Diese Arbeit ist der Versuch einer komparativen Analyse der Wortprofile von bonheur
und joie im Sinne der kognitiven Semantik, wobei das Hauptaugenmerk auf dem Wort
bonheur liegt. Den theoretischen Hintergrund bilden Wittgenstein, der die Wichtigkeit
des Gebrauchs der Worte unterstreicht, sowie Lakoff und Johnsons konzeptuelle
Metaphern. Ziel ist einerseits die Beschreibung der Konzeptualisierung der Referenten
der Begriffe bonheur und joie in der französischen Sprache, und, damit
zusammenhängend, andererseits die Untersuchung, inwieweit es sich dabei um
Synonyme handelt.
Gliederung
1 Theoretische Einordnung
1.1 Interdependenz zwischen Inhalt und Umgebung
1.2 Synonymie
2 Ist Glück kurz oder von Dauer?
2.1 bonheur - statische Konzeption
2.2 bonheur - dynamische, projektive Konzeption „Glücksrad“
3 bonheur ↔ joie
4 „jardin privatif“ von joie
5 bonheur ↔ malheur
6 Verwendung von bonheur und joie in Umstandsangabe
6.1 avec
6.2 à
6.3 dans
7 Des eigenen Glückes Schmied oder dreht sich das Glücksrad?
7.1 Externe vs. interne Welt
7.2 Koordination und Idiome
8 Conclusion
9 Beispiel-Liste
10 Quellen
Syllabus
Diese Arbeit ist der Versuch einer komparativen Analyse der Wortprofile von bonheur und joie im Sinne der kognitiven Semantik, wobei das Hauptaugenmerk auf dem Wort bonheur liegt. Den theoretischen Hintergrund bilden Wittgenstein, der die Wichtigkeit des Gebrauchs der Worte unterstreicht, sowie Lakoff und Johnsons konzeptuelle Metaphern. Ziel ist einerseits die Beschreibung der Konzeptualisierung der Referenten der Begriffe bonheur und joie in der französischen Sprache, und, damit zusammenhängend, andererseits die Untersuchung, inwieweit es sich dabei um Synonyme handelt.
1 Theoretische Einordnung
1.1 Interdependenz zwischen Inhalt und Umgebung
Macht man sich Wittgensteins „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache“ (Wittgenstein: 41/§43)[1] zum Credo, so ist der Gebrauch eines Begriffs ein guter Ausgangspunkt zur Erkenntnis des dahinter stehenden Konzeptes eins Wortes. „Inhalt und Umgebung eines Wortes lassen gegenseitig aufeinander schließen“ (vgl. ebd: 242/§583/4). Man findet in der Umgebung eines Wortes andere Worte, die schon im Begriff oder dessen Geschichte enthalten sind. Ein komplexer Inhalt spiegelt sich in der typischen Umgebung eines Wortes wider. Auch dieser Gedanke Wittgensteins wird in der Sprachwissenschaft aufgegriffen, indem man mithilfe von Computern und darin gespeicherten Text-Korpora die statistisch am häufigsten in der Umgebung eines Basiswortes auftretenden Wörter errechnen lässt und auswertet. Denn diese Wörter „reflètent largement le réseau d’associations verbales reliées à ce mot“ (Le Ny in Blumenthal, 2006a: 2). Die logique des mots lässt sich demnach durch die Beschreibung ihrer combinatoire (surface) und der Suche nach einem erklärenden System (sous-jacent) herausfinden (vgl. ebd: 1). Ziel ist dabei, „de comprendre les rapports entre la combinatoire du mot de base et les schémas sémanico-cognitifs sous-jacents“ (ebd: 2). Lakoff betont, dass diese Schemata „anything but arbitrary“, sondern „direct reflections of our (everyday bodily) experiences“ sind (Lakoff, 1988: 144/147), und dass Gefühle, entgegen häufiger Behauptungen über “an extremely complex conceptual structure” verfügen (1987:380). In der Gesamtheit aller Begriffe würde die Analyse des Sprachgebrauchs schließlich zum Zugang zur Konzeptualisierung der Welt führen. „Cognitive Linguistics […] is an approach to language that is based on our experience of the world and the way we perceive and conceptualize it“ (Ungerer/Schmid: x). Denn die Leistung bzw. Konzeptualisierung eines Wortes besteht darin, „diffuse und komplexe Wirklichkeit