Größte Probleme bereitet es mitunter in der Bewegungswissenschaft eine Unterscheidung zwischen Außen- und Innensicht herzustellen und vor allen Dingen einen Transfer möglich zu machen, der den Transformationsprozess von der einen in die andere Perspektive möglichst effizient gestaltet. Seit der Entdeckung dieses notwendigen Perspektivenwechsels sind zahlreiche Ansätze entwickelt worden, die versuchen dieses Problem zu lösen. Im Kern befassen sich alle Ansätze mit der Fragestellung „Was geht eigentlich im Kopf/Innern des Lerners/Sportlers vor, wenn von außen Eindrücke/Anweisungen auf ihn einwirken?“.
Ein Ansatz der ebenfalls versucht (hat) dieses Phänomen zu durchleuchten ist der des Lauten Denkens. Die Thematik des Lauten Denkens wird heutzutage in der Bewegungswissenschaft und verwandten wissenschaftlichen Disziplinen nicht mehr ernsthaft behandelt und weiterverfolgt.
Anwendung findet es heute vor allem noch in der kognitiven Psychologie und in der Linguistik, wo Protokolle, die auf dieser Datenerhebungsmethode basieren, regelmäßig für die jeweiligen Forschungsmethoden eingesetzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung:
Begriffsklärung:
Hintergründe der NLD-Methode
Basis: der kognitive Ansatz
Verbesserung von Handlungen durch (nachträgliches) lautes Denken
NLD als Selbsterfahrungsmethode – ein Selbstversuch
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung:
Größte Probleme bereitet es mitunter in der Bewegungswissenschaft eine Unterscheidung zwischen Außen- und Innensicht herzustellen und vor allen Dingen einen Transfer möglich zu machen, der den Transformationsprozess von der einen in die andere Perspektive möglichst effizient gestaltet. Seit der Entdeckung dieses notwendigen Perspektivenwechsels sind zahlreiche Ansätze entwickelt worden, die versuchen dieses Problem zu lösen. Im Kern befassen sich alle Ansätze mit der Fragestellung „Was geht eigentlich im Kopf/Innern des Lerners/Sportlers vor, wenn von außen Eindrücke/Anweisungen auf ihn einwirken?“.
Ein Ansatz der ebenfalls versucht (hat) dieses Phänomen zu durchleuchten ist der des Lauten Denkens.
Die Thematik des Lauten Denkens wird heutzutage in der Bewegungswissenschaft und verwandten wissenschaftlichen Disziplinen nicht mehr ernsthaft behandelt und weiterverfolgt.
Anwendung findet es heute vor allem noch in der kognitiven Psychologie und in der Linguistik, wo Protokolle, die auf dieser Datenerhebungsmethode basieren, regelmäßig für die jeweiligen Forschungsmethoden eingesetzt werden.
Nichtsdestotrotz ist es durchaus interessant sich noch einmal näher mit den Erkenntnissen zu befassen, die diese Methode besonders in den 1980er Jahren für das Feld des (Bewegungs-) Lernens geliefert hat.
Zunächst jedoch möchte ich gerne auf einen viel früheren Einfluss hinweisen, der mir mit dieser Thematik sehr eng verbunden scheint.
Bereits um das Jahr 1805 schrieb Heinrich von Kleist eine Abhandlung mit dem Titel „Über die allmähliche Vollfertigung der Gedanken beim Reden“.
Zugegebenermaßen ist der direkte Bezug zum Feld der motorischen Bewegungen hier nicht sofort erkennbar. Dennoch enthält Kleists Essay Ansätze, die sich ohne Schwierigkeiten auch in den Theorien der 1980er wieder finden lassen.
Als Beispiel sei hier auf folgende Textstellen hingewiesen:
Aber weil ich doch irgendeine dunkle Vorstellung habe, die mit dem, was ich suche, von fern her in einiger Verbindung steht, so prägt, wenn ich nur dreist damit den Anfang mache, das Gemüt, während die Rede fortschreitet, in der Notwendigkeit, dem Anfang nun auch ein Ende zu finden, jene verworrene Vorstellung zur völligen Deutlichkeit aus, dergestalt, daß die Erkenntnis zu meinem Erstaunen mit der Periode fertig ist.
Wie notwendig eine gewisse Erregung des Gemüts ist, auch selbst nur, um Vorstellungen, die wir schon gehabt haben, wieder zu erzeugen,…
Ein solches Reden ist wahrhaft lautes Denken.
H. v. Kleist (1805)
In der vorliegenden Hausarbeit werde ich versuchen darzulegen, inwieweit sich Kleists frühe Gedanken in der Theorie des Lauten Denkens von Claparedes widerspiegeln, sowie in der Arbeit Wagners, die sich mit der Methode des nachträglichen Lauten Denkens für das Erstellen von Unterrichtspsychogrammen beschäftigt hat.
Ebenfalls Erwähnung finden die Arbeiten von Ericsson und Simon, die sich in den 1970 und 80er Jahren ebenfalls intensiv mit der Verwendbarkeit von Daten aus verbalisierten Gedanken beschäftigt haben und deren Auffassungen und Grundgedanken in vielerlei Hinsicht mit denen Wagners kongruieren.
Um die Anwendbarkeit der Methoden auf den (sport-) Bewegungsbereich zu prüfen, werde ich meinen eigenen Erfahrungsprozess bezüglich der NLD-Methode anhand des Turnens am Reck beschreiben, zu dessen Verdeutlichung ich dieser Hausarbeit entsprechendes Videomaterial beigefügt habe.
Begriffsklärung:
Dorschs Psychologisches Wörterbuch definiert den Begriff Lautes Denken wie folgt:
„von Claparede, Duncker u.a. verwendetes Verfahren zur Analyse von Problemlöseprozessen. Im Gegensatz zur Selbstbeobachtung sollen die Probanden alle, auch ganz flüchtige Einfälle verlautbaren. das Denken selbst wird dagegen nicht reflektiert. Lautes Denken soll den ablaufenden Prozess des Problemlösens oder Entscheidens nicht verändern. (Dorsch 2004, S.537).
Es handelt sich also um einen Prozess, der im Idealfall exakt zeitgleich mit der Ausführung einer Handlung stattfindet (concurrent verbal report (vgl. Ericsson & Simon 1984, S.16)), wobei kein Wert auf wichtig-unwichtig, wahr-falsch, sinnvoll – sinnlos gelegt wird sondern lediglich die Verbalisierung von Gedanken überhaupt im Vordergrund steht.
Hiervon zu unterscheiden ist die Methode des nachträglichen Lauten Denkens, die Angelika C. Wagner in ihrer Erstellung von Unterrichtspsychogrammen verwendet hat (retrospective report (vgl. Ericsson & Simon 1984, S.16)).
Sie ist analog zum Lauten Denken konzipiert worden. Im speziellen Fall Wagners stellte sich das Problem, dass die Probanden Schulklassen waren, was den Akt des Sprechens während der Untersuchungssituation aus offensichtlichen Gründen unmöglich machte. Daher wurde auf das Vorspielen von Videosequenzen zurückgegriffen, die die Probanden in die bereits vergangene Situation zurückversetzen sollten. Die Probanden waren dann aufgefordert ihre Gedanken, die sie in der entsprechenden Situation hatten, auf irgend mögliche Weise zu verbalisieren.
Das theoretische Konstrukt, das hinter dieser Vorgehensweise steckte, werde ich im folgenden Punkt näher erläutern.
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- Arbeit zitieren
- Ingo Westermann (Autor:in), 2007, Über die Bedeutung des (nachträglichen) lauten Denkens für die Verbesserung von Bewegungsausführungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83750
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