Zu dem Konzept der Globalisierung hat sich seit den siebziger Jahren ein unüberschaubares Feld an Literatur entwickelt, das sich aus einer ungeheuren Vielzahl von Perspektiven und Interessen mit dem Phänomen ‚Globalisierung’ beschäftigt. Diese Vielzahl an Perspektiven ist gleichbedeutend mit einer Vielzahl von Ansichten davon, was unter diesem Phänomen zu verstehen sei. Von einem deutlich abgesteckten Begriff der ‚Globalisierung’, an dem sich klar festmachen läst, worüber man mit diesem Wort redet, kann nicht gesprochen werden. Dieses Wort wird von Politikern und Journalisten als Schlagwort verwendet, als Chiffre für die oft beschworenen Sachzwänge. Ein ungeklärter und somit kaum verstandener, diffuser Sachverhalt. Ebenso diffus sind auch die Ängste und Hoffnungen, die sich an die Globalisierung knüpfen. Man ist gemeinhin der Ansicht, daß der Großteil des sozialen Lebens durch globale Prozesse bestimmt wird.
Die großen Hoffnungen der einen gehen Hand in Hand mit den schlimmsten Befürchtungen derjenigen, die glauben, daß jenseits des Nationalstaates keine demokratische Öffentlichkeit existiert und keine demokratischen Kontrollverfahren zur Verfügung stehen. Neben der Angst vor Entdemokratisierung und dem Gefühl des Kontrollverlustes, herrsche nach dieser Perspektive ohne den ordnenden, für Recht und Gesetz einstehenden staatlichen Rahmen, Bürgerkrieg zwischen verschiedenen ethnischen Clans. In der Liberalisierung des Marktes sei vor allem ein entfesselter Kapitalismus zu erkennen, der zu einer Ausbreitung der Armut und einer Verelendung der Massen führe.
Zwischen totaler Emanzipation und Freiheit des Individuums auf der einen Seite und Herrschaft anonymer Kapitalmächte und Bürgerkriegszuständen auf der anderen Seite spielen sich die Zukunftsprognosen ab.
Aber was ist unter ‚Globalisierung’ genau zu verstehen? Gibt es die Globalisierung, so wie sie verstanden wird, tatsächlich oder lassen sich die mit ihr erklärten Phänomen auch anders deuten? Und gibt es Hoffnung auf demokratische Kontrolle ihrer Gefahren? Diese Fragen versuche ich im Folgenden zu klären, indem ich zunächst den Begriff ‚Globalisierung’ erläutere, und ihn mit einem alternativen Erklärungsansatz für die gegenwärtige wirtschaftlichen und sozialen Prozesse vergleiche.