nach bestimmten Kriterien zu ordnen“ und „komplizierte Zusammenhänge in ökonomischer Weise ‚auf einen Begriff’ zu bringen“ (Blumenthal 200b: 17) oder in Lakoff und Johnsons Worten: „Our conceptual system thus plays a central role in defining our everyday realities“ (3). Nun möchte ich Wittgensteins Aufforderung „Lass Dich die Bedeutung der Wörter durch ihre Verwendung lehren“ (vgl. Wittgenstein: 185, 172, 279 und 336) folgen und die Verwendung der Begriffe bonheur und joie untersuchen. Dazu wurden im 26 Millionen Wörter umfassenden Korpus Le Monde 2002 die kombinatorischen Profile der Basisworte bonheur und joie per log likelihood („Grad der Spezifizität des Auftretens des Wortes y in der Umgebung des Basiswortes x “ (Blumenthal 2006b: 33)) errechnet. Das Basiswort bonheur kam 1239 Mal in diesem Korpus vor. Der Abstand der Kollokatoren zum Basiswort betrug bis zu fünf Worte und die Kollokatoren der Wortarten Nomen, Verb, Präposition und Adjektiv wurden bis Rang 50 berücksichtigt.
1.2 Synonymie
Desweiteren ist die Analyse der voisinage von Wörtern sehr nützlich, um Synonyme zu vergleichen und genau herauszuarbeiten, um welche Art von Synonymen es sich handelt, und wo Bedeutungsgrenzen und -nuancen vorliegen, denn: „Synonymie geht […] meist mit einer unterschiedlichen Konzeptualisierung Hand in Hand“ (Blumenthal 2006b: 19). „L’analyse contrastive des collocations de deux synonymes mène droit au cœur de leurs différences de sens“ (Blumenthal, 2006a: 5). Man kann auf Kriterien wie die Opposition intérieur/extérieur und Modalitäten der Kausalität stoßen, die unser semantisches und kognitives Denken strukturieren. Man sollte die antithetische Sicht allerdings nicht auf die Spitze treiben, denn häufig handelt es sich um Partielle Synonymie (vgl. ebd.). Diese wird definiert als
Beziehung zwischen lexikalischen Einheiten, bei der zwei oder mehrere Wörter durch eine mehr oder weniger starke semantische Similarität (Ähnlichkeit) gekennzeichnet sind. Bei polysemen Lexien besteht die semantische Similarität meist nur zwischen jeweils einer Bedeutung der Lexien. (Blank: 153)
Bei bonheur handelt es sich um eine polyseme Lexie; diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch, bonheur in all seinen Facetten zu erfassen, sondern lässt für den Zusammenhang irrelevante Bedeutungsaspekte unerwähnt und versucht vielmehr, die Synonymität zwischen joie und der dynamischen Bedeutung von bonheur aufzuzeigen.
Die zahlreichen dictionnaires de synonymes „cumulatifs“ (Blumenthal, 2001: 62) enthalten interessanterweise verschiedene Informationen darüber, ob bonheur und joie Synonyme sind oder nicht: Im Nouveau Dictionnaire des Synonymes Larousse, sowie im Thésaurus Larousse und bei Henri B. du Chazaud verweisen joie und bonheur in ihren Einträgen aufeinander, wenn auch jeweils nicht an erster Stelle. Le Grand Dictionnaire des Synonymes Pluriguides/Nathan und CRISCO klassifizieren die beiden sogar jeweils unter dem ersten Eintrag. Im Synonymwörterbuch der Académie Francaise hingegen verweisen bonheur und joie überhaupt nicht aufeinander. In wiederum anderen Wörterbüchern der Synonyme findet man zwar unter bonheur das Synonym joie, andersherum jedoch nicht (Dictionnaire des Synonymes Robert, de Noter/Vuillermoz/Lécuyer). Im Sinne der Sprachökonomie ist es ganz logisch, dass es keine zwei Wörter geben kann, um genau das gleiche auszudrücken, und es somit oft Partielle Synonymie gibt, was die Funktion „garantir à l’un des mots un privilège d’emploi exclusif“ hat (Blumenthal 2002: 132). Im Folgenden soll die These empirisch belegt werden, dass es sich bei einem der Bedeutungsaspekte von bonheur, dem dynamischen, um ein Synonym zu joie handelt.
