In seiner kommentierten Sammlung von zeitgenössischen Briefen und Berichten von und über den
staufischen Kaiser Friedrich II. schreibt Klaus J. Heinisch über diesen, „daß es kaum eine historische
Persönlichkeit von einiger Bedeutung gibt, über die die Meinungen und Urteile der Zeitgenossen und
Geschichtsschreiber so weit auseinandergehen wie über Kaiser Friedrich II.“1.
Worüber es aber in der Geschichtswissenschaft kaum Zweifel gibt, ist die Beurteilung von Friedrich
II. als eine der herausragenden und bedeutendsten Herrschergestalten des Mittelalters. Das ungeheure
wissenschaftliche Interesse an Friedrich II. wird dem facettenreichen Herrscher durchaus zu Recht
zuteil. Als deutscher König, Kaiser, König von Sizilien und Jerusalem, als teils harsch verfemter
Gegner mehrerer Päpste, ambitionierter Organisator und Herrscher, als strenger Gesetzgeber und
intelligenter Förderer von Kunst und Wissenschaft lädt „der letzte und größte der Stauferkaiser“2 zu
einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit seiner Person auf vielen Gebieten ein.
Und obwohl Friedrich II., da er den Großteil seines Lebens im sizilischen Königreich verbrachte und
„den räumlichen Schwerpunkt seines Lebens im Süden sah“ 3, nicht selten in seiner Bedeutung für die
deutsche Geschichte heruntergespielt wurde4, bietet gerade auch die Politik Friedrichs II. in
Deutschland ein interessantes und weites Feld für die Geschichtswissenschaft.
Diese Arbeit soll sich daher der Herrschaft Friedrichs II. in Deutschland widmen, wobei die Rolle und
der Einfluss der weltlichen und geistlichen Fürsten in Deutschland auf die Ausübung der Herrschaft
besondere Berücksichtigung finden wird. Dabei wird die Bedeutung der geistlichen Fürsten – also der
Erzbischöfe, Bischöfe und z. T. der Reichsäbte – und der weltlichen Reichsfürsten – der „unmittelbar
vom König belehnten Herzöge, herzogsgleichen Markgrafen, Landgrafen und Grafen“5 – für die Wahl
und den Machtantritt Friedrichs II. in Deutschland ebenso herausgearbeitet werden, wie ihre Rolle
während der Regentschaft von Friedrichs Sohn Heinrich (VII.).
Als zwei zentrale Quellen der staufischen Herrschaft unter Friedrich II. und Heinrich (VII.) werden
außerdem das „Bündnis mit den geistlichen Fürsten“ („Confoederatio cum principibus ecclesiasticis“)
von 1220 und das „Statut zugunsten der Fürsten“ („Statutum in favorem principum“) von 1231 bzw.
1232 betrachtet und in ihrer Entstehungsgeschichte beleuchtet werden müssen.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Der unebene Weg Friedrichs II. zur Herrschaft in Deutschland
3. Die Herrschaft Friedrichs II. bis zur Wahl Heinrichs (VII.) im Jahre 1220
4. Das „Bündnis mit den geistlichen Fürsten“ („Confoederatio cum principibus ecclesiasticis“ ) und die Wahl Heinrichs (VII.) zum deutschen König 1220
5. Die Rolle der Fürsten während der Regentschaft Heinrichs (VII.)
6. Das „Gesetz zugunsten der Fürsten“ („ Statutum in favorem principum“) von 1231/1232
7. Schlussbemerkung
8. Bibliographie
1. Einleitung
In seiner kommentierten Sammlung von zeitgenössischen Briefen und Berichten von und über den staufischen Kaiser Friedrich II. schreibt Klaus J. Heinisch über diesen, „daß es kaum eine historische Persönlichkeit von einiger Bedeutung gibt, über die die Meinungen und Urteile der Zeitgenossen und Geschichtsschreiber so weit auseinandergehen wie über Kaiser Friedrich II.“[1].
