Seit dem Fall der Mauer und der zuvor einsetzenden Perestroika in der ehemaligen Sowjetunion kam es zu einem enormen Schub der Zuwanderungen von Deutschen aus Osteuropa und Asien. Diese Menschen werden von der deutschen Mehrheitsgesellschaft als Spätaussiedler bezeichnet. Zu Beginn der Einwanderung in den 50ziger Jahren wurden diese Menschen mit offenen Armen empfangen, jedoch wendete sich die Einstellung der „Einheimischen“ in den 90ziger Jahren zu einer ablehnenden Haltung. Auch werden die Spätaussiedler von den hier lebenden Migranten nicht-deutscher Abstammung als Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt sowie im Bereich der sozialstaatlichen Zuwendungen betrachtet. Die Ungleichbehandlung von hier lebenden Migranten gegenüber Spätaussiedlern stößt auf Missverständnis, da diese bereits kurz nach ihrer Übersiedlung alle politischen und sozialen Rechte genießen können, wobei die hier bereits in der 3. Generation lebenden Zugewanderten auf ihre Anerkennung durch das politische System der Bundesrepublik noch immer warten. Ferner verbindet man mit Spätaussiedlern oft einen hohen Alkohol- und Drogenkonsum und eine überdurchschnittlichen Kriminalität sowie die Meinung, dass sie nur Nutznießer des deutschen Wohlfahrtsstaates sind bzw. dass sie nur aufgrund der schlechten ökonomischen Situation in ihrer alten „Heimat“ in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind.
In der öffentlichen Diskussion gewinnt der Begriff „Partizipation“ verstärkt an Bedeutung und jeder einzelne wird aufgefordert, sich am politischen und gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Dabei wird oft außer Acht gelassen, dass vor allem Menschen mit Migrationshintergrund diese Teilnahme oft verwehrt bzw. durch entsprechende Defizite kaum ermöglicht wird. Zu diesen Defiziten wird der viel zitierte Mangel an sprachlicher Kompetenz und die daraus resultierende mangelnde Integrationsbereitschaft sowie die soziale Lage der Migranten gezählt. Integration wird dabei nach Meinung des Autors oft als Assimilation begriffen, welche die vollständige Anpassung von Zugewanderten an die Aufnahmegesellschaft und die Negierung ihrer eigenen Kultur und ihrer Herkunftsidentität beinhaltet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Rahmen
2.1 Interkulturelle Pädagogik
2.2 Wahrnehmung von Spätaussiedlern
3 Geschichte der Deutschen in Russland
3.1 Die Anfänge der Besiedlung
3.2 Die Entwicklung der Kolonien
3.3 Der Zweite Weltkrieg und die Auswirkungen
4 Situation der Spätaussiedler in Sachsen- Anhalt
5 Schlußfolgerungen
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Seit dem Fall der Mauer und der zuvor einsetzenden Perestroika in der ehemaligen Sowjetunion kam es zu einem enormen Schub der Zuwanderungen von Deutschen aus Osteuropa und Asien. Diese Menschen werden von der deutschen Mehrheitsgesellschaft als Spätaussiedler bezeichnet. Zu Beginn der Einwanderung in den 50ziger Jahren wurden diese Menschen mit offenen Armen empfangen, jedoch wendete sich die Einstellung der „Einheimischen“ in den 90ziger Jahren zu einer ablehnenden Haltung. Auch werden die Spätaussiedler von den hier lebenden Migranten nicht-deutscher Abstammung als Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt sowie im Bereich der sozialstaatlichen Zuwendungen betrachtet. Die Ungleichbehandlung von hier lebenden Migranten gegenüber Spätaussiedlern stößt auf Missverständnis, da diese bereits kurz nach ihrer Übersiedlung alle politischen und sozialen Rechte genießen können, wobei die hier bereits in der 3. Generation lebenden Zugewanderten auf ihre Anerkennung durch das politische System der Bundesrepublik noch immer warten. Ferner verbindet man mit Spätaussiedlern oft einen hohen Alkohol- und Drogenkonsum und eine überdurchschnittlichen Kriminalität sowie die Meinung, dass sie nur Nutznießer des deutschen Wohlfahrtsstaates sind bzw. dass sie nur aufgrund der schlechten ökonomischen Situation in ihrer alten „Heimat“ in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind.