Inhalt
1 Ein schwer fassbarer Begriff, diffuse Hoffnungen und Ängste
2 Begriffsklärung – was ist Globalisierung
3 Eine entfesselte Wirtschaft? – Globale oder internationale Ökonomie?
3.1 Die globale Ökonomie
3.2 Die internationale Ökonomie
3.3 Ist der gegenwärtige Zustand etwas Neues?
4 Weltvergesellschaftung – sozial statt national?
4.1 Die Nationalgrenze – eine willkürliche, künstliche Setzung?
4.2 Bedeutung transnationaler, sozialer Bindungen
5 Entgrenzung der Staaten?
5.1 Bedeutungsverlust oder Funktionswandel der Grenze?
5.2 Neugeschaffene Grenzen
6 Angleichung durch Sprachpolitik
6.1 Die Schweiz, ein taugliches Modell?
6.2 Vielsprachigkeit und transnationale Orientierung
6.3 Wert der Vielfalt - Sprachpolitik in der EU
7. Demokratieaspekte
7.1 Demokratieformen
7.2 Minderheitenschutz und Mehrheitsvotum
7.3 Soziale Aspekte
8. Autoritärer Kapitalismus als Herausforderung ‚von oben’
8.1 Kontrollverlust der Politik
8.2 Individueller Kontrollverlust
9 Autoritäre Orientierung als Herausforderung ‚von unten’
9.1 Populismus
9.2 Separatismus
10 Trotz alledem – Hoffnungen der Mehrebenenpolitik
10.1 Regionalisierung
10.2 Planungszellen – repräsentative Bürgerbeteiligung
11. Stellungnahme
Literatur:
Globalisierung und Demokratie
von Sven Stemmer
1 Ein schwer fassbarer Begriff, diffuse Hoffnungen und Ängste
Zu dem Konzept der Globalisierung hat sich seit den siebziger Jahren ein unüberschaubares Feld an Literatur entwickelt, das sich aus einer ungeheuren Vielzahl von Perspektiven und Interessen mit dem Phänomen ‚Globalisierung’ beschäftigt. Diese Vielzahl an Perspektiven ist gleichbedeutend mit einer Vielzahl von Ansichten davon, was unter diesem Phänomen zu verstehen sei. Von einem deutlich abgesteckten Begriff der ‚Globalisierung’, an dem sich klar festmachen läst, worüber man mit diesem Wort redet, kann nicht gesprochen werden. Dieses Wort wird von Politikern und Journalisten als Schlagwort verwendet, als Chiffre für die oft beschworenen Sachzwänge. Ein ungeklärter und somit kaum verstandener, diffuser Sachverhalt. Ebenso diffus sind auch die Ängste und Hoffnungen, die sich an die Globalisierung knüpfen. Man ist gemeinhin der Ansicht, daß der Großteil des sozialen Lebens durch globale Prozesse bestimmt wird[1]. Das Ende des Ost- Westkonfliktes halten viele für das ‚Ende der Ideologien’. Ebenso werden die nationalstaatlichen Grenzen als ‚künstliche Trennung der Menschen in verschiedene Gesellschaften’, als überholt, überflüssig und abzuschaffend betrachtet.[2] Es bildet sich, glauben manche, zunehmend eine Weltgesellschaft[3] heraus, die nicht mehr auf Kooperation der Nationalstaaten sondern auf grenzüberschreitender, sozialer Bindung und Zusammenarbeit der Bürger beruht. Der Weltbürger werde nicht aufgrund einer gesetzlichen Pflicht handeln, sondern aufgrund seiner persönlichen Einstellung und freiwilligen Engagements. Es werde dem Handeln nicht mehr die Sicherung der Existenz, sondern die Entfaltung der Persönlichkeit zugrunde liegen.[4] „Unüberhörbar sind die Anklänge des kommunistischen Manifests, in dem vorausgesagt wird, daß an die Stelle von Herrschaft der Menschen über Menschen die freie Assoziation der Menschen treten wird.[5] “ Und i n der Tat wird als das wichtigste, historische Vorbild dieser Entwicklung die internationale Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts angeführt. Allerdings wird ein Weltstaat eher als Möglichkeit denn als Wirklichkeit aufgefasst[6].
Die großen Hoffnungen der einen gehen Hand in Hand mit den schlimmsten Befürchtungen derjenigen, die glauben, daß jenseits des Nationalstaates keine demokratische Öffentlichkeit existiert und keine demokratischen Kontrollverfahren zur Verfügung stehen. Neben der Angst vor Entdemokratisierung und dem Gefühl des Kontrollverlustes, herrsche nach dieser Perspektive ohne den ordnenden, für Recht und Gesetz einstehenden staatlichen Rahmen, Bürgerkrieg zwischen verschiedenen ethnischen Clans. In der Liberalisierung des Marktes sei vor allem ein entfesselter Kapitalismus zu erkennen, der zu einer Ausbreitung der Armut und einer Verelendung der Massen führt[7].
Zwischen totaler Emanzipation und Freiheit des Individuums auf der einen Seite und Herrschaft anonymer Kapitalmächte und Bürgerkriegszuständen auf der anderen Seite spielen sich die Zukunftsprognosen ab.
Aber was ist unter ‚Globalisierung’ genau zu verstehen? Worin liegen die Gefahren der Globalisierung für die Demokratie und ihre Errungenschaften? Gibt es die Globalisierung, so wie sie verstanden wird, tatsächlich oder lassen sich die mit ihr erklärten Phänomen auch anders deuten? Und gibt es Hoffnung auf demokratische Kontrolle dieser Gefahren? Diese Fragen versuche ich im Folgenden zu klären, indem ich zunächst den Begriff ‚Globalisierung’ erläutere, und ihn mit einem alternativen Erklärungsansatz für die gegenwärtige wirtschaftlichen und sozialen Prozesse vergleiche. Ich untersuche, wie eine Entgrenzung bewertet werden kann und ob eine solche tatsächlich stattfindet und beleuchte ich die Probleme, die sich für die moderne Demokratie aus den genannten Prozessen ergeben. Abschließend skizziere ich einige Handlungsoptionen, aus denen sich Zukunftsperspektiven gewinnen lassen.
2 Begriffsklärung – was ist Globalisierung
Zunächst ist zu klären, was an dieser Stelle unter Globalisierung verstanden werden soll. Anstatt eine allgemeine Definition zu formulieren, will ich mich darauf beschränken, einige Merkmale festzuhalten, die als Aspekte der Globalisierung angesehen werden.