Worüber es aber in der Geschichtswissenschaft kaum Zweifel gibt, ist die Beurteilung von Friedrich II. als eine der herausragenden und bedeutendsten Herrschergestalten des Mittelalters. Das ungeheure wissenschaftliche Interesse an Friedrich II. wird dem facettenreichen Herrscher durchaus zu Recht zuteil. Als deutscher König, Kaiser, König von Sizilien und Jerusalem, als teils harsch verfemter Gegner mehrerer Päpste, ambitionierter Organisator und Herrscher, als strenger Gesetzgeber und intelligenter Förderer von Kunst und Wissenschaft lädt „der letzte und größte der Stauferkaiser“[2] zu einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit seiner Person auf vielen Gebieten ein.
Und obwohl Friedrich II., da er den Großteil seines Lebens im sizilischen Königreich verbrachte und „den räumlichen Schwerpunkt seines Lebens im Süden sah“[3], nicht selten in seiner Bedeutung für die deutsche Geschichte heruntergespielt wurde[4], bietet gerade auch die Politik Friedrichs II. in Deutschland ein interessantes und weites Feld für die Geschichtswissenschaft.
Diese Arbeit soll sich daher der Herrschaft Friedrichs II. in Deutschland widmen, wobei die Rolle und der Einfluss der weltlichen und geistlichen Fürsten in Deutschland auf die Ausübung der Herrschaft besondere Berücksichtigung finden wird. Dabei wird die Bedeutung der geistlichen Fürsten – also der Erzbischöfe, Bischöfe und z. T. der Reichsäbte – und der weltlichen Reichsfürsten – der „unmittelbar vom König belehnten Herzöge, herzogsgleichen Markgrafen, Landgrafen und Grafen“[5] – für die Wahl und den Machtantritt Friedrichs II. in Deutschland ebenso herausgearbeitet werden, wie ihre Rolle während der Regentschaft von Friedrichs Sohn Heinrich (VII.).
Als zwei zentrale Quellen der staufischen Herrschaft unter Friedrich II. und Heinrich (VII.) werden außerdem das „Bündnis mit den geistlichen Fürsten“ („ Confoederatio cum principibus ecclesiasticis “) von 1220 und das „Statut zugunsten der Fürsten“ („ Statutum in favorem principum “) von 1231 bzw. 1232 betrachtet und in ihrer Entstehungsgeschichte beleuchtet werden müssen.
Da diese Proseminararbeit eine thematische und zeitliche Eingrenzung durch den engen vorgegebenen Rahmen verlangt, müssen andere interessante Aspekte, die ohne Zweifel für die Herrschaft Friedrichs II. in Deutschland von Bedeutung sind – etwa der Mainzer Reichslandfrieden von 1235, die Goldbulle von Eger und die Regentschaft Konrads IV. – unberücksichtigt bleiben oder können nur kurz angeschnitten werden. Der in dieser Arbeit vorwiegend zu betrachtende geschichtliche Zeitraum wird deshalb nicht bis zum Tode Friedrichs II. im Jahre 1250 reichen, sondern nur von seiner Wahl zum „anderen Kaiser“ im Jahre 1212 bis zur Bestätigung des „ Statutum in favorem principum “ 1232.
2. Der unebene Weg Friedrichs II. zur Herrschaft in Deutschland
Der Machtantritt des Staufers Friedrich II. im Reich, also in Deutschland, geschah entlang äußerst ungewöhnlicher Linien, die neben Zufällen auch in großem Maße durch die geistlichen und weltlichen Fürsten des Reiches vorgezeichnet wurden.
Obwohl Friedrich schon im April 1196 auf Betreiben seines Vaters Heinrichs VI. als Zweijähriger von den Reichsfürsten zum König gewählt wurde[6], musste er noch vierzehn wechselhafte Jahre warten, bevor er tatsächlich die Macht im Reich ergreifen konnte. Dass der Erbreichsplan von Friedrichs Vater, der damit „eine Festschreibung des Königtums auf sein Geschlecht“[7] anstrebte, an dem Widerstand der Fürsten scheiterte, die weiterhin durch die Wahl des deutschen Königs ihren Einfluss erhalten wollten, zeigte erstmals im jungen Leben Friedrichs die seit dem Investiturstreit stark gewachsene und nicht mehr zu vernachlässigende Bedeutung der Fürsten für königliche Politik im Reich.
