Seit Beginn der Qualitätsdebatte in der Sozialen Arbeit, welche ihren Höhepunkt gegen Ende des letzten Jahrhunderts hatte und im neuen Jahrtausend zugegebener Maßen etwas an Schwung verlor, ist der Begriff Qualität in der Entwicklung einer eigenen Sozialarbeitprofession nicht mehr wegzudenken. Es erschien eine Vielzahl von Publikationen, auf die ich in dieser Diplomarbeit teilweise eingehen werde. Diese Veröffentlichungsflut macht deutlich, welch Informationsbedarf unter den Mitarbeitern im sozialen Bereich vorherrscht.
In dieser Diplomarbeit will ich versuchen das Thema Qualität in der Sozialen Arbeit, allem voran das System des Qualitätsmanagement, zu erläutern und betriebswirtschaftliche Begriffe für den Sozialen Bereich aufzuschlüsseln. In einem fortführenden Schritt will ich die Bedeutung dieser Begriffe für die Soziale Arbeit näher beleuchten und in einem speziellen Abschnitt auf die Chancen und Gefahren einer Umsetzung von Qualitätsstandards in der Sozialen Arbeit eingehen.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abkürzungsverzeichnis
1 Die historische Entwicklung von Qualität
1.1 Zur allgemeinen Begriffsbestimmung
1.1 Relativität – Abhängigkeit von Normen und Interessen
1.2 Die historischen Wurzeln
1.3 Die internationale Entwicklung der Qualitätssicherung
2 Rahmenbedingungen von Qualität in der Sozialen Arbeit
2.1 Sozialpolitischer Kontext
2.2 Beispiele für gesetzliche Regelungen
3 Schlüsselbegriffe der Qualitätsdiskussion
3.1 Qualität
3.1.1 Qualität im sozialen Bereich
3.1.2 Die Pro und Contra-Argumente für eine Qualitätsdiskussion innerhalb der Sozialen Arbeit
3.2 Dienstleistung
3.2.1 Dienstleistungen im sozialen Bereich
3.2.2 Wer ist Kunde einer sozialen Dienstleistung?
3.3 Was ist Qualität für den Kunden?
4 Instrumente und Methoden der Qualitätssicherung
4.1 Qualitätssicherung
4.2 Qualitätsentwicklung
4.3 Qualitätsmanagement
4.4 Qualitätsmanagementsystem
4.5 Qualitätspolitik
4.6 Qualitätszirkel
4.7 Qualitätsbeauftragter
4.8 Qualitätsstandards
4.9 Qualitätsaudit
4.10 Evaluation
4.11 Benchmarking
4.12 Controlling
4.13 Zertifizierung
5 Qualitätskonzepte
5.1 Donabedian
5.2 Total Quality Management (TQM)
6 Modelle
6.1 Die Grundlagen des EFQM Modells
6.2 Die DIN EN ISO 9000ff
7 Vergleich EFQM mit der DIN EN ISO 9000ff
8 Gefahren und Chancen einer Umsetzung von Qualitätsstandards in der Sozialen Arbeit
8.1 Qualitätsentwicklung in der Sozialen Arbeit
8.1.1 Exkurs: Das fünf Punkte Programm in der Suchthilfe
8.2 Chancen und Gefahren
8.2.1 Qualitätsstandards als Chance für die Soziale Arbeit
8.2.2 Gefahren einer Umsetzung von Qualitätsstandards in der
Sozialen Arbeit
9 Die Umsetzung der DIN EN ISO in der Talhof Wiedereingliederungs gGmbH
9.1 Grundsätzliche Informationen zur Einrichtung
9.2 Die Umsetzung des Qualitätsmanagements
10 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abstract
Auch das schlechteste Buch hat seine gute Seite: die letzte.
(John Osborne (1929-1994) britischer Bühnenautor u. Filmproduzent zum Thema Qualität)
Seit Beginn der Qualitätsdebatte in der Sozialen Arbeit, welche ihren Höhepunkt gegen Ende des letzten Jahrhunderts hatte und im neuen Jahrtausend zugegebener Maßen etwas an Schwung verlor, ist der Begriff Qualität in der Entwicklung einer eigenen Sozialarbeitprofession nicht mehr wegzudenken. Es erschien eine Vielzahl von Publikationen, auf die ich in dieser Diplomarbeit teilweise eingehen werde. Diese Veröffentlichungsflut macht deutlich, welch Informationsbedarf unter den Mitarbeitern im sozialen Bereich vorherrscht.
In dieser Diplomarbeit will ich versuchen das Thema Qualität in der Sozialen Arbeit, allem voran das System des Qualitätsmanagement, zu erläutern und betriebswirtschaftliche Begriffe für den Sozialen Bereich aufzuschlüsseln. In einem fortführenden Schritt will ich die Bedeutung dieser Begriffe für die Soziale Arbeit näher beleuchten und in einem speziellen Abschnitt auf die Chancen und Gefahren einer Umsetzung von Qualitätsstandards in der Sozialen Arbeit eingehen.
Um sich eine Meinung bzw. einen Standpunkt in der Qualitätsdiskussion bilden zu können, bedarf es einer Auseinandersetzung mit den zahlreichen Informationen rund um den Begriff der Qualität. So wird in dieser Arbeit im ersten Kapitel ein erster kurzer Abriss des Definitionsbegriffes „Qualität“ geliefert. Es soll dabei auch der historische Hintergrund und die internationale Entwicklung des Begriffes beleuchtet werden.
Das zweite Kapitel soll kurz auf die Rahmenbedingungen von Qualität in der Sozialen Arbeit aufzeigen und geht dabei auch kurz auf gesetzliche Vorgaben des Staates ein.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der genauen Definition der einzelnen Schlüsselbegriffe der Qualitätsdiskussion. Hierbei werden auch Pro- und Contrapunkte einer Qualitätsdiskussion in der Sozialen Arbeit beleuchtet.