Globalisierung beschreibt, wie dem Wort zu entnehmen ist, einen Prozess. Nach Loch und Heitmeyer hat eine ökonomisch induzierte Entgrenzung zwischen den Nationalstaaten in den Bereichen der Ökonomie, der Politik und der Kultur eingesetzt.[8] Die Integration der Kapitalmärkte schreite durch supranationale Institutionen wie die EU stärker voran, die Geschwindigkeit der Kommunikation habe durch neue Technologien extrem zugenommen. Durch die Freizügigkeit des Kapitals könne das globale Sozialgefälle genutzt werden, um in den Billiglohnländern zu investieren. Wegen der zunehmenden Technologisierung der Produktion sei ein beschäftigungsunabhängiges Wachstum möglich und aufgrund der freien Standortwahl liege auf Seiten des Kapitals ein beträchtliches Drohpotential, das den Staat vom ‚Zähmer des Kapitalismus’ und Garanten sozialer Wohlfahrt zum Standortwettbewerber und Koordinator reibungsloser wirtschaftlicher Vorgänge degradiere, wenn er Arbeitsplätze in seinem Bereich schaffen oder erhalten will.[9] Somit besitzt der Staat nicht mehr das Monopol der politischen Steuerung, was einem Autonomieverlust und einem Bedeutungsverlust seiner Grenzen gleichkommt. Die rasante Verbreitung westlich geprägter Kommunikationsmöglichkeiten und Konsummuster führten zu einer kulturellen Homogenisierung. Loch und Heitmeyer kommen zu dem Ergebnis, daß die Globalisierung zu einer qualitativ neuen Ordnung der Weltökonomie, mit Auswirkungen auf alle Lebensbereiche führt[10].
3 Eine entfesselte Wirtschaft? – Globale oder internationale Ökonomie?
Da man annimmt, daß diese Entwicklungen ökonomisch induziert sind, ist es naheliegend zu prüfen, ob die Wirtschaft sich tatsächlich so verhält, wie es notwendig wäre, um der Motor der Globalisierung zu sein.
3.1 Die globale Ökonomie
In einer globalen Ökonomie sind die nationalen Ökonomien vollständig den globalen Prozessen und Interaktionen untergeordnet. Die wichtigste Manifestation des Modells einer wirklich globalisierten Ökonomie sind transnationale Korporationen (TNC)[11]. Sie stellen das völlig ungebundene Kapital dar, das an keinem nationalen Standort festgemacht werden kann. Das Hauptproblem dieser TNC’s ist ihre Kontrollierbarkeit, denn mit ihrem internationalen Management können sie nicht länger durch die Politik einzelner Nationalstaaten kontrolliert werden. Vielmehr müssen sich die Akteure der nationalen Ökonomie an den TNC’s orientieren. Die TNC’s, setzen eine weitestgehende Deregulierung nationaler Märkte voraus, denn nur so kann eine höhere Mobilität des Kapitals ermöglicht werden. Deregulierung geht wegen der freien Standortwahl für Produktionsstätten einher mit Deindustrialisierung, besonders altindustrieller Räume, da bevorzugt Standorte mit niedrigen Löhnen gewählt werden. Die dadurch verursachte neue Armut wird fortschreitend zum Problem.
Ein Großteil wirtschaftlicher Aktivität wird in den elektronischen Raum verlagert. Hier finden täglich Transaktionen im Gegenwert von 1,5 Billionen Dollar statt, die sich jeglicher Kontrolle entziehen. Eine Zunahme globaler, ökonomischer Integration bedeutet demnach gleichzeitig eine Abnahme der innergesellschaftlichen, sozialen Integration über den Arbeitsmarkt.[12] Im weltweiten Wettbewerb kann der Staat immer weniger die Beteiligung des Kapitals an der Sozialversorgung und die kostenaufwendige ökologische Verträglichkeit der Produktion fordern, da dies von der Wirtschaft als Standortenachteil eingestuft wird, so daß auch hier Kontrolle verloren geht.
3.2 Die internationale Ökonomie
Das andere Modell einer weltweiten Ökonomie ist die internationale Ökonomie. In ihr findet der Handel zwischen den nationalen Ökonomien statt. Aus den unterschiedlichen Standorten ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten für die Produktion [hauptsächlich bedingt durch Bodenschätze, Infrastruktur, wahrscheinlich auch durch kulturelle / gesellschaftliche Rahmenbedingungen und damit verknüpft unterschiedliche Lohnniveaus in den Regionen und Know – how], die zu einer tendenziellen nationalen Spezialisierung führen. Hirst und Thompson beschreiben, daß die Freizügigkeit des Handels, besonders hinsichtlich Investitionen, dem Staaten und den zwischenstaatlichen Beziehungen untergeordnet ist. Handelsbeziehungen sind immer auch strategischer Natur.
