Der 2. Weltkrieg spielt im kollektiven Gedächtnis, aber auch in den Medien Deutsch-lands und Großbritanniens nach wie vor eine ungebrochen große Rolle. Dabei sind es besonders die Hauptstädte beider Länder, die als Regierungssitz und Produkti-onsstandort damit auch das primäre Angriffsziel bildeten. In der militärischen Ausei-nandersetzung wurden politische, wirtschaftliche und (besonders in Deutschland) ideologische Divergenzen dem angestrebten Kriegserfolg untergeordnet. Zu einer Zeit größter nationaler Anstrengung leisteten besonders Frauen an der ‚Heimatfront’ / ‚homefront’ ihre Dienste zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Produktivi-tät. Berlin und London haben in ihrer Hauptstadtfunktion gleichermaßen exemplari-schen Charakter für ein fortschreitendes emanzipatorisches Selbstverständnis der nun nicht mehr auf einen Ehemann angewiesenen und damit liberaler denkenden und agierenden Frauen.
Die große Problematik der Fragestellung besteht in deren Überregionalität. Die Ge-schichte der Frau während des 2. Weltkrieges ist keine spezifisch auf die Hauptstäd-te bezogene Angelegenheit, sondern muss immer auch im nationalen Zusammen-hang betrachtet werden. Berliner und Londoner Frauen haben keine von Rest ihrer Nation getrennte Entwicklung durchlebt. In der britischen Literatur spielt der 1. Welt-krieg zudem als der great war eine bedeutendere Rolle. Zu dieser Zeitspanne ist auch die Literatur im englischsprachigen Raum bezüglich der Rolle von Frauen wäh-rend des Krieges sehr viel umfangreicher, während sie für die Jahre 1939-1945 eher im übergeordneten Zusammenhang erscheint. Letzteres ist zumindest auch für Deutschland zutreffend, in dem bisher keine sich speziell mit der Rolle von Berliner Frauen während des 2. Weltkriegs beschäftigende, wissenschaftliche Darstellung erschienen ist.
Die vorliegende Arbeit nimmt deshalb nicht fokussiert Stellung zu einem bestimmten Aspekt der allgemein gehaltenen Fragestellung, sondern bearbeitet viele Facetten (und auch Literatur) zur Geschichte der Frauen im Berlin und London des 2. Welt-kriegs. Die großen Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Gruppe können nicht anhand eines bestimmten Gesichtspunktes festgemacht werden, deshalb wird eher grob vorgegangen. Dabei werden also zunächst einleitend die Vereinigungen von Frauen erwähnt, um über sie einen Zugang zum Selbst- und teils auch gewünschten Fremdbild von Frauen vor und während des Krieges ableiten zu können.
Inhalt
I: Einleitung
II: Frauen-Vereinigungen
III: a) Das traditionelle Frauenbild:
III) b: Die generelle Arbeitslage in Berlin und London:
III: c) Universitäre Frauenarbeit:
IV: a) Frauen als ‚Kriegsdienstleistende’:
IV: b) Frauen im Kriegsalltag Berlins und Londons:
V: Nach dem Krieg
VI: Schluss
VII: Literaturverzeichnis
I: Einleitung
Der 2. Weltkrieg spielt im kollektiven Gedächtnis, aber auch in den Medien Deutschlands und Großbritanniens nach wie vor eine ungebrochen große Rolle. Dabei sind es besonders die Hauptstädte beider Länder, die als Regierungssitz und Produktionsstandort damit auch das primäre Angriffsziel bildeten. In der militärischen Auseinandersetzung wurden politische, wirtschaftliche und (besonders in Deutschland) ideologische Divergenzen dem angestrebten Kriegserfolg untergeordnet. Zu einer Zeit größter nationaler Anstrengung leisteten besonders Frauen an der ‚Heimatfront’ / ‚ homefront’ ihre Dienste zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Produktivität. Berlin und London haben in ihrer Hauptstadtfunktion gleichermaßen exemplarischen Charakter für ein fortschreitendes emanzipatorisches Selbstverständnis der nun nicht mehr auf einen Ehemann angewiesenen und damit liberaler denkenden und agierenden Frauen.