2 Ist Glück kurz oder von Dauer?
In den verschiedenen Definitionen von Glück finden sich oft zwei Varianten:
A.Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten [Au sens restreint et primitif du terme, gén. avec une valeur partitive] Un, des bonheur(s), le bonheur de.
1. Bonne fortune, chance favorable, occasion propice, événement propre à apporter quelque satisfaction
2. Spéc., domaine de l' expr. Bon effet obtenu par hasard, ou parfois avec une habileté qui donne l'impression du hasard. Bonheur(s) d'expression (Trésor de la langue française)
„Glück empfinden" können wir während einer kurzen Zeitdauer (wir erleben einen Glücksmoment, englisch: pleasure). Beispiele: Sex haben; etwas Gutes essen; mit Freunden zusammen sein; eine wichtige Sache erfolgreich abschließen. (Wikipedia)
B. [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] [Au sens large et gén. à la forme abs.] Le bonheur.
État essentiellement moral atteint généralement par l'homme lorsqu'il a obtenu tout ce qui lui paraît bon et qu'il a pu satisfaire pleinement ses désirs, accomplir totalement ses diverses aspirations, trouver l'équilibre dans l'épanouissement harmonieux de sa personnalité. (TLFi)
„Glück empfinden" kann ein dauerhaftes Gefühl sein (im Glück leben, englisch: happiness). Beispiele: Mit dem Leben zufrieden sein; viele Glücksmomente erleben. (Wikipedia)
Die Definition unter A lässt auf ein dynamisches Glückskonzept schließen, das Konzept zu bonheur unter B ist ein statisches. Im Bewusstsein der Problematik des Begriffspaares ‚statisch vs. dynamisch’ (vgl. Blumenthal 2006b: 98) wird dieses verwendet, um die verschiedenen Definitionen von Glück ökonomisch zu bezeichnen, und später noch differenziert. In der englischen Sprache gibt für diese verschiedenen Definitionen des Wortes zwei Wörter: pleasure für das dynamische Glück, happiness für das statische. Die Formulierung in A1 „événement propre à apporter quelque bonheur“ legt nahe, dass die dynamische Glückskonzeption externe Auslöser hat, da sie von Ereignissen verursacht wird. Auch der Zusammenhang zu hasard deutet auf externe Auslöser des Gefühls bonheur in der dynamischen Definition hin. In B hingegen scheint bonheur intern bedingt zu sein, man könnte diese statische Konzeption des Wortes bonheur mit ‚Zufriedenheit’ übersetzen.