Dass nicht Friedrich, sondern der Welfe und Sohn Heinrichs des Löwen, Otto IV., und Friedrichs Onkel, Philipp von Schwaben, in einem deutschen Doppelkönigtum Heinrich VI. nachfolgten, verhinderte eben nicht nur die Thronfolge Friedrichs, sondern führte auch zu einem bürgerkriegsähnlichem Thronstreit, der die Position der Reichsfürsten weiterhin stärkte, da beide Könige auf die Unterstützung dieser angewiesen waren. Die wechselnde Unterstützung durch die Fürsten wurde neben der Fürsprache des Papstes teils durch Geldgeschenke an diese oder durch die Anerkennung des fürstlichen Wahlrechtes und den Verzicht auf königliche Rechte von Otto IV. bzw. Philipp von Schwaben teils teuer erkauft[8]. So ist festzustellen, dass vor Friedrichs II. Antritt des Königtums durch den Thronstreit seiner beiden Vorgänger abermals eine Stärkung der fürstlichen Macht in Deutschland stattfand[9] und in dieser Zeit zu der weiteren Ausprägung einer „Rechtsanschauung, die auf eine Mitträgerschaft des Reiches durch die Fürsten zielte“[10] führte.
Während des Thronstreites hatte neben den Fürsten auch Papst Innozenz III. starken Einfluss auf die deutsche Politik genommen. Sein Ziel war – wie das seines Vorgängers Cloestin III.[11] –, die Verbindung von Reich und Sizilien und damit die Umklammerung des Kirchenstaates zu verhindern[12]. Deshalb musste er Friedrich, der ja von seinem Vater das sizilische Königreich geerbt und nach dem Testament seiner Mutter Konstanze den Papst als Vormund (bis Friedrich 1208 mit 14 Jahren mündig wurde) und Lehensherr für dieses Reich hatte, möglichst als gleichzeitigen deutschen König verhindern. Folgerichtig unterstützte Innozenz III. bis 1211 den Welfen Otto IV. als deutschen Herrscher, auch weil dieser die deutschen Fürsten einig hinter sich wusste[13]. Als Otto aber mit seiner machtvollen Italienpolitik Friedrichs Reich bedrohte und päpstliche Umklammerungsängste weckte, schwenkte der Papst um und unterstütze aus Mangel an besseren Alternativen[14] Friedrich als zukünftigen deutschen Herrscher. Innozenz exkommunizierte Otto IV., der daraufhin nach Deutschland umkehrte, und er ermunterte die deutschen Fürsten, seinen neuen Kandidaten auf den deutschen Königsthron zu unterstützen. Durch den päpstlichen Zuspruch kam es dann, dass im Herbst 1211 einige deutsche Fürsten zuerst in Bamberg, dann nochmals in Nürnberg Friedrich II. zum „alium imperatorem“, also zum „anderen Kaiser“, wählten[15]. Dieser Vorgang ist in der deutschen Geschichte bis dahin einzigartig[16], aber dadurch erklärbar, dass „man Kaiser Otto einen gleichrangigen Gegner gegenüberstellen wollte“[17]. Von seiner Wahl erfuhr Friedrich spätestens im Januar 1212 als Anselm von Justingen die Nachricht überbrachte und ihn „im Namen der deutschen Fürsten“, die ihn gewählt hatten, aufforderte, „die Wahl anzunehmen und sich bald in Deutschland zu präsentieren“[18].
Dass einige deutsche Fürsten Otto IV. für abgesetzt erklärten, indem sie Friedrich II. zu ihrem neuen Herrscher wählten, bedeutete zunächst einmal nicht viel. Noch war Friedrich in Sizilien und seine Wahl nur durch päpstliche Fürsprache und finanzielle Mittel des Königs von Frankreich, der „den stets käuflichen deutschen Fürsten für ihren Meinungsumschwung zugunsten Friedrichs viel Geld gezahlt“[19] hatte, erreicht worden. Friedrich musste also zur Königskrönung und Durchsetzung seiner Herrschaftsansprüche, wofür er natürlich auch noch weiterer Unterstützung der deutschen Fürsten bedurfte, nach Deutschland.
