich behaupte mal, wer in der Schule gemobbt wird, muss mit verschiedenen Ängsten kämpfen. Die Gründe sind vielfältig:
Ängste, die beim Mobbing in der Schule entstehen könnten:
- Angst vor den Mobber (egal ob Schüler oder Lehrer)
- Angst vor Konfrontation mit den Mobbern
- Angst vor der Schule
- Angst vor einem Unterrichtsfach (im Fall des mobbenden Lehrers)
- Angst vor den Mitschülern
- Angst vor Diskriminierung und Bloßstellung
- Angst vor Bestrafung
- Angst vor den Schulpausen
- Angst vor Prügeleien
- Angst vor schlechten Zensuren
- Angst vor dem Heimweg
- Angst alleine zu sein
- Angst davor mit jemanden zu sprechen
- Angst zu versagen
- Angst zu existieren
Die Liste könnte man noch weiter ausführen. Die Angst ist ein Gefühl, die nicht ohne Folgen für das Seelenleben bleiben. Zu den psychischen Folgen der Schulangst gehören insbesondere depressive Verstimmungen, Hemmungen und Minderwertigkeitsgefühle, worauf wir im nächsten Kapitel genauer eingehen werden. Zum Teil können sie auch erst zur Schulangst führen und dann durch sie weiter verschlimmert werden. Besonders oft führen die seelischen Folgen der Schulangst zu Lernstörungen. Vor allem das Konzen-trationsvermögen kann durch den hohen Stress der Ängste, Depressionen, Hemmungen und Minderwertigkeitsgefühle empfindlich beeinträchtigt werden (vgl. LEIBOLD 1986, S.76). Hinzu kommen noch die hohen Ansprüche der Schule. In der Regel werden Angegriffene mit zu hohen Leistungs-anforderungen überfordert. Zu hohe Leistungsanforderungen können übrigens alle Kinder krank machen. SPEICHER erwähnt in seiner Schulangst-Diskussion, dass eine solche Überforderung auch dann einsetzt, wenn nur theoretisch- intellektuelle Leistungen erwartet, musisch-kreative und prak-tisch-technische Fähigkeiten aber vernachlässigt würden (vgl. SPEICHER 1977, S.20). Ebenso sei die Überbewertung von Zeugnissen und Noten für den Leistungsdruck verantwortlich.
5.2 Physische Auswirkungen
Mobbing kann das Leben eines Kindes und seine Entwicklung prägen. Die Folgen können je nach Temperament, Charakter, Widerstandskraft und Selbstwertgefühl der Angegriffenen sehr unterschiedlich sein.
Die gesundheitlichen Folgen anhaltenden Mobbings wurden im Erwachsenenalter eingehend untersucht und von KASPER beschrieben. Sie umfassen den ganzen Formenkreis der psychosomatischen Erkrankungen. Darunter fallen Magen- und Darmstörungen, chronische Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Bluthoch- bzw. Tiefdruck, Appetitmangel und eine Reihe weiterer Leiden wie Hautkrankheiten und mehr (vgl. KASPER 2003, S.42; KASPER 1998, S.35; LEIBOLD 1986, S.73). Neben den körperlichen Symptomen gibt es noch die psychischen Symptome.
Zu den seelischen Störungen zählen wir:
- depressive Verstimmungen,
- Hemmungen und Minderwertigkeitsgefühle.
Depressionen haben oft zur Folge, dass die Betroffenen oft unter Schlaf-störungen, Bettnässen oder Einkoten leiden. Bei manchen depressiven Kindern und Jugendlichen wurde schon auffallend festgestellt, dass ihre Aktivitäten sehr rasch wechseln. Wo sie eben noch völlig passiv, tief traurig und weinerlich wirkten, sind sie im nächsten Moment erregt und ziellos überaktiv. „Dann liegt wahrscheinlich eine bipolare Depression mit manisch-depressivem Verlauf vor.“ (LEIBOLD 1986, S.73) Eine Gefahr bilden bei Depressionen stets die Selbstmordgedanken, auf die wir im nächsten Kapitel gesondert eingehen.
Punkt zwei der seelischen Störungen sind die Hemmungen und Minderwertigkeitsgefühle. Sie treten oft gemeinsam auf und können, wie wir schon gehört haben, zur Schulangst beitragen. Als typische Folge kommt es zur Abkapselung gegenüber den Mitschülern, sozialer Vereinsamung und zunehmend schlechteren Leistungen. Häufig berichten betroffene Kinder unter Umständen, sie würden von ihren Klassenkameraden schlecht behandelt werden oder klagen über die Überforderung im Unterricht. „Keiner mag mich!“, „Ich kann das nicht!“ oder „Ich schaff’ das nicht!“ sind Aussagen, die auf Hemmungen und Minderwertigkeitsgefühle hinweisen können (vgl. LEIBOLD 1986, S.75/76).
5.3 Siuzid
„Nahezu ohne Ausnahmen bekunden Mobbing-Opfer, daß sie im Laufe ihres psychischen Leidensprozesses mit dem Gedanken gespielt hätten, sich das Leben zu nehmen“ (DIERGARTEN 1994, S.75), so DIERGARTEN, Presse-referent für den DGB.
„Der Selbstmordversuch gehört in den westlichen Industriennationen nach den Verkehrsunfällen zu den häufigsten Todesursachen junger Mensch-en.“ (LEIBOLD 1986, S.74). LEIBOLD berichtet, dass sich in den letzten 30 Jahren die Zahl gelungener Selbstmorde und Selbstmordversuche fast verfünffacht hätten, wobei Jugendliche in der Großstadt deutlich häufiger betroffen sein würden als auf dem Land (LEIBOLD 1986, S.74). Wir können davon ausgehen, dass diese erschütternde Statistik mehr als beweist, dass mit unserer Gesellschaft und der Schule, die eben auch gesellschaftliche Verhält-nisse widerspiegelt, vieles nicht in Ordnung ist. Unterdessen kennen wie die Ursachen aber genauer: Im Vordergrund steht zum Thema der Arbeit das Mobbing. Hinzu kommt der Leistungsdruck von Schule und Elternhaus. Dadurch werden Ängste und Depressionen hervorgerufen, die neue Probleme aufwerfen können. Schließlich lassen sich neue Probleme nicht mehr beherrschen und der junge Mensch sieht nur noch im Selbstmordversuch den letzten Ausweg. Unzweifelhaft möchte er kaum seinem Leben ein Ende setzen, nur findet er keine andere Möglichkeit mehr, seine Umwelt um Hilfe zu bitten. Die meisten, die ernsthaft einen Suizidversuch begehen wollen, ist dies gar nicht mehr bewusst. Daher ist es unbedingt ernst zu nehmen, wenn jemand von Selbstmord spricht, auch wenn viele dem Vorurteil geprägt sind, wenn jemand von Selbstmord spricht, tut er es nicht. Das muss nicht anhaltend zutreffen und kann verhängnisvolle Folgen nach sich ziehen.
Sicher es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Faktoren, die Mobbing begünstigen. Es gibt jedoch Betroffene dagegen keine gesundheitlichen Folgen verspüren. Das sind vor allem jene, die sich in der Frühphase gegen sie gerichteten Schikanen mit Erfolg zur Wehr gesetzt haben. Da aber Mobbing gegen Kinder und Jugendliche in der Schule noch immer vielfach verkannt, manchmal sogar bestritten wird, werden ihre gesundheitlichen Folgen oft nicht mit dem Psychoterror in Verbindung gebracht. Problematisch ist auch, dass manche Krankheiten oft erst nach vielen Jahren in Erscheinung treten. Oftmals wird dann nicht mehr daran gedacht, dass es sich hier um Spätfolgen von Mobbing unter Schülern handeln könnte.
und über längerer Zeit mit dem Ziel und/ oder dem Effekt der Ausgrenzung aus der Lerngruppe direkt oder indirekt angegriffenen wird und dies als Diskriminierung und als Behinderung individueller Entfaltungsmöglichkeit empfindet.“ (GOLLNICK 2001, S.222)
Weiter ist zu beobachten, dass viele Literaturen (z.B. Olweus 1998; Gollnick 2000, 2002; Kasper 1998, 2003, 2004) Schülermobbing sinngemäß recht übereinstimmend definieren. Eine vereinfachte Definition könnte wie folgt aussehen:
„Der Begriff Schülermobbing bezeichnet herabsetzende Handlungen, die systematisch und dauerhaft gegen einzelne Schüler im Klassenverband gerichtet sind. Hierbei werden die Mobbingopfer drangsaliert, beschimpft und/ oder isoliert. Dadurch entsteht starker psychischer Druck und Stress, wobei dauerhafte seelische (evtl. auch körperliche) Schäden möglich wären.“
Die allgemeinen Beschreibungen und Definitionen über Mobbing in der Schule stützen sich auf eine Vielzahl von Einzelfällen. Wir werden uns später noch einige Fallbeispiele näher ansehen.
6. Mobbing in der Schule
6.1 Fallbeispiele
Körperliche Gewalt dürfte im Unterricht nicht passieren, da der Unterricht unter der Kontrolle des Lehrers steht. Doch manchmal ist dies dem willigsten Schulpädagogen nicht möglich, wie aus einem Schulbericht hervorgeht:
Max – Fallbeispiel[7]
In einer Mittelstufenklasse eines Ganztagsgymnasiums findet eine Vertretungsstunde statt. Der Lehrer beginnt mit einem Ad-hoc-Unterricht, der sich mit einigen Phänomenen der Wahrnehmungspsychologie beschäftigt. Da er hofft, ein größtmögliches Interesse am Thema zu erreichen, konzipiert er eine Stunde mit der weiter gehenden Intention, die Ergebnisse aus der Wahrnehmungspsychologie z.B. für die Interpretationslehre zu nutzen.
Die Unterrichtsstunde
Die SchülerInnen bekommen mehrere fotokopierte Abbildungen mit Figuren[8], die je nach Blickwinkel andere Motive erkennen lassen. Sie erhalten den Arbeitsauftrag, das, was sie erkennen, unter das Bild zu schreiben. Es tritt eine sachinteressierte Erarbeitungsphase ein, vor allem dann, als bei den komplexeren Figuren Alternativmotive erkannt werden sollten. Die Schüler arbeiten in Zweiergruppen und machen in nachbarlicher Zusammenarbeit auf die Alternativen aufmerksam. Das erste Arbeitsblatt mit dem bekannten Alternativmotiv von dem Pokal oder von den zwei Gesichtern wird sofort erkannt. Bei dem zweiten Blatt mit der jungen Frau wird es schwieriger. Und so geht es weiter mit den anderen Figuren. Nach einer Weile sollen nun die Ergebnisse zusammengetragen werden. Bei den einfachen Figuren treten inzwischen keine Probleme mehr auf. Als es aber zur Gesichtsfigur kommt, werden die Meldungen zurückhaltender. Daraufhin sagte ein Mädchen aus der letzten Reihe – mit einem gewissen Pepp in der Stimme: „ Der Max weiß das bestimmt, der traut sich nur nicht! Fragen einmal den Max – da vorne!“ – „Wo sitzt denn der Max?“, fragt die Vertretungslehrerin. Ein Schüler in der ersten Reihe geht auf Tauchstation. Ein anderer Schüler am Nebentisch zeigt demonstrativ, aber sprachlos auf ihn. „Na Max, kannst du uns weiterhelfen? Es gibt hier wohl Schwierigkeiten!“ Max wird rot, ein Wegtauchen hilft nicht mehr. Die Lehrerin ermuntert ihn, und Max versucht es: „W-w-w-w-e-n-n m-m-m-a-n-n d-d-ie l-i-li-nke Li-li-li-ni-e a-als Ge-ge-sicht ni-nimmt, d-d-d-a-n-n...!“ Max schaut die Lehrperson hilfesuchend an, sie hat verstanden. Ein schneller Blick der Lehrerin in die Klasse genügt, dann diese zu sich selbst: „Verdammt, sie haben den Jungen vorgeführt! Und ich bin drauf reingefallen!“ Laut sagt sie dann: „Max hat uns schon mit seinem Beitrag weitergeholfen! Wenn wir die linke Linie als Gesichtslinie sehen, dann ist es eine...? Du, bitte, da hinten, ja – dich meine ich, ich kenne ja deinen Namen nicht!“ – Mein Name ist Jessica, -n-n-n-u-n, es mü-mü-mü-üsste eine alte Hexe sein.“ Und flugs fügt die Schülerin hinzu: „Aber so ganz sicher bin ich mir nicht, das weiß Max bestimmt besser!“ Ein Grinsen auf den Gesichtern.