Es gibt in manchen Kontexten die Wahl zwischen joie und bonheur in der einen oder anderen Definition, was ein Hinweis darauf ist, dass „conceptual categories“ auf „human experience“ einer Sprachgemeinschaft basieren, aber Raum für individuelle und temporale Unterschiede in der Konzeptualisierung lassen. Als Beispiel bringen die Autoren das berühmte halb volle bzw. halb leere Glas (vgl. Dirven/Vespoor: 14). Dieses Phänomen nennt man ‚construal’. “Each person’s choice between various alternatives is called construal” (ebd.: 15). Auch Wittgenstein nimmt Bezug auf dieses Problem der Ungenauigkeit und der individuellen Auswahl innerhalb bestimmter Grenzen:
Ein Ideal der Genauigkeit ist nicht vorgesehen; wir wissen nicht, was wir uns darunter vorstellen sollen – es sei denn, du selbst setzt es fest, was so genannt werden soll. Aber es wird dir schwer werden, so eine Festsetzung zu treffen; eine, die dich befriedigt. (Wittgenstein: 71)
2.1 bonheur - statische Konzeption
Die statische Konzeption des Begriffs bonheur findet sich in den Kollaktoren von être (Rang R11, L16), douer (Rang 49), familial (Rang 45) und amitié (Rang 50 ohne Präpositionen) wieder. Die Beispiele 1 bis 3 weisen darauf hin, dass ein dauerhaftes Glück im Sinne des von Bergson und Lalande geprägten Begriffes temps (vgl. Blumenthal 2006b: 93f) im Konzept der französischen Sprache anscheinend im Kreise der Familie und der Freunde zu finden ist. Der (frankophone) Mensch scheint dieses dauerhafte Glück jedoch nicht immer bewusst zu genießen und, eher der dynamischen Konzeption von bonheur entsprechend, momentanen Hochgefühlen, Sensationen zuzustreben. Die dynamische Konzeption von Glück würde man der ternären Sichtweise zufolge instant nennen (ebd.):
Le bonheur statique es paisible étant proche de l’ennui [ataraxia épicurienne], les humains sont conduits à une conception du bonheur comme projection: le bonheur n’est pas un état mais une perspective, une dynamique. (Clavier/Rey: 991/2)
2.2 bonheur - dynamische, projektive Konzeption ‚Glücksrad’
Da sich mit Hilfe der typischsten Wörter sämtliche Elemente der Vor- und Nachgeschichte des Basiswortes belegen lassen (vgl. Blumenthal 2006b: 33), wurden in der folgenden Tabelle die Kollokatoren von bonheur entsprechend der Idee einer Kausalkette in die Kategorien Erhoffen/Warten, Glücksauslöser, Glücksmoment, Erinnern/Warten/Erhoffen eingeordnet. Der Rang der Kollokatoren wurde in Klammern dahinter gesetzt. Dieses ‚Glücksrad’ soll anschaulich die These stützen, dass Glück eher dynamisch (instant) als statisch (temps) konzeptualisiert ist, da die Zahl der Kollokatoren und Beispiele an dieser Stelle stark überwiegen. Demzufolge leben Menschen grundsätzlich in einem Zustand, den sie nicht als glücklich empfinden. Glück wird als potentieller Zustand erhofft, gesucht, erwartet. Es gibt immer wieder (interne/externe?) Auslöser für das Glücksgefühl, das sich dann aktuell und kurz einstellt, (manchmal unbewusst oder erst später) genossen wird; danach tritt der Ursprungszustand wieder ein, und es wird wieder gehofft und gewartet; an das alte Glück erinnert man sich. Daraus ergibt sich, dass bonheur die Tendenz hat, Zielzustand zu sein „Le bonheur est alors un espoir, […] une marche vers un but“ (Clavier/Rey: 991).
Es bietet sich an, ‚Glück als Zielzustand’ direkt mit Lakoffs Conceptual Metaphor SOURCE-PATH-GOAL-Schema zu vergleichen:
Bodily experience: Every time we move anywhere there is a place we start from, a place we wind up at, a sequence of contiguous locations connecting the starting points and ending points, and a direction. We will use the term ‘destination’ as opposed to ‘goal’ when we are referring to a specifically spatial ending point
Structural elements: A SOURCE, a DESTINATION, a PATH and a DIRECTION
Metaphors (in English): One may go a long way toward achieving ones’s purposes, one may get sidetracked, or find something getting in one’s way. (vgl. Lakoff, 1988: 144)
Man könnte nun den Zustand des Wartens als SOURCE und bonheur als DESTINATION bezeichnen. Das Problem bei einem solchen recht komplexen Ziel ist, dass man zwar weiß, was man erreichen möchte, aber oft nicht wie - also PATH und DIRECTION das Erreichen des Zielzustandes Glück sehr schwierig machen, sie zusätzlich auch noch nicht für jeden Menschen gleich sind „distinct d’un sujet à un autre“ (Lafaye: 103). In der französischen Sprache gibt es sogar locutions, die dieser Konzeptuellen Metapher angehören könnten: à la recherche du bonheur und la quête du bonheur. Der Titel ‚Glücksrad’ lässt auch schon erahnen, dass es sich bei bonheur um ein sich zirkulär wiederholendes Schema handelt.
