Beim ‚Millennium-Gipfel’ in New York zogen die Vereinten Nationen eine verheerende Bilanz über ihre seit 1949 bestehende Entwicklungspolitik: Im Jahr 2000 lebten (immer noch) über eine Milliarden Menschen in extremer Armut, sprich jeder fünfte Erdenbewohner hatte weniger als einen Dollar pro Tag für sein Leben zur Verfügung. Die Vereinten Nationen beschlossen daraufhin in ihren ‚Millennium-Entwicklungszielen’ unter anderem bis 2015 den Anteil der Menschen zu halbieren, welche unter absoluter Armut leiden. Ob diese Zielsetzung realisierbar ist, bleibt zunächst abzuwarten. In Hinblick auf diese Zahlen stellt sich die Frage nach dem Sinn, wenn mehr als 50 Jahre Entwicklungspolitik zu diesem mageren Resultat führten? Und, wie müsste denn erfolgreiche Entwicklungspolitik aussehen?
Im Rahmen meines Sozialpädagogikstudiums an der Berufsakademie Stuttgart machte ich während meines Fremdpraktikums in einem Straßenkinderprojekt in Kisumu, Kenia, vielfältige Erfahrungen in der Sozialen Arbeit in einem Entwicklungsland, lernte die Probleme des dortigen sozialen Hilfesystems und die Arbeit von diversen NGOs , sogenannten Nicht-Regierungs-Organisationen, kennen. Doch wie sich die Rahmenbedingungen der Entwicklungshilfe, die Finanzierung, das System und die politischen Hintergründe gestalten, blieb mir unbekannt. So soll im Rahmen dieser Arbeit ein Überblick über das entwicklungspolitische System gegeben, die Begrifflichkeiten geklärt, die politische Zielsetzung und der organisatorische Aufbau der deutschen Entwicklungspolitik erläutert, ein Einblick in die historische Entstehung der Entwicklungspolitik gegeben, auf die Ursachen von Unterentwicklung eingegangen und mögliche Entwicklungsstrategien aufgezeigt werden. Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Seminararbeit kann natürlich nicht der Anspruch erhoben werden, das Thema ‚Entwicklungspolitik’ umfassend darzustellen, aber es soll im Folgenden ein fundierter und informativer Überblick über die genannten Themen gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Themenstellung und Einführung
2. Begriffsklärung
3. Ziele der Entwicklungspolitik und ihr organisatorischer Aufbau in Deutschland
4. Historische Entwicklung: Vier Dekaden der Entwicklungspolitik
5. Ursachen von Unterentwicklung
5.1 Externe Ursachen
5.2 Interne Ursachen
6. Entwicklungsstrategien
7. Zusammenfassung und Ausblick
8. Abkürzungsverzeichnis
9. Literaturverzeichnis
1. Themenstellung und Einführung
Beim ‚Millennium-Gipfel’ in New York zogen die Vereinten Nationen eine verheerende Bilanz über ihre seit 1949 bestehende Entwicklungspolitik: Im Jahr 2000 lebten (immer noch) über eine Milliarden Menschen in extremer Armut, sprich jeder fünfte Erdenbewohner hatte weniger als einen Dollar pro Tag für sein Leben zur Verfügung.[1] Die Vereinten Nationen beschlossen daraufhin in ihren ‚Millennium-Entwicklungszielen’ unter anderem bis 2015 den Anteil der Menschen zu halbieren, welche unter absoluter Armut leiden.[2] Ob diese Zielsetzung realisierbar ist, bleibt zunächst abzuwarten. In Hinblick auf diese Zahlen stellt sich die Frage nach dem Sinn, wenn mehr als 50 Jahre Entwicklungspolitik zu diesem mageren Resultat führten? Und, wie müsste denn erfolgreiche Entwicklungspolitik aussehen?