Die große Problematik der Fragestellung besteht in deren Überregionalität. Die Geschichte der Frau während des 2. Weltkrieges ist keine spezifisch auf die Hauptstädte bezogene Angelegenheit, sondern muss immer auch im nationalen Zusammenhang betrachtet werden. Berliner und Londoner Frauen haben keine von Rest ihrer Nation getrennte Entwicklung durchlebt. In der britischen Literatur spielt der 1. Weltkrieg zudem als der great war eine bedeutendere Rolle. Zu dieser Zeitspanne ist auch die Literatur im englischsprachigen Raum bezüglich der Rolle von Frauen während des Krieges sehr viel umfangreicher, während sie für die Jahre 1939-1945 eher im übergeordneten Zusammenhang erscheint. Letzteres ist zumindest auch für Deutschland zutreffend, in dem bisher keine sich speziell mit der Rolle von Berliner Frauen während des 2. Weltkriegs beschäftigende, wissenschaftliche Darstellung erschienen ist.
Die vorliegende Arbeit nimmt deshalb nicht fokussiert Stellung zu einem bestimmten Aspekt der allgemein gehaltenen Fragestellung, sondern bearbeitet viele Facetten (und auch Literatur) zur Geschichte der Frauen im Berlin und London des 2. Weltkriegs. Die großen Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Gruppe können nicht anhand eines bestimmten Gesichtspunktes festgemacht werden, deshalb wird eher grob vorgegangen. Dabei werden also zunächst einleitend die Vereinigungen von Frauen erwähnt, um über sie einen Zugang zum Selbst- und teils auch gewünschten Fremdbild von Frauen vor und während des Krieges ableiten zu können. Das nächste Kapitel stellt die Frage nach der Frauenarbeit in den Hauptstädten, wobei wiederum die traditionelle Vorstellung von berufstätigen Frauen betrachtet werden muss, um die in beiden Ländern revolutionäre Entwicklung nachvollziehen zu können. Anschließend wird die generelle Arbeitslage von Berliner und Londoner Frauen besprochen, um einen abschließenden Exkurs zu vereinzelter universitärer Frauenarbeit in beiden Städten zu machen. Neben dem Arbeits- ist noch das Alltagsleben zu erwähnen, das viele Frauen in kriegswichtigen Tätigkeiten, aber in Folge der Hauptstadtfunktion ihres Wohnortes auch in vor Bomben geschützten Orten verbrachten. Die literarische Verarbeitung solcher Erlebnisse soll ebenfalls betrachtet werden. Abschließend wird ein kurzer Blick auf das Leben in beiden Städten nach dem 8. Mai geworfen.
II: Frauen-Vereinigungen
Im Oktober 1931 wurden deutschlandweit fast alle bisher gegründeten Vereinigungen von Frauen kollektiv unter der Leitung von Reichsfrauenführerin Gertrud Scholtz-Klink zur NS-Frauenschaft zusammengeschlossen und genau zwei Jahre später im Oktober 1933 nahm das Deutsche Frauenwerk (DFW) den Großteil der übrig gebliebenen Institutionen auf. Die Frauenschaft war parteipolitische Alternative zur männlich dominierten NSDAP. Dieser wurde sie 1935 untergeordnet und entwickelte mit ihren nahezu zwei Millionen Mitgliedern ein elitäres Selbstverständnis als weiblicher Arm nationalsozialistischer Ideologie. Das DFW hatte hingegen sehr viel mehr Mitglieder - ob dies daran lag, dass es nicht an die NSDAP angeschlossen wurde, bleibt Spekulation. Die meisten der Mitglieder waren jedoch in regional verstreuten Verbänden organisiert, die noch aus den sozialen, kulturellen oder kirchlichen Vereinen vor dem Zusammenschluss bestanden, die Zahl der Neuzugänge blieb weit unter der der bisher eingetragenen Mitglieder.
Diese Kollektivierung hatte jedoch nicht bei allen Vereinigungen den gewünschten Erfolg. Der Verband der weiblichen Angestellten (VWA), der Deutsche Akademikerinnenbund (DAB) und der Deutsche Staatsbürgerinnen-Verband (DSV) wurden erst zwei Jahre nach dem ersten kollektiven Zusammenschluss, also 1933 aufgelöst. Von diesem Durchhaltewillen zeugen auch die Neubegründungen der drei Vereine, die relativ kurz nach Kriegsende zwischen den Jahren 1947 und 1949 erfolgten[1]. Ein anderes Beispiel wäre der Berliner Lette-Verein, der die zwölf nationalsozialistischen Jahre in Deutschland überdauerte. Er hielt an seinen institutionellen Rahmenbedingungen fest, die den Betrieb von vier Fachschulen für Gewerbe-, Kaufmanns-, Hauswirtschafts- und Techniktätigkeit vorsahen. Dass diese Schulen allerdings vornehmlich für Frauen gedacht waren, „entspricht damit nicht nur nicht dem Frauen-Ideal des Nationalsozialismus, sondern steht in klarem Gegensatz“[2].