Um dieses Glücksrad mit Leben zu füllen, könnte man an den Bereich der Liebesbeziehungen denken. Es ergibt sich folgender frame (Blank: 54, Blumenthal 2006b: 33), bzw. folgendes „Prototypical Scenario“ (Lakoff: 1987: 397): Eine Person sehnt[2] sich nach einem Partner, danach, sich verliebt zu fühlen, gemeinsam glücklich zu sein. Das Kennenlernen eines potentiellen Partners ist der Glücksauslöser, man hat eine gewisse Dauer von (gemeinsam) genossenen Glück, bis die Beziehung aus dem ein oder anderen Grund beendet wird. Danach kommt eine grausame Zeit ohne Glück, man erinnert sich an altes und/oder ersehnt neues Glück. Schon Descartes zielte in seiner Abhandlung Les passions de l’âme auf eine „Einbettung der Gefühle in ihre Vor- und Nachgeschichten“ ab. Beispielsweise, dass regret auf ein vergangenens Glück zurückweist (vgl. Blumenthal, 2006b: 35).
3 bonheur ↔ joie
Das Dictionnaire CulturelRobert gibt folgende Definition zu joie:
Émotion agréable et profonde, sentiment exaltant ressenti par toute la conscience.
La joie se distingue du bonheur en ce qu’elle n’a pas le même caractère de calme plénitude et de durée; du plaisir, en ce qu’elle concerne toute la sensibilité et qu’elle constitue une émotion, un sentiment et non une sensation; de la gaieté et de l’enjouement qui désignent surtout une disposition ou une humeur. (Band II, S. 2201)
Diese Definition ist äußerst strukturalistisch, was bedeutet, dass die valeur eines Wortes in der Differenz zu anderen Worten besteht (vgl. Blumenthal 2002: 132 und 2006b: 12/13). Man findet im gleichen Werk im Lemma Synonym das entsprechende Zitat Ferdinand de Saussures:
Dans l’intérieur d’une même langue, tous les mots qui expriment des idées voisines se limitent respectivement: des synonymes comme redouter, craindre, avoir peur n’ont de valeur propre que par leur opposition: si redouter n’existait pas, tout son contenu irait à ses concurrents. (Cours de linguistique générale, p. 160)
Wittgenstein spricht zwar davon, „Begriffsgrenzen“ (333) zu ziehen, wichtiger ist ihm jedoch der Gebrauch eines Wortes. Seine These ist es, „dass Sprache der ‚Konstruktion von Wirklichkeit’ dient, und nicht ihrer Abschilderung“ (Blumenthal 2006b: 14). Vergleicht man die Kollokatorenlisten der beiden Basisworte bonheur und joie, so stellt man stellt fest, dass es accompagnateurs communs (Blumenthal, 2006a: 4) gibt, die bei den jeweiligen Basisworten verschiedene Ränge einnehmen, und dass es Kollokatoren gibt, die nur mit einem der beiden Basisworte kombiniert werden. Gemeinsame Kollokatoren sind: découvrir, vivre, donner, faire, apporter, grand, moment, être, retrouver, pas und dans, à, avec. Je mehr identische Wörter im Kontext der Basiswörter vorkommen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit und der Grad der Synonymie. Rein quantitativ betrachtet ist die Synonymie mit einem Ähnlichkeitsmaß[3] von 0,26 recht stark. Auch qualitativ gibt es eine Auffälligkeit: die gemeinsamen Kollokatoren sind diejenigen Wörter, die im ‚Glücksrad’ eine Rolle spielen. Dies untermauert die Annahme, dass es sich um Partielle Synonyme handelt, also die dynamische (instant) Definition von bonheur synonym zu joie ist.