Im Verlaufe des vierten Kapitels werden nun die verschiedenen Instrumente und Methoden der Qualitätssicherung angesprochen und versucht diese verständlich zu erläutern, bevor im fünften und sechsten Kapitel auf Konzepte und Modelle von Qualität und Qualitätssicherung eingegangen wird.
Das siebte Kapitel vergleicht die beiden in Kapitel sechs genannten Modelle EFQM und DIN EN ISO 9000 ff. miteinander, um deren Vor- und Nachteile hervorzuheben.
Im achten Kapitel werde ich versuchen die Gefahren und Chancen einer Umsetzung von Qualitätsstandards in der Sozialen Arbeit zu nennen. Dabei greife ich auch auf die allgemeine Qualitätsentwicklung in der Sozialen Arbeit zurück.
Das neunte Kapitel beschäftigt sich dann in der Folge mit der Talhof Wiedereingliederungs gGmBH, welche als erste Einrichtung der Wiedereingliederungshilfe die Zertifizierung für ihr Qualitätsmanagement erhielt. Mit Hilfe eines Interviews mit dem dortigen Qualitätsmanagementbeauftragten werde ich versuchen die Situation im Talhof während und nach der Zertifizierung zu verdeutlichen.
Im zehnten und letzten Kapitel ziehe ich ein, auch persönliches, Fazit zu dem Thema Qualität in der Sozialen Arbeit – Gefahren und Chancen einer Umsetzung von Qualitätsstandards in der Sozialen Arbeit.
Zum Zwecke der besseren Lesbarkeit verwende ich bei Personen / Bezeichnungen die männliche Form und meine damit beide Geschlechter.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Die historische Entwicklung von Qualität
1.1 Zur allgemeinen Begriffsbestimmung
Der Begriff Qualität wurde vom lateinischen Begriff qualitas abgeleitet, welcher übersetzt für die Begriffe Beschaffenheit, Eigenschaft und Zustand steht.
Der Begriff Qualität beinhaltet zwar keine Bewertung, wird aber in unserem alltäglichen Sprachgebrauch oft wertend verwendet. So wird Qualität als Gegenstück zu Quantität verstanden. Die im deutschen Sprachraum gängige Redewendung „Quantität ist nicht gleich Qualität“ bezieht sich darauf, dass in unserem alltäglichen Sprachgebrauch Qualität gleichsam für Gute steht, also stets die Rede von guter oder schlechter Qualität ist. Ist ein Kunde geneigt ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erwerben schreibt man dem Produkt oder der Dienstleistung im allgemeinen Sprachgebrauch die Eigenschaft der guten Qualität zu.
1.1 Relativität – Abhängigkeit von Normen und Interessen
Bei genauerer Betrachtungsweise des Qualitätsbegriffes kann man unterschiedliche Facetten und Ableitungen des Begriffes erkennen. Es ist auch durchaus sinnvoll diese verschiedenen Bedeutungsdifferenzen zu beachten bzw. sich Klarheit über sie zu verschaffen. Als Erklärungsmuster sollen an dieser Stelle die fünf unterschiedlichen kommunikativen Bedeutungsinhalte des Qualitätsbegriffs nach Harvey / Green[1] herangezogen werden:
- „Qualität als Ausnahme“: Der Qualitätsbegriff steht hier für die Exklusivität eines Produktes und / oder einer Leistung. Exklusivität bedeutet in diesem Zusammenhang eine gewisse Fehlerlosigkeit des Produktes oder der Dienstleistung. Eine solche Qualitätsdefinition ist als eher elitär zu bezeichnen, da nur wenige Institutionen dieses Verständnis von Qualität aufbringen können und die anderen Institutionen in ein gewisses Mittelmaß verbannt werden.
- „Qualität als Perfektion“: Hier werden von verschiedenen Beurteilern Standards gesetzt, an denen sich nach diesem Verständnis Qualität messen lassen muss. Diese Standards haben einen unterschiedlichen Anspruchsgrad.
- „Qualität als Zweckmäßigkeit“: Nach dieser Bedeutung wird der Grad der Zweckerfüllung von der jeweiligen Anspruchsgruppe definiert. Dieser Grad gilt nach diesem Verständnis als Indikator von Qualität.
- „Qualität als adäquater Gegenwert“: Hier wird Qualität durch ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis definiert. Es handelt sich hierbei um das in Marktverhältnissen übliche Qualitätskonzept.
- „Qualität als Transformation“: Nach diesem Verständnis werden nicht die Produkte sonder vielmehr die interaktiven Prozesse bewertet. Qualität wird hier durch eine Transformation in einen neuen, höheren Zustand erreicht. Bei einer pädagogischen Dienstleistung wäre dies beispielsweise eine persönliche Weiterentwicklung des Adressaten.
Schon bei der Betrachtung dieser einzelnen Punkte kann man feststellen, dass eine abschließende Definition des Qualitätsbegriffes alleine durch eine Analyse des selbigen nicht erreicht werden kann. In der Diskussion um den Qualitätsbegriff bedarf es Sensibilität und Reflexion, um die, durch die Anfälligkeit des Qualitätsbegriffes für unterschiedliche Wertungen entstehenden Kommunikationsfallen zu entdecken.
Mit Blick auf die Subjektivität des Qualtitäsbegriffes, kann man feststellen das eine Forderung nach einer objektiven Qualitätsdefinition in der Sozialen Arbeit nicht möglich ist.
„Qualität ist ein Konstrukt, das außerhalb gesellschaftlicher und persönlicher Normen, Werte, Ziele und Erwartungen nicht denkbar ist.“[2]
Demnach ist eine Diskussion über den Qualitätsbegriff nur sinnvoll, wenn sich die Diskutierenden von vorneherein über die ethischen und normativen Grundlangen in einer Gesellschaft mit Menschen einig sind.
