Immer wieder werden die sozialen Dimensionen und Implikationen des pädagogischen Handelns diskutiert. Vor allem nachdem die Psychologisierung des Erziehungsverhältnisses sich als zu einseitig herausgestellt hat und den Problemen vor allem in der Schule nicht mehr gerecht wird.
Theodor Wilhelm beschäftigte sich schon seit Anfang der 50er Jahre mit dem Problem des Untergangs des zivilen Verhaltens in der NS-Zeit. Daraus zog er die Schlussfolgerung die Pädagogik müsse sich verstärkt um die Kultivierung der öffentlichen, emotional distanzierten Sozialbeziehungen bemühen. Dies scheint ihr in Deutschland bis heute offensichtlich schwer gefallen zu sein.
Auf diesem Hintergrund ist es reizvoll, sich an einen Pädagogen zu erinnern, der unter außergewöhnlichen Bedingungen und Voraussetzungen die Erziehung sozial zu fundieren versucht hat - Anton Semenovič Makarenko. Noch bis zur "Wende" galt Makarenko in der DDR als der pädagogische Klassiker, auf den sich die offizielle Pädagogik berief und der zur Pflichtlektüre jedes Pädagogikstudenten gehörte. Es wäre jedoch ein schwerwiegender Irrtum anzunehmen, mit dem Ende des Ostblock-Sozialismus sei auch eine Beschäftigung mit diesem außergewöhnlichen Pädagogen historisch hinfällig geworden.
Hier gilt es zu überprüfen, was an Makarenkos Vorstellungen zeit- und situationsbedingt war und was möglicherweise auch für unsere heutigen Fragen noch von Nutzen sein, vielleicht auch kritische Impulse geben könnte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sowjetunion - ein historischer Überblick
3. Die politische Lehre des Sozialismus
4. Lebenslauf von Anton Semenovič Makarenko
5. Makarenkos pädagogische Praxis
5.1. Die Entwicklung des Erziehungskollektivs
5.2. Instrument der Erziehung – das Kollektiv
5.3. Von Makarenko geprägte Begriffe
6. Resümee
7. Literatur
1. Einleitung
Immer wieder werden die sozialen Dimensionen und Implikationen des pädagogischen Handelns diskutiert. Vor allem nachdem die Psychologisierung des Erziehungsverhältnisses sich als zu einseitig herausgestellt hat und den Problemen vor allem in der Schule nicht mehr gerecht wird.
Theodor Wilhelm beschäftigte sich schon seit Anfang der 50er Jahre mit dem Problem des Untergangs des zivilen Verhaltens in der NS-Zeit. Daraus zog er die Schlussfolgerung die Pädagogik müsse sich verstärkt um die Kultivierung der öffentlichen, emotional distanzierten Sozialbeziehungen bemühen. Dies scheint ihr in Deutschland bis heute offensichtlich schwer gefallen zu sein.
Auf diesem Hintergrund ist es reizvoll, sich an einen Pädagogen zu erinnern, der unter außergewöhnlichen Bedingungen und Voraussetzungen die Erziehung sozial zu fundieren versucht hat - Anton Semenovič Makarenko. Noch bis zur "Wende" galt Makarenko in der DDR als der pädagogische Klassiker, auf den sich die offizielle Pädagogik berief und der zur Pflichtlektüre jedes Pädagogikstudenten gehörte. Es wäre jedoch ein schwerwiegender Irrtum anzunehmen, mit dem Ende des Ostblock-Sozialismus sei auch eine Beschäftigung mit diesem außergewöhnlichen Pädagogen historisch hinfällig geworden.
Hier gilt es zu überprüfen, was an Makarenkos Vorstellungen zeit- und situationsbedingt war und was möglicherweise auch für unsere heutigen Fragen noch von Nutzen sein, vielleicht auch kritische Impulse geben könnte.
2. Sowjetunion – ein historischer Überblick
Wie der Name Sowjet-„UNION“ schon impliziert, handelt es sich um einen Unionsstaat, der 15 Republiken umfasste. Die Entwicklung und Geschichte soll im Folgenden beschrieben werden:
Nach der Niederlage Russlands gegen Deutschland und Österreich kam es im März 1917 zur Revolution, die den regierenden Zar zum Abdanken zwang. Daraufhin wurde die Republik ausgerufen, die dann, nur wenige Monate später, im Oktober durch eine bolschewistische Revolution (Oktoberrevolution) wieder gestürzt wurde.
