Die vorliegende Seminararbeit untersucht die „Entwicklung und Bestimmungsgründe der Besteuerung mobiler und immobiler Produktionsfaktoren in den USA" im Rahmen des Generalthemas „Langfristige Trends der wirtschaftlichen Entwicklung".
Die fortschreitende Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen ging mit einer zunehmenden Faktormobilität einher, welche die Steuer- und Finanzpolitik der Länder im internationalen Wettbewerb verstärkt zum Standortfaktor werden ließ. Im Rahmen der Seminararbeit wird dabei untersucht, ob und inwiefern sich die Folgen eines möglichen Steuerwettbewerbs auf die USA als Unternehmensstandort auswirken. Nach einem kurzen Überblick über die historische Entwicklung und den Aufbau des Steuersystems der USA in Kapitel 2, folgt in Kapitel 3 eine ausführliche Untersuchung der langfristigen Entwicklung der Steuerbelastung des mobilen Faktors Kapital und immobilen Faktors Arbeit. Bei der Ermittlung der tatsächlichen, vergleichbaren Steuerlast der Faktoren wird dabei auf die Messmethode der effektiven durchschnittlichen Steuerbelastung zurückgegriffen. In Kapitel 4 wird schließlich auf die Bestimmungsgründe der Faktorbesteuerung und die Rolle der USA im globalen Steuerwettbewerb eingegangen. Abschnitt 4.3 behandelt dabei mögliche Ursachen für die unterschiedliche Belastung der Faktoren Arbeit und Kapital in den Vereinigten Staaten.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Steuersystem der USA im Überblick
2.1 Einblick in die historische Entwicklung
2.2 Aufbau des Steuersystems und einzelne Steuerarten
3 Entwicklung der Faktorbesteuerung in den USA
3.1 Zusammensetzung der Steuereinnahmen und Steuersätze
3.2 Die effektive durchschnittliche Steuerbelastung
3.2.1 Die Entwicklung der Gesamt- und Einzelsteuerbelastung
3.2.2 Die USA im internationalen Steuerbelastungsvergleich
4 Bestimmungsgründe der Faktorbesteuerung
4.1 Faktormobilität und internationaler Steuerwettbewerb
4.2 Rolle der USA im internationalen Steuerwettbewerb
4.3 Mögliche Ursachen für die unterschiedliche Faktorbelastung
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anteil der Steuerarten an den Gesamtsteuereinnahmen, 1934-2009 (in %)
Abbildung 2: Anteile der Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt, 1929-2002 (in %)
Abbildung 3: Entwicklung der Spitzensteuersätze auf Bundesebene
Abbildung 4: Abgabenquote in den USA, 1970-2001 (in % des BIP)
Abbildung 5: Effektive durchschnittliche Steuerbelastung von Arbeit und Kapital
Abbildung 6: Gesamtsteuerbelastung / Abgabenquoten im internationalen Vergleich
Abbildung 7: Effektive durchschnittliche Kapitalsteuersätze im internat. Vergleich
Abbildung 8: Effektive durchschnittliche Arbeitssteuersätze im internat. Vergleich
Abbildung 9: Steuern auf Vermögen in % des BIP, 1965-1999
Abbildung 10: Effektive durchschnittliche Körperschaftsteuersätze, 1980-1996
Abbildung 11: Umfang der Schattenwirtschaft (in % des BIP), 1990 und 2002
Abbildung 12: Entwicklung der Arbeitslosenquote in den USA, 1940-2003
Abbildung 13: Auslandsdirektinvestitionen in den USA, 1981-1997
Abbildung 14: Steuer- und Abgabenquoten 2002 im internationalen Vergleich
Abbildung 15: Gesamtbelastung der Lohnkosten im internationalen Vergleich 2002
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht über die wichtigsten Steuerarten der einzelnen Staatsebenen
Tabelle 2: Einkommen- und Körperschaftsteuersätze bestimmter Einzelstaaten 2001
Tabelle 3: Anteil der Steuerarten an den Gesamtsteuereinnahmen (in %), 1934-2009
Tabelle 4: Wachsende Vermögenssteuereinnahmen der Einzelstaaten, 1965-2001
Tabelle 5: Anteil der Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt (in %), 1934-2009
Tabelle 6: Spitzensteuersätze nach Steuerart auf Bundesebene, 1913-2002
Tabelle 7: Effektive durchschnittliche Steuerbelastung im internationalen Vergleich
1 Einleitung
Die vorliegende Seminararbeit untersucht die „Entwicklung und Bestimmungsgründe der Besteuerung mobiler und immobiler Produktionsfaktoren in den USA" im Rahmen des Generalthemas „Langfristige Trends der wirtschaftlichen Entwicklung".