„Wie kann ich diese Bagage nur kriegen?“, denkt die Lehrperson – und dann ganz klar: „Ich kenne euch nicht, ich will mich auch nicht in eure Klassenverhältnisse einmischen. Aber es ist eine Sauerei, wenn ihr einen Mitschüler vor mir, einem fremden Lehrer, in irgendeiner Weise bloßstellen oder drangsalieren wollt. Das ist eine elende Schweinerei! So, und jetzt machen wir weiter!“ Und es ging weiter – problemlos.
Konfrontation einer Lehrerin
Am späten Nachmittag läutet das Telefon bei der betreffenden Lehrerin. Die Lehrerin meldet sich, da ertönt eine Stimme: „Hi-hi-hier ist der M-m-max. Sie h-ha-ha-ha-ben mir se-sehr ge-ge-hol-holf-en. Scheiße, jeder nimmt auf den alten Zungenspasti Rücksicht. Der kann den größten Scheiß erzählen – immer nur die Kuscheltour!“ Kontakt unterbrochen. (...)
Am nächsten Tag fährt die Lehrperson mit dem Auto nach Hause. Unterwegs überholt sie Max, den sie im letzten Augenblick erkennt. Sie hält an und fragt: „Was ist los, hast du einen Platten?! –„Nei-nei-in, das nicht. Mir ist das Fahr-radven-til ge-klaut worden und der Hau-hausmeister hatte kein an-anderes mehr!“ – „Das ist also reduziert, nicht so extrem wie in der Klasse, registriert die Lehrerin. Sie ist jetzt neugierig geworden. Sie beobachtet jetzt Max gezielter, sammelt Daten über ihn, hält sich bedeckt, spricht noch keineswegs mit der jungen Klassenlehrerin. (...)
In einer Freistunde will die Lehrerin eine kleine Spatzierrunde drehen. Die Sonne scheint, nur eben mal für zehn Minuten abschalten. Sie nähert sich dem schuleigenen Sportplatz. Eine Gruppe übt den Start für den 100 m-Lauf. Starter mit Starklatsche ist ein stimmkräftiger Junge aus der besagten Mittelstufenklasse. Am Ziel stehen mehrere Oberstufenschüler mit Stoppuhren. „Aha“, denkt die Lehrerin, „der Kollege hat mal wieder zwei Sportgruppen zu betreuen. Kaschierung des Unterrichtsausfalles! Verdichtung von Arbeit! Aber geschickt macht er das, setzt einen Teil der Oberstufenschüler zum Training der Jüngeren ein.“ Am Start sind einige Schüler aus der erwähnten Klasse, darunter Max. Und dann das Starkommando: „A-aa-chtung, fer-fer-tig, lo-lo-lo-lo-lo-los!“ Irritation – Drohrufe der Oberstufenschüler an der Ziellinie, die sich veralbert vorkommen. Brüllendes Gelächter der am Start befindlichen SchülerInnen – und Max in seiner Laufbahn, betreten auf den Boden schauend. Nichts läuft mehr. (...)
Weiter folgt dann ein vorsichtiges Gespräch mit der Klassenlehrerin über Max und die Klasse. Dazu ihre empörte Reaktion: „Sie sind die Erste, die an meiner Klasse etwas auszusetzen hat. Ich habe noch nichts dergleichen beobachtet. Neulich haben mir die Kinder zum Geburtstag noch einen Blumenstrauß geschenkt. Sicher stottert Max manchmal, aber warum nehmen Sie ihn denn mündlich dran, schriftlich ist er hervorragend.“
So also ist das! Weitere Schwierigkeiten deuten sich an.
Bedeckte Kontaktaufnahme
Nach diesem Gespräch nimmt die Vertretungskraft hinter dem Rücken der Klassen-lehrerin vertraulichen Kontakt mit den Eltern von Max auf, wobei Max nicht anwesend ist. Beide Eltern kennen mittlerweile den Leidensdruck ihres 14-jährigen Sohnes. Sie sind vor einem halben Jahr in diese Kleinstadt am Rande des Ruhrgebiets gezogen und haben ihr Kind an diesem Gymnasium in Ganztagsform angemeldet. Sie haben auf Verständnis und spezielle Förderung für ihr begabtes Kind gehofft, das aber seit ungefähr vier Monaten wieder mit seinem alten Leiden, dem Stottern, zu kämpfen hat. Immer, wenn Max hochgradig unter Druck steht, beginnen die Sprachschwierigkeiten. Eine frühe in den Niederlanden erfolgte Therapie hat geholfen. Doch jetzt fängt alles
wieder von vorne an. Die Eltern haben mit der Klassenlehrerin Kontakt auf-genommen, doch ohne wirkliches Ergebnis. Sie überlegen, ob sie das Kind auf ein anderes Gymnasium ummelden sollen. Die Mutter, die Niederländerin ist, sagt zum Schluss: „Wissen Sie, wir haben im Niederländischen dafür einen sehr plastischen Ausdruck: pesten!“
Und der Lehrerin kommt in den Sinn: Jemanden die Pest an den Hals wünschen! Pesten – krank werden lassen, krank machen, krank werden, verderben!
6.2 Die Entstehung von Mobbing im Klassenzimmer
Die dargelegten Sachverhalte im Fallbeispiel „Max“ betreffen generell Gemobbte bzw. Mobber, sowohl Erwachsene als auch Jugendliche. Wenn wir den Verlauf und die Entwicklung des Konfliktes zwischen Max und der Klasse betrachten, fällt zunächst die gestörte Kommunikation und Interaktion in der angeführten Mittelstufenkasse auf, obwohl es zu keiner offenen Auseinander-setzung in der Klasse kommt. Nach GOLLNICK verläuft dieses Fallbeispiel in klassischer Weise. Die Entwicklung des Konflikts stellt er in fünf Phasen dar. Dieser ähnelt sehr dem Phasenmodell LEYMANNS. Wir dürfen stark anzunehmen, dass sich GOLLNICK auf LEYMANNS 5-Phasen-Theorie gestützt hat:
Phase 1: Integrations- und Subalternitätsdruck
In der ersten Phase geht GOLLNICK darauf ein, wie Max als neuer Schüler in die Klasse kommt und von einer dominanten Gruppe der Klasse empfangen wird. In dieser Gruppe sind die hierarchischen Strukturen bereits abgeklärt, die Max im Anfangsstadium registriert hat. Daneben herrschen andere kleine Gruppen, die sich durch ihr Fach und ihr persönliches Interesse (z.B. Computer, Sport, etc.) definieren. Max ist leistungsorientiert mit klaren Fächerpräferenzen und beruflichen Perspektiven. Von daher geht er mehr auf Distanz zu den Mitgliedern der dominanten Gruppe (vgl. GOLLNICK 2001, S.222). Gollnick betont, „[...] er widerstrebt einer totalen Integration (hier: Vereinnahmung), was diese als eine Missachtung und potenzielle Gefährdung ihrer erlangten Positionierung im Kommunikations- und Interaktionsspiel der Klasse und zwischen Klasse und Lehrpersonal taxiert.“ (GOLLNICK 2001, S.222)
Phase 2: Beginn der Konfliktphase
Mit schleichendem Ansatz der Isolierung beginnt die zweite Phase mit der Konfliktphase, die LEYMANN in seiner zweiten Phase schon als „Mobbing und Psychoterror“ bezeichnete.
Max wird nicht mehr wie zu Anfang in Aktivitäten der Gruppe mit einbezogen. Informationen über Schulbücher, über Handhabungen bei Haus-aufgaben oder anderes erreichen ihn nicht oder nur teilweise. Als Max krank wird, werden ihm wichtige Termine wie Klassenarbeiten vorenthalten. Telefon-ische Rücksprache mit Klassenkameraden nützen ihm nichts (vgl. GOLLNICK 2001, S.222).
Phase 3: Ausweitung des Konflikts auf die Leitungsebene
Die Klasse lässt Max bei seinen Verpflichtungen auflaufen z.B. beim Tafeldienst oder bei Klassengeschäften (Geld einsammeln, etc.), die reihum gehen. Zu Stundenbeginn ist die Tafel verschmiert, das Geld wird nicht termingerecht eingesammelt. Die Lehrer werden ungehaltener wegen der Unzuverlässigkeit des Schülers, die sie nicht verstehen können. Beim Sportunterricht ist Max in der Mannschaftsbildung immer der Letzte, der zugewiesen wird.
Max erfährt Ausgrenzung in dieser Phase nicht nur durch die Mittelstufenklasse, sondern nun auch durch den Lehrer. Er beginnt zu vereinsamen. Sein Stottern beginnt. Dadurch, dass er sich auf Ein-Wort-Sätze beschränkt, wird das Stottern immer stärker. Damit ist für die Gruppe eine markante Schwäche evident. Zudem bemängeln Max Lehrer seine zunehmen-de mündliche Inaktivität im Unterricht, ansonsten sind die schulischen Leist-ungen von Max stabil wie zuvor. Von daher ergeben sich pubertäre, entwicklungsbedingte Gründe als Interpretationsmuster (vgl. GOLLNICK 2001, S.222/223).
Phase 4: Isolation und Unterlegenheit
Der Isolationsdruck und das Unterlegenheitsgefühl werden stärker. Zu Hause klagt Max über die Schulatmosphäre. Seine Eltern sprechen mit der Klassen-lehrerin. Der verengte Blickwinkel des Lehrpersonals in Bezug auf schulische
Probleme wird nur im Sinne von Leistungsproblemen wahrgenommen. Max ist ein guter Schüler und die Klasse ist ansonsten auch in Ordnung. Dass die Klasse oder Teilgruppen der Klasse Verursacher von Max’ Ängsten ist, wird von der Klassenlehrerin nicht wahrgenommen. Das Stottern verschlimmert sich, somit wächst auch Max’ Leidensdruck (vgl. GOLLNICK 2001, S.223).
Phase 5: Ausscheiden – Schulwechsel
Nach dem Gespräch mit der Vertretungslehrerin entscheiden sich Max Eltern mit ihm für einen Schulwechsel auf ein anderes Gymnasium (vgl. GOLLNICK 2001, S.223).
