Bei dem Namen Till Eulenspiegel denken die meisten Menschen wohl an einen Narren, an jemanden, der die Leute an der Nase herum führt und sie auf den Arm nimmt. Eulenspiegel wird von einigen als jemand gesehen, der mit seinen Mitmenschen das macht, was sie verdient haben, dass er sie so behandelt, wie sie es scheinbar wollen. Andere halten ihn für einen Gauner und Halunken. Die einen können über seine Streiche lachen, die anderen halten ihn für unmöglich. So bekannt Eulenspiegel ist, so unterschiedlich sind wohl auch die Meinungen über ihn. Obwohl die Geschichten von diesem Schalk sehr alt sind, sind sie bis heute bekannt geblieben. Eulenspiegel ist noch immer präsent. In Bernburg ist dies besonders zu beobachten. Dort steht der Eulenspiegelturm, im ganzen Ort wimmelt es von Eulenspiegel-Statuen. Doch damit nicht genug: jedes Jahr findet im Bernburg ein Kabarett-Festival statt. Verliehen wird dort an den beliebtesten Kabarettisten der „Till“. Es gibt Museen, die sich Eulenspiegel widmen und auch im Internet ist Eulenspiegel präsent. Er hat sogar seine eigene Webseite gefunden.
Bei einer Figur, die sich solcher Beliebtheit erfreut, liegt der Schluss nahe, sich ihr eingehender zu widmen. In dieser Arbeit sollen zwei verschiedene Eulenspiegel-Erzählungen verglichen werden. Wo sind Gemeinsamkeiten, wo sind Unterschiede zu entdecken?
Als Vorlage dienen „Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel“ nach dem Druck von 1515 und „Till Eulenspiegel“ von Erich Kästner aus dem Jahre 1938. Sie sollen im weiteren Text nur „Dil Ulenspiegel“ und „Till Eulenspiegel“ bezeichnet werden. Neben diesen beiden Quellen dienen auch Werke zur Literaturtheorie als Grundlage.
Die Texte und Drucke werden vorgestellt und beschrieben. Daraufhin sollen Struktur und der Aufbau der Drucke miteinander verglichen werden. Ebenfalls stellt sich die Frage nach der Textgattung und nach den Autoren. Neben diesem Gerüst wird der Inhalt betrachtet. Die Texte werden dargestellt, analysiert und interpretiert. Wie gestaltet sich der Inhalt, wie sind die Abbildungen gestaltet, wie werden Sprache und Stilmittel eingesetzt? Beide Fassungen werden inhaltlich verglichen. Auf der dritten Ebene stehen die über das Inhaltliche hinausgehenden Kategorien: wer sind die Adressaten, was ergibt sich aus der Kategorie der Intertextualität, gibt es noch weitergehende Interpretationsmöglichkeiten?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Struktur und Aufbau
2.1. Vergleich des Aufbaus
2.2. Textgattung
2.3. Die Autoren
3. Inhalt
3.1. Vergleich des Inhalts
3.2. Sprache und Stilmittel
3.3. Abbildungen
4. Zusammenhänge und Darstellung
4.1. Adressaten
4.2. Intertextualität
5. Intention und andere Wissenschaften
5.1. Intention der verschiedenen Fassungen und Interpretationsmöglichkeiten
5.2. Eine juristische Interpretation
6. Fazit
7. Anhang
8. Abbildungsverzeichnis
9. Literaturverzeichnis
9.1. Primärliteratur
9.2. Sekundärliteratur
9.3 Internetquellen
1. Einleitung