In der öffentlichen Diskussion gewinnt der Begriff „Partizipation“ verstärkt an Bedeutung und jeder einzelne wird aufgefordert, sich am politischen und gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Dabei wird oft außer Acht gelassen, dass vor allem Menschen mit Migrationshintergrund diese Teilnahme oft verwehrt bzw. durch entsprechende Defizite kaum ermöglicht wird. Zu diesen Defiziten wird der viel zitierte Mangel an sprachlicher Kompetenz und die daraus resultierende mangelnde Integrationsbereitschaft sowie die soziale Lage der Migranten gezählt. Integration wird dabei nach Meinung des Autors oft als Assimilation begriffen, welche die vollständige Anpassung von Zugewanderten an die Aufnahmegesellschaft und die Negierung ihrer eigenen Kultur und ihrer Herkunftsidentität beinhaltet.
Die folgende Arbeit soll sich überwiegend mit den Problemen und der Geschichte der SpätaussiedlerInnen beschäftigen. Ebenfalls sollen die Möglichkeiten der interkulturellen Pädagogik bzw. welchen Beitrag diese für die erfolgreiche Integration von Migranten, insbesondere von Spätaussiedlern, leisten kann, diskutiert werden. Es soll dabei auf die Konstruktion des Fremden eingegangen werden, welche sich überwiegend auf die Entstehung des Fremdenbildes „Russe“ spezifiziert, da der Verfasser der Meinung ist, dass dieses tief im Denken der „Deutschen“ zementiert wurde und den Umgang mit Spätaussiedlern mit beeinflusst. Anmerkend sei erwähnt, dass dem Autor durchaus bewusst ist, dass es Die Spätaussiedler oder Die Deutschen nicht gibt, jedoch der Verzicht auf eine Unterscheidung zur Verbesserung des Leseflusses beitragen kann bzw. diese vorurteilsfrei zu verstehen sind.
2 Theoretischer Rahmen
Dass Partizipation auch Bildung ist, ist für den Autor unbestritten. Um am öffentlichen sowie politischen Leben partizipieren bzw. seine jeweiligen Interessen mittels Sprache artikulieren zu können, sind grundlegende Voraussetzungen wie das Erlernen von Kommunikationstechniken bzw. von landesspezifischen Eigenarten notwendig. Diese Voraussetzungen werden überwiegend im Umgang mit anderen Menschen bzw. in der Schule geschaffen und fordern somit von der Institution Schule einen sensiblen Umgang mit zugewanderten Menschen, die der deutschen Sprache bzw. den „deutschen Kultur bzw. Kommunikationstechniken“ nur begrenzt mächtig sind. Hierzu sollte der Abschnitt über die interkulturelle Bildung einen Einblick in diese Problematik geben, wobei die Verwendung des Begriffs „interkulturell“ in Bezug auf Spätaussiedler eher problematisch ist, da sowohl diese Gruppe als auch ein geringer Teil der Mehrheitsbevölkerung von Seiten der deutschen Regierung als „Deutsche“ verstanden werden und daher zum „Deutschen Kulturkreis“ zugehörig.
Gleichwohl bleibt der Eindruck bestehen, dass diesen Menschen sowohl von einheimischen Deutschen als auch von bereits Zugewanderten Ablehnung und Misstrauen entgegen gebracht wird. Um einen besseren Einblick in die Einstellung der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Spätaussiedlern zu erhalten, soll im folgenden auf die Konstruktion des Bildes vom „Russen“ eingegangen werden, da die Russlanddeutschen oft als Fremde missverstanden werden. Allerdings kann eine Differenz in der Sozialisation von zugewanderten Deutschen aus den Staaten des ehemaligen Ostblocks und der in Deutschland geborenen Menschen nicht geleugnet werden, die den Umständen unterschiedlicher Sozialisationserfahrungen geschuldet ist.