Würde man so ein Fallszenario weiter ausgestalten, würden noch viele andere Probleme, wie z.B. ungeduldige Reaktionen anderer bei langsamem Sprechen oder Vorlesen, gegeben sein, die wiederum auch die Lehrpersonen hinsichtlich der Unterrichtseffizientz und Unterrichtsgestaltung unter Druck setzen.
Verbale Aggressionen von Seiten der Klasse werden von der betreffenden Person als verletzend und öffentlich diskriminierend empfunden. Interventionen seitens der Eltern scheitern, da das Phänomen Mobbing nicht unzureichend erkannt und angegangen wird. In der fünften Phase verlässt Max die gewohnte Umgebung, doch bleibt das latente Problem der Mittel-stufen-klasse. Ob sich die Macht- und Gruppenstrukturen in der Klasse ändern wird-en ist fragwürdig.
6.3 Die möglichen Konstellationen
6.3.1 Mobbing unter Schülern
Eine Studie der Universität München erfasst unter „Mobbing in der Schule“ wiederholtes Schikanieren, gezieltes Ärgern und Einschüchtern und häufige Gewalttätigkeiten ein- bis zweimal pro Tag und über mehrere Wochen hinweg. Anders als bei LEYMANN muss Mobbing bei Kindern zwar eine Regel-mäßigkeit mit sich bringen, jedoch nicht erst ein halbes Jahr andauern, bis man von Mobbing sprechen darf. Kinder sind im Regelfall häufig ungeduldiger als Erwachsene und handeln gegen eine Person eher schneller und direkter.
Die Universität München hat die folgenden statistisch am häufigsten vorkommenden Mobbing-Übergriffe zwischen SchülerInnen zusammenge-tragen[9]:
- Auflauern und Abpassen auf dem Schulweg, Verfolgen, Jagen, Knuffen, Stoßen, Verprügeln
- Ausgrenzen aus der Klassengemeinschaft, bei Spielen,
bei privaten Treffen
- Auslachen, Lächerlichmachen, Unfreundlichkeit, verletzende Bemerkungen
- Erfinden von Gerüchten, systematisch üble Nachrede
- Erpressung von materiellen Werten oder bestimmten Handlungen mit Androhung von Gewalt
- Einschüchterung mit Erschrecken und Gewaltandrohung,
Zum-Schweigen-bringen
- Hänseln, stetiges Verspotten, Nachrufen von Schimpfnamen
- Sexuelle Belästigung, auch in Form derber »practical jokes«
- Unfaires Verhalten beim Sport, Fallenstellen
- Ungerechtfertige Anschuldigungen, gezielte Denunziation
- Verstecken, Beschädigungen, Stehlen von Kleidungsstücken oder anderem Eigentum
- Zerstören von im Unterricht erstellten Materialien oder Arbeiten
- Zurückhalten wichtiger Informationen
Die Statistik der Universität München stellt hier einen ganzen Katalog von aktiven und passiven sowie physischen und psychischen Mobbinghandlungen dar, wie sie in der Schule vorkommen können. Mobbing kann auf verschied-enen qualitativen Ebenen stattfinden. Zunächst werden physische, also körper-liche Mobbinghandlungen, wie z.B. „schlagen, schubsen, festhalten“ von verbalen Mobbinghandlungen, wie z.B. „spotten, hänseln, bloßstellen“ und von relationalem, auf die Beziehung zielendes Mobben, wie „ausgrenzen, Gerüchte verbreiten“ und ähnliches unterschieden. Eine andere Unterscheid-ung bezieht sich auf die Strategie, mit der das Opfer erreicht wird. Dies kann direkt, im aktiven Sinne oder indirekt, im passiven Sinne, geschehen, so dass das Opfer den Täter der Attacke klar erkennen oder vermuten kann, wer sich dahinter verbirgt.
Bei einer Feststellung solcher Mobbinghandlungen unter Schülern sollte in jedem Fall nachgegangen werden und genauso mit Ernsthaftigkeit behandelt werden, wie beim Mobbing unter Erwachsenen. Da die Mobber durch erfolgreiche Gewaltanwendung mehr Gewalt erzeugen würden, gilt hier genauso wie beim Erwachsenenmobbing, dass möglichst früh eingeschritten werden muss, wenn ein Vorfall bekannt wird und Schikanen so früh wie möglich durchkreuzt werden müssen, bevor sie zum Selbstläufer werden (vgl. KASPER 2003, S.65).
6.3.2 Mobbing unter Lehrern
Mobbing gedeiht nicht nur im Klassenzimmer, sondern kann auch im Lehrerzimmer unter Lehrern vorfallen. Systematische Übergriffe am Arbeits-platz, wie sie LEYMANN dargestellt hat, ist unter Lehrerkollegen keine Seltenheit. Wie sich Mobbing unter Lehrern äußert, lässt sich an LEYMANNS Phasenmodell ableiten, das speziell für Mobbing am Arbeitsplatz konzipiert wurde. Meinungsverschiedenheiten und Konflikte, sowie Rivalitäten, Miss-gunst und Neid sind ebenso an Schulen anzutreffen. In dieser Hinsicht gleicht der Arbeitsplatz Schule anderen Arbeitsstätten. Nur mit einiger Ausnahme findet Mobbing nicht im Klassenzimmer statt. Stehen Lehrerkollegen im Dis-put zueinander, die beispielsweise im Team-teaching gemeinsam eine Klasse unterrichten, können große Probleme auftreten. Sticheleien innerhalb des Unterrichts würden nicht gerade den Unterrichtsprozess fördern. Es hätte auch fatale Konsequenzen, wenn Schülerinnen und Schüler ihre Lehrer als Vor-bilder sehen, und in Anbetracht der Situation gleichermaßen handeln würden.
KASPER hat in seiner Literatur Mobbing in der Schule verschiedene Berichte betroffener Lehrerinnen und Lehrer veröffentlicht, die facettenreich und anschaulich dargestellt sind. Einige der von KASPER präsentierten Falldarstellungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Oft wird von besonders engagierten Lehrern berichtet, z.B. Vertrauenslehrer, die vom Kollegium isoliert und über längere Zeiträume Diffamierungen und Schikanen von Seiten der Kollegen und der Schulleitung ausgesetzt wurden. Des Weiteren werden häufiger Fallbeispiele erzählt, in denen einzelne Lehrer mitunter über Jahre hinweg in eine sich zunehmend intensivierende Auseinandersetzung mit dem Schulleiter verstrickt sind und von diesem wie von der Schulleitung nahe stehenden Kollegen durch öffentliche Angriffe und Bloßstellungen, Verleumdungen und sinnlose und widersprüchliche Anweisungen drangsaliert werden. Aber am häufigsten werden Fälle beschrieben, in denen Lehrer, die neu in ein Kollegium eintreten, auf verfestigte Strukturen treffen und „[...] von Seiten des etablierten und gegenüber dem neuen Mitglied misstrauischen Kollegium und der Schulleitung zur uneingeschränkten Anpassung an die gegebenen Verhältnisse angehalten und bei zuwiderlaufenden Handlungen massiv und ohne zeitliche Begrenzung unter Druck gesetzt werden.“ (ROTHLAND 2003, S. 242; vgl. KASPER 1998, S. 69ff.).
6.3.3 Schüler mobben Lehrer
Laut KASPER ist das Risiko für Lehrerinnen und Lehrer besonders groß an Schulen mit sehr strengen Regeln und autoritären Lehrern.
Aus eigenen Erfahrungen könnte ich berichten, wie schwer es so mancher Lehrer hatte, nachdem die ersten Einwanderer nach dem Fall der Berliner Mauer nach Westdeutschland kamen. Einige Lehrkräfte hatten sich schwer damit getan auf die neuen Schüler einzugehen. Sie konnten nicht mit den Frechheiten umgehen, deren sie konfrontiert waren. Hat einmal ein Lehrer von sich aus Schwäche gezeigt, blieben ihnen selbst Tränen und Ausbrüche aus dem Klassenzimmer nicht erspart. Selbst in einer netten, friedlichen Berufschulklasse, die ich besuchte, erging es unserer Englischlehrerin nicht anders. Ihre Englischkenntnisse waren der Klasse nicht gut genug – Grund genug für die Klasse, eine Lehrperson zu schikanieren. Lehrermobbing, der von Schülern ausgeht, äußert sich in solchen Fällen als eine Kette kollektiver systematische Angriffe gegen eine einzelne Lehrperson.
Schüler greifen gewöhnlich als Gruppe, wahrscheinlich auch als Klasse gegen eine Lehrperson an. Sie suchen sich den schwächsten Punkt als Ziel ihrer Rache, „[...] das heißt, sie fügen ihnen bewusst Schaden zu, indem sie häss-liche und unangenehme Dinge sagen und sie schikanieren, so dass diese darunter leiden.“ (WEIß 2000, S.14)
Solche unangenehmen Dinge könnten z.B. sein[10]:
- Ungerechtfertigte Unterstellung von Tätigkeiten des Lehrers
- Ungerechtfertigte Unterstellung von sexuellen Äußerungen oder
Handlungen
- Ungerechtfertigter Vorwurf der ungerechten Behandlung oder
willkürlichen Notengebung
In aller Regel handelt es sich bei Mobbing gegen Lehrer um einen Racheakt. Auslöser ist vorwiegend die geringe Bereitschaft der Schule, sich kommuni-kativ mit den Interessen und Bedürfnissen einzelner Schüler auseinander zu setzen. Auch geringe Anforderungen der Schule, die im Gegenteil sich als schwache Institution erweisen, sind Anhaltspunkte, wo Schüler leicht „Druck“ machen gegen Lehrer. In jedem Fall wird aber eine Lehrerin oder ein Lehrer nur dann zum Opfer systematischen Psychoterrors durch Schüler, wenn das Umfeld Kommunikationsdefizite aufweist. Keine Chance hat Psychoterror gegen Lehrer, wenn die Schule mit klaren Anforderungen arbeitet und den Schülern mit Fairness, Achtung und Menschenwürde entgegen gekommen wird. Die Schule dürfte nicht zulassen, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer durch eine Klasse schikaniert wird. Auch hier gilt, dass die Verletzung der Menschenwürde kein Kavaliersdelikt ist und dass nicht versehentlich oder aus Bequemlichkeit der angegriffene Lehrer für „selbst schuldig“ erklärt werden (vgl. KASPER 2003, S.66/67).
6.3.4 Lehrer mobben Schüler
Man hört immer wieder, dass Schüler nicht gerne in die Schule gehen. Oft ist der Grund, dass die Schule keinen Spaß macht, weil der Unterricht so lang-weilig ist oder weil die Hausaufgaben so lästig sind. Doch an der Schule stört sie meistens gar nicht, dass sie lernen müssen, sondern die Art, wie mit ihnen umgegangen wird.
In Schülerkreisen ist die Angst vor mobbenden Lehrer sehr verbreitet.