Die fortschreitende Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen ging mit einer zunehmenden Faktormobilität einher, welche die Steuer- und Finanzpolitik der Länder im internationalen Wettbewerb verstärkt zum Standortfaktor werden ließ.[1] Im Rahmen der Seminararbeit wird dabei untersucht, ob und inwiefern sich die Folgen eines möglichen Steuerwettbewerbs auf die USA als Unternehmensstandort auswirken. Nach einem kurzen Überblick über die historische Entwicklung und den Aufbau des Steuersystems der USA in Kapitel 2, folgt in Kapitel 3 eine ausführliche Untersuchung der langfristigen Entwicklung der Steuerbelastung des mobilen Faktors Kapital und immobilen Faktors Arbeit. Bei der Ermittlung der tatsächlichen, vergleichbaren Steuerlast der Faktoren wird dabei auf die Messmethode der effektiven durchschnittlichen Steuerbelastung zurückgegriffen. In Kapitel 4 wird schließlich auf die Bestimmungsgründe der Faktorbesteuerung und die Rolle der USA im globalen Steuerwettbewerb eingegangen. Abschnitt 4.3 behandelt dabei mögliche Ursachen für die unterschiedliche Belastung der Faktoren Arbeit und Kapital in den Vereinigten Staaten.
2 Das Steuersystem der USA im Überblick
2.1 Einblick in die historische Entwicklung
Das US-Steuersystem und -Steuerrecht ist geprägt durch die geschichtlichen Wurzeln der Politik- und Wirtschaftsentwicklung in den Vereinigten Staaten. Ein historisch ausgeprägter Wirtschaftsliberalismus und das Ideal des freien Unternehmertums sind in den USA eng verbunden mit dem festen Glauben an die Funktionstüchtigkeit und Selbstheilungskräfte des Marktes. Bereits in den ersten Jahren nach der Staatsgründung wurde die Bundesregierung von einflussreichen Kreisen dazu gedrängt, möglichst wenig in den Wirtschaftsprozess einzugreifen. Die Verfassung von 1789 hatte besonders den Einzelstaaten hohe (wirtschafts)politische Souveränität zugeschrieben.[2] Die hieraus resultierende, stark föderalistische Staatsstruktur führte dabei auf dem Gebiet des Steuerwesens zu einer starken Zersplitterung und Unübersichtlichkeit.[3] Der Bund erhob anfänglich nur einige Verbrauchssteuern und Zölle auf importierte Waren. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die landesweite Körperschaftsteuer (1909) und Einkommensteuer (1913) eingeführt. Im zweiten Weltkrieg und in den darauffolgenden Jahrzehnten wurde vor allem die Einkommensteuer zur wichtigsten Einnahmequelle des Bundes.[4] Spätestens nach der 1929 eingeleiteten Weltwirtschaftskrise nahmen die staatsinterventionistischen Maßnahmen spürbar zu (Roosevelts „New Deal“ (1934) und eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik unter Kennedy und Johnson (1961-1968)), womit auch deutliche Steuererhöhungen einhergingen. Mit der Wende zu einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik in den achtziger Jahren kam es wiederum zu drastischen Steuersenkungen und einer (relativen) Vereinfachung des Steuersystems.[5]
2.2 Aufbau des Steuersystems und einzelne Steuerarten