Auf seinem Weg nach Deutschland traf Friedrich in Rom mit Papst Innozenz zusammen, der ihm das Verspechen abrang, Friedrichs Sohn Heinrich zum sizilischen König krönen zu lassen, um einer aus Personalunion beider Reiche resultierenden Umklammerung des Kirchenstaates vorzubeugen. Außerdem erneuerte Friedrich dem Papst den Lehenseid für Sizilien und erhielt im Gegenzug „reichlich Geldmittel“[20], die ihm für seine Politik jenseits der Alpen hilfreich sein sollten. Außerdem sandte Innozenz den Erzbischof von Palermo, Berard von Bari, der sich später zu einem engen Vertrauten des Staufers entwickeln sollte, als päpstlichen Legaten mit Friedrich auf den Weg. Mit viel Glück erreichte Friedrich mit kleinem Gefolge nach einer teils abenteuerlichen Reise durch Oberitalien – einige italienische Städte waren Friedrich nicht wohl gesonnen und die Otto IV. unterstützenden Herzöge von Bayern und Meranien sperrten den Brennerpass[21] – zum Ende des Sommers 1212 Chur. Hier erhielt er von einem deutschen Fürsten in Person des Churer Bischofs wertvolle Hilfe, da dieser ihn aufnahm und ihm zusammen mit dem Abt von St. Gallen militärische Unterstützung gewährte und weiter nach Konstanz begleitete[22].
Vor Konstanz hing das Schicksal Friedrichs abermals vom Wohlwollen eines geistlichen Fürsten ab. Doch sein Glück verließ ihn nicht und der Konstanzer Bischof öffnete ihm im September 1212 die Stadttore und damit den Weg nach Deutschland, nachdem Berard von Bari die päpstliche Bannurkunde gegen Otto IV., der selbst nur wenige Kilometer vor Konstanz stand und Friedrich erwartete, verlesen hatte[23]. Die Bischöfe von Straßburg und Basel folgten wenig später dem Beispiel des Konstanzer Bischofs und unterstützten nun den jungen Friedrich[24].
Ein weiterer Zufall, der Friedrich zugute kam und Ottos Machtbasis erheblich schwächte, war der Tod von Ottos staufischer Gemahlin, woraufhin „der alte staufische Anhang reihenweise von ihm abfiel“[25] und Friedrich zulief. Hierin zeigt sich, dass mittelalterliche Heiratspolitik von Königen, die durch Verbindung mit anderen Adelsfamilien oder Fürsten oft ihre Herrschaft absichern wollten, nicht immer von dauerhaftem Erfolg war. Ein weiterer sehr wichtiger Faktor, der in den Augen der deutschen Fürsten nun für eine Unterstützung des Staufers Friedrich sprach, war seine Großzügigkeit in der Verteilung der Gelder, die er vorher vom Papst und dem französischen König erhalten hatte[26]. Dass Friedrich „die Fürsten mit Versprechungen und Gütern des Reiches“[27] und natürlich mit Geld auf seine Seite ziehen musste, zeigt, wie sehr er ihrer Unterstützung im Machtkampf mit Otto IV. bedurfte. So stellt auch Hans Patze heraus, dass „wenn es dem König nicht gelang, sich der politischen Mithilfe einer Mehrheit der Fürsten zu versichern, (…), er die Krone riskieren konnte“[28] oder diese eben gar nicht erst gewann.
Allerdings fiel die endgültige Entscheidung zugunsten Friedrichs ohne seine direkte Beteiligung und ohne das Zutun der ihn unterstützenden Fürsten. Nachdem Friedrich den staufisch-französischen Freundschaftspakt erneuert hatte und das dafür erhaltene Geld umgehend an die deutschen Fürsten weiterleitete[29], kam es am 27. Juli 1214 zu einer der großen mittelalterlichen Schlachten bei Bouvines. Da sich der welfische Kaiser Otto mit seinem Onkel, dem englischen König Johann Ohneland, im Rahmen des französisch-englischen Krieges verbündete, hatte ihre vernichtende Niederlage gegen den französischen König Philipp II. Augustus – eine große Zahl von Ottos Anhängern geriet dabei in Gefangenschaft[30] – auch Auswirkungen auf den Kampf um die Herrschaft in Deutschland, denn „für Kaiser Otto IV. bewirkte Bouvines das Ende seines Einflusses auf die Reichsgeschichte“[31].