Gefürchtete Lehrer, die sich gegen Kinder stellen sind aber Einzelfälle. Diese Lehrer können herrschsüchtig oder selbstsüchtig sein. Sie behandeln Schüler taktlos oder quälen sie, sind kontaktunfähig oder gefühlsabgespalten, selbst-herrlich, ironisch oder zynisch. Durch all das zerstören sie bei den Kindern Lernfreude und Fragelust, Interesse, Vertrauen und Selbstvertrauen. Sie rauben ihnen Spontaneität, die Lust am Denken und Erfinden. Sie verunsichern das Selbstwertgefühl der Jugendlichen, bringen die jungen Menschen um die Hoffnung auf Erfolg und enttäuschen sie in ihrer Sehnsucht nach guten Beziehungen. Sie beschädigen das Kindsein, meint der Schulpädagoge und Psychoanalytiker Kurt SINGER. Er spricht hier von einem „destruktiven Lehrerverhalten“ (vgl. SINGER 1998, S.69).
Als ehemaliger Hochschullehrer und Kinderpsychotherapeut hat SINGER zahlreiche Studien veröffentlicht. In einer seiner Studien berichtet er vom unpädagogischen Handeln mancher Lehrer, die das Lernen vieler Schüler stören, die die Individualität der Kinder missachten und den pädagogischen Fortschritt in der Schule durch Mobbing hemmen. Sicher gibt es viele Lehrer, die sich bemühen, auf Schüler helfend einzugehen, aber häufig werden sie durch unpädagogische staatliche Verordnungen dazu gezwungen, ihre Schüler unter Druck zu setzen, was bei manchen Schülern auch zum Widerstand führen kann (vgl. SINGER 1998, S.258). Viele Schüler würden kaum die Absicht wagen, sich gegen Ungerechtigkeiten des Lehrers zu wehren. Sie getrauen sich nicht, sich über Beschimpfungen des Lehrers zu beschweren, nicht nachzufragen, wenn die Noten unplausibel erscheinen, nicht zu kritisieren, wenn der Unterricht langweilig oder überfordernd ist. Die Lehrer sitzen am längeren Hebel, das weiß jeder Schüler (vgl. KINDLER 2002, S.26).
Manchmal werden aggressive Umgangsformen und Interventionen, die auf Einschüchterungen und auf Angst basieren, von einigen Kollegen nicht gegen Einzelne, sondern gegen ganze Klassen eingesetzt, was wir als Mobbing gegen die gesamte Lerngruppe betrachten können. Jedoch hat dieses Mobbing eine andere Wirkung als das typische Mobbing. Bei einem solchen Fall wird niemand in der Klasse ausgeschlossen. Niemand steht einzeln und allein einem hämischen Angreifer gegenüber, sondern die Schüler einer Klasse unterstützen sich meistens in solchen Fällen gegenseitig. Wenn zum Beispiel ein Lehrer seine Schüler mit Extraaufgaben bestraft, würde ein Freund-Feind-Schema entstehen, in dem der Lehrer als gemeinsames Übel empfunden wird (vgl. KINDLER 2002, S.27).
Eine andere Variante des Lehrermobbing äußert sich besonders häufig bei besonders bei schwachen Lehrerpersönlichkeiten, die um Anerkennung durch ihre Klasse ringen. Sie werden zu Mitläufern. Gibt es in der Klasse Außenseiter oder Gemobbte, dann setzen diese Lehrer meist unbewusst den Terror fort. Sie merken, dass auf einmal alles mitlacht, wenn sie sich über einen bestimmten Schüler lustig machen. Ihr Verhalten wird somit verstärkt, wo ein nächstes Mal praktisch vorprogrammiert ist. Auf die Klasse hat das fatale Wirkungen. Zögerliche Schüler, die dem Mobbingprozess widerwillig folgen, legen ihre Bedenken ab: „Wenn sogar der Lehrer den auslacht, dann darf ich das auch.“
Einige Bespiele zur Anschauung:
Birgit - Fallbeispiel II[11]
Nach einer, wie Birgit selbst zugab, vollkommen unsicheren Antwort, ließ sie der Lehrer aufstehen. Dann dozierte er: „Seht euch Birgit an. Ein Naturwunder. Sie ist jetzt 14 Jahre alt. Alles ist gewachsen. Ihr könnt sehen, wie groß sie geworden ist, nur ihr Gehirn, das ist seit ihrem 2. Lebensjahr gleich geblieben. Ihr könnt es auch an der stockenden Sprechweise erkennen.
Verstärken oder verlängern sich anbiedernde Lehrer auf die beschriebe-ne Weise Mobbing in der Klasse, so können besonders aggressive Äußerungen gegenüber Einzelnen auch dazu führen, dass einige Schüler sich durch die Lehrperson inspiriert und ermutigt sehen, Mobbing zu beginnen.
Gerd - Fallbeispiel III[12]
In der 10. Klasse wurde Gerd von seinem Sportlehrer wegen seines eigenartigen Laufstils laut gefragt: „Bist du schwul und willst du die Kerle anlocken? Oder warum eierst du so rum und wackelst so mit deinem Arsch?“ Danach begannen mehrere Mitschüler, ihn als Schwuchtel zu beschimpfen und ihn zu quälen. Seine Leiden verschlimmerten sich, als der Sportlehrer unter dem Gejohle einer Clique dazu überging, seinen Namen in die weibliche Form „Gerda“ zu transformieren. Gerd hatte sich damals weder bei seinen Eltern noch bei seinem Klassenlehrer beschwert. Er habe sich zu sehr geschämt.
Oft liegt in dieser Form von Fehlverhalten nicht immer böse Absicht, sondern Unsicherheit zugrunde. Lehrer wollen von ihren Schülern geachtet und gemocht werden. Sie sehen aber nicht, welche Not sie hervorrufen. Selbstverständlich ist ein solch unprofessionelles und folgenschweres Verhalten einer Lehrperson nicht zu entschuldigen. (vgl. KINDLER 2002, S.28) Doch leider kommen auch solche Angriffe vor, die wie in den folgenden Unterrichtssituationen, zweifelsfrei sadistische Züge aufweisen.
Eberhard - Fallbeispiel IV[13]
Die Schüler hatten von Herrn P. physikalische Rechnungen als Hausaufgabe bekommen. Eberhard merkte in der darauf folgenden Stunde, dass er aus Versehen eine andere Aufgabe gerechnet hatte, als aufgegeben war. Dieses Versehen konnte er den Oberstudienrat nicht mitteilen, denn es galt als strenge Regel, solche Vorkommnisse zu Beginn des Unterrichts zu melden. Das bemerkte Herr P. bei der Durchsicht und ließ sich auf keine Erklärungen des Jungen ein. Er beschimpfte den Jungen als „Lügner“ und gab ihm einen Verweis. In der folgenden Physikstunde ging Eberhard ängstlich zum Pult von Herrn P. weil er eine Aufgabe nicht verstanden hatte. Um seine Physik-Note stand es nicht gut und er hatte Angst abgefragt zu werden. Der Lehrer wies ihn mit der Bemerkung ab: „Ausgerechnet dir werde ich es zweimal erklären. Du hast eben nicht aufgepasst, sondern geschlafen. Wenn du’s beim ersten Mal erklären nicht kapierst, ist ohnehin Hopfen und Malz verloren.“ Wenige Minuten später machte der Lehrer die mündlichen Noten. Er rief Eberhard auf und befragte ihn genau nach den Aufgaben, die der Lehrer seinem Schüler nicht erklären wollte. In Eberhards Nichtwissen ließ Herr P. den Jungen so lange zappeln, bis er ihm – selbstverständlich objektiv korrekt – eine Fünf ins Zensurenheft schreiben konnte. Zu Hause erzählte Eberhard in ohnmächtiger Wut, wie ihn der Physiklehrer hereingelegt hatte. Die Eltern waren empört über diese Niedrigkeit und stellten sich schützend vor ihren Sohn. Sie unterschrieben den Verweis wegen der verwechselten Hausaufgabe nicht, weil sie ihn als ungerechtfertig ansahen. Und sie beschwerten sich, nachdem der Lehrer in der Sprechstunde unzugänglich war, beim Direktor über das heimtückische Verhalten des Physiklehrers in der Ausfragesituation. Sie bezogen die Unzufriedenheit anderer Schülereltern über den rücksichtslosen Umgang des Oberstudienrats mit den Jugendlichen in ihrer Klage ein.
Der Schulleiter stellte sich hinter den Kollegen. Obwohl er die Klage seit Jahren kannte, behauptet er: „ Herr P. sei ein erfahrener Realschullehrer und habe in seinen pädagogischen Ermessen gehandelt. Über die erniedrigten Kinder verlor er kein Wort. Er deckte Herrn P. zwar, dachte allerdings nicht daran, diesem zu helfen. Es ging ihm lediglich darum, den „Ruf der Schule“ zu wahren.
Nach SINGER könnte man sagen, dass es sich hier um Merkmale seelischen Sadismus handeln. Solche Merkmale könnten sein:
- Der Lehrer versetzt den Schüler vorsätzlich in eine Situation der „Demütigung“. Er wusste, dass Eberhard die Frage nicht hätte beantworten können. Dieses Wissen benutzte er, um den Schüler in eine beschämende Situation zu bringen.
- Das Verhalten des Lehrers legt nahe, dass er den Jungen bewusst verletzen wollte. Anders ist nicht zu erklären, dass er ihm zuerst die Lernhilfe verweigert und ihn dann vor der Klasse mit dem vom Schüler eingestandenen Nichtwissen bloßstellt. Er zwang den Jungen in eine Situation, in der dieser leiden musste, ohne sich wehren zu können.
- Das Verhalten des Lehrers erweckt den Eindruck, dass er dem Jungen Macht demonstrieren wollte. Er vermittelt dem Schüler das Gefühl, hilfloses Werkzeug in seinen Händen zu sein. Der Junge erfuhr in dieser Situation seine totale Abhängigkeit.
- Der Lehrer betrachtet den Schüler als Person, die er beherrschen kann. Er hat seine geistige und körperliche Überlegenheit benutzt, den schwächeren Jungen klein zu machen, um eigene Stärke zu beweisen. Der ohnehin unterlegene Eberhard wurde vom Lehrer bewusst in den Zustand der Ohnmacht getrieben.
- Das Lehrerverhalten schien von dem sadistischen Wunsch geleitet zu sein, den Schüler leiden zu machen: ihn seelisch zu verletzen, zu beschämen, zu demütigen, ihn seine Schwäche spüren zu lassen. Es deutet nichts darauf hin, dass der Lehrer den Schüler im Lernen unterstützen wollte.
Auch andere Beobachtungen und Erfahrungen der Schüler, Eltern und Kollegen hätten darauf verwiesen, dass der Lehrer sadistische Regungen aus den Kindern ausleben würde. Die Art wie er den Schülern „eins auswische“ und sie „fertig mache“, wie er sie bloßstelle, verhöhne und lächerlich mache, ungewöhnlich streng zensieren würde und in der Notenkonferenz verbissen darum kämpfe, die Schüler „durchzuschmeißen“, all das würde seinen Drang erkennen lassen, anderen Schaden zu wollen. (vgl. SINGER 1998, S. 29 ff.)