Die stark föderalistische Prägung der Vereinigten Staaten spiegelt sich in der uneinheitlichen Finanzverfassung des Landes wieder. Steuern können in den USA gleichzeitig vom Bund (Federal Government), den einzelnen Bundesstaaten (States) und den lokalen Gebietskörperschaften (Local Governments /Municipalities) erhoben werden (vgl. Anhang, Tab. 1). Die Verteilung der Steuerhoheit ist dabei nicht eindeutig geregelt.[6] Dies kann dazu führen, dass Bund, Einzelstaaten und Kommunen unabhängig voneinander dasselbe Steuerobjekt belasten. Rechtliche Grundlage des Bundessteuerrechts bildet der Internal Revenue Code (IRC) von 1986. Der Internal Revenue Service (IRS) ist für die Ausführung der Steuergesetze auf Bundesebene zuständig. Die Finanzhoheit der Einzelstaaten wird lediglich durch einige Bestimmungen in der Bundesverfassung und ansonsten in den jeweiligen einzelstaatlichen Verfassungen eingeschränkt. Die Höhe der Steuersätze variiert dabei je nach Einzelstaat (vgl. Anhang, Tab. 2). Darüber hinaus erheben inzwischen nahezu alle Kommunen örtliche Grund- und Vermögenssteuern und zunehmend auch Einkommen- und Körperschaftsteuern. Während auf Bundesebene weder Vermögen- noch Grundsteuern existieren, bilden jene allerdings (in variierender Höhe) das Rückgrat des Finanzsystems der meisten Einzelstaaten und Gemeinden.[7] Der Bund erhebt auch keine allgemeine Umsatzsteuer, während die Mehrzahl der Einzelstaaten und Kommunen (in Form einer Einphasensteuer) den Endverbraucher mit unterschiedlich hohen, sogenannten Sales and Use Taxes belastet. Schließlich existieren neben Erbschaft- und Schenkungssteuern, einzelne Verbrauchsteuern, bestimmte Vermögensverkehrsteuern und auch einige Umweltsteuern.[8]
3 Entwicklung der Faktorbesteuerung in den USA
3.1 Zusammensetzung der Steuereinnahmen und Steuersätze
Die relevanten Quellen der Steuereinnahmen in den USA werden in der Zeitspanne von 1934 bis 2003 (mit einer Prognose bis 2009) analysiert. Betrachtet wird zunächst die Entwicklung des prozentualen Anteils der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuereinnahmen an den Gesamtsteuereinnahmen auf Bundesebene. Zu beachten ist hierbei, dass die folgende Zeitreihe lediglich die Zusammensetzung der Einnahmen des Bundes berücksichtigt. Folglich sind zunächst noch keine direkten Rückschlüsse auf die effektive (und international vergleichbare) Steuerbelastung der Faktoren Arbeit und Kapital möglich. Auch sollte beachtet werden, dass die Besteuerung des Kapitals von Personengesellschaften und privaten Haushalten im Gegensatz zu juristischen Personen über die Einkommensteuer erfolgt (vgl. Abschnitt 3.2).[9] Das folgende Diagramm zeigt die Entwicklung der Anteile der Körperschaft- und Einkommensteuereinnahmen an den Gesamtsteuereinnahmen auf Bundesebene.
Abbildung 1: Anteil der Steuerarten an den Gesamtsteuereinnahmen, 1934-2009 (in %)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Originalquelle: Office of Management and Budget: Fiscal Year 2005 Budget (2004).
Eigene Darstellung. Daten unter www.whitehouse.gov/omb (vgl. Anhang, Tab. 3).