Die Zahl von gesinnungstreuen oder erst durch das Regime ins Leben gerufenen Institutionen war jedoch sehr viel größer. Ungeliebte Vereine wurden, wie schon erwähnt, zusammengeschlossen und NS-Organen unterstellt, während Zeitschriften sehr viel einfacher auch verboten werden konnten. Im Januar 1933 wurde die in Berlin verlegte „Frauen Tribüne“ laut den Redakteurinnen Bauer und Job nicht ‚trotz’, sondern ‚wegen’ der schlechten Zeiten gegründet. Bereits im Mai desselben Jahres erschien die letzte Ausgabe des Magazins, in der bereits die nationalsozialistisch geprägten Themen (Bock nennt den Leitartikel „Sehr modern sind bräunliche Stoffe“) bereits überwogen[3].
Integrierter Bestandteil der NSDAP war zudem die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt, die sich der reichlich vorhandenen Mitgliedsbeiträge und Parteispenden bedienen konnte und deshalb über ausreichende finanzielle Mittel für die ihr zugedachten Aufgaben verfügte. Zu diesen gehörte die Unterstützung von Müttern unmittelbar nach der Geburt bis hin zur Arbeitsplatz- oder Urlaubsvermittlung. Die Mitgliederzahlen des NSV waren wohl auch deshalb so hoch, weil er ein weiblich geprägtes Pendant zur männlich dominierten Führungsspitze der Staatspartei darstellte.
Unabhängig von der NSDAP, dafür der SS unterstehend, war der 1935 in Berlin gegründete Lebensborn-Verein, der unter dem Deckmantel einer gemeinnützigen, ‚volkshygienischen’ Tätigkeit zunächst ledige, später auch verheiratete Mütter aufnahm, die ihr Kind nicht öffentlich entbinden wollten. Getarnt als Maßnahme gegen Abtreibung und für eine höhere Geburtenrate gerieten solche Heime jedoch noch zu Kriegszeiten in den Ruf, Zuchtstätten für die ‚nordische Rasse’ zu sein. In der Tat hatte Himmler diese Institution für ‚rassisch hochwertige’ Mütter und deren Väter geschaffen, um die hohe Zahl unehelicher Kinder von SS-Angehörigen geheim zu halten und diese nach nationalsozialistischen Prinzipien zu mustergültigen Staatsträgern zu erziehen.
Schon 1936 hatte solch ein Rekrutierungsprogramm nationalsozialistischer Jugendarbeit eine neue Dimension erfahren, als die Mitgliedschaft in der HJ und dem BDM gesetzlich vorgeschrieben wurde. Was als politischer Kampf für die Jungen-Organisation deklariert wurde, war die Vermittlung nationalsozialistischer Tugenden und Ideologie für die Mädchen. Baldur von Schirach wird im Juniheft 1938 des ‚Deutschen Mädels’ folgendermaßen zitiert: „Der BDM verschreibt sich nicht dem verlogenen Ideal einer geschminkten und äußerlichen Schönheit, sondern ringt um jene ehrliche Schönheit, die in der harmonischen Durchbildung des Körpers und im edlen Dreiklang von Körper, Seele und Geist beschlossen liegt.“[4] Nationalsozialistinnen sollten also, wie in der zugehörigen Überschrift formuliert, weder als ‚Gretchen’ noch als ‚Walküre’ wahrgenommen werden.
Die britische Entwicklung von Vereinigungen für Frauen verlief dahingehend sehr viel liberaler. Allerdings nur insoweit deren Gründungen betroffen waren, den Zielsetzungen standen immer noch überkommene Vorstellungen im Weg. Die 1903 von Emeline Pankhurst und ihren Töchtern gegründete „Women’s Social and Political Union“ (WSPU), deren Hauptsitz 1906 nach London verlegt wurde, hatte eine weitgehende politische Emanzipation der Frau zum Ziel[5]. Anfangs mit den Suffragetten verbunden, nahm die Union im 1. Weltkrieg Verhandlungen mit der Regierung auf, was zur Neubildung radikaler Frauenverbände wie z.B. der Women’s Party führte. Letzter großer Erfolg dieser älteren Frauenorganisationen war das Wahlrecht für Frauen ab 21 im Jahre 1928 (neun Jahre nach Deutschland).