Eine Person wie dieser Lehrer führe offenbar kein gutes Leben. Der Lehrer und Psychoanalytiker schrieb dazu: „Wer als Lehrer zum Tyrann wird, hat in der Regel keine frohe Kindheit hinter sich. Er ist zugleich von Herrschsucht und von Feigheit erfüllt. Eigentlich möchte er Erwachsene tyrannisieren, fürchtet sich jedoch vor den Widerständen und wählt daher ein weniger gefährliches Gebiet: die Welt des Kindes. Er braucht kein Prügelpädagoge zu sein; es gibt feinere Mittel, die weniger verdächtigt sind, den Sadismus auszutoben.“ (ZULLIGER 1963, S. 98)
Wie wir erkennen, können solche Konflikte eine Schule entscheidend prägen: Ihr Image, ihr Schülerlauf und ihre innerer Struktur sind in vielen Fällen von der Art und Weise abhängig, wie LehrerInnen mit ihren SchülerInnen umgehen und umgekehrt.
Sehr stark wirkt sich auch der „Erziehungsstil“ oder auch „Führungsstil“ des Lehrers auf die Schüler aus und generiert häufig Konflikte, die sich dann meistens auch auf mehreren Ebenen abspielen. Denn wenn ein Lehrer mit seinen Schülern nicht zurecht kommt, dann würde sich das sehr schnell auf die Arbeit seiner Kollegen auswirken, die dann entweder mit den Kollegen einen Konflikt oder einen inneren persönlichen Konflikt bekommen. Guido SCHWARZ, Konflikttrainer im Schulbereich, hat einige Beispiele in seiner Literatur Konfliktmanagement in der Schule aufgegriffen, in der er die verschiedenen LehrerInnen-Typen beschreibt und wie sich diese auf das Verhältnis zu den SchülerInnen auswirkt.
Der aufgeschlossene Typ
LehrerIn hat eine partnerschaftliche Beziehung zu den SchülerInnen, nimmt sie als eigenständige Person ernst und hilft ihnen auf ihrem Weg zur Matura. Nicht alle LehrerInnen sind der Meinung, dass dieser Typ ein guter Lehrer ist. Das sich anbiedernde Verhalten einiger LehrerInnen an die SchülerInnen wird von den Jugendlichen nicht immer geschätzt, weil sich diese in ihrer Privatsphäre gestört fühlen.
Der Laissez-faire-Typ
LehrerIn lässt die Zügel eher schleifen und agiert antiautoritär. Dieser Lehrertyp ist meistens jung und wirkt eher kumpelhaftig. SchülerInnen erfahr-en keine Grenzen. Laisser-faire-Betrieb, Distanzlosigkeit nimmt überhand und die SchülerInnen werden fast nicht mehr gefordert.
Der patriarchale Typ
LehrerIn vertritt konservative Unterrichtsmethoden, ist eher älter und agiert mütter- bzw. väterlich-belehrend, aber gutmütig. Häufig ist die Beziehung eine reine Arbeitsbeziehung, eher unpersönlich und nicht von gegenseitiger Achtung getragen.
Der Schleifer
LehrerIn fordert in erster Linie Leistung von den SchülerInnen. Sie sind engagiert, aber reserviert und vertreten Disziplin. Diese LehrerInnen legen den meisten Wert auf Noten. Sie sind nicht oder fast nicht bereit, auf persönliche Probleme der SchülerInnen einzugehen. Einige Lehrer haben ein gutes Verhältnis zu den Schülern. Einige ein schlechtes, weil sie versuchen, die SchülerInnen nach ihren Vorstellungen umzuerziehen, sie sollen angepasst, still und diszipliniert sein. Eigene Meinung ist unangenehm und wird mit Minus geahndet.
Der Schaumschläger
Bei diesem Lehrertyp weiß man nie so genau, woran man ist. Die SchülerInnen haben kein besonderes gutes Verhältnis zu der Lehrperson, da er unberechenbar ist.
Die Konflikte zwischen LehrerInnen und SchülerInnen hängen, wie die Beispiele zeigen, sehr von der Person des Lehrers ab. Die entsprechenden Konflikte gibt es an jeder Schule. Man darf aber nicht vergessen, dass es genauso wie von den LehrerInnen auch von den SchülerInnen abhängt, wie die Beziehung funktioniert, welche Konflikte es gibt und wie damit umgegangen wird (vgl. SCHWARZ 2003, S.51 ff.). Karl. E. DAMBACH beschreibt die verschiedenen Stereotypen der Gewaltopfer. Zur Veranschaulichung werden hier einige Schülertypen dargestellt, die mögliche Mobbingopfer sein können. Alle sind nur grobe Richtlinien und müssen nicht wirklich immer Mobbing-betroffene sein. DAMBACH verwendet folgende Begriffe für gemobbte Schüler[14]:
Der Schwierige
Dieser Schülertypus ist geprägt von negativen Erfahrungen, der nur Böses erwartet und sich einen dementsprechenden Selbstschutz zurechtlegt. Seine persönliche Angst verdeckte mit aggressiven Drohungen gerichtet an Lehrer und Schüler.
Der Prahler
Ob wahr oder erdichtet versucht sich dieser Schüler durch Angabe des Computer, Armbanduhren, Walk- und Disc-man in den Augen der Mitschüler in den Mittelpunkt zu bringen. Noch häufiger jedoch wird mit Markenkleidung angegeben unsere Schüler zusätzlich mit den diversen Handygeräten oder den Urlaubsreisen an.
Der Klassenclown
Er erhält die Aufmerksamkeit der Gruppe, des Lehrers. Er spielt seine Rolle, den Kasperl oder Clown, gibt aber fast nie zu, dass er darunter leidet. Er reagiert einfach nur so, wie es die anderen von ihm erwarten, die Schüler, die ihn aufziehen und hänseln. Fragt sich, was der Clown hinter seinem Gesicht verbergen will und welche Schwäche oder welches Anderssein er nicht zeigen will.
Der Streber
Er wird von den Lehrern meist geschätzt, hat den persönlichen Schulerfolg, von der Klassengemeinschaft ist er ausgeschlossen. „Schleimer“, „Kriechtier“ und liederlichere Beschimpfungen sind ihm gewiss.
Der Träumer
Unauffällig sitzt er in der Klasse. Er nimmt an keinen Aktionen der Klasse teil, zeigt fast nie eine Gefühlsreaktion in irgendeiner Form. Seine Flucht findet nach innen statt.
6.4 Auswirkungen
Wird man Opfer negativer Handlungen, wie wir sie in den Fallbeispielen kennen gelernt haben, geschieht dies nicht ohne Auswirkung und Folgen. In der Regel wirken sich Mobbingprozesse auf die gesamte Klasse aus, selbst auf scheinbar Unbeteiligte. Doch wie jeder selbst mit Mobbing umgeht und wie er darauf reagiert, hängt von der Rolle ab, in der er steckt.
Werden über Monate MitschülerInnen übel beschimpft, werden Beschimpfungen in der Klasse schnell für alltäglich empfunden. Wer immer wieder sieht, wie jemand in der Klasse geschlagen wird, ist irgendwann nicht mehr darüber empört und empfindet es als normal. Mobbing ruft in Klassen aggressive Verhaltensweisen hervor und behindert dort die Lernmöglichkeiten. Die Angst gemobbt zu werden ist vorprogrammiert, weil es jeden treffen kann: gute und schlechte SchülerInnen, Beliebte und Zurückhaltende, Große und Kleine, Dicke und Dünne, Schöne und Hässliche (vgl. KINDLER 2002, S.19).
Wie sich Mobbing auf Langzeitbetroffene auswirken kann, ist von der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen und von der Situationsentwicklung abhängig. GOLLNICK zeigt hierzu einige Profilmarker mögliche Auswirk-ungen, die er extra für Schülerinnen und Schüler als Mobbingbetroffene konzipiert hat (GOLLNICK 2000, S. 36; GOLLNICK 2002, S.221):
- grundlegende Verunsicherung infolge verdeckter oder offener Angriffe,
- grundlegende Verunsicherung infolge überraschender Konfrontationen,
- Misstrauen,
- Ängstlichkeit und Furcht,
- Außenorientierung, Fremdorientierung (Wohlverhalten),
- Reduzierung der Kommunikation (Bedeckung),
- Restriktive Wahrnehmung mit zunehmenden polarem Denken
(Freund-Feind-Schema),
- Reduzierung der Konfliktbereitschaft,
- Innere Immigration, weitgehende Abkopplung,
Flucht in mögliche Freiräume,
- Reduzierung des schulischen Engagements, Disengagement,
- Überwechseln an eine andere Schule.
Nicht immer sind schlechte Zensuren der Grund, weshalb manche Schüler-Innen schon am Wochenende oder am Morgen vor der Schule mit einem flauen Gefühl im Magen geplagt werden. In den meisten Fällen kann Mobbing nur von den Opfern selbst benannt und aufgedeckt werden. Diese sind jedoch in den meisten Fällen so eingeschüchtert, dass sie sich vor Scham, Angst und Schwäche nicht getrauen es einzugestehen. Selbstverständlich können auch Täter auf ein Mobbing-Ereignis hinweisen, allerdings haben sie selbst kaum ein Interesse an Aufdeckung. In der Rolle der Täter bevorzugen sie es eher, ein ausgewähltes Opfer zu peinigen und zu erniedrigen. Das Schema ist ganz simpel: „Wer andere erniedrigt, erhöht sich dadurch selbst und richtet mit dieser Krücke sein defektes Ego auf.“ (SCHALLENBERG 2000, S.24) Wir können hieraus erkennen, dass die Täter durch Quälerei anderer den eigenen Frust kompensieren wollen. Begleitet ist dieser Frust meistens durch Minderwertigkeitsgefühle, Konkurrenzdruck und Neid. Doch häufig steht der Täter nicht allein gegenüber dem Opfer. Wir können grundsätzlich davon ausgehen, dass Mobbing erst durch die Anwesenheit von Gruppen begünstigt bzw. erst richtig ausgelöst wird. Das erklärt sich damit, dass im Rahmen von Gruppen der Erwartungsdruck- und Leistungsdruck auf den Einzelnen deutlich höher ausgerichtet ist. Trotzdem sollte aber auch klar sein, dass Mobbing gerade in der Schule oft zwischen einzelnen Schüler entsteht. Die Gruppensituation begünstigt und verstärkt dann allerdings den Prozess des Mobbings.
Dies kann auf zwei Weisen geschehen, nämlich:
1. wenn andere Schüler sich dem Mobber anschließen oder
2. wenn sie den Mobbingprozess dulden und einfach wegsehen.
Gruppen, die meistens nur „daneben stehen“, verhalten sich nach SCHALLENBERGS Meinung entweder parteiisch oder neutral, um so einem Konflikt aus dem Weg gehen zu können.
Beide Verhaltensweisen verstärken auf unterschiedlicher Weise das Mobbing:
1. die parteiisch ergreifende Gruppe, weil sie den Druck auf das Opfer direkt erhöht,
2. die Gruppe, die zusieht, weil sie das Opfer in der Situation alleine lässt und nicht einschreitet.
Nichtsdestotrotz kann die letzte Gruppe auch positiv wirken, indem sie objektiv Stellung beziehen kann. Doch leider werden die Opfer in der Regel allein gelassen, da sich niemand auf die Seite eines Außenseiters stellen möchte (SCHALLENBERG 2000, S.23 ff.).