Im Rahmen meines Sozialpädagogikstudiums an der Berufsakademie Stuttgart machte ich während meines Fremdpraktikums in einem Straßenkinderprojekt in Kisumu, Kenia, vielfältige Erfahrungen in der Sozialen Arbeit in einem Entwicklungsland, lernte die Probleme des dortigen sozialen Hilfesystems und die Arbeit von diversen NGOs[3], sogenannten Nicht-Regierungs-Organisationen, kennen. Doch wie sich die Rahmenbedingungen der Entwicklungshilfe, die Finanzierung, das System und die politischen Hintergründe gestalten, blieb mir unbekannt. So soll im Rahmen dieser Arbeit ein Überblick über das entwicklungspolitische System gegeben, die Begrifflichkeiten geklärt, die politische Zielsetzung und der organisatorische Aufbau der deutschen Entwicklungspolitik erläutert, ein Einblick in die historische Entstehung der Entwicklungspolitik gegeben, auf die Ursachen von Unterentwicklung eingegangen und mögliche Entwicklungsstrategien aufgezeigt werden. Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Seminararbeit kann natürlich nicht der Anspruch erhoben werden, das Thema ‚Entwicklungspolitik’ umfassend darzustellen, aber es soll im Folgenden ein fundierter und informativer Überblick über die genannten Themen gegeben werden.
2. Begriffsklärung
Das ‚Lexikon Dritte Welt‘ definiert Entwicklungspolitik als „die Summe aller Mittel und Maßnahmen (...), die von Entwicklungsländern und Industrieländern eingesetzt und ergriffen werden, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Entwicklungsländer zu fördern, d.h. die Lebensbedingungen der Bevölkerung in den Entwicklungsländern zu verbessern.“[4] Nach dieser Definition umfasst Entwicklungspolitik alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten von Staaten, internationalen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, mit der Zielsetzung von
- sozialer Gerechtigkeit,
- wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit,
- politischer Stabilität und
- ökologischem Gleichgewicht.
Alltagsprachlich wird der Begriff Entwicklungspolitik häufig synonym zu Entwicklungshilfe oder -zusammenarbeit verwendet, auch wenn der Aufgabenbereich der Entwicklungspolitik weit über die reine Entwicklungshilfe hinausgeht und nicht allein im Zuständigkeitsbereich des ‚Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung’ (BMZ) liegt, sondern Teil der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik der BRD ist.[5]
Die Bezeichnung Entwicklungsland, teilweise auch immer noch ‚Dritte Welt’ genannt, ist ein Sammelbegriff für Länder, die man allgemein als ‚arm’ bezeichnet und unterliegt keiner theoretischen Konzeption, obwohl er im Fachjargon der Entwicklungspolitik gängig ist. Die Armut bezieht sich auf den relativ niedrigen Stand der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung eines Landes. Die Einteilung von Entwicklungsländern wird nicht nach einheitlichen Kriterien vorgenommen: Die UNO (United Nations Organization) beispielsweise unterscheidet Less Developed Countries (LDC) von Least Developed Countries (LLDC), also weniger entwickelte Länder von am wenigsten entwickelten Ländern. Diese Einteilung erfolgt auf Grund des Bruttoinlandproduktes pro Kopf, dem Economic Vulnerability Index (Kriterien der wirtschaftlichen Stabilität) und dem Human Assets Index (soziale Merkmale, wie Bildung und Gesundheit) eines Landes.
Die Weltbank hingegen bezieht sich bei ihrer Einteilung von förderungswürdigen Entwicklungsländern allein auf das Pro-Kopf-Einkommen eines Landes.[6]
Armut beschreibt einen Mangel an materiellen, aber auch immateriellen Grundbedürfnissen. Hierbei ist der Begriff immer als eine relative Größe zu verstehen: So bezeichnet man Entwicklungsländer und deren mehrheitliche Einwohner als arm, aber auch in sogenannten ‚reichen’ Ländern, wie Deutschland, gibt es Armut[7]. Andererseits gibt es auch in einigen Entwicklungsländern, wie den ölexportierenden Ländern, Reichtum. Relative Armut bezieht sich somit auf das Verhältnis des individuellen Einkommens zum Durchschnittseinkommen eines Landes. Die WHO setzt hierbei die Armutsgrenze bei der Hälfte, die Europäische Union (EU) bei 60% des durchschnittlichen Einkommens an.[8]