Des Weiteren müssen für die Einschätzung von Qualität bestimmte Indikatoren gesetzt werden. Mit Hilfe dieser Indikatoren wird man in die Lage versetzt verschiedene Arten der Qualität kategorisieren zu können bzw. ein Mehr oder Weniger an Qualität zu erkennen.
1.2 Die historischen Wurzeln
Schon in der Antike befassten sich Gelehrte der Griechen und der Ägypter mit der Erstellung und Vereinfachung von Normen bezüglich der Maße, der Arbeit und der Qualität.[3]
So wurden schon beim Bau der Pyramiden durch die Ägypter neue Qualitätsstandards gesetzt und deren Einhaltung gleichfalls überprüft. Durch Einführung von Gesellen- und Meisterprüfungen im Mittelalter, hielt diese Art von Qualitätssicherung auch in Europa Einzug.[4]
Die Qualitätsdiskussion ist also nicht erst seit der Industrialisierung ein weit gefächertes Thema, sondern ein bereits in der Antike philosophisch angehauchter Prozess.
1.3 Die internationale Entwicklung der Qualitätssicherung
Den Vorteil einer professionellen Qualitätssicherung erkannten große amerikanische Firmen in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie stellten unter anderem fest, dass es produktiver und somit billiger ist sofort auf die hohe Qualität ihrer Produkte zu achten, als im Nachhinein die Kosten für anstehende Reparaturen und Reklamationen zu tragen.
Der zweite Weltkrieg sorgte dann innerhalb der amerikanischen Rüstungsindustrie für einen Schub innerhalb der Entwicklung von Qualitätssicherungsmaßnahmen. Allerdings verebbte dieses Interesse an Qualität nach Ende des Weltkrieges wieder und wurde erst in den 50er Jahren durch die Amerikaner W. Edwards Deming und M. Juran, als Pioniere der Qualitätssicherung, wieder forciert. Sie wanderten nach Japan aus, um dort, jeder für sich, eine auf amerikanische Erfahrungen basierende Qualitätsphilosophie zu erarbeiten.
Zwischen 1960 und 1980 erreichte Japan in vielen Bereichen Spitzenpositionen der Wirtschaft. Dadurch kam es auch im amerikanischen Wirtschaftsleben zu einem Umdenken bezüglich der Qualitätssicherung. Das Qualitätswesen erhielt dadurch neue Impulse und Ansätze.[5]
Der europäischen Wirtschaft fällt die Akzeptanz von Qualitätskonzepten zunächst schwer. Und so gab es erst ab der Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts eine umfassende Diskussion um ganzheitliche Qualitätsansätze.[6]
2 Rahmenbedingungen von Qualität in der Sozialen Arbeit
2.1 Sozialpolitischer Kontext
Die Qualitätsdebatte und die darin enthaltene Forderung, Soziale Arbeit solle sich verstärkt am Qualitätsbegriff orientieren, kann durchaus als fachpolitische Herausforderung gesehen werden. Die Forderung einer verstärkten Qualitätsentwicklung innerhalb der Sozialen Arbeit wird besonders durch die folgenden drei Aspekte gestützt:
- Durch Forderung einer Arbeitsbewertung, Behebung gewisser Mängel innerhalb der geleisteten professionellen Sozialen Arbeit und Messung der „Wirksamkeit“ Sozialer Arbeit wird eine erhöhte „Produktivität“ erreicht
- Durch Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und durch verstärktes Verankern betriebswirtschaftlicher Gedankenzüge innerhalb der Sozialen Arbeit soll die sozialpolitische „Sparpolitik“ unterstützt werden
- Durch Platzierung des Qualitätsthemas in den Sozialgesetzten soll insgesamt die Effektivität von Maßnahmen innerhalb der Sozialen Arbeit gesteigert werden. Des Weiteren werden bestimmte Arbeitsvorgänge durch die gesetzliche Novellierung legitimiert.
Im Zusammenhang mit diesen Anforderungen an eine moderne Soziale Arbeit muss natürlich auch auf die Finanzierungsprobleme des öffentlichen Sektors und den damit einhergehenden Umbau des Wohlfahrtsstaates hingewiesen werden. Der Wohlfahrtsstaat wird als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet, da er in dieser Form nahezu unfinanzierbar ist und da er an seine gesellschaftlichen Grenzen stößt[7].
Soziale Arbeit muss sich aus diesem Grund Fragen stellen wie: Bekommt der Staat für sein Geld die vereinbarte Leistung? Kann er eventuell bei anderen sozialen Dienstleistungen das gleiche „Produkt“, mit gleicher oder sogar besserer Qualität, günstiger erhalten? Diese grundlegenden Fragen werden sich in Zukunft die Kostenträger der Sozialen Arbeit vermehrt stellen und somit direkte Auswirkungen auf die Arbeit im sozialen Bereich haben.
Selbst in den vielen kirchlichen Institutionen sinken die Möglichkeiten, Eigenmittel einzusetzen, so dass ein Wettbewerb um die öffentlichen finanziellen Mittel längst in Gang gekommen ist. Die Zeit, wo es fast keinen „Wettbewerb“ bzw. keine Konkurrenz in der Sozialen Arbeit gab, ist vorbei.
Zwar haben diese Gedanken in einem finanziell stark angeschlagenen Staat grundlegende Bedeutung, doch eine Beantwortung der oben genannten Fragen kann nur durch Schaffung von Vergleichsmöglichkeiten, Leistungsanforderungen, Beschreibungen und Kontrollmöglichkeiten erreicht werden.
2.2 Beispiele für gesetzliche Regelungen
Wer im Bereich der sozialen Dienstleistungen tätig ist, kann es sich eigentlich nur schwerlich leisten, sich nicht mit dem Thema „Qualität“ auseinander zu setzen. Die Finanzierung von Leistungen erfordert Nachweise und ist an Qualitäts- und Leistungsvereinbarungen gebunden. Sollte man sich als Sozialarbeiter nicht dazu bereit erklären, sich freiwillig mit der Qualitätssicherung auseinander zusetzten, so wird man durch gesetzlichen Vorgaben oder durch Forderungen der Arbeitgeber gezwungen sich mit dem Thema Qualität zu beschäftigen.