Der 1938 von Stella Isaacs gegründete WVS (Women’s Voluntary Service) mit seiner etwa einer Million starken Anhängerschaft leistete im Zuge seiner humanitären Hilfsaktionen große Dienste bei der Evakuierung der britischen Zivilbevölkerung im September 1939. Während the Blitz 1940/1941 bildeten besonders in London weibliche WVS -Mitglieder, die meist in fortgeschrittenem Alter waren, da jüngere Frauen zur Fabrikarbeit herangezogen wurden, eine karitativer geprägte Ergänzung zu den Air Raid Precautions (ARPs) und der regulären Feuerwehr. Sie waren dabei eher für die Versorgung der aktiven Helfer und der Opfer mit Lebensmitteln und Trost verantwortlich, kümmerten sich im Übrigen aber auch um Aufgaben beim Wiederaufbau und Kriegseinsatz an der homefront. Dazu zählten die Beschaffung von Nahrung, Kleidern und Unterkünften zur Zeit des Luftkriegs über England und der U-Boot-Blockade. In Anerkennung dieser Leistungen sagt Hinton, der WVS repräsentiere „not the social incompetence of middle-class women, but their remarkable ability to rise to the challenges of the age, adapting Victorian values to mid-twentieth-century realities“[6].
Die paralysierende Wirkung des ersten halben Jahres im 2. Weltkrieg, oft als ‚ phony war’ bezeichnet, breitete sich auch auf die Frauenorganisationen aus: „Branch secretaries left to do war work; local halls were commandeered by the military, by ARP authorities, by evacuated children. Office staffs were reduced, premises cut down, publications appeared drastically diminished in size.”[7] Im Zuge der nationalen Kriegsvorbereitungen mussten individuelle Forderungen und Bewegungen zurückstehen.
Sollte man Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Berliner und Londoner Frauenvereinigungen suchen, würde man, wie schon erwähnt, zunächst auf deren überregionalen Charakter aufmerksam werden. Die großen Institutionen, abgesehen von kleinen lokalen Vereinen, denen sich Frauen anschlossen, waren auch immer durch ihre weiterführende Orientierung geprägt. In Großbritannien hieß dies allerdings weitgehend humanitäre Hilfe und Beitrag zum Kriegserfolg, während diese Optionen in Deutschland ab der zweiten Hälfte des Krieges schon gesetzlich vorgeschrieben wurden. Hier erfüllten die Frauenvereinigungen zuvor den ideologischen Zweck zur ‚Festigung des deutschen Frauenwesens’ und deren Etablierung im Volk.
Britische Frauenvereinigungen und damit auch solche in London, erfuhren ohnehin sehr viel mehr Handlungsspielraum in den Jahren vor dem Krieg. Während im Deutschen Reich Zusammenschlüsse und national-ideologische Bestrebungen das Leben von organisierten Frauen darstellten, war es englischen Frauen hingegen sehr viel einfacher, ihre ursprünglichen Ziele oder Vorstellungen anzustreben - der Verwirklichung standen aber auch hier patriarchalische Ansichten im Weg. Mit Kriegsbeginn mussten solch pessimistische Äußerungen aber in beiden Ländern der ‚einen’ großen Sache unterstellt werden.
[...]
[1] Lojewski, Thérèse: Frauenidentität - Frauenbewegung - Frauenwohnen, Universitätsdruckerei der Technischen Universität Berlin, Berlin 1981, S. 206-207
[2] Obschernitzki, Doris: Der Frau ihre Arbeit!, Edition Hentrich, Berlin 1987, S. 198
[3] Bock, Petra: Die Zeitschrift „Die Frauen Tribüne“ 1933, in: Bock, Petra / Koblitz, Katja: Neue Frauen zwischen den Zeiten, Edition Hentrich, Berlin 1995, S. 246-260
[4] Hering, Sabine / Schilde Kurt: Das BDM-Werk „Glaube und Schönheit“, Metropol Verlag, Berlin 2000, S. 57
[5] vgl. GEO Epoche : London. Geschichte einer Weltstadt. Heft Nr. 18. 06/05, Gruner + Jahr, Hamburg 2006, S. 154
[6] Hinton, James : Women, social leadership, and the Second World War, Oxford University Press, Oxford New York 2002, S. 231
[7] Sheridan, Dorothy: Wartime Women, Mandarin Paperbacks, London 1991, S. 75
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