Um relative von absoluter Armut zu unterscheiden hat der ehemalige Präsident der Weltbank, McNamara, Armut folgendermaßen definiert: „Armut auf absolutem Niveau ist Leben am äußersten Rande der Existenz. Die absolut Armen sind Menschen, die unter schlimmen Entbehrungen und in einem Zustand von Verwahrlosung und Entwürdigung ums Überleben kämpfen, der unsere durch intellektuelle Phantasie und privilegierte Verhältnisse geprägte Vorstellungskraft übersteigt.“[9] Der absolute Armutsbegriff ist somit an eine Existenzgrenze gebunden, unter welcher Menschen nicht mehr in Lage sind ihre elementaren Grundbedürfnisse zu decken. Die Weltbank macht diese Grenze bei der Kaufkraft eines US-Dollars pro Tag pro Person fest (Kaufkraftparität) und definiert somit fast ein Viertel der Weltbevölkerung als absolut arm. Setzt man die Grenze bei zwei US-Dollar an gelten rund drei Milliarden Menschen und damit die Hälfte der Weltbevölkerung als notleidend.[10]
3. Ziele der Entwicklungspolitik und ihr organisatorischer Aufbau in Deutschland
Entwicklungspolitik ist wie im vorherigen Kapitel beschrieben, nicht nur Aufgabe des BMZ, sondern elementarer Bestandteil der deutschen Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik und stellt somit Interessenspolitik der BRD dar. Es geht also längst nicht nur darum aus ethisch-moralischen Vorstellungen heraus den armen Menschen und Ländern dieser Welt zu helfen, sondern um Eigeninteressen der westlichen Länder. Schon 1965 am Anfang der deutschen Entwicklungspolitik stellte der Literat Hans Magnus Enzensberger die folgenden Fragen: „Wem kommt zugute, was wir ‚Entwicklungshilfe’ nennen: ‚uns’ oder ‚denen’? Dient sie moralisch unserer Entlastung, faktisch der Erpressung, der Sicherung unserer Machtposition, der Verschleierung unserer Ausbeutung, der Subventionierung unserer eigenen Exportindustrie?“[11] Hieraus ergeben sich die folgenden entwicklungspolitischen Ziele:
- Ethisch-moralische Vorstellungen: Schaffung von Frieden und Gerechtigkeit, karitative Ziele, Befriedigung des eigenen schlechten Gewissens,
- Politische Motive: außenpolitische (Export von Wirtschafts- und Gesellschaftsmodellen, wie Konsum- und Wertemuster), sicherheitspolitische (Erstarken fundamentalistischer Bewegungen) und innenpolitische Überlegungen (wachsender Migrationdruck),
- Ökonomische Interessen: Sicherung von Rohstoffen und Erschließung neuer Absatzmärkte (günstige Einkaufskonditionen für Ressourcen, Abhängigkeit der armen Länder von gelieferten Spezialmaschinen und Produkten, Sicherung der Rohstoffversorgung, Erschließung von profitablen Investitionsstandorten).
Diese Ziele der Entwicklungspolitik dienen bis heute der Schaffung stabiler internationaler Rahmenbedingungen und somit in erster Linie den Interessen der westlichen Geberländer, auch wenn zunehmend versucht wird die Interessen der Entwicklungsländer, wie etwa in den ‚Millennium-Entwicklungszielen’[12], wahrzunehmen.[13]
Wie angedeutet ergeben sich die dargestellten unterschiedlichen Zielvorstellungen der Entwicklungspolitik nicht alleine aus der Politik des BMZ, sondern aus den vielfältigen deutschen und internationalen öffentlichen und nichtstaatlichen Akteuren der Entwicklungspolitik.
[...]
[1] Vgl. RANDERS 2007.
[2] Vgl. Kap. 4.
[3] Im Text nicht erklärte Abkürzungen werden im Abkürzungsverzeichnis erläutert.
[4] NUSCHELER 2006, S. 76.
[5] Vgl. NUSCHELER 2006, S. 76f.
[6] Vgl. LACHMANN 1994, S. 19ff.
[7] Vgl. die aktuelle Kinderarmutsdiskussion in Deutschland.
[8] Vgl. NUSCHELER 2006, S. 144.
[9] BLANCHE 2007.
[10] Vgl. NUSCHELER 2006, S. 144f.
[11] NUSCHELER 2006, S. 449.
[12] Vgl. Kap. 4.
[13] Vgl. NUSCHELER 2006, S. 432ff.
- Citar trabajo
- Thomas Szczepanek (Autor), 2007, Deutsche und internationale Entwicklungspolitik - Ein Überblick, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83736
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