Bespiele für gesetzliche Qualitätsanforderungen sind:
- § 78ff SGB VIII (KJHG) Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung
- § 70 SGB V mit der Vorschrift, „Die Versorgung der Versicherten (...) muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.“
- § 135ff SGB V Sicherung der Qualität der Leistungserbringung
- § 20 SGB IX mit der Aussage, „(...) zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Leistungen (...)“
- § 80 SGB XI Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität[8]
3 Schlüsselbegriffe der Qualitätsdiskussion
3.1 Qualität
Laut der internationalen Norm DIN EN ISO 9000: 2000 ist der Qualitätsbegriff wie folgt definiert: „Vermögen einer Gesamtheit inhärenter Merkmale eines Produktes, Systems oder Prozesses zur Erfüllung von Forderungen von Kunden und anderen interessierten Parteien. Anmerkung: Die Benennung „Qualität“ darf zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut und ausgezeichnet verwendet werden.“[9]
3.1.1 Qualität im sozialen Bereich
An dieser Stelle sei noch einmal auf Punkt 1.1 hingewiesen. Die dort deutlich gemachte Relativität des Qualitätsbegriffs trifft natürlich auch auf den sozialen Bereich zu.
Es lassen sich aufgrund eines ökonomisch bestimmten Qualitätsinteresses folgende Begriffe von Qualität im sozialen Bereich unterscheiden:
a) betriebswirtschaftliche Qualität, welche auf optimale wirtschaftliche Effizienz einer Institution gerichtet ist. Sie ist erforderlich, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu bleiben.
b) Spitzenqualität, welche konkurrenzfähige Höchstleistungen intendiert. Weniger Qualifizierte bleiben nachgeordnet. Somit kommt der Spitzenqualität keine Leitfunktion im Sinne sozialer Qualität zu, da sie die sozial Benachteiligten nachordnet.
c) Mindest- oder Restqualität, ist zu verstehen als eine Qualitätsstufe, die unter dem Druck ökonomischer Bedingungen entstehen kann. Sie betrifft diejenigen, die am wenigsten oder gar nicht zur Erhöhung oder Erhaltung des Sozialproduktes beitragen können und die auf das angewiesen sind, was für sie übrig bleibt. Es ist im Grunde keine wirkliche Qualität im Sinne menschenwürdiger Lebensqualität, sondern lediglich ein Minimum zum Überleben. Aufgrund unzulänglicher rechtlicher Regelungen kann es vorkommen, dass dieses Überlebensminimum noch als legitimierbare Mindestqualität ausgelegt wird[10]
3.1.2 Die Pro und Contra-Argumente für eine Qualitätsdiskussion innerhalb der Sozialen Arbeit
Hier soll in einem kurzen Überblick erläutert werden welche Pro und Contra Argument innerhalb einer, in der Sozialen Arbeit, geführten Qualitätsdiskussion zur Debatte stehen. Es sollen hiermit auch die verschiedenen Gesichtspunkte bezüglich der Umsetzung bzw. Definition von Qualitätsstandards in der Sozialen Arbeit verdeutlicht werden.[11]
Was spricht also für eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Qualität“?
- Durch die Formulierung von Qualitätsstandards für die Soziale Arbeit kann man der extern verordneten Qualität selbstbestimmt und offensiv begegnen.
- Durch klare Vorstellungen, welche Qualitätsstandards im Sozialbereich anwendbar sind, kann das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter gestärkt werden.
- Neuen Mitarbeitern kann ein genauerer Überblick über den Arbeitsbereich und die Arbeitsschritte gegeben werden.
- Kundenfreundlichkeit kann als ein Aspekt in das Selbstverständnis der Mitarbeiter aufgenommen werden.
- Der Blick auf Qualität, d.h. auch auf Mängel der Dienstleistung, wird geschärft und begründet.
- Gegebenenfalls kann die subjektive Unzufriedenheit eines Mitarbeiters überprüft und erfasst werden.
- Es können ungünstige Rahmenbedingungen in den einzelnen Arbeitsbereichen erkannt werden.
- Durch Beteiligung aller Mitarbeiter kann man diesen die Sorge vor einer Qualitätsprüfung schon im Vorfeld nehmen.
- Man kann in Verhandlungen besser seine eigenen finanziellen Forderungen begründen bzw. durchsetzen.
- Aufbau einer gewissen Selbstsicherheit, da man ja weiß, dass man meist das richtige tut.
Was spricht aber gegen eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Qualität“?
- In der Sozialen Arbeit gab es schon so viele verschiedene Strömungen und Moden, ohne das sich etwas merklich verbessert hat.
- Durch die aktuelle Qualitätsdiskussion werden nur neue Begriffe eingeführt, die kaum Erkenntnisse und Verbesserungen mit sich bringen.
- Es wird viel vorgeschrieben und festgelegt, ohne dass sich in der Praxis wirklich jemand daran hält.
- Es gibt keinerlei Sanktionen für den Fall, dass sich jemand nicht an die vorgegebenen Standards hält.
- Dieses Vorhaben führt zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand und fördert die Bürokratie innerhalb der Sozialen Arbeit.
- Es werden damit nur Erkenntnisse festgehalten die eh leicht zu überschauen sind und nicht unbedingt besonders wichtig sind.
- Der Platz für Kreativität innerhalb der eigenen Arbeit wird erheblich eingeschränkt.
- Es ist stark zu bezweifeln, dass damit auch nur ein Euro gespart werden kann.
- Die Wirtschaft ist unsozial und es bleibt kein Platz für Klientenbedürfnisse.