Bei dem Namen Till Eulenspiegel denken die meisten Menschen wohl an einen Narren, an jemanden, der die Leute an der Nase herum führt und sie auf den Arm nimmt. Eulenspiegel wird von einigen als jemand gesehen, der mit seinen Mitmenschen das macht, was sie verdient haben, dass er sie so behandelt, wie sie es scheinbar wollen. Andere halten ihn für einen Gauner und Halunken. Die einen können über seine Streiche lachen, die anderen halten ihn für unmöglich. So bekannt Eulenspiegel ist, so unterschiedlich sind wohl auch die Meinungen über ihn. Obwohl die Geschichten von diesem Schalk sehr alt sind, sind sie bis heute bekannt geblieben. Eulenspiegel ist noch immer präsent. In Bernburg ist dies besonders zu beobachten. Dort steht der Eulenspiegelturm, im ganzen Ort wimmelt es von Eulenspiegel-Statuen. Doch damit nicht genug: jedes Jahr findet im Bernburg ein Kabarett-Festival statt. Verliehen wird dort an den beliebtesten Kabarettisten der „Till“. Es gibt Museen, die sich Eulenspiegel widmen und auch im Internet ist Eulenspiegel präsent. Er hat sogar seine eigene Webseite gefunden.[1]
Bei einer Figur, die sich solcher Beliebtheit erfreut, liegt der Schluss nahe, sich ihr eingehender zu widmen. In dieser Arbeit sollen zwei verschiedene Eulenspiegel-Erzählungen verglichen werden. Wo sind Gemeinsamkeiten, wo sind Unterschiede zu entdecken?
Als Vorlage dienen „Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel“ nach dem Druck von 1515 und „Till Eulenspiegel“ von Erich Kästner aus dem Jahre 1938. Sie sollen im weiteren Text nur „Dil Ulenspiegel“ und „Till Eulenspiegel“ bezeichnet werden. Neben diesen beiden Quellen dienen auch Werke zur Literaturtheorie als Grundlage.
Die Texte und Drucke werden vorgestellt und beschrieben. Daraufhin sollen Struktur und der Aufbau der Drucke miteinander verglichen werden. Ebenfalls stellt sich die Frage nach der Textgattung und nach den Autoren. Neben diesem Gerüst wird der Inhalt betrachtet. Die Texte werden dargestellt, analysiert und interpretiert. Wie gestaltet sich der Inhalt, wie sind die Abbildungen gestaltet, wie werden Sprache und Stilmittel eingesetzt? Beide Fassungen werden inhaltlich verglichen. Auf der dritten Ebene stehen die über das Inhaltliche hinausgehenden Kategorien: wer sind die Adressaten, was ergibt sich aus der Kategorie der Intertextualität, gibt es noch weitergehende Interpretationsmöglichkeiten?
Es sollen möglichst viele verschiedene Perspektiven, unter denen man die Eulenspiegel-Erzählungen betrachten kann, untersucht werden. Dies soll ein weitgehendes Bild von dieser Figur schaffen. Es muss allerdings klar sein, dass diese Arbeit nur einen kleinen Einblick geben kann, dass sie nur Ideen liefert, die weiter untersucht werden müssten. Auf Grund der Kürze der Arbeit können nicht alle Punkte ausreichend genau betrachtet werden. Es werden nur einzelne Beispiele untersucht und diese auch nur im Hinblick auf einzelne Punkte und Kategorien. Aber sie können einen Anstoß für weitere Untersuchungen liefern.
Für die Untersuchung dieser beiden Texte bieten sich noch weitere Quellen an, so unter anderem die Erzählungen über den „Pfaffen Amis“ oder „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant. Daneben existieren noch etliche Werke, die sich mit Eulenspiegel beschäftigen. So unter anderem Michael Aichmayr[2], der sich mit der Symbolhaftigkeit der Eulenspiegel-Figur beschäftigt oder Katrin Streubel[3], die sich der Rezeption der Eulenspiegel-Figur in der Literatur einzelner Epochen gewidmet hat. Die Fülle an Werken, die sich nicht nur auf den deutschen Sprachraum beschränken, spiegelt das große Interesse an dieser Figur wieder.
