Die Arbeit schildert die Situation europäischer Krankenversorgung. Dabei wird auf Umverteilungseffekten unter der Berücksichtigung der Gerechtigkeit eingegangen. Diese werden dann anhand empirischer Daten hinterlegt.
Einleitung:
Die Finanzierung der Gesundheitsversorgung ist ein politisches und gesellschaftliches Dauerthema. Zahlreiche Diskussionen und unzählige Vorschläge zur Reform der Versiche-rungssysteme begegnen uns alltäglich in den Medien. Die Gesundheit, das vielleicht wich-tigste Gut überhaupt, ist teuer: Zwischen 4% und 15% des gesamten gesellschaftlichen Einkommens wird in westlichen Industrieländern für Gesundheitsleistungen aufgewendet. Bei einem so wichtigen Thema drängt sich die Frage nach der Gerechtigkeit bei der Finan-zierung auf.
In dieser Arbeit bewerten wir fünf verschiedene Finanzierungsformen hinsichtlich ihrer Gerechtigkeitswirkung: Direkte und indirekte Steuern, soziale und private Kranken-versicherungen sowie (private) Zuzahlungen/direkte Zahlungen. Zunächst wird hierzu in Kapitel 2 das Gerechtigkeitsziel definiert und erläutert. Anschließend folgt in Kapitel 3 die Vorstellung einer Messmethode zur Ermittlung der Umverteilungseffekte einer Finanzie-rungsmaßnahme. Kapitel 4 gibt einen kurzen Überblick über mögliche Ursachen für die Existenz von Finanzierungsungerechtigkeiten. In Kapitel 5 schließlich werden die empiri-schen Befunde zum Thema Finanzierungsgerechtigkeit vorgestellt und die o.g. Finanzie-rungsforen hinsichtlich ihrer Gerechtigkeitswirkung beurteilt. Unsere Arbeit basiert dabei im Wesentlichen auf dem Artikel von van Doorslaer et al. (1999), der die Umverteilungs-effekte der Finanzierungsarten bei der Gesundheitsversorgung für zwölf OECD-Staaten untersucht.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Gerechtigkeitsziel bei der Finanzierung von Gesundheitsleistungen
3 Der Umverteilungseffekt einer Finanzierungsform
4 Mögliche Ursachen für horizontale Ungerechtigkeit
5 Empirische Befunde und Bewertung hinsichtlich Gerechtigkeitswirkung
6 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Finanzierung der Gesundheitsversorgung ist ein politisches und gesellschaftliches Dauerthema. Zahlreiche Diskussionen und unzählige Vorschläge zur Reform der Versicherungssysteme begegnen uns alltäglich in den Medien. Die Gesundheit, das vielleicht wichtigste Gut überhaupt, ist teuer: Zwischen 4% und 15% des gesamten gesellschaftlichen Einkommens wird in westlichen Industrieländern für Gesundheitsleistungen aufgewendet. Bei einem so wichtigen Thema drängt sich die Frage nach der Gerechtigkeit bei der Finanzierung auf.
In dieser Arbeit bewerten wir fünf verschiedene Finanzierungsformen hinsichtlich ihrer Gerechtigkeitswirkung: Direkte und indirekte Steuern, soziale und private Krankenversicherungen sowie (private) Zuzahlungen/direkte Zahlungen. Zunächst wird hierzu in Kapitel 2 das Gerechtigkeitsziel definiert und erläutert. Anschließend folgt in Kapitel 3 die Vorstellung einer Messmethode zur Ermittlung der Umverteilungseffekte einer Finanzierungsmaßnahme. Kapitel 4 gibt einen kurzen Überblick über mögliche Ursachen für die Existenz von Finanzierungsungerechtigkeiten. In Kapitel 5 schließlich werden die empirischen Befunde zum Thema Finanzierungsgerechtigkeit vorgestellt und die o.g. Finanzierungsforen hinsichtlich ihrer Gerechtigkeitswirkung beurteilt. Unsere Arbeit basiert dabei im Wesentlichen auf dem Artikel von van Doorslaer et al. (1999), der die Umverteilungseffekte der Finanzierungsarten bei der Gesundheitsversorgung für zwölf OECD-Staaten untersucht.
2 Das Gerechtigkeitsziel bei der Finanzierung von Gesundheitsleistungen
Erwirtschaftet ein Bürger ein Einkommen, so steht ihm dieses zunächst einmal in voller Höhe unmittelbar zu. Soll aus diesem Einkommen die Finanzierung von Gesundheitsleistungen bestritten werden, muss dies durch gesellschaftliche Normen gerechtfertigt werden.
Das Äquivalenzprinzip verlangt, dass einer durch das Individuum geleisteten Abgabe eine äquivalente gesellschaftliche/staatliche Gegenleistung gegenübersteht. Im Kontext einer staatlich organisierten Gesundheitsversorgung würde demnach jedes Individuum zur Finanzierung der durch seine Behandlung entstandenen Kosten herangezogen. Angesichts dessen, dass Krankheiten in der Regel unverschuldet auftreten, erscheint eine Anwendung des Äquivalenzprinzips im Rahmen der Gesundheitsversorgung daher als ungerecht.