[…] les emplois des mots examinés se recouvrent partiellement – ce qui est, très banalement, le propre des synonymes. Par contre, ce qu’on pourrait appeler le «jardin privatif» d’un mot (les combinaisons et les emplois dans lesquelles il n’est pas substituable) devrait correspondre, selon la théorie de la signification développée par Wittgenstein, aux segments de son contenu qui renferment sa spécificité (Blumenthal 2002: 133)
Interessanterweise kommen joie und bonheur auch gegenseitig in ihren Listen von Kollokatoren vor, man kann also sagen, sie stehen in einer paradigmatischen Beziehung zueinander. Berücksichtigt man bei der Errechnung des Ähnlichkeitsmaßes joie und bonheur gegenseitig, so ergibt sich ein noch höherer Wert von 0,28.
Paradoxalement donc, cette forme de synonymie, selon l’expression d’un des plus importants ‚synonymistes’ français du XIXe siècle, Lafaye, s’inscrit dans une visée discriminatoire plutôt ‘anti-synonymique’. (Lecointe: Préface page 6)
Die Kategorien zur Differenzierung der Synonyme des „distinktiven“Dictionnaire des
Synonymes de la Langue Francaise von Pierre Benjamin Lafaye sollen im Folgenden angewandt werden (Blumenthal, 2001: 62 und 65[4] ). Sowohl bonheur als auch joie sind als subjektiv einzuordnen. Die manière d’être ist nicht objektivierbar ; selbst, wer von anderen so eingeschätzt wird, als habe er/sie alles zum Glücklichsein, um sich zu freuen, kann sich selbst als unglücklich empfinden. Bonheur ist jedoch vor allem in der statischen Definition „plus gènèral“ (Lafaye P.B., 407), tendenziell konstant, permanent, essentiell und absolut: „l’idée du bonheur suppose un tout absolu, un maximum de bien-être dans mon état présent et futur“ (Lafaye C: 103). Joie, sowie der dynamische Anteil von bonheur, sind akzidentiell, variabel und relativ. Bonheur kann „un état absolu sans rapport à une cause qui l’ait produit“ sein, joie dagegen nicht: „c’est toujours le résultat d’une impression reçue“ (ebd.). Joie ist deshalb auch als determiniertes, analytisches Resultat bzw. „effet“ (Lafaye PB: 710) einzuordnen. Pierre Benjamin Lafaye bezeichnet es als „passive, intime, concentrée“ und „absolue, solitaire, retirée“ (ebd). Im Gegensatz dazu ist es die Krux des bonheur, dass es nicht immer als vager, synthetischer Prozess empfunden und akzeptiert wird, sondern die situativ und als aktuelles Resultat stärker empfindbaren joie „plus pénétrant“ (ebd.) nachgeeifert wird. Versucht man, joie und bonheur im Bezug auf aktiv und passiv einzuordnen, so scheint es, als sei joie eher aktiv, schon dadurch, dass joie oft eine „facilité de faire quelque chose“[5], nämlich seine Freude zu zeigen, in sich birgt.
[...]
[1] Beim Zitieren wird das (Autor, Jahr: Seite) – System genutzt und um das Erscheinungsjahr gerkürzt, wenn nur ein Werk des Autors im Literaturverzeichnis aufgeführt ist.
[2] Die Unterstrichenen Wörter verweisen auf die Tabelle.
[3] 13 gemeinsame Kollokatoren dividiert durch die Anzahl der pro Basiswort 50 Kollokatoren ergibt 0,26;
Idee aus der Vorlesung Französische Semantik übernommen
[4] Das Handout aus der Vorlesung Französische Semantik vom 29.06.2006 von Dr. Fesenmeier wurde ebenso konsultiert.
[5] Zitat von Seite 5 des Handouts von Herrn Dr. Fesenmeier
- Quote paper
- Nadine Hemel (Author), 2006, Konzeptualisierung des Referenten von 'bonheur', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82611
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