Nicht zu verachten ist auch die mögliche Betrachtung durch andere Wissenschaften. Sowohl die Rechtswissenschaft als auch die Linguistik - hier sind im Besonderen die Kommunikationsmodelle gefragt, wie sie unter anderem Friedemann Schulz von Thun[4] oder Paul Watzlawick[5] aufgestellt haben - können interessante Ergebnisse liefern.
Die Eulenspiegel-Erzählungen bieten also viele verschiedene Facetten. Unterschiedliche Fachbereiche können diese Figur für ihre Forschungen heranziehen. Alle zusammen ergeben dann ein großes Gesamtbild, wie es ausführlicher kaum sein könnte.
2. Struktur und Aufbau
2.1. Vergleich des Aufbaus
Am auffälligsten ist sicherlich, dass in Erich Kästners Fassung 12 Geschichten zu finden sind, während der Druck von 1515 96 Geschichten zählt. Der Genauigkeiten wegen muss aber erwähnt werden, dass es sich eigentlich um 95 Geschichten handelt, da die 42. Historie scheinbar vergessen wurde.
Durch die Auslassung einzelner Geschichten hat Kästner im Vorfeld eine Bewertung dieser vorgenommen.
In der Fassung von Kästner finden sich jedoch nur die Geschichten, die in der Fassung von 1515 auch erzählt werden. Es werden keine neuen Geschichten hinzugefügt.
Die Reihenfolge der Geschichten ist in beiden Texten nicht völlig identisch. Die 9. Geschichte erzählt bei Kästner, wie Till Eulenspiegel die Schneider aufklärte. Dies entspricht der 50. Historie in dem Druck von 1515. Die 10. Geschichte in Kästners Erzählung handelt von drei Schneidergesellen, die der Wind fortwehte. Dies entspricht der 49. Historie in der älteren Fassung. Die beiden Geschichten sind also in der Fassung von Kästner zeitlich vertauscht worden. Alle anderen Geschichten sind in ihrer Reihenfolge identisch. Ebenfalls gemeinsam ist beiden Fassungen die Einleitung beziehungsweise das Vorwort.
Unterschiedlich hingegen ist die Überschrift der einzelnen Kapitel und somit auch der Textaufbau. Im Druck der älteren Fassung sind die einzelnen Geschichten durchnummeriert. Diese Nummerierung, zum Beispiel „47. Histori“ dient der Erzählung als Überschrift. Wovon diese Erzählung handelt, wird in einem kleinen einleitenden Satz erklärt. Erst anschließend folgt die Geschichte. Bei Kästner findet keine Nummerierung statt. Anstelle eines Einleitungssatzes verwendet er Überschriften. Diese geben klar den Inhalt der folgenden Geschichte wieder.
Ein Inhaltsverzeichnis findet sich in beiden Drucken, bei Kästner ist dies jedoch an den Anfang gestellt, während es in der älteren Fassung am Ende zu finden ist. Es erscheinen dort einige Besonderheiten, die in Kästners Fassung gar nicht auftauchen. Es existiert ein erläuterndes Kapitel zur Textgestalt, Literaturhinweise und ein Nachwort. Im laufenden Text fallen besonders die Erläuterungen in den Fußnoten auf. Während das Buch von Erich Kästner ein reines Lesebuch, oder auch Bilderbuch, darstellt, handelt es sich bei der vorliegenden Fassung vom „Dil Ulenspiegel“ um eine kritische Studienausgabe.
Direkt am Anfang des Buches des „Dil Ulenspiegel“ ist ein Holzschnitt abgedruckt, der Till Eulenspiegel darstellt. Auf diesen Holzschnitt soll aber in Kapitel 3.3. eingegangen werden. Gemeinsam ist wiederum beiden Ausgaben, dass ein Bild Eulenspiegels auf dem Cover abgedruckt ist.