Auffällig ist der relativ hohe Anteil der Körperschaftsteuereinnahmen des Bundes während des zweiten Weltkrieges im Vergleich zu dem damals noch geringen Anteil der Einkommensteuereinnahmen. Erst in der Nachkriegszeit und den darauffolgenden Jahrzehnten wurde die Einkommensteuer zur wichtigsten Einnahmequelle des Bundes, während der Anteil der Körperschaftsteuereinnahmen kontinuierlich abnahm und 1983 mit 6,2 % seinen historischen Tiefpunkt erreichte. Der Anteil der Einkommensteuereinnahmen war zu diesem Zeitpunkt mit 48,1 % sehr hoch und hielt sich bis heute (ca. 46 %) mit leichten Schwankungen auf diesem Niveau. Der Anteil der Bundeseinnahmen an Körperschaftsteuer betrug in den letzten 20 Jahren durchschnittlich ca. 10 %. In der Prognose bis 2009 werden keine signifikanten Änderungen bei der Zusammensetzung der Bundesgesamtsteuereinnahmen erwartet. Die nachfolgende Grafik veranschaulicht die Anteile der Steuereinnahmen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1929 bis 2002. Aus ihr kann bereits der Verlauf der (international vergleichbaren) Gesamtsteuerbelastung (in Form der Abgabenquote, vgl. Abschnitt 3.2.1) abgelesen werden (oberste Kurve).
Abbildung 2: Anteile der Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt, 1929-2002 (in %)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bureau of Economic Analysis, Nat. Income and Product Accounts 2003.
Download unter www.taxpolicycenter.org (vgl. Anhang, Tab. 5).
Interessant ist dabei die relativ hohe Steuerquote der Einzelstaaten und Gemeinden (State and Local), welche im Gegensatz zum Bund vor allem Vermögen-, Grund- und Körperschaftsteuer erheben und damit besonders Kapital belasten (vgl. Anhang, Tab. 2, 4 und Abb. 9). Der Anteil der Bundeskörperschaftsteuereinnahmen (Federal Corporate) nahm hingegen ab, während der Sozialabgabenanteil (von anfänglich 0 %) kontinuierlich zunahm.
Im folgenden Diagramm ist die Entwicklung der Spitzensteuersätze von Einkommen- und Körperschaftsteuer (Bund) von 1913 bis 2002 dargestellt.
Abbildung 3: Entwicklung der Spitzensteuersätze auf Bundesebene
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Originalquelle: World Tax Database, Office of Tax Policy Research (2002).
Eigene Darstellung. Daten unter www.taxpolicycenter.org (vgl. Anhang, Tab. 6).
Der Einkommenspitzensteuersatz erreichte gegen Ende des ersten Weltkrieges erstmals eine Höhe von 77 % (1918), fiel zu Beginn der Weltwirtschaftskrise bis auf 25 % (1930) und kletterte in den folgenden Jahrzehnten auf ein Spitzenniveau von über 90 %. Erst ab Mitte der 60er und vor allem gegen Ende der 80er Jahre fiel er schrittweise bis auf 28 % (1988) zurück und schwankte von 1990 bis heute zwischen 30 und 40 %. In der Zeitspanne von 1945 bis 2001 betrug der Anteil der Einkommensteuereinnahmen am BIP dennoch weiterhin um die 8 % (vgl. Abb. 2). Der gleichmäßige Anstieg des Spitzensteuersatzes der Körperschaftssteuer erreichte 1962 mit 52 % seinen Höhepunkt. In den folgenden Jahrzehnten sank er kontinuierlich bis auf 35 % zurück (2002) und glich sich somit in seiner Höhe dem Einkommensteuersatz an. Zu erwähnen ist, dass aus der Betrachtung der Einkommen- und Körperschaftsteuerquoten in Abbildung 2 (vgl. Anhang, Tab. 5) noch keine direkte Aussage über die effektive Belastung von Arbeit und Kapital gemacht werden kann (z.B. aufgrund des „Kapitalanteils“ der unter die Einkommensteuer und Vermögensteuer fällt). Auch die alleinige Betrachtung der Spitzensteuersätze lässt diesbezüglich keine unmittelbaren Rückschlüsse zu (beispielsweise aufgrund international unterschiedlicher Steuerbemessungsgrundlagen im jeweiligen Steuerrecht). In Abschnitt 3.2.1 wird deshalb die effektive durchschnittliche Steuerbelastung von Arbeit und Kapital in den USA untersucht.