Ottos Position als ein ernster Gegner Friedrichs in Deutschland war nun verloren, aber dennoch beanspruchte er bis zu seinem Tod auf der Harzburg am 19. Mai 1218 die Herrschaft im Reich für sich[32] und Friedrich musste einen erneuten Seitenwechsel einiger Fürsten stets einkalkulieren, weshalb „auch verständlich wird, daß Friedrich während dieser Zeit insgesamt eine fürstenfreundliche Politik betrieb“[33].
Die Förderung durch Papst und französischen König, glückliche Zufälle, wie auch seine Politik der Rücksichtnahme auf die deutschen Fürsten resultierten für den Staufer aber letztendlich am 25. Juli 1215 in seiner Königskrönung am rechtmäßigen Ort in Aachen durch den Erzbischof von Mainz[34], nachdem er zuvor nochmals in Frankfurt (am 5. Dezember 1212) durch die schon großzügig geförderten Fürsten zum „Rex Romanorum“ gewählt wurde[35], wodurch sein Herrschaftsanspruch in Deutschland – nach den Bamberger und Nürnberger Wahlen von 1211 – nochmals legitimiert worden war[36].
Die geistlichen und weltlichen Fürsten Deutschlands spielten, wie hoffentlich in diesem Abschnitt deutlich wurde, also schon für den Machtantritt Friedrichs als „Rex Romanorum“, als deutscher Herrscher, eine bedeutende Rolle. Sie wählten ihn nicht nur 1211 und 1212, sondern es fiel nach der Tradition auch einem geistlichen Fürsten – eigentlich dem Kölner Erzbischof[37] – zu, den römisch-deutschen König Friedrich II. nach einer ersten Krönung in Mainz 1212 nochmals „ordnungsgemäß im Juli 1215 in Aachen“[38] zu krönen. Daneben erlangte Friedrich II. vor seiner Machtdurchsetzung aber auch fürstliche Hilfe, indem Kirchenfürsten wie die Churer, Konstanzer, Basler und Straßburger Bischöfe ihn in ihren Städten als Gast aufnahmen und ihm teils militärische Hilfe leisteten. Weil die Bischöfe überdies in der Zeit der Staufer die Hauptlast der Königsgastung trugen[39], waren sie für das deutsche Reisekönigtum[40], und somit auch für Friedrichs Herrschaft unverzichtbar.
Die Notwendigkeit des Königs, sich mit diesen geistlichen Fürsten zu arrangieren, ergab sich aber auch aus dem Umstand, dass diese relativ schwer austauschbar waren[41] und als Territorialherren, die also schon seit einiger Zeit in ihren Territorien Hoheitsrechte besaßen und ausübten[42] nun eine Konstante der Reichsverfassung darstellten. Das Zugeständnis seiner Vorgänger Philipp von Schwaben und Otto IV. zu freien Bischofswahlen[43] musste auch Friedrich II. 1213 in der Goldbulle von Eger erneuern, durch die dem Königtum nicht nur Einnahmen aus dem Nachlass von Geistlichen verloren gingen (Spolienrecht), sondern auch die gewachsene Unabhängigkeit der geistlichen Fürsten vom König festgeschrieben wurde[44]. Die weltlichen Fürsten waren zur Zeit der Staufer ebenfalls bereits machtvolle Territorialherren geworden[45], die „ihren Erbanspruch selbst auf die hohen Amtslehen der Herzogtümer auszudehnen“[46] vermochten und durch den Rückhalt einer großen adligen Verwandtschaft mit königlicher Rücksichtnahme auf ihre Interessen rechnen durften[47].
Trotz der starken Position der weltlichen und geistlichen deutschen Fürsten, die Friedrich bei Antritt seiner Herrschaft vorfand, versuchte er während seiner Zeit in Deutschland im Rahmen der Möglichkeiten die königliche Position zu stärken. Diese Politik soll u. a. Thema des nächsten Kapitels sein.