Obwohl einige Gemeinsamkeiten in den beiden Drucken zu finden sind, trifft man auch etliche Unterschiede an. Aber nicht nur im Aufbau oder der Struktur der Bücher finden sich Unterschiede. Von großer Bedeutung ist wohl sicher auch die unterschiedliche Entstehungszeit. Der „Dil Ulenspiegel“ in der hier vorliegenden Fassung stammt von 1515. Erich Kästner hat seinen „Till Eulenspiegel“ 1938 verfasst. Stammen die Eulenspiegel-Erzählungen ursprünglich aus dem Mittelalter, so muss doch ein Einfluss der Zeit, in der die Geschichten niedergeschrieben wurden, angenommen werden.[6]
Während Erich Kästners „Till Eulenspiegel“ in Neuhochdeutschen erschienen ist, ist die ältere Fassung im Hochdeutschen mit niederdeutschem „Substrat“ verfasst. Beide vorliegenden Texte sind im Präteritum verfasst. Die für das Mittelalter typische Versform wurde in keinem der Texte aufgegriffen. Beide sind in Prosa geschrieben. Neben den Sprachunterschieden besteht auch ein Unterschied in der Schrift. Der „Dil Ulenspiegel“ ist in normaler Schriftgröße gedruckt, Erich Kästners Fassung in größerer Schrift bei gleichzeitig größeren Seiten.
2.2. Textgattung
Der Eulenspiegel gehört in die Reihe der Schwänke.[7] Als Schwank versteht man meist kurze Erzählungen. Diese stammen vorzugsweise aus dem Volksleben. Die auftretenden Konflikte sind meist realitätsgebunden. Es werden oft derbe Situationen dargestellt oder Tabuthemen aufgegriffen, wie zum Beispiel Körperfunktionen oder Sexualität. Die Komik entsteht dabei aus der Situation heraus und endet mit einer Pointe, einem Höhepunkt. Bei dem Grundtypus des Schwanks endet der Konflikt damit, dass eine einfältige, leichtgläubige Person betrogen wird.[8]
Eine Erzählung kann unterschiedlich charakterisiert werden. Daraufhin soll folgend untersucht werden, wie die Erzählung im „Dil Ulenspiegel“ und wie im „Till Eulenspiegel“ gestaltet ist. In der narrativen Analyse unterscheidet man, nach Gérard Genettes, fünf zentrale Kategorien.
Die erste Kategorie ist die Ordnung. Diese beschreibt die zeitliche Anordnung der Erzählung. Genettes unterscheidet hierbei unter Prolepse (Vorausdeutung), Analepse (Rückblende) und Anachronie.[9] Da beide Werke, als Gesamtes gesehen, chronologisch aufgebaut sind - sofern man dies bestimmen kann - lassen sich nur Sequenzen finden, die auf eine der drei, oder auf alle Möglichkeiten zutreffen. Im „Till Eulenspiegel“ lassen sich in der ersten Geschichte Prolepsen finden. Die Stelle: „Der arme Junge wurde dreimal getauft! Wer weiß, vielleicht trug das daran Schuld, das er später so ein komischer Vogel wurde.“[10], und die Schlussstelle: „’Wenn das nur gut geht mit dem Jungen! Dreimal getauft werden, das hält kein Kind aus. Was zu viel ist, ist zu viel.’ Und damit sollte der Pastor Pfaffenmeyer ja nun wirklich Recht behalten.“[11] stellen eindeutig eine Vorausdeutung auf den Fortgang Eulenspiegels Lebens dar. Da sich die Ereignisse dieser Vorausdeutungen im Rahmen der Geschichte abspielen, spricht man hier von einer internen Prolepse.[12] Der Beginn der Geschichte „Wie Eulenspiegel Erde kaufte“ hingegen stellt eine Analepse dar. Es wird erklärt, wie er Landesverbot beim Herzog von Lüneburg, und auch bei vielen anderen Landesherren, erhielt.[13] Diese Rückblende dient dazu, die folgende Geschichte verstehen zu können. Da sich die Ereignisse, von denen in der Analepse berichtet wird, im Rahmen der Erzählung abspielten, spricht man von einer internen Analepse.[14]