Unter Bolschewismus versteht man den „heute weniger gebräuchlichen Sammelnamen für Theorie und Praxis des Kommunismus sowjetischer Prägung“ (Duden). Die Bolschewiki waren Anhänger der revolutionären Mehrheit (russisch bolsche = mehr) der ehemaligen sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands, die unter der Führung Lenins die Regierung dieses Staates übernahm. Ihm allein gelang es neben Intellektuellen und Arbeitern auch Bauern und Soldaten für eine Revolution zu mobilisieren, so konnte die so genannte „Diktatur des Proletariats“ entstehen.
Darauf folgte im Landesinneren 1918 ein Bürgerkrieg, der bis 1921 andauerte.
Außerhalb des ehemaligen Zarenreichs bildeten sich in anderen angrenzenden Staaten Sozialistische Sowjetrepubliken, die dann 1922 zur „Union Sozialistischer Sowjetrepubliken“ (UdSSR) zusammengeschlossen wurden. 1924 verstarb Wladimir Iljitsch Lenin, der die politische und wirtschaftliche Umwandlung seines Landes in einen kommunistischen Staat erreichte.
Danach übernahm Iossif Wissarionowitsch Stalin die Regierung und dogmatisierte die Lehren von Marx/Engels und Lenin. Wichtige Schlagworte in diesem Zusammenhang waren „Kollektivierung der Landwirtschaft“, das „Vorantreiben der Industrialisierung“ und „politische Säuberungen“ (1935-39). Alle seine Gegner, sowohl Mitglieder der eigenen Partei (KPdSU) als auch politisch Andersgesinnte (z.B. Leo Trotzki) wurden in diesen Jahren zum Schweigen gezwungen.
1939 verbündete sich Stalin mit Hitler in einem Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt), der 1941 von Stalin gebrochen wurde, indem er sein Volk zum „Großen Vaterländischen Krieg“ aufrief. Der sowjetische Einfluss nahm nun neue Ausmaße an, er erstreckte sich auch über die angrenzenden Länder. Stalin gelang es den „Ostblock“ durch den „eisernen Vorhang“ von den westlichen Industrienationen abzugrenzen und seine kommunistische Führung durchzusetzen. Dieses Verhalten der sowjetischen Regierung führte zu angespannten Verhältnissen, die als Ost-West-Konflikt in die Geschichte eingingen.
Die in den 70er- Jahren einsetzende Entspannungspolitik erhielt zwar mehrere Rückschläge, doch mit dem Amtsantritt von Michail Gorbatschow (1984) veränderte sich die Sowjetunion sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Umgestaltung (Perestroika) und das Prinzip der öffentlichen Information und Diskussion (Glasnost) waren wohl die herausragenden Neuerungen. 1990 erlosch dann der Führungsanspruch der KPdSU und Gorbatschow wurde zum Staatspräsident gewählt. Bis 1990 erklärten dann alle Unionsrepubliken ihre Unabhängigkeit, das löste in den einzelnen Republiken sowohl wirtschaftliche als auch politische Krisen aus. Ein Putsch gegen Gorbatschow konnte mit Boris Jelzins Hilfe zwar verhindert werden, aber der Unionsstaat ließ sich nicht wiederherstellen.[1]
Wichtig im Bezug auf Makarenkos Leben ist vor allem die Anfangsphase der Sowjetunion unter Lenin und dann auch unter Stalin. Wie sehr Politik und Geschichte des Unionsstaates den Ukrainer Makarenko in seiner Pädagogik beeinflusst haben soll noch genauer dargestellt werden. Dennoch ist es wohl auch notwendig neben dem historischen Hintergrund des Landes den politischen Background zu Lebzeiten Makarenkos auszuleuchten.
3. Die politische Lehre des Sozialismus
Die politische Lehre des Sozialismus stellt ein Gegenmodell zum bis dato herrschenden Kapitalismus dar. Die Ziele sind insbesondere gekennzeichnet von wirtschaftlichem Wandel und grundlegender Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, hin zum „Phänomen der Massenexistenz“[2].
Nach der marxistischen Theorie ist der Sozialismus eine Übergangsform vom Kapitalismus, also einer Klassengesellschaft, hin zum Kommunismus, einer klassenlosen Gesellschaft.