[...]
[1] Heinisch: Kaiser Friedrich II., 1968, S. 1.
[2] Nette: Friedrich II., 1975, S. 7.
[3] Engels: Die Staufer, 1993, S. 131.
[4] Nette: Friedrich II., 1975, S. 7.
[5] Goetz: Fürst, Fürstentum, in: LexMA, Bd. 4, 2000, Sp. 1029-1037.
[6] Heinisch: Kaiser Friedrich II., 1968, S. 19.
[7] Patze: Herrschaft und Territorium, 1977, S. 36.
[8] Löwe: Die Staufer als Könige und Kaiser, 1977, S. 29.
[9] Haverkamp: Aufbruch und Gestaltung, 1984, S. 244.
[10] Engels: Die Staufer, 1993, S. 126.
[11] Löwe: Die Staufer als Könige und Kaiser, 1977, S. 27.
[12] Nette: Friedrich II., 1975, S. 16; Löwe: Die Staufer als Könige und Kaiser, 1977, S. 28.
[13] Boockmann: Stauferzeit und spätes Mittelalter, S. 154f.
[14] Engels: Die Staufer, 1993, S. 127.
[15] Rotter : Friedrich II., 2000, S. 34.
[16] Engels: Die Staufer, S. 127.
[17] Boockmann: Stauferzeit und spätes Mittelalter, S. 156.
[18] Rotter: Friedrich II., 2000, S. 36.
[19] Rotter: Friedrich II., 2000, S. 36.
[20] Nette: Friedrich II., 1975, S. 18.
[21] Rotter: Friedrich II., 2000, S. 38f.
[22] Nette: Friedrich II., 1975, S. 19; Rotter: : Friedrich II., 2000, S. 39.
[23] Boockmann: Stauferzeit und spätes Mittelalter, S. 157.
[24] Rotter: Friedrich II., 2000, S. 41.
[25] Thorau: Otto IV., in: LexMA, Bd. 6, 2000, Sp. 1570-1572.
[26] Boockmann: Stauferzeit und spätes Mittelalter, S. 157; Rotter: Friedrich II., 2000, S. 42f.
[27] Nette: Friedrich II., 1975, S. 19.
[28] Patze: Herrschaft und Territorium, 1977, S. 48.
[29] Rotter: Friedrich II., 2000, S. 42f.
[30] Hartmann: Frühes und hohes Mittelalter, 1995, S. 389ff.
[31] Haverkamp: Aufbruch und Gestaltung, 1984, S. 216.
[32] Boockmann: Stauferzeit und spätes Mittelalter, S. 158.
[33] Haverkamp: Aufbruch und Gestaltung, 1984, S. 216.
[34] Heinisch: Kaiser Friedrich II., 1968, S. 30.
[35] Rotter: Friedrich II., 2000, S. 43.
[36] Löwe: Die Staufer als Könige und Kaiser, 1977, S. 24.
[37] Seibert: Köln, in: LexMA, Bd. 5, 2000, Sp. 1261-1268.
[38] Maschke: Die deutschen Städte der Stauferzeit, 1977, S. 65.
[39] Patze: Herrschaft und Territorium, 1977, S. 39.
[40] Maschke: Die deutschen Städte der Stauferzeit, 1977, S. 59.
[41] Patze: Herrschaft und Territorium, 1977, S. 42.
[42] Boockmann: Stauferzeit und spätes Mittelelter, S. 166.
[43] Löwe: Die Staufer als Könige und Kaiser, 1977, S. 29f.
[44] Hartmann: Frühes und hohes Mittelalter, 1993, S. 385ff; Engels: Die Staufer, 1993, S. 129f.
[45] Boockmann: Stauferzeit und spätes Mittelelter, S. 166.
[46] Haverkamp: Aufbruch und Gestaltung, 1984, S. 144.
[47] Patze: Herrschaft und Territorium, 1977, S. 42.
- Citation du texte
- Stefan Ruhnke (Auteur), 2005, Die Bedeutung der geistlichen und weltlichen Fürsten für die Herrschaft des Staufers Friedrich II. (1212-1232), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83545
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