Es folgt die Kategorie Dauer.[15] Die Dauer beschreibt die Zeit, die ein Ereignis in der Geschichte einnimmt. Die Dauer kann in vier Unterkategorien geteilt werden: summery (vergleichbar der Zeitraffung), Szene (zeitdeckendes Erzählen), Ellipse (ausgelassene Zeitspannen) und deskriptive Pausen (Fortgang der Geschichte wird angehalten, um einen Kommentar einzufügen).[16] Im „Till Eulenspiegel“ finden sich einige dieser Unterkategorien wieder. Die Geschichte „Wie Eulenspiegel auf dem Seil tanzte“ beginnt mit einer summery. Der Ärger zwischen Till und den Kneitlingern während dessen Kindheit wird mit ein paar Sätzen abgedeckt. Aber auch die Ellipse wird verwendet, wie sich an der Stelle „Till war mittlerweile sechzehn Jahre alt geworden […]“[17] deutlich zeigt. Von seiner Kindheit wird ein Sprung in die Pubertät gemacht. In dieser Geschichte finden wir auch die Szene wieder. Dies ist der Fall, wenn die direkte Rede verwendet wird, besonders wenn es zu Dialogen[18] kommt. Im „Dil Ulenspiegel“ lässt sich die Szene ebenfalls finden. Auch hier finden wir sie wieder, wenn die direkte Rede in Form von Dialogen[19] verwendet wird. Die Ellipse und das summery werden unter anderem in der 2. Historie verwendet. Zu Beginn der Geschichte heißt es:
„Alsbald nun Ulenspiegel so alt ward, daz er gon und ston kunt, da macht er vil Spils mit den jungen Kindern, wann er waz nötlich. Wie ein Aff domlet er sich uff den Küsn und im Graß, so lang, biß er 3 Jar alt ward. Da fliß er sich aller Schalckheit also, daz alle Nachburen gemeinlich uber Ulenspiegel clagten, daz sein Sun Dil Ulenspiegel wär ein Schalck.“[20]
In dieser Stelle finden sich beide Erzählmittel wieder. Die Zeit nach der Taufe bis zu dem Zeitpunkt, an dem er laufen konnte, wird übersprungen. Seine Kindheit, in der er mit anderen Kindern spielte und dann die Nachbarn ärgerte, bis zu dem Zeitpunkt, an dem diese sich bei dem Vater beklagten, wird verkürzt dargestellt. Eine Pause findet sich zum Beispiel in der 1. Historie. Die Erzählung über die Taufe wird für einen kurzen Moment unterbrochen, um die herrschenden Taufsitten zu beschreiben.[21]
Anschließend folgt die Kategorie Frequenz. Sie kann in diesem Fall schnell abgehandelt werden, da sie in beiden Texten identisch ist. Jede Geschichte passiert einmal und wird nur einmal erzählt. Die Frequenz ist somit beide Male singulativ.
Die Kategorie Modus wird in die Unterpunkte Distanz und Perspektive geteilt.[22] Betrachten wir zuerst die Distanz. In beiden Texten wird die Geschichte nachgebildet. Es handelt sich um eine mimetische Erzählung (Mimesis). Die Wirklichkeit soll also möglichst genau nachgebildet werden. Dies ermöglicht dem Leser eine Identifikation mit den Personen.[23] Eine Nachahmung der Wirklichkeit findet unter anderem durch die detaillierten Beschreibungen in den einzelnen Geschichten statt (siehe Kapitel 3).