3.2 Die effektive durchschnittliche Steuerbelastung
Durch international unterschiedlich hohe Steuerbefreiungen, Steuererleichterungen, Bewertungsfreiheiten, Sonderabschreibungen, Freigrenzen und Freibeträge kann die steuerliche Bemessungsgrundlage in verschiedenen Ländern trotz gleicher Höhe des Bruttoeinkommens stark differieren. Für internationale Standortentscheidungen von Unternehmen ist daher die Methode der effektiven durchschnittlichen Steuerbelastung von Arbeit und Kapital ausschlaggebend.[10] Bei diesem komplizierten Ansatz wird das gesamte tatsächliche Aufkommen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben den entsprechenden volkswirtschaftlichen Größen zugewiesen und durch die jeweilige Steuerbasis dividiert. Der große Vorteil ist, dass durch das Zugrundelegen der tatsächlichen Steuerzahlungen die unterschiedlichen steuergesetzlichen Regelungen und Vergünstigungen der Länder erfasst werden und verschiedene Steuern mit ähnlicher Bemessungsgrundlage zu einem effektiven Steuersatz zusammengefasst werden können.[11]
3.2.1 Die Entwicklung der Gesamt- und Einzelsteuerbelastung
Im folgenden Diagramm wird zunächst der Verlauf der Gesamtsteuerbelastung der USA von 1970 bis 2001 anhand der Abgabenquote (Steuer- und Sozialabgaben in Prozent des BIP) dargestellt.
Abbildung 4: Abgabenquote in den USA, 1970-2001 (in % des BIP)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Originalquelle: OECD-Revenue Statistics 1965-2002 und Office of Management and Budget: Fiscal Year 2004 Budget (2003). Eigene Darstellung. Daten unter www.taxpolicycenter.org.
Die Gesamt-Abgabenquote schwankte in den letzten 30 Jahren nur geringfügig zwischen 26 und 29 Prozent. Die Grafik verdeutlicht auch die relativ hohe Steuerquote auf Einzelstaaten- und Gemeindeebene die sich seit 1970 konstant um die 9-10 % bewegte (Verbindungslinien, vgl. auch Abb.2).
In der nachfolgenden Zeitreihe wird die effektive durchschnittliche Steuerbelastung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital in den USA von 1965 bis 2000 veranschaulicht. Zum Faktor Kapital wird hierbei auch das Kapital von natürlichen Personen (d.h. von Personengesellschaften und privaten Haushalten) miteinbezogen. Auffällig ist zunächst der relativ gleichmäßige Verlauf der Steuersätze über die letzten vierzig Jahre. Das Diagramm verdeutlicht, dass Kapital in den USA mit durchschnittlich ca. 40 % relativ hoch besteuert wird, während die Belastung des Faktors Arbeit mit durchschnittlich 26 % relativ niedrig ist. Die Bestimmungsgründe und Einflussfaktoren der Faktorbesteuerung werden in Kapitel 4 untersucht.
Abbildung 5: Effektive durchschnittliche Steuerbelastung von Arbeit und Kapital
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Originalquelle: OECD-Revenue Statistics and National Accounts (2002). Daten aus: Hettich / Schmidt (2000), S.15f.; Carey / Tchilinguirian (2000), S. 28, S. 46 und Carey / Rabesona (2002), S.130. Eigene Darstellung (vgl. Anhang, Tab. 7).