Erste Vorformen dieser politischen Lehre kamen schon im 18.Jhd. in Frankreich durch die sog. Frühsozialisten auf. Auch im Bereich der Erziehung spricht man von Frühsozialisten, z.B. Ch. Fourier mit seiner Konzeption einer „harmonischen Erziehung“. Es traten hohe Widersprüchlichkeiten unter den Frühsozialisten und ihren Denkansätzen auf, deren Erläuterungen würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Im Jahre 1840 erhielt der Sozialismus durch die beiden wohl bekannten deutschen Theoretiker und Begründer des Marxismus, nämlich Karl Marx und Friedrich Engels seine wesentliche Ausgestaltung.
Die Ziele des Sozialismus wurden aus den unterschiedlichsten Gesichtspunkten – deshalb auch die Widersprüche – erörtert. Um einen groben Überblick zu bekommen, lassen sich die einzelnen „Strömungen“ wie folgt zuordnen:
- religiöser,
- utopischer,
- realer und
- freiheitlich/demokratischer Sozialismus.
Im Zusammenhang mit dieser Arbeit interessieren uns insbesondere der reale und der freiheitlich demokratische Sozialismus, die hier nun in aller Kürze erläutert werden sollen.
Der reale Sozialismus kam am deutlichsten den Zielen der Oktoberrevolution der Sowjetunion 1917 (Historischer Zusammenhang, siehe S.1) und den Entwicklungen von 1945 in Ost-, Südost- und Mitteleuropa zum Vorschein. Daraus sollte resultieren, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln in Gesellschafts- bzw. Staatseigentum überführt würde, außerdem sollte die gesamtgesellschaftliche Planung durch Staat und regierende Partei übernommen werden. In der Realität sah das dann wie folgt aus: es handelte sich nämlich um eine Diktatur einer kommunistischen Partei. Diese Entwicklung kann nicht nur am Beispiel der Sowjetunion, sondern auch an der ehemaligen DDR nachvollzogen werden.
Im Widerspruch dazu steht der freiheitliche/demokratische Sozialismus Westeuropas. Natürlich stand dort auch wirtschaftlicher Wandel im Sinne der Vergesellschaftung der Produktionsmittel an oberster Priorität, dennoch wurde nicht außer Acht gelassen, dass soziale Gerechtigkeit und menschliche Verhältnisse mit nahezu gleicher Wichtigkeit einhergehen sollten. Die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungen sollten eine freie Entfaltung der Individuen, die Gültigkeit aller Grundrechte und die demokratische Mitwirkung aller Gesellschaftsmitglieder in allen sozialen Bereichen garantieren.[3] /[4]
Nun sollte sowohl Geschichte als auch Politik zu Lebzeiten Makarenkos etwas verinnerlicht sein, denn sie spielen in seinem Erziehungskonzept und seinen pädagogischen Ansätzen eine sehr bedeutende Rolle. Zudem sind Auswirkungen sowohl der Geschichte der Sowjetunion als auch der politischen Lehre des Sozialismus für uns in nächster Nähe, nämlich beim Mauerfall 1989 in Berlin noch einmal ins Gedächtnis gerufen worden. Durch die Zuwanderungen aus dem Ostblock und die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse werden wir auch jetzt noch von den Folgen dieser Zeit „beeinflusst“.
Nun aber zurück zum eigentlichen Thema, einem wohl herausragenden Pädagogen, der sich in der Zeit des Umbruchs in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen in besonderer Weise verdient gemacht hat. Zeit seines Lebens war er ständiger Kritik ausgesetzt, erst nach seinem Tod und durch die Veröffentlichung seiner Schriften wurde er geehrt. Es handelt sich, wie schon mehrmals erwähnt, um Anton Semenovič Makarenko.
Zunächst soll sein eigenes Leben, im Anschluss daran seine Pädagogik und sein Wirken durchleuchtet werden.
[...]
[1] In Anlehnung an Bibliographisches Institut & F:A. Brockhaus (Hrsg.), „Duden – Schülerlexikon“, Dudenverlag, 6. Auflage, Mannheim, 2000
[2] In Anlehnung an März, F.: Personengeschichte der Pädagogik, Klinkhart Verlag, 2. Auflage, Bad Heilbrunn, 2000
[3] In Anlehnung an Bibliographisches Institut & F:A. Brockhaus (Hrsg.), „Duden – Schülerlexikon“, Dudenverlag, 6. Auflage, Mannheim, 2000
[4] In Anlehnung an März, F.: Personengeschichte der Pädagogik, Klinkhart Verlag, 2. Auflage, Bad Heilbrunn, 2000
- Citation du texte
- Stefanie Heimann (Auteur), 2006, Pädagogisches Lebenswerk: Anton Semenovič Makarenko, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82231
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