Von Mimesis kann aber hauptsächlich deshalb gesprochen werden, weil immer wieder die direkte Rede, oder auch die berichtete Rede, auftaucht.[24] Der Erzähler lässt seine Personen also selbst zu Wort kommen, er wiederholt deren Worte lediglich. Mit der Perspektive ist der Erzählstandpunkt gemeint. Der Erzähler steht außerhalb der Handlung, weiß aber mehr als die Hauptperson. Dies sei an zwei Beispielen beschrieben. Im „Dil Ulenspiegel“ heißt es in der 3. Historie:
„Und als nun Ulenspiegel uff dem Seil saß und sein Dumlen am besten was, wie es sein Muter innen wardund kunt ihm nit vil darumb thun; doch so schleich sie heimlich hinden in das Hauß uff die Bün, da das Seil gebunden was, und schneid das Seil entzwei.“[25]
Erich Kästner berichtet über die gleiche Situation:
„Schließlich wurde auch Eulenspiegels Mutter aufmerksam. Sie klettere, so schnell es ging, zum Boden hinauf, schaute aus dem Fenster und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. […] Kurz entschlossen nahm sie das Kartoffelschälmesser aus der Schürzentasche und schnitt – ritsch! – die Leine durch. Und Till, der nichts gemerkt hatte, fiel sozusagen aus allen Wolken.“[26]
Hier berichtet uns der Erzähler von einer Situation, die der Hauptperson nicht bekannt ist. Da die Geschichte von einem außenstehenden, allwissenden Erzähler berichtet wird, handelt es sich um eine unfokussierte Erzählung.[27] Den Erzähler kann man als einen Er-Erzähler beschreiben, als einen auktorialen Erzähler. Andere Erzählerformen und Erzählverhalten können dennoch stellenweise auftreten. Diese Abhandlung soll allerdings nicht so weit ins Detail gehen.
[...]
[1] http://www.eulenspiegel-museum.de/index.htm vom 15.03.2006.
[2] Aichmayr, Michael: Der Symbolgehalt der Eulenspiegel-Figur im Kontext der europäischen Narren- und Schelmenliteratur, Göppingen: Kümmerle 1991.
[3] Streubel, Katrin: Die Eulenspiegelfigur in der deutschen Literatur der frühen Neuzeit und der Aufklärung, Köln 1988.
[4] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt o.J.
[5] Watzlawick, Paul: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. 10. Auflage. Bern: Huber 2003.
[6] Vgl. Kästner, Erich: Till Eulenspiegel, Cecilie Dressler Verlag Hamburg und Atrium Verlag Zürich, 2005.
Lindow, Wolfgang (Hg.): Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel, Philipp Reclam Jun. Stuttgart, 2003.
[7] Vgl. Fechter, Paul: Geschichte der Deutschen Literatur, Bertelsmann Verlag, Gütersloh 1952, S. 57.
[8] Vgl. http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/schwank.htm vom 10.03.2006.
[9] Vgl. Eagleton, Terry: Einführung in die Literaturtheorie, J.B. Metzler, Stuttgart und Weimar (4. Auflage), S. 85.
[10] Till Eulenspiegel, S. 12.
[11] Ebd., S. 15.
[12] Vgl. http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/zeitgenette.htm vom 11.03.2006.
[13] Till Eulenspiegel, S. 50.
[14] Vgl. http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/zeitgenette.htm vom 11.03.2006.
[15] Vgl. Eagleton, Terry, Einführung in die Literaturtheorie, S. 85.
[16] Vgl. http:// www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/zeitgenette.htm vom 11.03.2006.
[17] Till Eulenspiegel, S. 17.
[18] Vgl. Ebd., S. 20f.
[19] Vgl. Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel, S. 74f.
[20] Ebd., S. 12f.
[21] Vgl. Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel, S. 10.
[22] Vgl. Eagleton, Terry: Einführung in die Literaturtheorie, S. 85.
[23] Vgl. http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/mimesis.htm vom 10.03.2006.
[24] Vgl. http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/fomredew.htm vom 10.03.2006.
[25] Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel, S. 15.
[26] Till Eulenspiegel, S. 18.
[27] Vgl. Eagleton, Terry: Einführung in die Literaturtheorie, S. 85.
- Quote paper
- Christina Warneke (Author), 2006, Till Eulenspiegel im Literaturvergleich. Erich Kästners "Till Eulenspiegel" und "Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel" im Nachdruck von 1515, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82557
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