Es gibt unterschiedliche Bezugsrahmen für die nationale und die internationale Ökonomie. Internationale Aktivitäten eines Staates müssen nicht zwangsläufig oder direkt Einfluß auf seine nationale Ökonomie haben. Umgekehrt können Nationalstaaten und ihre Ökonomien durchaus auf internationale Verhältnisse reagieren und sie beeinflussen.
Diese Form internationaler Ökonomie herrschte von Mitte des 19.Jahrhunderts bis 1914. In dieser Zeit fand ein starkes Anwachsen des Welthandels unter britischer Vorherrschaft statt.[13] Es entstanden multinationale Korporation [MNC’s] als Hauptakteure der Ökonomie, die sich einem Heimatstandort klar zuordnen ließen und einen internationalen Aktionshorizont hatten. Diese Ära [Goldstandard – Ära] stellte durch die industrielle Revolution, z.B Verdrängung der handwerklichen Arbeit durch Maschinenkraft, Warentransport auf Dampfschiffen und Eisenbahnen anstatt auf Segelschiffen und Karawanen und telegraphische Nachrichtenübermittlung in Echtzeit statt in Postkutschen, etwas qualitativ Neues im Verhältnis zu den vorangegangenen Epochen dar[14]. Dem gegenüber ist eine bloße Beschleunigung durch Verbesserung neuer Produktions- und Informationstechniken, lediglich quantitativer Natur.
3.3 Ist der gegenwärtige Zustand etwas Neues?
Es stellt sich also die Frage, ob der Prozess der Globalisierung etwas qualitativ Neues ist, wie behauptet wird, oder ob lediglich der Prozess der Internationalisierung eine quantitative Veränderung erfährt.
In der Tat macht es den Eindruck, als ob die derzeitige Situation nichts Neues sei. Nach Hirst und Thompson[15] wurde erst im Jahre 1997 das Niveau der Integration der Kapitalmärkte überschritten, das in den zwanziger Jahren und vor dem ersten Weltkrieg erreicht wurde, und selbst jetzt bleibe sogar auf den Kapitalmärkten der weit überwiegende Teil aller Anlagen in nationalen Grenzen. Auch die Ex- und Importquoten erhöhen sich laut Scharpf derzeit kaum.[16] Weiter halten Hirst und Thompson die freie Standortwahl durch die nationale Spezialisierung für eingeschränkt, so daß sie von dem vorhandenen Know-how abhängig gemacht werden müsse. Hohe Qualifikationen gäben hier noch vor niedrigen Lohn- und Lohnnebenkosten den Ausschlag. Zudem sei die Anzahl echter TNC’s gering. Weit häufiger seien Unternehmen mit nationalem Standort und internationalem Aktions- und Investitionshorizont.[17] Meines Erachtens weisen auch die Funktionalisierung der Wirtschaft durch die Politik bei Verhandlungen zwischen Deutschland und China, beispielsweise in Bezug auf die Menschenrechte, und die Rolle, die die Auftragsvergabe im Irak nach dem zweite Golfkrieg gespielt hat, in die Richtung der strategischen Rolle, die die Wirtschaft in der internationalen Ökonomie [im Gegensatz zur globalen Ökonomie] spielt. Ich schließe eine Gegenabhängigkeit, in der die Ökonomie Einfluß auf die nationale wie internationale Politik nimmt, hierbei nicht aus, aber ich glaube, daß auch sie kein neues Phänomen ist, wie sich leicht an dem Einfluß nationalen wie internationalen Kapitals auf Entstehung und Politik des Dritten Reiches belegen ließe.