3.2.2 Die USA im internationalen Steuerbelastungsvergleich
Die USA gelten insgesamt im Vergleich zum OECD-Durchschnitt als Niedrigsteuerland, was nachfolgendes Diagramm (Abb. 6) belegt. Deutschland dagegen befindet sich mit durchschnittlich 36 % hinsichtlich der Gesamtsteuerbelastung mittlerweile auf dem OECD-Durchschnittsniveau. In den Diagrammen 7 und 8 werden die Kapitalsteuer- und Arbeitssteuersätze der USA international verglichen. Die USA liegen bei der effektiven durchschnittlichen Kapitalbesteuerung mit ca. 40 % über dem OECD-Schnitt (ca. 34 %), während Deutschland vor allem seit Ende der 80er Jahre mit ca. 26 % deutlich darunter liegt. Fast spiegelbildlich verhält es sich dagegen bei der effektiven durchschnittlichen Besteuerung des Faktors Arbeit. So liegen die Vereinigten Staaten mit durchschnittlich ca. 26 % weit unter dem OECD-Durchschnitt (ca. 35 %), während Deutschland mit ca. 39-41 % deutlich darüber liegt.
Abbildung 6: Gesamtsteuerbelastung / Abgabenquoten im internationalen Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Originalquelle: OECD-Revenue Statistics 1965-2002 (2003). Eigene Darstellung. Daten unter www.bundesfinanzminsterium.de und www.whitehouse.gov/omb (vgl. Anhang, Tab. 7).
Abbildung 7: Effektive durchschnittliche Kapitalsteuersätze im internat. Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Originalquelle: OECD-Revenue Statistics (2002). Daten aus Hettich / Schmidt (2000), S.15f.; Carey / Tchilinguirian (2000), S. 28, S. 46 und Carey / Rabesona (2002), S.130.
Eigene Darstellung.
Abbildung 8: Effektive durchschnittliche Arbeitssteuersätze im internat. Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Originalquelle: OECD-Revenue Statistics (2002). Daten aus Hettich / Schmidt (2000), S.15f.; Carey / Tchilinguirian (2000), S. 28, S. 46 und Carey / Rabesona (2002), S.130.
Eigene Darstellung.
4 Bestimmungsgründe der Faktorbesteuerung
4.1 Faktormobilität und internationaler Steuerwettbewerb
Durch den fortschreitenden Globalisierungsprozess nahmen die regionalen und nationalen Bindungen der wirtschaftlichen Beziehungen kontinuierlich ab. Die Liberalisierung der Güter-, Kapital- und Arbeitsmärkte führte unter anderem zu einer Zunahme der internationalen Arbeitsteilung, einem intensiviertem Handel und einer verstärkten grenzüberschreitenden Mobilität von Produktionsfaktoren. Als mittlerweile sehr mobil gilt dabei der Faktor Kapital (insbesondere Finanzkapital), während die Faktoren Arbeit und Boden den immobilen Produktionsfaktoren zugerechnet werden. Vor diesem Hintergrund wird die Steuer- und Finanzpolitik der Nationen zunehmend zum Standortfaktor im internationalen Wettbewerb.[12] So kommt es im Rahmen eines internationalen Steuerwettbewerbs tendenziell zu einer Verschiebung der Steuerlasten weg von den mobilen Faktoren hin zu immobilen Besteuerungsobjekten. Staaten konkurrieren auf den internationalen Faktormärkten um die mobilen Produktionsfaktoren indem sie versuchen, durch günstige steuerliche Rahmenbedingungen, das mobile Kapital in Form von Investitionen im eigenen Land zu halten oder von außen zu attrahieren.[13] Eine hohe Besteuerung auf Kapital kann Investitionen ins Ausland verdrängen, aber z.B. auch eine Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und damit eine erhöhte Standortattraktivität bewirken. Während Gegner des weltweiten Steuerwettbewerbs die Gefährdung der Finanzgrundlagen für Infrastruktur, Bildungssystem und soziale Sicherung kritisieren, sehen Befürworter neben positiven Effizienzeigenschaften bei der internationalen Faktorallokation einen Vorteil in der Einflussbegrenzung des (Steuer-)Staates.[14]