- Die Wahlmöglichkeiten des Klienten, zwischen guten und schlechten Angeboten, sind nicht wirklich gegeben.
Die durch die Befürworter der Qualitätssicherung hervorgerufene Euphorie wird durch die Vertreter der Gegenseite erheblich gebremst. Sie zeigen nämlich die Schwächen und Gefahren auf, die eine Umsetzung der Qualitätssicherung in der Sozialen Arbeit mit sich bringen könnte.
3.2 Dienstleistung
Der Begriff der Dienstleistung bezeichnet im volkswirtschaftlichen Sinne eine Leistung, die nicht der Produktion eines materiellen Gutes dient oder bei der, der materielle Wert des Leistungsziels nicht im Vordergrund steht.[12]
Dienstleistungen sind vorwiegend immateriell, können jedoch materielle Bestandteile enthalten, beispielsweise ein Trägermedium, auf dem das Ergebnis der Dienstleistung übergeben wird. Die Güte der Dienstleistung bezeichnet man als Service-Qualität oder Dienstleistungsqualität.
Dienstleistungen werden in standardisierte und individuelle Dienstleistungen unterschieden. Merkmal von standardisierten Dienstleistungen ist, dass die Leistung für einen fiktiven Durchschnittskunden erstellt wird. Die individuelle Dienstleistung wird hingegen für ein konkretes Individuum erstellt. Der Grad der Beteiligung des Kunden ist bei individuellen Dienstleistungen höher.
3.2.1 Dienstleistungen im sozialen Bereich
Der Schwerpunkt Sozialer Dienstleistungen liegt vor allem in der Interaktion mit dem Kunden. Dadurch ist die Effektivität und Effizienz sozialer Dienstleistungen eng an Handlungskompetenz und Handlungsweisen gebunden.[13]
Weitere Schwerpunkte von Dienstleistungen in der Sozialen Arbeit sind:
- Derjenige der den Auftrag erteilt (Kostenträger) ist nur in den seltensten Fällen auch derjenige der von der Dienstleistung profitiert.
- Die Bewertung der der Qualität einer Dienstleistung ist dem Empfänger der selbigen nur begrenzt möglich.
- Die Ressourcen einer Dienstleistung im Sozialen Sektor sind begrenzt und hängen sehr stark von den sozialpolitischen Rahmenbedingungen ab.
- Sollte eine gewisse Unzufriedenheit beim Kunden auftreten, kann das der Auftraggeber nur sehr schwer in Erfahrung bringen.
- Soziale Dienstleistungen besitzen oft einen spontanen Charakter, d.h. sie entstehen erst in dem Moment, in dem der Empfänger sie erhält.
3.2.2 Wer ist Kunde einer sozialen Dienstleistung?
In der Literatur zur Qualitätssicherung werden Kunden als diejenigen bezeichnet, die sich über die Qualität einer erbrachten Dienstleistung ein Urteil bilden und daher auch die Akzeptanz einer Einrichtung fördern oder einschränken können. Kunden können einzelne Personen oder auch ganze Institutionen sein und lassen sich somit in externe und interne Kunden unterscheiden.[14]
- Als externe Kunden werden vor allem die Patienten, Klienten und Käufer einer Dienstleistung gesehen. Damit sind auch die Kostenträger einer Dienstleistung gemeint, welche ja durch ihre Zuwendungen diese Dienstleistung letztendlich erst ermöglichen.
- Die Bezeichnung des internen Kunden meint schließlich alle Mitarbeiter die mit der Erbringung der bestimmten Dienstleistung in Verbindung gebracht werden können.
Innerhalb der Sozialen Arbeit hat der Begriff des Kunden in Verbindung mit einer Kundenorientierung für Diskussionsstoff gesorgt. Auf der einen Seite wird die Kundenorientierung mit dem Begriff der Klientenorientierung gleichgesetzt. Allerdings ging in der Vergangenheit diese Gleichsetzung oft mit einer gewissen Bevormundung des Klienten einher, welche so von den betroffenen Klienten empfunden wurde und dadurch die kritischen Stimmen von Vertretern der Hilfe zur Selbsthilfe lauter wurden.
Bei der Perspektivenänderung in Richtung des Kundenbegriffes treten mitunter erhebliche Probleme auf. So könnte die Frage nach der Kundenorientierung in Einrichtungen mit erzieherischem Auftrag, beispielsweise eine Institution der Jugendhilfe, problematisch werden. Des Weiteren könnten Veränderungsprozesse des Klienten, als direkte Folge der Kundenorientierung, durch den Sozialarbeiter hinaus gezögert werden. Der Kundenbegriff kann mithin die wahren Machtverhältnisse zwischen Klienten und Behörden bzw. Institutionen verschleiern, da vor allem bei staatlichen Institutionen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Erbringen einer Dienstleistung maßgeblich sind.
Der Gewinn einer erhöhten Kundenorientierung kann in einer Steigerung der Sensibilität und des Respekts gegenüber dem Hilfebedürftigen gesehen werden.
3.3 Was ist Qualität für den Kunden?
Fasst man die Definition von Qualität, wie sie unter Abschnitt 3.1 genannt wurde, einfacher zusammen könnte man sagen das Qualität das ist, was der Kunde wünscht. In der Sozialen Arbeit ist es jedoch so, das auf die Wünsche eines Kunden nicht immer voll eingegangen werden kann bzw. die Erwartungen der verschiedenen Kundengruppen höchst unterschiedlich ausfallen können. Drogenabhängige, sowie andere Hilfesuchende, suchen nicht immer das Beste für sich selbst. Des Weiteren muss gleichfalls eine Orientierung nach anderen Kunden, wie z.B. den Kostenträgern der jeweiligen Leistung, erfolgen.