Angegriffene Schüler werden in ihren Möglichkeiten beeinträchtigt, sich zu entwickeln, zu lernen, zu spielen, zu arbeiten und Leistung zu erbringen, zu kommunizieren und sich zu informieren. Da Mobbingprozesse langfristig ausgeübt werden, wird die Gesundheit des Angegriffenen, körperlich sowie geistig, beeinflusst. Dadurch, dass das Opfer über einen langen Zeitraum immer wieder Demütigungen und Angriffen ausgesetzt wird, können Verhaltensweisen entwickelt werden, die von ängstlicher Selbstbeob-achtung, von Selbstzweifel, Anpassung, Abwehr und Misstrauen bestimmt ist (vgl. KINDLER 2002, S.19).
Mobbing kann verdeckter ausgeübt werden als andere Gewaltformen und wird deshalb von Lehrer und Eltern nicht so gut wie anderer Gewalt-formen wahrgenommen. Die Angegriffenen haben oft Schwierigkeiten sich in ihrer Not sich selbst als Opfer zu offenbaren und bei anderen Hilfe zu suchen. Aus Angst vor noch folgenschwereren Konsequenzen, suchen sie deshalb keine Zuwendung bei Lehrer und Eltern.
Wie wir erkennen, können Kinder wie Erwachsene, feindselig gegen eine einzelne Person handeln. Der Leidensdruck, der durch Mobbing erzeugt wird, übersteigt für viele das Maß, was sie ertragen können. Nach WÖBKEN-EKERT sollen rund 15 Prozent der deutschen Schüler unter psychischen Auffälligkeiten leiden (vgl. WÖBKEN-EKERT 1998, S.84). Einige scheinen sich aufgegeben zu haben, sie verweigern sich auf Dauer. Die Macht, die sie auf das Leben der Einzelnen ausübt, steigt zumindest subjektiv. Schule gehört also auch zum Ursachengeflecht des Gewaltphänomens Mobbing dazu. Die Pädagogen und Jugendforscher Wilhelm HEITMEYER und Matthias ULBRICH-HERRMANN haben sich mit dieser Thematik beschäftigt. Ihr Ansatz dabei wäre, die Gewaltforschung an den Schulen zu erweitern, und zwar derart, dass nicht nur danach gefragt wird, wie Gewaltphänomene an den Schulen aussehen, sondern wie sich die gesellschaftliche Gewalt insgesamt äußert, welche Faktoren sie bedingt und welchen Anteil daran die Schulen tragen. Sie gingen davon aus, dass die Schule durch ihre gesellschaftliche Selektionsfunktion individuelle Belastungen erzeugen würde. In erster Linie habe die Schule zwar die gesellschaftliche Funktion der Qualifikation, gleichzeitig würde sie aber auch die Entstehung individueller Ohnmachts-gefühle im Hinblick auf spätere Ausbildungen und Berufe verursachen. Diese Gefühle und Belastung könne auch die Einstellung zur Gewalt verändern, betonen die beiden Jugendforscher. Bei Schülern, die erhöhten leistungs-bezogenen Belastungen, z.B. dem Sitzen bleiben oder der Unzufriedenheit mit den eigenen Leistungen ausgesetzt sehen, gibt es zumindest einen Zusammen-hang zwischen diesen Belastungen und einem gewaltförmigen Verhalten, wenn ihnen der schulische Erfolg wichtig ist. Sehen sie ihn als wichtiges Mittel an, um sozial aufzusteigen oder später im entsprechenden Maße am Konsum teilnehmen zu können, sind Zusammenhänge zwischen den Schul-belastungen und aggressiven Verhalten eindeutig zu erkennen. Deren vor-liegenden Ergebnisse und ihre Überlegungen dazu deuten darauf hin, dass die Schule schon aus ihrer Machtfunktion heraus gewaltfördernd wirken kann. Wenn schulische Belastungen deshalb zu Verunsicherungen und zur Ent-stehung von Gewalt beitragen können, weil gute Schulleistung ein besseres Leben verspricht, müsste sich theoretisch in den nächsten Jahren besonders bei den Gymnasiasten die Situation verschlechtern. Der Erfolgsdruck ist schon jetzt besonders hoch. Das Gewaltpotential könnte sich allerdings zusätzlich erhöhen, wenn sich das Wissen verfestigt hat, dass selbst mit durchschnittlich guten Leistungen nicht unbedingt das angestrebte Leben erreicht werden kann (vgl. WÖBKEN-EKERT 1998, S.85 ff.).
Die Schule kann nicht nur in ihrer zukunftsbezogenen Funktion gewaltfördernd wirken. Auch die Gestaltung des Unterrichts hat Einfluss auf das Gewaltverhalten von Schülern. Oft erkennen die SchülerInnen den Sinn des Lernens überhaupt nicht. Sie sind meist der Annahme, der Lernstoff hat mit ihren Leben nichts zu tun. Aber sie merken, schlechte Noten können zum Ausschluss der Gemeinschaft führen. Sie erfahren, dass Lernen immer nur im Zusammenhang mit Leistungsbewertung steht. WÖBKEN-EKERT behauptet, Schüler verhalten sich in der Regel weniger aggressiv, wenn das Schulleben abwechslungsreich und spannend gestaltet ist, wenn die SchülerInnen merken, der Lehrer geht auf die Schüler mit Empathie ein und sie sich gut untereinander verstehen (vgl. WÖBKEN-EKERT 1998, S.84 ff.). Klar spielen auch die Lerninhalte eine Rolle. Werden diese interessant vermittelt und orientieren sich an den Erfahrungen, den zukünftigen Lebensanforderungen und den Interessen der Schüler, dann würde die Rate der Gewalthandlungen an Schulen sinken. Die Schüler hätten viel mehr Freude am Lernen und im Miteinander.
7 Einordnung in die Schulpädagogik
Mobbing vergeht nicht von alleine, nicht bei Erwachsenen und nicht bei Kindern und Jugendlichen. Sie tritt überall da auf, wo Menschen an einem Arbeitsplatz zusammenarbeiten und dabei soziale Beziehungen ausbilden. Wenn wir uns über die Natur der Mobbingerscheinungen im Klaren sind, kann es an der Notwendigkeit zu handeln keinen Zweifel geben. Jede Schule und jede Lehrperson kann einiges tun, um dieser Erwartungen zu entsprechen. Somit ist auch Mobbing ein sehr wichtiges Thema für die Schulpädagogik. Das Thema geht jeden etwas an! Bevor wir uns allerdings die Frage stellen, was es Präventionsmaßnahmen zu Mobbing gibt und wie mit Mobbing und Gewalt in der Schule umgegangen werden sollte, muss vorerst geklärt werden, was der Gegenstand der Schulpädagogik ist und welche Funktion und Aufgabe die pädagogische Institution Schule erfüllt.
7.1 Der Gegenstand der Schulpädagogik
„Die Schulpädagogik ist die Theorie und Praxis der Entwicklung und Reflexion wissenschaftlicher Konzepte zur Gestaltung von Schulleben und Unterricht.“ (MEYER 1997, S. 209).
Die Schulpädagogik versteht sich folglich als Entwicklungs- wissenschaft, die auf das Ziel hinarbeitet, die schulische Realität wahrzu-nehmen und auf Grundlage dieser Erkenntnisse Konzepte zu entwickeln, die eine Verbesserung der bestehenden Verhältnisse bewirken.
7.2 Die Schule als pädagogische Institution
Unter Institutionen werden gesellschaftliche Einrichtungen verstanden, die helfen sollen, grundlegende Probleme der Gesellschaft im Rahmen kulturell gültiger Werte, Normen und Regeln zu lösen. Im Zentrum stehen Aspekte der Erziehung oder der Bildung, des Lernens oder der Hilfe. So haben pädagogische Institutionen die Aufgabe der Persönlichkeitsänderung und des
pädagogischen Bezugs (vgl. MELZER/ SANDFUCHS, S.13/14).
In der Schule liegt ein pädagogischer Bezug dann vor, wenn die LehrerInnen lernen wollen und die SchülerInnen sich bewusst darauf einlassen. Im Folgenden formuliert MEYER zur Kennzeichnung der spezifisch pädagogischen Interaktionsformen den einheimischen Begriff des pädagog-ischen Bezugs:
„Der pädagogische Bezug beschreibt ein Verhältnis von Lehrenden und Lernenden, das in gegenseitiger Achtung und im Lehrenwollen und Lernenkönnen begründet ist.“ (Meyer 1997, S.37)
In dieser Definition muss die Betonung auf „gegenseitig“ liegen. Ein pädagogischer Bezug würde nur dann und dadurch zustande kommen, wenn sich beide Seiten als Personen wahrnehmen, achten und anerkennen. Zu einer grundlegenden Gestaltung des pädagogischen Bezugs ist Menschlichkeit im Umgang und kommunikative Kompetenz Vorraussetzung (vgl. Meyer 1997, S.37). Das bedeutet, dass die Fähigkeit, sich zuzuhören und auszutauschen mehr als wünschenswerte Zugaben sind.
Wichtig ist vor allem, dass die Schule ihrer Aufgabe bewusst sein muss, jedes ihr zugewiesenes und anvertrautes Individuum optimal zu fördern. Neben Förderung hat die Schule ebenso Integrations- und Legitimationsfunktion. Integration meint, dass die Schüler in das jeweilige kulturelle und gesellschaftliche System eingeführt werden. Damit sie es als sinnvoll erkennen können, muss das System ihnen gegenüber legitimiert werden. Die Schüler lernen in diesem Sinne z.B. religiöse Vorstellungen kennen, das eigene Vaterland lieben, indem über dem Sozialismus und seinen Errungenschaften gelehrt wird, ebenso die Wertschätzung von Menschenrecht-en, Bürgerrechten und Demokratie. All dies geschieht durch Erziehung, durch den Versuch der Vermittlung von Normen und Werten (vgl. MELZER/ SANDFUCHS, S.17).
Und in diesem Fall sind gute Lehrerinnen und Lehrer grundlegend für eine schulpädagogische Handlungskompetenz. Dies bedeutet die Fähigkeit, „[...] die Schule in immer wieder neuen, nie genau vorhersehbaren pädagogischen Situationen taktvoll, zielorientiert und unter Beachtung der institutionellen Rahmenbedingungen zu gestalten und weiterzuentwickeln.“ (Meyer 1997, S.157)
Rahmenbedingungen zu gestalten und weiterzuentwickeln.“ (Meyer 1997, S.157) Als Lehrperson hat man immerzu die Aufgabe Handlungskompetenz zu zeigen. Die Autoren Wolfgang MELZER, Manuela MÜHL und Christoph ACKERMANN haben die Lehrerprofessionalität unter den Aspekt der Schulkultur bzw. der institutionellen Rahmenbedingungen etwas genauer unter die Lupe genommen. In einer Umfrage wurden 300 SchülerInnen einer sächsischen Realschule zu dem Thema der Lehrerprofessionalität befragt. Teilergebnisse der Schülerumfrage sind im folgenden Punkt in tabellarischer Form abgebildet.
7.2.1 Lehrerprofessionalität
Zur Lehrerprofessionalität gehören:
- Didaktische Kompetenz
- Gerechtigkeit
- Förderkompetenz
- Soziale Kompetenz im Umgang mit den Schülern
Didaktische Kompetenz erweist ein Lehrer in seiner Rolle, wenn sein Unterricht nach einem geordneten System vorgeht und dieser anschaulich gestaltet ist. Wichtig ist vor allem, dass die Erklärungskompetenz nicht zu kurz kommen darf und das Lehrtempo möglichst auf das Lerntempo der Schüler angeglichen ist. Hinzu kommt die Fähigkeit den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten, um der Langeweile vorzubeugen. Eine weitere Kompetenz wäre die Gerechtigkeit des Lehrerhandelns, die sich auf die allgemeine Beurteilung des Schülerverhaltens, sowie auf die Leistungsbeurteilung beziehen sollte.