4.2 Rolle der USA im internationalen Steuerwettbewerb
Nach der Theorie des globalen Steuerwettbewerbs müsste die weltweite effektive Steuerlast auf Kapital in den letzten Jahrzehnten spürbar zu Lasten des immobilen Faktors Arbeit abgenommen haben. Allerdings findet sich bei der Betrachtung der effektiven Steuersätze der OECD-Länder im Durchschnitt (vgl. Abb.7 und 8) kein eindeutiger Beleg für diesen Trend. So hat die Steuerlast auf Arbeit im OECD-Schnitt zwischen 1975 und 2000 zwar um ca. 5 Prozentpunkte leicht zugenommen, die Belastung von Kapital nahm jedoch ebenfalls leicht zu (von ca. 32 % auf ca. 36 %). Nur bei der Betrachtung einzelner Länder, wie beispielsweise Deutschland, zeigt sich ein Trend zu höherer Besteuerung des Faktors Arbeit bei sinkender Belastung des Faktors Kapital. Die USA liefern dagegen ein völlig gegensätzliches Bild in Bezug auf die Annahmen des internationalen Steuerwettbewerbs. So wurde der Faktor Kapital in den USA mit durchschnittlich ca. 40 % höher besteuert als im OECD-Durchschnitt, während die Steuerlast auf Arbeit in den letzten 30 Jahren mit ca. 26 % deutlich geringer ausfiel als in den meisten Ländern. In der langfristigen Betrachtung ist in den USA weder ein deutlicher Abwärtstrend bei der Kapitalbesteuerung noch eine deutliche Zusatzbelastung des Faktors Arbeit zu erkennen. Demnach scheinen die langfristigen Trends der Faktorbesteuerung in den USA von einem internationalen Steuerwettbewerb relativ wenig beeinflusst worden zu sein. Diesbezüglich sollte erwähnt werden, dass unterschiedliche Messmethoden und Verfahren zur Ermittlung der effektiven Steuerbelastung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Allerdings gilt dabei die Messmethode der effektiven durchschnittlichen Steuersätze als eine der aussagefähigsten für internationale Vergleiche.[15]
4.3 Mögliche Ursachen für die unterschiedliche Faktorbelastung
Trotz der hohen Kapitalbesteuerung sind die USA insgesamt ein Niedrigsteuerland (vgl. Abschnitt 3.2.2 / Abb. 6) und zählen für Unternehmen nach wie vor zu den attraktivsten Standorten weltweit. Besonders günstige institutionelle und kulturelle Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen überwiegen scheinbar die Nachteile einer hohen Kapitalbesteuerung. Für den Standort USA sprechen aus Unternehmersicht beispielsweise die guten privatwirtschaftlichen Finanzierungsmöglichkeiten und staatlichen Förderungsstellen für Unternehmensgründer („Small Business Administration“), ein gering regulierter Arbeitsmarkt mit einem großen Angebot sowohl an hoch qualifizierten Personen als auch an billigen Arbeitskräften, renommierte Forschungszentren und auch die zahlreichen wirtschaftsnahen „Business-Schools“. Neben der hohen Bedeutung der US-Kapitalmärkte und dem riesigen Absatzmarkt sind auch kulturelle Aspekte nicht zu unterschätzen, wie z.B. hohe Risikobereitschaft und der Unabhängigkeitsdrang unter den US-Bürgern, hohes gesellschaftliches Ansehen von „Start-ups“ und die Akzeptanz von Einkommensunterschieden.