Im Sozialen Bereich kann ferner keine Orientierung an den Interessen und Wünschen des Kunden erfolgen, wenn pädagogische Prinzipien oder ethische und gesellschaftliche Normen an Bedeutung verlieren würden.[15]
4 Instrumente und Methoden der Qualitätssicherung
4.1 Qualitätssicherung
Setzt man sich mit dem Begriff Qualitätsmanagement näher auseinander, stößt man schnell auf die Frage „Wozu brauchen wir das?“. Als Argument gegen die Einführung eines QM-Systems wird dann oft darauf hingewiesen, dass es doch bereits Mittel gibt die Qualität innerhalb der jeweiligen Einrichtung zu sichern. Es werden dann Begriffe wie Supervision, Fort- Aus- und Weiterbildung und Evaluation etc. genannt. Diese Maßnahmen werden schon seit geraumer Zeit eingesetzt, denn jede Einrichtung wird ein gesteigertes Interesse darin haben, dass die Mitarbeiter ihre Aufgaben fachlich gut ausführen und somit der Verantwortung der Einrichtung und dem Klienten gegenüber gerecht werden.[16]
So kann man sehr wohl feststellen, dass Qualitätssicherung eine Tätigkeit ist, die schon sehr lange ausgeübt wird. Denkt man einmal an die Qualitätssicherungsmaßnahmen außerhalb der Sozialen Arbeit, wie zum Beispiel das Überprüfen des Privat Pkws beim TÜV. Diese Art der Qualitätssicherung, sowie die oben genannten, stellen den Qualitätsstand zum Zeitpunkt der Kontrolle fest. Dabei bleibt außer Acht, welche Prozesse oder Vorgänge dem Produkt oder der Dienstleistung bei dessen Fertigung oder Erbringung voran gingen. Es kann also im schlimmsten Fall nur festgestellt werden das irgendwo Nachbesserungen notwendig sind. Teilweise werden Fehler wirklich erst erkannt, wenn das Produkt bzw. die Dienstleistung vom Kunden genutzt wird. In der gewerblichen Wirtschaft hat das nicht selten zu spektakulären Rückrufaktionen geführt.
Somit liegt es nahe, sich zu überlegen welche Schritte vorab unternommen werden müssen, um aufwendige und unbefriedigende Neubesserungen zu vermeiden. In der Sozialen Arbeit gewinnt diese Perspektive besonders an Bedeutung, da man hier die erbrachte Leistung nicht durch solche Rückrufaktionen korrigieren kann. Oder anders ausgedrückt, in dem Moment der Erbringung einer Dienstleistung ist ihre Qualität festgelegt, wie z.B. im Falle einer Drogenberatung.
4.2 Qualitätsentwicklung
Der Begriff der Qualitätsentwicklung wurde als Gegenentwurf zum Begriff Qualitätssicherung eingeführt. Ursprung dafür war, das man unter Qualitätssicherung zwar spontan an das Festhalten an einem möglichst hohen qualitativen Standard denkt, aber es, vor allem in der Industrie, nur um das Halten des Niveaus geht. Dabei spielt es keine Rolle ob dies besonders hoch oder niedrig ist, es muss eben nur gehalten werden.[17]
Der Begriff Qualitätsentwicklung wehrt sich gegen die bloße Sicht der Qualitätssicherung auf die Reproduzierbarkeit eines bestimmten Produktes. Vielmehr wäre es auch möglich durch eine Bewertung der Qualität in den Verfahrensweisen und weniger in der Qualität der Produkte, auf das Individuelle einzugehen.
4.3 Qualitätsmanagement
Durch die Einführung eines Qualitätsmanagement soll sichergestellt werden, dass alle Qualitätsbelange in der Unternehmensführung berücksichtigt werden. Der Begriff Qualität bezieht sich hierbei auf der einen Seite auf die vermarkteten Produkte bzw. Dienstleistungen und auf der anderen Seite auf die internen Prozesse des Unternehmens. Dabei wird das Maß der Qualitätsanforderungen an das Produkt festgelegt. Innerhalb des Qualitätsmanagement bedeutet Qualität das Ausmaß an Übereinstimmung der Anforderungen und Erwartungen.[18]
Die Managementaufgabe liegt in der Festlegung der Qualitätspolitik, der Ziele und der Verantwortungen. Dabei liegt es im Interesse des Managements alle Prozesse zu beschreiben und schriftlich niederzulegen, um eine gewisse Nachweisbarkeit zu erschaffen.
Im Einzelnen besteht das Qualitätsmanagement aus Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung und Qualitätsprüfung. Die Begriffe des Qualitätsmanagement werden in der DIN EN ISO 9000:2000 aufgelistet und definiert (vgl. 6.2).
4.4 Qualitätsmanagementsystem
Das Qualitätsmanagementsystem (kurz: QM-System) ist in erster Linie ein System zur Festlegung einer Qualitätspolitik und von Qualitätszielen, wobei das QM-System auf das erreichen dieser Ziele fixiert ist. Damit ist die Gesamtheit aller Prozesse innerhalb einer Herstellung bzw. Erbringung eines Produktes bzw. Dienstleistung gemeint.[19]
Somit entsteht ein System mit untereinander vernetzten Regelkreisen auf allen Ebenen der Einrichtung. Damit werden Ziele, Struktur, Verantwortlichkeiten, Verfahren, Prozesse und die zur Durchführung benötigten Mittel festgelegt. Das QM-System ist also eine Art Ordnungssystem und dient gleichfalls der Umsetzung gezielter Qualitätsaufgaben innerhalb von Firmen und Institutionen.
Art und Umfang eines individuell angepassten Qualitätsmanagementsystems hängen natürlich von der Zielsetzung des jeweiligen Unternehmens ab. Dabei spielen auch die Einflüsse von innen und außen eine tragende Rolle. Somit wird deutlich das es nicht das eine, allgemeingültige Qualitätsmanagementsystem geben kann.
Das auf eine Einrichtung zu geschnittene Qualitätsmanagementsystem wird in einem so genannten Qualitätsmanagementhandbuch festgehalten. Des Weiteren bildet ein umfassendes QM-System die Basis für eine mögliche Einführung eines Systems im Sinne von Total Quality Management (vgl. 5.2).