Wirft man einen Blick in die Tabelle, kann man erkennen, dass 37% der befragten SchülerInnen der Meinung sind, sie würden bezüglich der Schul-leistung angemessen beurteilt werden, 16% gaben ein negatives Votum ab, sind doch 47% der Befragten eher unentschlossen. Als nächstes folgt die Förderkompe-tenz, die ein wichtiger Faktor im Bereich des pädagogisch-didaktischen Lehrerhandelns im Unterricht ist. Alle SchülerInnen unterschied-
Abb. 3:
Faktoren zur Beurteilung von Aspekten der Lehrerprofessionalität durch die Schüler[15]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
schiedlichstem Mittelpunkt des Faktors steht die besondere Förderung lernschwächerer SchülerInnen. Von den Schülern wird der Bereich der binnendifferenzierten Förderung verhältnismäßig positiv gewertet. Etwa die Hälfte der Schüler bestätigt beispielsweise eine besondere Förderung bei Lernproblemen und ein prinzipielles Interesse am Lernerfolg einzelner Schüler. Dieser Gruppe steht allerdings eine beinahe ebenso große Zahl von Schülern gegenüber, die sich unentschlossen bei der Bewertung des Lehrerengagements zeigen.
Mit fünf Subkategorien wurde der Umgangsstil der Lehrer gegenüber den Schüler, damit auch die soziale Kompetenz im Umgang mit den Schülern erfasst. Mit dem diskursorientierten Lehrerhandeln sollte die Offenheit der Lehrkräfte gegenüber den Vorschlägen und Meinungen der SchülerInnen einerseits beurteilt und andererseits ihre Fähigkeit, eigene Fehler einzugestehen, geprüft werden. Die Bereitschaft der LehrerInnen, sich auf Diskussionen und Vorschläge der SchülerInnen einlassen, ist nach Angaben der Befragten relativ weit verbreitet. Fast 50% der SchülerInnen bestätigen das Lehrerinteresse an den Meinungen der SchülerInnen.
Der nächste Faktor spricht den Gesichtspunkt der Schülerorientierung an. Aspekte des Vertrauens von Schülern gegenüber Lehrer, Anerkennung der SchülerInnen mit ihren besonderen Problemen durch Lehrer und des privaten Interesses der Lehrer für die Schüler umfasst den Charakter dieser Beziehung.
Der Faktor pejoratives Lehrerhandeln umfasst das „Vorführen“ einzelner Schüler vor der gesamten Klasse, das Schlechtmachen von Schülern bei Fehlern und die Abstrafung bei Disziplinproblemen mittels Noten. Besonders häufig tritt das Blamieren von Schülern auf.
Erschreckenderweise ist die Quote der Schülerauskünfte bei allen drei Antwortmöglichkeiten ungefähr gleich hoch. Somit zeigt sich ein relatives hohes Potential an bedenklichen Umgangsformen der Lehrer mit Schüler, das auf das Ausnutzen der intellektuellen Überlegenheit und Statusvorteile der Lehrer beruht. „Das pejorative Lehrerhandeln kann somit auch als eine subtil-aggressive Verhaltensweise von Lehrern gewertet werden.“ (Forschungs-gruppe Schulevalution 1998, S.202) Eine so hohe Verbreitung haben verbale und körperliche Übergriffe der Lehrer gegenüber Schüler nicht. Unter aggressives Lehrerhandeln verstehen wir unter anderem Anschreien durch Lehrer, Handgreiflichkeiten oder im schlimmsten Fall Mobbing, das immerhin von einem Drittel der Schüler bestätigt wurde, was klar auf eine Störung der Lehrer-Schüler-Kommunikation verweist.
Die letzte Erscheinungsform der Umgangsstile ist das Etikettierende Lehrerhandeln. Damit werden solche Verhaltensweisen von Lehrern bezeichnet, dir durch vorurteilsgeleitete Stigmatisierung von Schülern bestimmt ist. Jedoch werden etikettierende Lehrerverhalten relativ selten wahrgenommen. Zwar meinen ca. 17% der Schülerbefragten, von den Lehrern ständig beobachtet zu werden, scheinen doch im Vergleich die offenen, subtiler und manifestierende Aggressionen (Ausnahme: Handgreiflichkeiten) von Schülern seltener bemerkt (vgl. Forschungsgruppe Schulevalution 1998, S.198 ff.).
Insgesamt zeigt sich ein eher kritisches Bild der Qualität des didaktisch-methodischen, sowie erzieherisch-pädagogischen professionellen Lehrerhandelns an sächsischen Schulen. Folgt man dem Urteil der Schüler, so werden konkrete Fördermaßnahmen einzelner Schüler durch die Lehrer noch positiv gewertet. Einen eher problematischen Bereich stellt dagegen das nicht zu unterschätzende Potenzial abwertender Verhaltensformen der Lehrer gegenüber den Schülern dar. Wie viele Schüler jedoch von Mobbing betroffen sind.
Obwohl hier vom tatsächlichen Mobbing noch gar nicht die Rede ist, scheint es mit Anschreien und Handgreiflichkeiten nicht getan zu sein. Werden keine klaren Diskussionen in der Klasse geführt und ist man nicht bereit als Lehrkraft eine gesunde Beziehung zu den Schülern herstellen zu können, sollte jeglicher destruktiver Umgangston und –form vermieden werden.
Wie wir sehen, kann aus kleinen alltäglichen Problemen wie Erwachsene genauso auch Kinder, feindselig gegen eine einzelne Person handeln. Der Leidensdruck, der durch Mobbing erzeugt wird, übersteigt für viele das Maß, was sie ertragen können. Nach WÖBKEN-EKERT sollen rund 15 Prozent der deutschen Schüler unter psychischen Auffälligkeiten leiden (vgl. WÖBKEN-EKERT 1998, S.84). Einige scheinen sich aufgegeben zu haben, sie verweigern sich auf Dauer. Die Macht, die sie auf das Leben der Einzelnen ausübt, steigt zumindest subjektiv. Schule gehört also auch zum Ursachengeflecht des Gewaltphänomens Mobbing dazu. Die Pädagogen und Jugendforscher Wilhelm HEITMEYER und Matthias ULBRICH-HERR-MANN haben sich mit dieser Thematik beschäftigt. Ihr Ansatz dabei wäre, die Gewaltforschung an den Schulen zu erweitern, und zwar derart, dass nicht nur danach gefragt wird, wie Gewaltphänomene an den Schulen aussehen, sondern wie sich die gesellschaftliche Gewalt insgesamt äußert, welche Faktoren sie bedingt und welchen Anteil daran die Schulen tragen. Sie gingen davon aus, dass die Schule durch ihre gesellschaftliche Selektionsfunktion individuelle Belastungen erzeugen würde. In erster Linie habe die Schule zwar die gesellschaftliche Funktion der Qualifikation, gleichzeitig würde sie aber auch die Entstehung individueller Ohnmachtsgefühle im Hinblick auf spätere Ausbildungen und Berufe verursachen. Diese Gefühle und Belastung könne auch die Einstellung zur Gewalt verändern, betonen die beiden Jugendforscher. Bei Schülern, die erhöhten leistungsbezogenen Belastungen, z.B. dem Sitzen bleiben oder der Unzufriedenheit mit den eigenen Leistungen ausgesetzt sehen, gibt es zumindest einen Zusammenhang zwischen diesen Belastungen und einem gewaltförmigen Verhalten, wenn ihnen der schulische Erfolg wichtig ist. Sehen sie ihn als wichtiges Mittel an, um sozial aufzusteigen oder später im entsprechenden Maße am Konsum teilnehmen zu können, sind Zusammenhänge zwischen den Schulbelastungen und aggressiven Verhalten eindeutig zu erkennen. Deren vorliegenden Ergebnisse und ihre Überlegungen dazu deuten darauf hin, dass die Schule schon aus ihrer Machtfunktion heraus gewaltfördernd wirken kann. Wenn schulische Belastungen deshalb zu Verunsicherungen und zur Entstehung von Gewalt beitragen können, weil gute Schulleistung ein besseres Leben verspricht, müsste sich theoretisch in den nächsten Jahren besonders bei den Gymnasiasten die Situation verschlechtern. Der Erfolgsdruck ist schon jetzt besonders hoch. Das Gewaltpotential könnte sich allerdings zusätzlich erhöhen, wenn sich das Wissen verfestigt hat, dass selbst mit durchschnittlich guten Leistungen nicht unbedingt das angestrebte Leben erreicht werden kann (vgl. WÖBKEN-EKERT 1998, S.85 ff.).
Die Schule kann nicht nur in ihrer zukunftsbezogenen Funktion gewaltfördernd wirken. Auch die Gestaltung des Unterrichts hat Einfluss auf das Gewaltverhalten von Schülern. Oft erkennen die SchülerInnen den Sinn des Lernens überhaupt nicht. Sie sind meist der Annahme, der Lernstoff hat mit ihren Leben nichts zu tun. Aber sie merken, schlechte Noten können zum Ausschluss der Gemeinschaft führen. Sie erfahren, dass Lernen immer nur im Zusammenhang mit Leistungsbewertung steht. WÖBKEN-EKERT behauptet, Schüler verhalten sich in der Regel weniger aggressiv, wenn das Schulleben abwechslungsreich und spannend gestaltet ist, wenn die SchülerInnen merken, der Lehrer geht auf die Schüler mit Empathie ein und sie sich gut untereinander verstehen. Klar spielen auch die Lerninhalte eine Rolle. Werden diese interessant vermittelt und orientieren sich an den Erfahrungen, den zukünftigen Lebensanforderungen und den Interessen der Schüler, dann würde die Rate der Gewalthandlungen an Schulen sinken. Wenn der Leistungsdruck allerdings zu stark wird, sei es durch zu viele Leistungskontrollen, zuviel Hausaufgaben oder Anforderungen, die nicht erfüllt werden können (vgl. WÖBKEN-EKERT 1998, S.84 ff.).
7.2.2 Handlungskompetenz
Folgende Tätigkeitsfelder gehören zu den Aufgaben eines handlungs-kompetenten Unterrichts. Dabei lehne ich mich an den „Strukturplan für das Bildungswesen“ (vgl. Meyer 1997, S.158/159):
1. Unterrichten:
LehrerInnen haben die Aufgabe, Lehr- und Lernsituationen zu gestalten, in denen die ihnen anvertrauten Kinder etwas lernen, was sie ohne diese Anleitung überhaupt nicht, nur unvollständig oder in unangemessener Weise lernen würden. Die Lehrperson soll den Schülern Hilfe zur Selbsthilfe geben, damit das neu erworbene Wissen eigenständig in verschiedenen Lebens-situationen transferiert werden kann.
2. Erziehen
Unterricht ohne Erziehung gibt es nicht. Die Schule hat ebenso wie der Kindergarten die Aufgabe, in die Erziehung absichtlich mit einzuwirken, zum Zwecke der Persönlichkeitsbildung (vgl. Meyer 1997, S.27). LehrerInnen sind dabei das wichtigste Werkzeug. Sie müssen loben und tadeln, Streit schlichten, trösten und schimpfen, Vorbild sein und Nachsicht üben.