Stattdessen wird von jedem Individuum ein Beitrag zur Finanzierung erhoben, da letztlich alle Mitglieder einer Gesellschaft von der Existenz einer funktionierenden, staatlich organisierten Gesundheitsversorgung profitieren. Dies geschieht nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip, wonach die Verteilung der Abgabenlast an die individuelle Leistungsfähigkeit – für welche beispielsweise das erzielte Einkommen einen sinnvollen Indikator darstellt – geknüpft wird. Horizontale Gerechtigkeit verlangt dabei die Gleichbehandlung von Individuen gleicher Leistungsfähigkeit, vertikale Gerechtigkeit entsprechend die Ungleichbehandlung von Individuen unterschiedlicher Leistungsfähigkeit – und zwar in dem Sinne, dass sich leistungsfähigere Individuen stärker an der Finanzierung beteiligen als weniger leistungsfähige.
Die Prinzipien der horizontalen und vertikalen Gerechtigkeit stellen die Grundlage zur späteren Beurteilung von Finanzierungsformen hinsichtlich ihrer Gerechtigkeit dar. Es sei angemerkt, dass ein System dabei einem anderen System gegenüber nicht deswegen als gerechter gelten kann, weil es progressiver ist. Solange beide Systeme von „reich“ zu „arm“ umverteilen ist das Prinzip der vertikalen Gerechtigkeit erfüllt. Das Ausmaß der Umverteilung ist letztlich keine Frage der Gerechtigkeit, sondern eine gesellschaftlicher Präferenzen. Sind jedoch zwei Systeme regressiv, so ist es aus der Forderung heraus, dass bei Einhaltung vertikaler Gerechtigkeit höhere Einkommen stärker belastet werden sollen als niedrige, legitim, das stärker regressive System ceteris paribus als ungerechter anzusehen.
Eine Gewichtung der einzelnen Prinzipien, die die relative Bedeutung zueinander festlegt, wird nicht vorgenommen, da dies ebenfalls nur aufgrund gesellschaftlicher Präferenzen möglich wäre.
Im Ergebnis soll daher ein System dann als gerechter gelten als ein anderes, wenn es bei gleicher Umverteilungswirkung weniger horizontale Ungerechtigkeit beinhaltet und/oder wenn es eine höhere Anzahl an Gerechtigkeitspostulaten erfüllt. Da in der Realität jedoch bei praktisch allen Finanzierungsforen das Vorhandensein horizontaler Ungerechtigkeit zu erwarten ist, wird ein (progressives) System bezüglich des letztgenannten Kriteriums vor allem dann als gerechter anzusehen sein, wenn das andere System regressiv ist und somit das Prinzip vertikaler Gerechtigkeit verletzt.
Um jedoch überhaupt eventuelle Vergleiche anstellen zu können, bedarf es der Bestimmung konkreter Maßzahlen. Das nachfolgende Kapitel stellt einen Ansatz vor, mit dem der Umverteilungseffekt einer Finanzierungsmaßnahme in Teileffekte zerlegt werden kann, die eine Aussage bezüglich der Erfüllung der o.g. Gerechtigkeitsprinzipien zulassen.
3 Der Umverteilungseffekt einer Finanzierungsform
Generell geht die Finanzierung von Gesundheitsleistungen durch Abgaben der Gesellschaftsmitglieder mit Änderungen in der Einkommensverteilung einher. Eine Methode zur Messung der hierbei auftretenden Effekte wird in diesem Kapital vorgestellt. Die Darstellung folgt dabei Aronson, Johnson und Lambert (1994).
Zur Messung von Einkommensungleichheit dient der Gini-Koeffizient, welcher für absolut gleichmäßige Verteilungen den Wert 0, für vollkommen ungleiche Verteilungen dagegen den Wert 1 annimmt. Der Umverteilungseffekt (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) einer Finanzierungsmaßnahme lässt sich durch die Reduzierung der Ungleichheit in Folge der Maßnahme ausdrücken:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (3.1)
Wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die Gini-Koeffizienten des Einkommens vor bzw. nach der Durchführung der Maßnahme bezeichnen. Ein positiver Wert für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten kennzeichnet eine Abnahme der Ungleichheit. Unter der Annahme perfekter horizontaler Gerechtigkeit entstünde ein solcher Effekt ausschließlich aufgrund der Progressivität einer Finanzierungsart. Der Umverteilungseffekt ließe sich dann berechnen als
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten , (3.2)
wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten für den Anteil des Gesamteinkommens steht, der durch die Finanzierungsmaßnahme den Bürgern entzogen wird und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten für den Progressivitäts-Index von Kakwani (1977). Dieser nimmt für progressive Finanzierungsmaßnahmen einen positiven, für regressive einen negativen Wert an. Das Vorzeichen von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gibt also Aufschluss über die Einhaltung des Prinzips der vertikalen Gerechtigkeit. Ein positives Vorzeichen spricht dabei für die Einhaltung des Prinzips, da bei progressiven Finanzierungsformen hohe Einkommen durchschnittlich stärker belastet werden als niedrige. Insgesamt ist der Umverteilungseffekt also von Ausmaß und Vorzeichen der Progression sowie von der Höhe von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten abhängig. Je größer Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist, desto stärker wirken sich die durch die Progressivität verursachten Effekte bei der Umverteilung auf.
Sei jetzt die Annahme getroffen, dass zwar eine für alle einheitliche, progressive Finanzierungsform existiert, die tatsächliche Höhe der Abgabe aber zusätzlich von einer uneinheitlichen Störvariablen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (mit einem Erwartungswert von Null) abhängig ist, dann gilt:
[...]
- Arbeit zitieren
- Christian Stahr (Autor:in), Markus Sass (Autor:in), 2007, Gerechtigkeit bei der Finanzierung von Gesundheitsleistungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82881
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