4.5 Qualitätspolitik
Laut der DIN EN ISO 9000:2000 wird der Begriff Qualitätspolitik wie folgt definiert: „Übergeordnete Absichten und Ausrichtung einer Organisation zur Qualität, wie sie von der obersten Leitung formell ausgedrückt wurden.“
Die Norm fordert daher:
- Die Wahl einer geeigneten Qualitätspolitik, die auf den Zweck des Unternehmens ausgerichtet ist.
- Es muss eine Verankerung einer gewissen Verpflichtung zur Erfüllung des Kundeninteresses und deren kontinuierliche Verbesserung erfolgen.
- Es muss ein Rahmen geschaffen werden, der es ermöglicht Qualitätsziele nicht nur zu definieren, sondern sie auch auf ihre Gültigkeit hin zu bewerten.
- Es muss eine Vermittlung, ein Verständnis und letztendlich eine Verwirklichung der Qualitätspolitik in allen Ebenen der Organisation stattfinden.
- Zu guter Letzt muss sich die Qualitätspolitik selbst auf ihre Angemessenheit hin überprüfen lassen.
Die Qualitätspolitik ist also nichts anderes als der Ausdruck der Kernkompetenz einer Organisation. Das kann man sicherstellen, indem man die Dienstleistungen einer Einrichtung abstrakt darstellt. Eine solche abstrakte Formulierung könnte zum Beispiel lauten: „Wir wollen unseren Kunden bzw. Klienten eine individuelle Beratung bieten, welche unter der Mitarbeit der zuständigen Kostenträger erfolgen kann.“
Können sich die Mitarbeiter einer Einrichtung nicht mit der Qualitätspolitik identifizieren, so muss darüber nachgedacht werden ob sie nicht vielleicht unangemessen ist und einer Überarbeitung bedarf.
4.6 Qualitätszirkel
Als Qualitätszirkel wird eine kleine, fest eingerichtete Gruppe von ca. fünf bis zwölf Mitarbeitern bezeichnet, deren Aufgabe es ist die auftretenden Probleme in ihrem Arbeitsbereich selbständig und freiwillig zu bearbeiten. Die jeweiligen Sitzungen der Gruppe werden von einem Mitarbeiter oder Vorgesetzten geleitet, dauern in der Regel ein bis zwei Stunden und finden einmal in der Woche während der regulären Arbeitszeit statt. Die zu diskutierenden Schwachpunkte und Probleme werden von den Gruppenmitgliedern selbst ausgewählt. Meist handelt es sich bei den zu bearbeitenden Themen um Fragen der Qualitätssicherung. Gefundene Lösungen und Verbesserungsvorschläge werden nach Genehmigung des Entscheidungsträgers in Eigenverantwortlichkeit durch den Qualitätszirkel umgesetzt. Sofern es nötig sein sollte kann die Gruppe selbstverständlich auch Hilfe von außen anfordern. Die Gruppe überprüft mithin den Erfolg ihrer Maßnahmen in eigener Verantwortung.[20]
Man kann die Arbeit innerhalb des Qualitätszirkels anhand von sieben Schritten näher erläutern[21]:
- Der erste Schritt besteht aus der Abgrenzung des Themas. Hierbei wird in enger Zusammenarbeit aller Gruppenmitglieder vom Gruppenleiter entschieden welche Themen in welcher Reihenfolge zu bearbeiten sind. Manchmal kann ein Problem auch schon in dieser Phase gelöst werden.
- Die zweite Arbeitsphase kann als Bestandsaufnahme der aktuellen Situation umschrieben werden. Hierbei wird von den Teilnehmern die aktuelle Situation analysiert. Es werden Ursachen der jeweiligen Situation behandelt und betrachtet wie die jetzige Situation empfunden wird. Man versucht des Weiteren die positiven Aspekte der Situation zu benennen.
- Als dritter Schritt werden die Defizite und Problempunkte bestimmt. Hier werden nun die negativen Aspekte an der aktuellen Situation hervorgehoben. Das geschieht durch eine gezielte Befragung aller Gruppenteilnehmer durch den Moderator. Es wird ebenfalls nach den Ursachen der Probleme und Defizite gesucht und sondiert welche Probleme im weiteren Verlauf des Treffens bearbeitet werden sollen.
- Als weiterer, vierter Schritt, wird eine Auflistung bzw. ein Katalog von Anforderungen und Zielen erstellt. Hierbei wird jeder Teilnehmer nach seinen Zielen und Forderungen hin befragt. Des Weiteren wird der Versuch unternommen herauszufinden wie die optimale Situation aussehen könnte. Danach werden allgemeine Zielvorstellungen und Themen formuliert. Dies geschieht natürlich immer mit Blick auf die Gesamtvorstellung der Einrichtung.
- Als fünfter Arbeitsschritt kommt nun die Vorstellung über die angestrebte Situation. Hier werden die in Schritt vier genannten Ziele bis in das kleinste Detail beschrieben. Es wird untersucht ob in der angestrebten Situation alle Defizite und Problempunkte bearbeitet worden sind.
- Der sechste Schritt erfasst alle Vorschläge zur Erreichung der angestrebten Situation. Hier formulieren die Teilnehmer in enger Zusammenarbeit ihre Vorschläge um von der jetzigen Situation in die angestrebte zu gelangen. Der Leiter des Qualitätszirkels überprüft mit den Teilnehmern wie die vorgeschlagenen Maßnahmen überprüft und ausgewertet werden können.
- Der siebte und letzte Schritt umfasst das Erstellen eines Qualitätsprofils. Die Gruppe überprüft ob die sieben Schritte des Qualitätszirkels eingehalten und richtig durchgeführt worden sind. Es wird ebenfalls überprüft, ob das Qualitätsprofil klar verständlich und widerspruchsfrei ist.