3. Beurteilen
Die Lehrperson muss tagtäglich beurteilen und kontrollieren. Erfolg und Misserfolg der SchülerInnen lassen sich nur selten objektiv bestimmen, hier ist Gerechtigkeit oberstes Gebot.
4. Beraten
Die Lehrperson hat nicht nur die Aufgabe den Schüler in seinen individuellen Lernprozessen zu beraten, sondern sie soll sich auch an der Bildungs-, Erzieh-ungs-, Schullaufbahn- und Berufsberatung beteiligen. Die Lehrperson sollte sich vorhandene Serviceeinrichtungen (z.B. schulpsychologische Beratung) gezielt nutzen können.
5. Ordnen und Organisieren
Um Ordnung in eine Schule oder in ein Schulsystem hinein zu bekommen, muss die Schule einen geordneten Rahmen für das Aufwachsen der Schüler bereithalten. Schüler können nur den Ordnungserwartungen entsprechen, wenn die Schule nach klaren geordneten Regeln arbeitet. Ordnung ist nur das halbe (Schul-)Leben, Organisation ist alles!
6. Reparieren
Jede Lehrperson ist nicht nur verpflichtet seinen Lehrplan nachzugehen, auch das Ausgleichen von Sozialisationsdefizite, Reparieren von sozialen Beziehungen und Wiederherstellen von Selbstvertrauen der SchülerInnen gehören ebenso zu den Kompetenzen, die eine Lehrperson mitbringen muss. Eine Schule, die diese Aufgabe ernst nimmt und Problemen nicht aus dem Weg geht, kümmert sich um die Schüler: Sie kümmern sich um das geregelte Frühstück und um den Kakao, sie klären, ob der abgehauene Vater Taschen-geld für die Klassenfahrt zahlen muss oder nicht, sie kooperieren mit dem Jugendamt und gehen dem Verdacht auf sexuellen Missbrauch nach.
7.3 Präventions- und Interventionsmaßnahmen
In Skandinavien, Großbritannien, Kanada, Neuseeland, in den USA, Niederlanden und Irland hat man schon seit Jahren herausgefunden, dass gute Lernergebnisse nur erzielt werden können, wenn ein gutes, soziales Klima ohne Gewalt hergestellt wird. Seit der PISA-Studie ist Finnland Vorbild für ein modernes und erfolgreiches Schulsystem. Dort wird jedes Kind nach seinen besonderen Bedürfnissen gefördert, um seine Begabungen voll entfalten zu können. Die Förderung gilt sowohl dem Lernen wie dem Verhalten. Deutschland geht damit dagegen anders um. Anstatt dass man Schüler nach ihren Kräften fördert und sie mit Anteilnahme auf ihren Weg begleitet, werden junge Menschen schon früh nach ihren Leistungen festgelegt (vgl. KASPER 2003, S.8/9).
Nun sind Konflikte zwischen Kindern Teil des sozialen Lernens und insofern eine natürliche Angelegenheit. Jedoch müssen ihnen darin Grenzen gesetzt werden, damit sie sich nicht verselbstständigen und in der andauernden Unterdrückung, Diskriminierung, ja Stigmatisierung Einzelner münden. Wie erwähnt, entsteht Mobbing erst, wenn einzelne Konflikte zur Dauer-erscheinung werden. Solches ist aber nur möglich, wenn nicht Regeln und Gesetze das Verhalten in Schranken weisen und kein aktives Eingreifen zum Beispiel durch Lehrer, Mitschüler oder Eltern erfolgt. Die besten Regeln helfen nichts, wenn ihre Einhaltung nicht durchgesetzt wird. Der konstruktive Umgang mit Meinungsverschiedenheiten will gelernt sein, sollen nicht durch das Austoben der Konflikte in freier Wildbahn Verhaltensmuster entstehen. Welche die Rollen von Tätern und Opfer für lange Zeit oder sogar lebenslang fixieren. Hier hat die Schule als Institution eine entscheidende Aufgabe. Mobbing geschieht dort, wo es geschehen darf, weil es an Grenzziehung, an regulierendem Eingreifen und emotionaler Unterstützung fehlt. Wo dagegen ein gutes soziales Klima herrscht, können keine Exzesse entstehen, wie sie schwere Mobbingverläufe darstellen. In den USA, in Skandinavien und England wurde übereinstimmend beobachtet, dass Mobber immer wieder zu pflegen mobben und Gemobbte oft über eine lange Zeit hinweg gemobbt werden. OLWEUS spricht in diesem Fall von einem stabilen Mobbingverhalten. Außerdem scheinen sich feste Mobbingbeziehungen einzuspielen, dass immer wieder die gleichen Mobber die gleichen Schüler schikanieren. Dieses Verhalten hat LEYMANN auch bei Mobbing im beruflichen Umfeld beobachten können. Jedoch kann man dies nicht als Ursache für Mobbing erklären, sondern viel mehr als eine Bestätigung der stillschweigenden Duldung von Mobbing in einem Umfeld verstehen, dass Mobbing auch bei Erwachsenen sich in ein Teufelskreis hineinentwickelt, der von alleine nicht endet und die Beteiligten alleine nicht selbst herausfinden. Bei einer Wiederholungsuntersuchung hat OLWEUS mit den gleichen Schülern drei Jahre nach der ersten herausgefunden, dass in einem hohen Maße dieselben Schülerinnen und Schüler wie zuvor mobbten (81%) und dass auch die gleichen Kinder gemobbt wurden, die bei der ersten Untersuchung (69%) schon gemobbt wurden. Auch LEYMANNS Untersuchung am Arbeitsplatz zeigt das gleiche Muster (vgl. KASPER 2004, S.21/22). Man könnte annehmen, Mobbing entstehe besonders in übergroßen Klassen, in besonders großen Schulen, eher in Städten als auf dem Land. Nach OLWEUS Erhebungen wurde dies in den Siebziger Jahren als unzutreffend erwiesen. Ebenso falsch erwiesen sich die Annahmen, dass besonderer Leistungsdruck in der Schule oder schlechte Noten zu Abreaktionen in Form von Schikanen gegen andere Mitschüler führen sollten. Der Zusammenhang zwischen dem sozialen Klima in einer Klasse und der Form, in der Leistung erbracht werden müssen, müsse näher untersucht werden. LEYMANN stellte 1998 fest, dass in dieser Forschung das so oft festgestellte Desinteresse der Lehrer und Schulleitungen selbst nicht zu Mobbing führen würde. Aber wenn keine Gegenmaßnahmen vorgenommen werden würde, hätte Mobbing eine größere Möglichkeit sich auszubreiten. Besonders die Kinder, die während sehr langer Zeit gemobbt werden, bedürfen der Hilfe Erwachsener (vgl. KASPER 2004, S.20/21).
Hier einige Berichte aus dem Schulalltag:
»Hier kümmert sich niemand drum, wenn sich zwei auf dem Pausenhof prügeln. Manche Lehrer haben doch selber Angst, sich einzumischen, damit sie nicht auch noch was abkriegen. « Stefan, 13 Jahre, Realschule[16]
»Ich bemühe mich jeden Schüler als Individuum mit seiner besonderen Situation und seinen speziellen Problemen zu sehen. Allerdings ist das bei fast 30 in der Klasse oft ziemlich anstrengend. Was mir aber an der Hauptschule gut gefällt, ist, dass wir als Klassenlehrer drei Jahre lang dieselbe Klasse haben. So lernen wir unsere Schüler sehr genau kennen, ich kennen ziemlich bald die Familien, die ganze Geschichte jedes Einzelnen. Und natürlich auch, wie die Klasse als Gruppe funktioniert. Wenn da Fälle von Mobbing auftauchen, mische ich mich ein und mache das der Klasse zum Thema. « Angelika Thuri-Niemann, Hauptschullehrerin[17]
»Bei manchen Lehrern ist echt das Chaos los. Wenn es einer nicht schafft, Ruhe in die Klasse zu bringen, damit man überhaupt versteht, was er redet, hat er keine Chance mehr. Wir hatten mal eine Lehrerin, die ist heulend aus der Klasse gerannt und hat die Tür zugeknallt. Vor der hatte natürlich keiner mehr Respekt. In ihren Stunden haben wir bloß noch Karten gespielt und Blödsinn gemacht. Sie war dann auch ziemlich krank und nicht da. Die meisten von uns haben gar nichts dagegen, wenn ein Lehrer ein bisschen streng ist, solange er’s nicht übertreibt mit Noten oder mit Strafen. « Dennis, 14, Hauptschule[18]
[...]
[1] Übereinkommen über die Rechte des Kindes. UN-Kinderkonvention. Übereinkommen vom 20.11.1989. Für die Bundesrepublik Deutschland am 05.04.1992 in Kraft getreten.
[2] Übernommen von Esser; Wolmerath 1998, S.23.
[3] Übernommen von Leymann 1993, S.33
[4] Beispiele gehen aus Gesprächen mit Osnabrücker Schulkindern unterschiedlicher Schulen hervor.
[5] Vgl. Jörg SOMMER/ Gerit KOPIETZ: Trouble mit den Kids? Rohwolt Taschenbuch Verlag. Hamburg 2000. S.59
[6] Entnommen aus: SCHNEIDER, Sylvia: Gewalt. Nicht an unserer Schule! Neue Strategien zur Konfliktvermeidung und Konfliktlösung. 1. Auflage. Arena Verlag. Würzburg 2001. S.23
[7] Nacherzählt aus: GOLLNICK, Rüdiger: Mobbing in der Schule. Schneider Verlag. Baltmannsweiler 2001. S.219/220
[8] Figuren der Wahrnehmungspsychologie: siehe Anhang
[9] Übernommen von: SCHALLENBERG, Frank: »...und raus bist du!« Mobbing unter Schülern. Midena-Verlag. München 2000. S.23
[10] Übernommen von: KASPER, Horst: Prügel, Mobbing, Pöbeleien. Cornelsen Verlag. Berlin 2003. S.65
[11] Übernommen und leicht geändert von: KINDLER, Wolfgang: Gegen Mobbing und Gewalt! Kallmeyersche Verlag. Seelze-Veber 2002. S.28
[12] Übernommen und leicht geändert von: KINDLER, Wolfgang: Gegen Mobbing und Gewalt! Kallmeyersche Verlag. Seelze-Veber 2002. S.28
[13] Übernommen und nacherzählt von: SINGER, Kurt: Die Würde des Schülers ist antastbar. Rowohlt Taschenbuch Verlag. Hamburg 1998. S.26/27
[14] Übernommen von: GANGSRIGLER, Eva: Gewalt an der Schule. In: Pädagogische Impulse. Heft 01. Wien 2005. S.13
[15] Übernommen von: Forschungsgruppe Schulevalution: Gewalt als soziales Problem in Schulen. Die Dresdner Studie: Untersuchungsergebnisse und Präventionsstrategien. Opladen 1998. S.200
[16] Übernommen und etwas geändert von: MAINBERGER, Bettina: Jede Menge Zoff. Deutscher Taschenbuch Verlag. München 2000. S.80
[17] Ebnd.
[18] Übernommen von: MAINBERGER 2000, S.85
- Citation du texte
- Thuy Ni Co (Auteur), 2005, Mobbing im Klassenzimmer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83981
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