[16] Die gestiegenen Auslandsdirektinvestitionen in den USA über die letzten Jahrzehnte belegen dabei deutlich die hohe Standortattraktivität der USA für Unternehmen (vgl. Abb. 13). Bei der insgesamt hohen Kapitalbesteuerung ist weiterhin zu beachten, dass unter den besteuerten Unternehmen die Kapitalgesellschaften allein betrachtet im internationalen Vergleich eher gering besteuert werden. Hierauf deuten die niedrigen effektiven durchschnittlichen Körperschaftsteuersätze (vgl. Abb. 10) und auch die zum Teil gesunkenen Körperschaftsteuerquoten (vgl. Abb. 2 / Anhang, Tab. 5) der vergangenen Jahre hin. Jener Tatbestand lässt vermuten, dass das Kapital vor allem im Rahmen der Einkommensteuer (Personengesellschaften und Kapitaleinkünfte von Privathaushalten) und auch Vermögensteuer (auf einzelstaatlicher und kommunaler Ebene) belastet wird. Ein Indiz könnten die relativ hohe Einkommensteuerquote des Bundes und die hohe Steuerquote der Einzelstaaten und Gemeinden (vgl. Abb. 2 / Anhang, Tab. 5) liefern. Darüber hinaus wird im internationalen Vergleich das Vermögen in den USA (vor allem in Form der Grundsteuern) tatsächlich recht hoch besteuert (vgl. Anhang, Abb. 9).[17] Die niedrige Belastung des immobilen Faktors Arbeit resultiert in erster Linie aus den historisch niedrigen Sozialabgaben in den USA. Zwar stieg die Sozialabgabenquote innerhalb der letzten Jahrzehnte stetig auf das heutige Niveau von ca. 6-7 % (vgl. Anhang, Tab. 5), im internationalen Vergleich ist sie jedoch nach wie vor relativ niedrig (vgl. Anhang, Abb. 14). Hierfür sprächen der geringe Umfang der US-Schattenwirtschaft und die geringe Arbeitslosenquote im Verlauf der letzen Jahrzehnte (vgl. Anhang, Abb. 11 und 12). Aus Unternehmersicht liefern eine geringe Belastung der Lohnkosten (vgl. Anhang, Abb. 15), ein kaum regulierter, flexibler Arbeitsmarkt (ohne gesetzlichen Kündigungsschutz) und schwache Gewerkschaften sicherlich Anreize, neue Stellen zu schaffen. Allerdings entstanden jene in den USA überwiegend in Form von schlecht bezahlten Hilfsarbeiten im schnell expandierenden Dienstleistungssektor („McJobs“). So ist in den USA im Zuge einer zunehmenden Lohnspreizung ein ausgeprägter Niedriglohnsektor entstanden, in dem Millionen von Menschen ohne soziale Absicherung arbeiten und am Rande des Existenzminimums leben müssen („working poor“).[18]
[...]
[1] Vgl. Siebert (2001), S. 5
[2] Vgl. Frühbrodt (2000), S. 41f.
[3] Vgl. Müssener (2000), S. 9
[4] Vgl. Frühbrodt (2000), S. 49
[5] Vgl. Frühbrodt (2000), S. 42f.
[6] Vgl. Hoereth/Schiegel (2002), S. 3
[7] Vgl. Müssener (2000), S. 9-13
[8] Vgl. Müssener (2000), S. 59-65, 68-71 und 73-76/3
[9] Vgl. Hettich/Schmidt (2000), S. 5f.
[10] Vgl. Hettich/Schmidt (2000), S. 3
[11] Vgl. Hettich/Schmidt (2000), S. 4
[12] Vgl. Franz (2000), S. 1f.
[13] Vgl. Siebert (2001), S. 5f.
[14] Vgl. Müller (2002), S. 1
[15] Vgl. Hettich/Schmidt (2000), S. 1-7
[16] Vgl. Henneberger / Graf / Dorn, (2002), S. 52f.
[17] Vgl. Bach / Bartholmai (2002), S. 5-9
[18] Vgl. Frühbrodt (2000), S. 45
- Citar trabajo
- Diplom-Betriebswirt Pascal Noller (Autor), 2004, Entwicklung und Bestimmungsgründe der Besteuerung mobiler und immobiler Produktionsfaktoren in den USA, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83223
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