2.1 Interkulturelle Pädagogik
Das Anwerben von ausländischen Arbeitskräften durch die Bundesrepublik Deutschland setzte verstärkt nach dem Bau der Mauer und dem daraus resultierenden Fachkräftemangel ein. Kamen anfangs überwiegend allein stehende „Gastarbeiter“ bzw. Männer und Frauen ohne Familie, so änderte sich die Situation nach dem Anwerbestopp grundlegend. Im Zuge der Familienzusammenführung, die es Menschen mit Migrationshintergrund gestattet – vorausgesetzt sie haben eine dauerhafte Bleibeberechtigung – Familienangehörigen aus der alten in die neue „Heimat“ zu holen, veränderte sich die Zusammensetzung der ausländischen Wohnbevölkerung in Deutschland. Mit den Arbeitern kamen nun Familien. Die Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund, die am Schulunterricht teilnahmen, wuchs und mit ihnen der Handlungsbedarf von Seiten der bundesrepublikanischen Regierung.
Sprachdefizite dieser Kinder wurden „... als dominantes, weil zunächst auffälligstes Problem wahrgenommen, was zuerst die Fremdsprachendidaktik auf den Plan rief.“[1] Dabei versuchte man damals die Gradwanderung zwischen Integration und Rückkehrfähigkeit der betroffenen Menschen mittels Regel- und Ergänzungsunterricht aufrecht zu erhalten. Dem Regelunterricht, in dem Sprachdefizite abgebaut werden sollten, wurde die Integrationsaufgabe übertragen und der muttersprachliche Ergänzungsunterricht, der von „ausländischen Lehrern“ geleitet wurde, sollte die Rückkehrbereitschaft von Migranten wahren.[2]
Die Vorstufe einer Interkulturellen Pädagogik bildet in Deutschland die Ausländerpädagogik, welche entweder die Rückkehr von Migranten in die Herkunftsländer oder die Assimilation im entsprechenden Aufnahmeland zum Ausdruck brachte bzw. dem ein homogenes Gesellschaftsbild als Grundlage diente.[3] Nach Meinung des Autors ist dies der damaligen Staatsbürgerschaftsauffassung der Bundesrepublik Deutschland geschuldet, wonach nur ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt, wenn zumindest ein Elternteil deutscher Staatsbürger ist/ war. Das Abstammungsprinzip diente zum einen dazu, dass Deutsche, die in den ehemaligen Ostgebieten lebten, eine Rückkehroption in die Bundesrepublik offen gehalten wurde. Zum anderen verstand sich die Bundesrepublik als rechtmäßige Erbin der Weimarer Republik und als alleinige Vertretung aller Deutschen, um somit der DDR ihre Legitimation abzusprechen. Auch folgten die Bundesregierungen lange Zeit dem Paradigma, dass die Bundesrepublik kein Einwanderungsland sei und daher die Integration von MigrantInnen vernachlässigt wurde.[4] Gleichwohl wurde das „Problem“ bereits von wissenschaftlicher Seite erkannt und thematisiert. Denn man bemerkte, dass sich bereits ein Wandel „von der ‚Gastarbeiterbeschäftigung’ zur ‚Einwanderung’“[5] vollzogen hatte, auf dessen neue Herausforderungen reagiert werden sollte. Dabei wurde das Hauptaugenmerk auf Ansätze der Migrationsforschung gelenkt sowie nach „... pädagogischen Konzepten in Ländern mit längerer Einwanderungstradition“[6] gesucht.
[...]
[1] Auernheimer, Georg: 1996; Einführung in die interkulturelle Erziehung; 2. überarb. Aufl.; Primus Verlag; Darmstadt, S. 6
[2] ebenda S. 7
[3] Diehm, Isabell/ Radtke, Frank-Olaf: 1999, Erziehung und Migration – Eine Einführung; Kohlhammer; Stuttgart, Berlin, Köln, S. 128
[4] Essinger, Helmut/ Uçar, Ali (Hrsg.): 1993; Erziehung: Interkulturell – politisch – antirassistisch: von der interkulturellen zur antirassistischen Erziehung, Ein Reader; migro Verlag; Felsberg, S. 20
siehe auch: Bade, Klaus J.: 1994; Ausländer - Aussiedler – Asyl: Eine Bestandsaufnahme: C.H. Beck Verlag; München, S. 16 ff
[5] Auherheimer: 1996; S. 9
[6] ebd. S. 9
- Citation du texte
- Daniel Bosse (Auteur), 2005, Spätaussiedler - Die "fremden" Deutschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82930
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