4.7 Qualitätsbeauftragter
Bei der Durchführung eines Qualitätsmanagement wir oft der Posten des Qualitätsbeauftragen installiert. Mit der Einführung eines Qualitätsbeauftragten geht die spezifische und personelle Funktion zur Bearbeitung des Qualitätsthemas innerhalb der Organisation an eine Person über.[22]
Zwar werden mit der Implementierung des Qualitätsbeauftragten keine Zweifel an der obersten Leitung des Unternehmens begründet, es werden aber sehr wohl alle Prozesse und strategischen Ausrichtungen des Qualitätsmanagement in eine eigene Zuständigkeit übergeben.
Qualitätsbeauftragte sollen in erster Linie die Einführung des QM-Systems in der jeweiligen Organisation erleichtern und es im Gesamtkonzept der Einrichtung fest verankern.
Von der Einführung eines Qualitätsbeauftragten erhofft man sich u.a. folgende Vorteile:
- Der Qualitätsbeauftragte setzt sich als spezialisierte Person mit den methodischen Fragen, mit den Abläufen und Verfahren und mit den Instrumenten des Qualitätsmanagements auseinander. Somit wird die Einführung des Qualitätsmanagement erheblich erleichtert und die Mitarbeiter einer Institution haben stets einen Anlaufpunkt für Frage oder Verbesserungsvorschläge. Des Weiteren wird die Motivation der Mitarbeiter gestärkt, da sie bei methodischen Problemen stets einen kompetenten Ratschlag erwarten können.
- Durch die Zuständigkeit einer Person im Bereich des Qualitätsthemas erhofft man sich, dass eine Umsetzung auf die gesamte Organisation reibungsloser verläuft. Man versucht dadurch die einzelnen Organisationsteile miteinander zu einem Gesamtprozess der Qualitätsentwicklung zu verzahnen.
- Durch Schaffung einer spezifischen Funktion für die Bearbeitung des Qualitätsthemas soll eine permanent wahrgenommene Aufgabe entstehen. So soll durch die personelle Verankerung des Qualitätsbeauftragten die Qualitätsentwicklung gefördert werden. Es wird des Weiteren sichergestellt, dass sich das Qualitätsmanagement stets verbessern kann, da sich die zuständige Person sehr wohl gegenüber der Organisationsspitze rechtfertigen muss.
4.8 Qualitätsstandards
Die Idee der so genannten Qualitätsstandards wurde durch die allgemeine Diskussion um Qualitätsentwicklung und –sicherung begründet. Durch solche Standards soll ein direkter Vergleich der einzelnen Organisationen miteinander ermöglicht werden.
[...]
[1] Vgl. Harvey, L. / Green, D.: Qualität definieren. Fünf unterschiedliche Ansätze. In: Helmke, A. / Hornstein, W. / Terhart, E. (Hg.) 2000, S. 17-39
[2] aus Merchel, J.: Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit – Ein Lehr- und Arbeitsbuch. (2004), S. 35
[3] Vgl. Gumpp, G. / Wallisch, F.: ISO entschlüsselt. (1996), S. 35-36
[4] Vgl. Bruhn, M. / Homburg, Ch.: Gabler Marketing Lexikon. (2001), S. 625-626
[5] Vgl. Glaap, W.: ISO 9000 leichtgemacht: praktische Hinweise und Hilfen zur Entwicklung und Einführung von QM-Systemen. (1996), S. 23
[6] Vgl. Zink, K.: Qualität als Managementaufgabe, Total Quality Management. (1992), S. 102
[7] vgl. Speck, Otto: Die Ökonomisierung sozialer Qualität - Zur Qualitätsdiskussion in Behindertenhilfe und Sozialer Arbeit. (1999) S.18
[8] vgl. Merchel, J.: Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit – Ein Lehr- und Arbeitsbuch. (2004), S.19- 23
[9] aus Kamiske, Gerd F. und Bauer, Jörg-Peter: ABC des Qualitätsmanagements. (2002) S.58
[10] vgl. Speck, Otto: Die Ökonomisierung sozialer Qualität - Zur Qualitätsdiskussion in Behindertenhilfe und Sozialer Arbeit. (1999) S.128-129
[11] vgl. Meinhold, M.: Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit. (1998) S.16-19
[12] vgl. Haller, S.: Beurteilung von Dienstleistungsqualität, dynamische Betrachtung des Qualitätsurteils im Weiterbildungsbereich. (1998), S. 52
[13] vgl. Wetzler, R.: Internationale Evaluationsansätze zur Qualitätssicherung sozialer (residentieller) Dienstleistungen. (1996), S. 108
[14] vgl. Meinhold, M.: Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit. (1998) S.20-25
[15] vgl. Hekking in Schubert/Zink: Qualitätsmanagement – Relevanz in Werkstätten für Behinderte. (1997), S. 209
[16] vgl. Bozien, M., Stark, W., Straus, F.: Qualitätsmanagement. (1996) S.43ff
[17] vgl. www.dreigliederung.de/qualitaetsentwicklung/ Stand: 01.02.07
[18] aus Kamiske, Gerd F. und Bauer, Jörg-Peter: ABC des Qualitätsmanagements. (2002) S.59ff
[19] aus Kamiske, Gerd F. und Bauer, Jörg-Peter: ABC des Qualitätsmanagements. (2002) S.63-64
[20] vgl. Kamiske, Gerd F. und Bauer, Jörg-Peter: ABC des Qualitätsmanagements. (2002) S.68-70
[21] vgl. Bozien, M., Stark, W., Straus, F.: Qualitätsmanagement. (1996) S.104-107
[22] vgl. Merchel, J.: Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit – Ein Lehr- und Arbeitsbuch. (2004), S.159-163
- Citar trabajo
- Dipl. Sozialpädagoge (FH) Dirk Lieske (Autor), 2007, Qualität in der Sozialen Arbeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83418
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