Die Entwicklungen, die auf eine Globalisierung der Märkte hinweisen und die direkt zu beobachten sind, wie die Deindustrialisierung in Großbritannien und den Vereinigten Staaten und das Anwachsen der Langzeitarbeitslosigkeit in Europa, sind laut Hirst und Thompson[18] vermutlich konjunkturell bedingte Schwankungen, die ihren Ursprung bereits in den siebziger Jahren mit der Ölkrise der Opec genommen und sich in Inflation und anderen Folgen fortgesetzt haben. Es wäre vermutlich ein Fehlschluß, dahinter anonyme, kapitalstarke Kräfte zu vermuten, die sich jeglicher Kontrolle entziehen. Daher glaube ich, daß sich die internationale Ökonomie demnach nicht genuin global verhält. Es ist nicht unbedingt besser, daß der Unterschied, der wahrzunehmen ist, vor allem ein quantitativer und kein qualitativer ist, und sich der Zustand von demjenigen von 1870 bis1914 bzw. den zwanziger Jahren in dieser Hinsicht kaum unterscheidet. Der internationale Kapitalismus dieser Zeit hat zwar rasches Wachstum aber auch tiefe Krisen und mit riesigen Vermögen auch äußerste Verelendung hervorgerufen[19]. Allerdings sehe ich die Hoffnung, daß sich der weltweite Markt nicht völlig der Kontrolle durch die Nationalstaaten zu entziehen vermag und so eine demokratische Beeinflussung der Entwicklungen möglich sein muß.
4 Weltvergesellschaftung – sozial statt national?
Es gibt Positionen, die in der globalen Entgrenzung die Hoffnung sehen, den Nationalstaat zu überwinden, dessen Grenzziehung und die damit einhergehende Teilung der Menschheit in verschiedene Gesellschaften, die von diesen Positionen als künstlich angesehen werden, seit jeher eine dauernde Ursache für Feindschaft und Zwietracht darstellte.[20] Kern dieser Positionen ist nach Albrow[21] die ‚Idee des Sozialen‘, die besagt, daß mit der erwarteten Auflösung der Nationalstaaten die durch Regeln und Verträge bestehenden Zweckgemeinschaften zunehmend an gesellschaftlicher Relevanz verlieren und die bislang nebensächlichen Bereiche der Vorlieben und Emotionen zukünftig die gesellschaftlich sozialen Interaktionen dominieren. Durch neue Kommunikationstechnologien seien eine Vielzahl an grenzüberschreitenden Beziehungen möglich. Körperliche Anwesenheit sei für soziale Bindungen nicht unbedingt notwendig, vielmehr verstärke die Abwesenheit sogar die abstrakte Qualität einer Beziehung, die sich vornehmlich im Bewusstsein manifestieren soll.[22] Dadurch und durch die menschliche Fähigkeit kollektiven Handelns konstituiere sich allmählich die Weltgesellschaft, die in nicht-staatlichen transnationalen Bindungen das Weltgeschehen mitgestalte. Der Weltbürger handle nicht mehr aufgrund gesetzlicher Pflichten, sondern aufgrund seiner persönlichen Einstellung und freiwilligem Engagement.
[...]
[1] Hirst &Thompson, 1996, S. 1 ff
[2] Dittgen, 1999, S. 4 f
[3] zu diesem Begriff vgl. auch Luhmann, N. (1991): „Die Weltgesellschaft“ in: ders.: Soziologische Aufklärung 2. Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft, Opladen, 51-71
[4] Albrow, 1998, S. 255 ff
[5] Dittgen, 1999, S. 7
[6] Albrow, 1998, S. 275 f
[7] Dittgen, 1999, S. 10 f
[8] Loch / Heitmeyer, 2001, S. 11
[9] Heitmeyer, 2001, S. 502 f
[10] Loch /Heitmeyer, 2001, S. 11
[11] Hirst &Thompson, 1996, S. 10 ff
[12] Heitmeyer, 2001, S. 504 f
[13] Bedingt durch die zunehmende Technisierung der britischen Produktionsmethoden, z.B. dampfgetriebene Webereien
[14] Hirst &Thompson, 1996, S. 8 f
[15] Hirst & Thompson, 1996 S. 12 /Scharpf, 1998, S. 82
[16] Scharpf, 1998, S. 82
[17] Hirst & Thompson, 1996, S. 12
[18] ebd., S. 7
[19] Scharpf, 1998, S. 82
[20] Dittgen, 1999, S. 4
[21] Albrow, 1998, S. 254 ff
[22] Nach Fill et al. [Ökolinguistik eine Einführung, Tübingen 1993] basieren menschliche Beziehungen in sprachlicher Hinsicht vor allem auf so genanntem „bandstiftendem Sprechen“, daß Scherzen, Plaudern usw. bezeichnet. Für ein gelingen dieses Sprechens ist vor allem die ‚analoge Kommunikation’ [Watzlawick et al. Menschliche Kommunikation, Stuttgart, Wien 1969] von Bedeutung, die es bei Abwesenheit nicht gibt, so daß die o.a. Annahme vermutlich falsch ist.
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- M.A. Sven Stemmer (Autor), 2002, Globalisierung und Demokratie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82478
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